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Drohender Einbruch im deutschen Windmarkt: Was bedeutet das für Anleger?

Windradhersteller wie Nordex oder Senvion und ihre Aktionäre haben von der deutschen Energiewende ebenso profitieren können wie Anleger, die Kapital in Windparks invstierten. Doch der deutsche Windmarkt steht mittelfristig vor großen Problemen, wie es scheint. "Vielen älteren Windrädern droht Stilllegung" – "Großes Loch für die Energiewende ab 2021?"– "Strompreis legt ab 2020 Windkraft still" –  so titelten Medien der Erneuerbare-Energien-Branche in den vergangenen Tagen. Aber was bedeutet der drohende Einbruch im deutschen Windmarkt eigentlich für die Anleger? Können sie vielleicht sogar davon profitieren?


Mit Ablauf des Kalenderjahres 2020 endet die 20-jährige Vergütungsdauer für alle Windkraftanlagen, die im Jahr 2000 oder früher in Betrieb gegangen sind. Seitdem wurde ein Teil der Anlagen bereits durch neuere ersetzt. Laut einer Studie der Deutsche WindGuard werden aber Ende 2020 etwa 6.000 Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 4.500 Megawatt (MW) aus der Vergütung fallen (wir berichteten darüber im ersten Teil der Serie).

Bis 2026 betrifft das dann jährlich schätzungsweise 1.600 Anlagen mit einer Leistung von 2.500 MW. Windparkbetreiber und Projektierer sehen viel Potential beim Repowering – allerdings sind die Anreize dafür derzeit noch gering, und das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) deckelt den Windkraft-Ausbau massiv (mehr dazu lesen Sie im zweiten Teil der Serie). Der Bundesverband Wind Energie will demnächst politische Vorschläge unterbreiten, wie den Betreibern der Weg für ein Repowering eröffnet werden kann.

Wind-Aktien könnten von einer Repowering-Welle profitieren

Anleger, die in Aktien von Windkraftanlagen-Herstellern wie Nordex investiert haben, könnten indirekt von einer Repowering-Welle profitieren. Für die Nordex-Gruppe aus Hamburg spielt der deutsche Windmarkt eine wichtige Rolle, zuletzt lag der Marktanteil bei 15 Prozent. Und Repowering wird von Nordex zudem als Geschäftsmodell gesehen, das ein beträchtliches Potenzial für die Zukunft bietet. Im vergangenen Jahr hat der Hamburger Windkraftanlagen-Hersteller unter anderem den Windpark Altenbruch in Niedersachsen repowered und dort 16 alte durch neun neue leistungsfähigere Anlagen ersetzt.

Das Unternehmen würde deshalb Erleichterungen beim Repowering und einen "vitaleren Markt" begrüßen. Eine Dauerförderung von Windkraftanlagen sei aber nicht "einklagbar", so Nordex gegenüber ECOreporter.de: "Das EEG ist so konstruiert, Investoren in der Phase zu stützen, in der sie noch Kapitaldienste zu erbringen haben", stellte Unternehmenssprecher Ralf Peters fest. Die alten Anlagen hält Nordex für wenig effizient – stattdessen seien mehr politische Anreize beim Repowering nötig, fordert Peters.


Auf das Ergebnis der Studie zur "Energiewende-Delle" reagiert Nordex jedoch überrascht: "Sollten Windparks nach 20 Jahren durch die Energieerträge ihre Betriebskosten nicht decken können und Verluste generieren, also demzufolge abgeschaltet werden, würde mich das erstaunen", so Sprecher Ralf Peters. Jedoch sieht die Deutsche WindGuard ihre Schlussfolgerungen aus der Studie von vielen Windparkbetreibern und anderen Akteuren der Branche bestätigt: "Je niedriger der Strompreis bis 2021 sein wird, desto größer wird das Risiko, dass nicht kostendeckend weiterbetrieben werden kann", sagt Anne-Kathrin Wallasch, eine der Studienautorinnen.

"Über eine Beteiligung der Anleger wird von Projekt zu Projekt entschieden"

Im Zuge des Repowerings könnten auch neue Windfonds und andere Arten der Beteiligung für Anleger aufgelegt werden. "Grundsätzlich läuft die Finanzierung nicht anders ab als in der 'konventionellen' Projektentwicklung. Eine Betreibergesellschaft kann aber zum Beispiel in den letzten Betriebsjahren Rücklagen für ein Repowering bilden", sagt Dr. Stefan Dietrich, Sprecher der Windwärts Energie GmbH aus Hannover. "Was Beteiligungsmöglichkeiten angeht, wird das von Projekt zu Projekt entschieden, den jeweiligen Gegebenheiten und Anforderungen entsprechend." Windwärts entwickelt, finanziert, baut und betreibt Windenergieprojekte und zählt zu den Pionieren der Branche.

Nun stellt sich das Unternehmen einmal mehr auf die veränderten Rahmenbedingungen des EEG 2017 ein. Um weiterhin erfolgreich am Markt zu agieren, setzt Windwärts auf eine möglichst große Projektpipeline, den Ausbau des Dienstleistungsangebots sowie auf Kooperationen. "In unserer Betriebsführung sind wir natürlich in jedem Projekt früher oder später mit der Frage konfrontiert, wie es nach dem Auslaufen der Vergütung nach EEG weiter geht", so Dietrich. "In den von uns emittierten und von der Betriebsführung betreuten Projekten möchten wir gemeinsam mit den Betreibern Lösungen erarbeiten."


Der ausschlaggebende Faktor für den Weiterbetrieb alter Anlagen ist Windwärts zufolge das Verhältnis von Betriebskosten und Erlösen: "Welche Preise kann ich an der Börse für den Strom erzielen, und kann ich die Anlagen dadurch Gewinn bringend betreiben? Sind die Erlöse gering, hängt es auch an der Risikobereitschaft der Betreiber", erläutert Sprecher Dietrich. Sei ein Repowering möglich, müsse diese Möglichkeit bewertet und mit dem Weiterbetrieb verglichen werden. "Liegt ein Bestandspark nicht mehr in einer aktuellen Vorrangfläche, dann ist ein Repowering nicht möglich. Das kann die Motivation für einen Weiterbetrieb deutlich erhöhen – wenn der Betreiber mit dem Windpark auch weiterhin Geld verdienen kann", so Dietrich. 

Weiterbetrieb: Jeder Windpark muss einzeln betrachtet werden

Ob Altanlagen nur mit den Erlösen von der Strombörse rentabel sein können, sei für jeden Windpark einzeln zu betrachten. Dazu müssten viele Faktoren berücksichtigt werden: "Welche Potenziale zur Kostenoptimierung gibt es? Um welchen Anlagentyp handelt es sich, und in welchem Zustand sind die Anlagen? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass große (und teure) Komponenten ersetzt werden müssen? Wie lief der Park in der Vergangenheit? Und natürlich: Wie entwickelt sich der Börsenpreis für Strom?", nennt der Windwärts-Sprecher die wichtigsten Fragestellungen. "Eine allgemeine Aussage lässt sich da nicht treffen. Von 'das kann klappen' bis 'in jedem Fall unrentabel' ist derzeit alles denkbar."
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