Nimmt der ETF der Credit Suisse tatsächlich eine internationale Vorreiterrolle ein? / Foto: imago images, Geisser

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ETF-Test: CSIF (IE) MSCI World ESG Leaders Blue

Dieser ETF will in Unternehmen investieren, die weltweite Vorbilder für Nachhaltigkeit sind. Das suggeriert zumindest sein Name: CSIF (IE) MSCI World ESG Leaders Blue – schließlich sind "Leader" sinngemäß ja "Anführer" oder "Vorbilder". Bei Durchleuchtung des ETFs erlebt ECOreporter negative wie positive Überraschungen.

Anbieter des ETFs ist die Credit Suisse, eine Schweizer Großbank und gleichzeitig global agierender Finanzdienstleister. Die Credit Suisse investiert auch etwa in fossile Brennstoffe und Rüstung.

Im Februar 2022 geriet die Bank in die Kritik, nachdem Journalisten der "Süddeutschen Zeitung" Daten von 30.000 Kunden zugespielt worden waren. Eine Auswertung der Daten in Kooperation mit dem Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) ergab, dass unter den Kunden auch Kriminelle, umstrittene Staatschefs und korrupte Beamte waren. Schweizer Banken dürfen keine Gelder annehmen, die aus kriminellen Geschäften stammen könnten, und müssen bei entsprechendem Verdacht die Behörden informieren. Bei ausländischen Politikern und ihren Familien muss die Herkunft der Gelder geprüft werden.

Die Ergebnisse aus den Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" wurden unter dem Namen Suisse Secrets veröffentlicht. Die Bank erklärte, die Vorwürfe seien übertrieben und bezögen sich teils auf völlig veraltete Fälle, die bis in die 1940er Jahre zurückgingen. Von den fraglichen Konten seien mehr als 90 Prozent längst geschlossen.

Finanzen/Risiko

Der ETF startete am 13. März 2020. Da er damit noch keine drei Jahre am Markt ist, erhält er keine ECOreporter-Finanznote.

Hier finden Sie den aktuellen Kurs des ETFs bei ECOreporter und Details zur Wertentwicklung

Die Jahresgebühr von 0,18 Prozent ist auch für einen ETF überdurchschnittlich günstig. Der ETF ist "hedged to Euro", also "zum Euro hin abgesichert". Das heißt, es existiert zum Fondsvermögen in US-Dollar ein fester Wechselkurs in Euro, um für Anlegerinnen und Anleger die Risiken eines Wertverlusts durch Kursschwankungen bei der Umrechnung zu vermeiden.

Nachhaltigkeitskonzept

Der ETF investiert weltweit in 711 mittlere und große Unternehmen aus 23 Industrieländern. Dazu gehören etwa die USA, Japan oder Deutschland – nicht aber beispielsweise China oder Südkorea. Diese werden in der Finanzwelt als Schwellenländer betrachtet, auch weil es etwa Beschränkungen beim Währungshandel und für ausländische Investoren gibt.

Seinem Namen nach will der ETF in „ESG-Leader“ investieren. ESG steht für die Bereiche Ökologie (E wie Environment), Soziales (S wie Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (G wie Governance). Ein ESG-Leader sollte also ein Anführer oder Vorbild in solchen Kategorien sein. Was eine gute ESG-Leistung ausmacht, ist aber nicht verbindlich definiert. Und in den Unterlagen dieses ETFs ist auch keine Erklärung zu finden, wie der ETF-Anbieter diese Vorreiterrolle definiert.

Stattdessen wendet der ETF ein schwaches „Best-in-Class“-Verfahren an: Um zu den "Besten" zu zählen, reicht es schon, wenn ein Unternehmen in seiner Branche zur besseren Hälfte gehört.

Zudem braucht ein Unternehmen zumindest eine mittelmäßige ESG-Note des US-Finanzdienstleisters MSCI. MSCI legt den Aktienindex auf, den der ETF nachbildet, Bewertung und Auswahl der Unternehmen stammen ebenfalls von MSCI.

Ausschlusskriterien

Vollständig tabu für den ETF sind Unternehmen mit Verbindung zu geächteten Waffen (beispielsweise Landminen und Streumunition) und Nuklearwaffen sowie die Förderung von Thermalkohle und die unkonventionelle Förderung von Öl und Gas (etwa durch Fracking, Schiefergas, Ölsand). 

Für die Herstellung von Tabak gilt eine Umsatzschwelle von 5 Prozent. Maximal 10 Prozent ihrer Umsätze dürfen Unternehmen mit dem Herstellen von Alkohol, der Produktion konventioneller Waffen, Glücksspiel oder mit Nuklearenergie erzielen. Für Umsätze aus Kohlestrom gilt eine Grenze von 5 Prozent. Das heißt: Konventionelle Öl- und Gasförderung sind gar nicht eingeschränkt, für Waffen, Kohle- und Atomstrom gelten Toleranzen. Die vollständigen Ausschlusskriterien finden Sie im Premium-Bereich dieses Artikels.

Wie nachhaltig ist dieser ETF?

Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.

