Fonds / ETF

ETFs: Billiger, aber riskanter – wie nachhaltig sind sie?

Günstiger, aber genauso leistungsstark wie ein Aktienfonds – so soll ein Exchange-traded fund, kurz ETF, sein. In unserer Serie erklären wir, wie ein ETF funktioniert, welche Spielarten es gibt und welche ETFs nachhaltig sind.  Der zweite Teil beleuchtet die möglichen Risiken für Anleger. (Link entfernt)

ETFs bilden die Wertentwicklung eines Börsenindex wie des deutschen Leitindex Dax möglichst exakt nach: Steigt der Dax um zwei Prozent, gewinnt auch der ETF zwei Prozent hinzu. Gekauft werden anteilig die im Index enthaltenen Wertpapiere. Im Falle des Dax sind dies also die Aktien aller aktuellen Dax-Konzerne – im Verhältnis ihres jeweiligen Börsenwertes.

Ein aktives Fondsmanagement ist also nicht nötig und muss daher auch nicht bezahlt werden. Nur zur Vollständigkeit: Ein Börsenindex oder auch Aktienindex fasst die Kurse und Werte aller Aktien und Wertpapiere eines bestimmten Bereiches zusammen. Er verdichtet diese Informationen zu einer einzigen Kennziffer und zeigt Entwicklungen von meist ausgewählten Aktienkursen an. Natürlich gibt es auch nachhaltige ETFs, die nachhaltige Indizes nachbilden.  ECOreporter beobachtet derzeit die Entwicklung von 16 nachhaltigen ETFs verschiedener Anbieter.  So weit, so plausibel.


Was sind die größten Unterschiede zu traditionellen Aktienfonds?

Während der Wert bei traditionellen Fonds nur einmal pro Tag festgestellt wird, werden ETFs wie Aktien fortlaufend gehandelt. Der Ein- und Ausstieg ist damit jederzeit möglich – also auch mehrmals täglich – und zwar zu vorher bekannten. Das Anlageziel von ETFs ist die  Nachbildung  eines Index, während ein Aktienfonds den Referenzindex  schlagen  will. Auch bei den laufenden Kosten gibt es deutliche Unterschiede: Bei ETFs sind es meist unter 0,5 Prozent pro Jahr, bei Aktienfonds meist 1,5 Prozent pro Jahr, teilweise bis zu 2,5 Prozent.


Reale Werte oder bunte Luft: Was steckt drin im ETFs?

Einfach gestrickt sind ETF jedoch nicht. Um den Index nachzubauen, nutzen die Anbieter beispielsweise zwei sehr verschiedene Verfahren: Zum einen den wirklichen, echten Nachbau des Index. Das läuft unter dem Fachbegriff "volle (physische) Replikation". Zum anderen die "synthetische Replikation".  "Volle Replikation" bedeutet, dass ein ETF tatsächlich alle Wertpapiere kauft, die auch in dem Index enthalten sind, also zum Beispiel alle Aktien. Ein ETF mit synthetischer Nachbildung dagegen bildet den Index ab, verzichtet aber auf die enthaltenen Wertpapiere. Im Klartext: Ein ETF, der den Dax synthetisch repliziert, muss somit keine einzige Aktie besitzen, die im Dax enthalten ist. Beispielsweise kann der ETF komplett aus japanischen Aktien bestehen. Er muss nur die Wertentwicklung des Dax nachbilden. Von den nachhaltigen ETFs, die ECOreporter beobachtet, ist ein Viertel synthetisch. Das bedeutet, dass nicht zwingend auch nachhaltige Aktien bzw. Anleihen in diesen Indexfonds enthalten sein müssen.

In einem synthetischen ETF ist nicht automatisch drin, was der Referenzindex vermuten lässt. / Foto: Pixabay



Hätten Sie's gewusst: Warum gibt es überhaupt synthetische ETFs?

Ein ETF, der einen Index voll abbildet, muss eventuell häufig Aktien kaufen und verkaufen. Dadurch fallen Gebühren an. "Hinzu kommen mögliche Nachteile durch die Besteuerung von Dividenden oder die Verzögerung von Dividendenzahlungen an den ETF, die den Index selbst nicht betreffen", erklärt die Verbraucherzentrale. Ein Beispiel ist ein ETF, der den Index MSCI World nachbildet: Der MSCI World deckt die Wertentwicklung von mehr als 1.600 Unternehmen aus 23 Ländern ab. Die Aktien aus verschiedenen Ländern und Zeitzonen werden zum Teil nicht an jeder Börse gehandelt. Eine physische Replikation des MSCI World bedeutet somit einen enormen (Kosten-)Aufwand – und diese Kosten trägt der Anleger.