Im ETF finden sich etwa die Energiekonzerne Shikoku Electric Power, Kyushu Electric Power und Kansai Electric Power aus Japan sowie Iberdrola und die Naturgy Energy Group aus Spanien. Alle betreiben Atomkraftwerke, die drei japanischen Konzerne erzeugen zudem Kohlestrom. Insgesamt gibt es zwölf Kohlekraftwerksbetreiber im Aktienpaket des ETFs, elf davon Japaner plus Fortis aus Kanada.

Den aus den Geschäftsberichten der Unternehmen ersichtlichen Daten zufolge bleiben die Umsatzschwellen des ETFs bei Kohle- und Atomstrom unverletzt.

Ebenfalls im Aktienpaket vertreten sind die Öl- und Gasförderer Shell, BP, Schlumberger, Japan Petroleum, Woodside Petroleum und weitere.

Größere Militärzulieferer im ETF sind die japanischen Industriekonzerne Sojitz und Mitsui E&S Holdings, die auch Kampfjets beziehungsweise Zerstörer bauen. Weitere Unternehmen besitzen in kleinerem Umfang Verträge mit Militär und Nuklearindustrie.

Unternehmen mit besonders guter Nachhaltigkeitsbilanz sind etwa die ECOreporter-Aktien-Favoriten Vestas (Dänemark; Windanlagenbau), Procter & Gamble (USA, Konsumgüter) und SAP (Walldorf; IT). Insgesamt investiert der ETF sehr konventionell, er wirkt nicht durch eine nachhaltige Ausrichtung bestimmt. Zu den zehn größten Positionen gehören neben Procter & Gamble die IT-Konzerne Microsoft und Alphabet (Google), der Elektroauto-Hersteller Tesla und die Baumarktkette Home Depot. Alle stammen aus den USA.

Transparenz

Der Anbieter veröffentlicht das vollständige Portfolio des ETFs auf seiner Website. Das Aktienauswahlprinzip und die Ausschlusskriterien werden online von der Credit Suisse knapp dargestellt. Der Indexanbieter MSCI liefert weitere Informationen zum Auswahlprinzip des abgebildeten Index. Zur Nachhaltigkeit der Aktien im ETF finden Anlegerinnen und Anleger in den öffentlich zugänglichen Dokumenten des ETFs keine Informationen.

Nachhaltige Wirkung

Die Credit Suisse übt, auch als Stellvertreter für Kunden, Stimmrechte bei Hauptversammlungen aus und tritt in Dialog mit Unternehmen. Dabei spielen Nachhaltigkeitsthemen nach eigenen Angaben eine wichtige Rolle. Im jährlich erscheinenden, auch auf Deutsch erhältlichen Active-Ownership-Bericht dokumentiert die Credit Suisse ihr Stimmverhalten auf Hauptversammlungen und erklärt, zu welchen Themen Dialoge mit Unternehmen geführt wurden.

Stärken:

  • Sehr günstige Gebühren
  • Breit gestreutes Investment

Schwächen:

  • Schwaches Auswahlverfahren
  • Lückenhafte Ausschlusskriterien
  • Investments in Kohle- und Atomkraft
  • Investments in Öl- und Gasförderung


Fazit

Mit einer grünen Vorreiterrolle hat dieser ETF nichts zu tun. Das Auswahlverfahren ist nicht anspruchsvoll, das Aktienpaket aus nachhaltiger Sicht alles andere als vorbildlich. Immerhin weist die Credit Suisse ihre nachhaltige Wirkung besser nach als die meisten anderen ETF-Anbieter. Dennoch ist der CSIF MSCI World ESG Leaders Blue kein ETF für Anlegerinnen und Anleger, die es mit nachhaltiger Geldanlage ernst meinen.

Die ECOreporter-Noten:
Finanzen: --
Nachhaltigkeit: 5,3

Details zum Benotungssystem von ECOreporter finden Sie hier.

Alle bisherigen ETF-Tests finden Sie hier.

Ausschlusskriterien ohne Umsatzschwelle:

Geächtete Waffen

Nuklearwaffen

Verstöße gegen den UN Global Compact

Ausschlusskriterien mit Umsatzschwelle:

Herstellung von zivilen Schusswaffen und Munition (5%)

Vertrieb von zivilen Schusswaffen und Munition  (15%)

Herstellung konventioneller Waffen (10%)

Herstellung von Tabakprodukten (5%)

Vertrieb von Tabakprodukten (15%)

Herstellung von Alkohol (10%)

Glücksspiel-Angebote (10%)

Nuklearenergie (Erzeugung/Service) (10%)

Kohlebergbau (5%)

Unkonventionelle Öl- und Gasförderung / Fracking (5%)

Stromerzeugung aus Kohle (5%)

Daten und Fakten

Stichtag des Tests: 7.5.2022

Name des ETFs: CSIF (IE) MSCI World ESG Leaders Blue UCITS ETF BH EUR

ISIN: IE00BKKFT300 / WKN: A2PW7F

Nachgebildeter Index: MSCI World ESG Leaders (NR) (Hedged into EUR)

Start des ETFs: 13.3.2020

Jährliche Gebühren: 0,18 % (Gesamtkosten)

Replikationsmethode: physisch (Indexnachbildung durch Kauf der Aktien)

Ertragsverwendung: thesaurierend

Fondsvolumen: 119 Millionen Euro (5/2022)

Internet: www.am.credit-suisse.com/

Totalverlustrisiko: unwahrscheinlich, Teilverluste möglich

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