Synthetisch replizierende Exchange-traded funds dagegen stellen ihr Depot aus einem Wertpapierkorb (mindestens 90 Prozent) und einem Swap (maximal 10 Prozent) zusammen. In der Regel bilden synthetische ETFs mit Swap den Index genauer ab als physisch replizierende ETFs. Man sagt auch, sie haben einen geringeren "Tracking Error". Denn sie garantieren die exakte Wertentwicklung des Basiswerts, ohne aufwendige Umschichtungen, Anpassungen oder Ähnliches im Fonds vornehmen zu müssen.



Swaps zählen zu den  Derivaten (Link entfernt)  und dienen als Risikoabsicherung. "Der Swap ist ein Vertrag. Er legt fest, dass eine Bank verpflichtet ist, exakt die Wertentwicklung des Basiswerts – zum Beispiel des Dax – an den Fonds und damit die Anleger zu zahlen", erklärt Prof. Dr. Lutz Johanning, Inhaber des Lehrstuhls für Empirische Kapitalmarktforschung an der WHU - Otto Beisheim School of Management. Im Gegenzug erhalte die Bank vom ETF die Wertentwicklung des ETF-Portfolios. "Die Differenz bestimmt quasi den 'Wert' des Swaps. Der Vorteil ist, dass der ETF dann nicht die Basiswerte, zum Beispiel die 30 Dax-Werte einzeln kaufen muss, sondern mehr oder weniger nur diesen Swap", sagt Johanning. Damit die Bank als Gegenpartei des Swaps ihrer Verpflichtung nachkommen kann, muss sie die 30 Aktien selber kaufen, dafür erhält sie eine Vergütung.

Ein Swap ist ein Tauschgeschäft: Der ETF-Anbieter und seine Gegenpartei legen die Bedingungen vertraglich fest. / Foto: Pixabay
Unter den ETF-Anbietern ist ein Trend hin zur physischen Nachbildung von Indizes feststellbar. Damit stellten sich die Anbieter auf die Nachfrage ein, denn mehr und mehr Anleger schrecken vor synthetisch abbildenden ETFs zurück. Zudem untersagen es die Hausrichtlinien vieler institutioneller Anleger, in Derivate zu investieren. Wichtige Anbieter von ETFs ohne synthetische Abbildung sind beispielsweise iShares und Deka ETFs. Synthetisch replizierende ETFs kommen unter anderem von Comstage, DB X-Trackers und Lyxor.


Emittent Lyxor: "Beide Replikationsmethoden haben ihre Berechtigung"

Lyxor Asset Management ist der drittgrößte ETF-Anbieter in Europa und setzt nach wie vor auch auf synthetische ETFs. "Beide Replikationsmethoden haben ihre Berechtigung. Entscheidend ist, wie die Marktrendite möglichst effizient vereinnahmt werden kann", sagt Heike Fürpaß-Peter, zuständig für den Bereich Public Distribution bei Lyxor. Wer in einen nachhaltigen ETF investieren wolle, müsse allerdings bei synthetisch-replizierenden ETFs darauf achten, was tatsächlich drin steckt, rät die Expertin.

Aufgrund einer steigenden Nachfrage nach physisch-replizierenden ETFs, etwa seitens großer Versicherer und Pensionskassen, machen solche Fonds bei Lyxor mittlerweile die Hälfte des Angebots aus, erklärt Fürpaß-Peter. Ursprünglich habe Lyxor mehrheitlich synthetische ETFs angeboten.

iShares BlackRock setzt auf physische ETFs – "Erfolg durch Transparenz"

iShares gehört zum US-Vermögensverwalter BlackRock und ist ein weltweit führender ETF-Anbieter. Bei den iShares-ETFs ist die synthetische Replizierung relativ unbedeutend: Von den etwa 280 angebotenen ETFs in Deutschland bildet nur einer, ein Rohstoff-ETF, den Index synthetisch nach. "Der Erfolg physischer ETFs bei den Anlegern liegt in deren Transparenz und Verständlichkeit begründet", sagte BlackRock-Sprecher Marc Bubeck. Im Zuge der Finanzkrise hätten sich viele Anleger aus Swap-Produkten zurückgezogen, und die Emittenten begannen, ihre Produktpalette umzustellen. "Nach der Lehman-Pleite ist das negative Image von Credit Default Swaps auf ETF-Swaps übergeschwappt", so Bubeck.


Lesen Sie im zweiten Teil unserer Serie:

Risiken für Anleger: Wie (ausfall)sicher ist ein ETF – mit oder ohne Swap? (Link entfernt)
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