Fonds / ETF

Fracking mit „grünen“ Fonds



Fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas werden immer knapper. Deshalb gehen Energie- und Bergbau-Unternehmen neue Wege, um an die wertvollen Rohstoffe heranzukommen. In Amerika, Europa und China vermuten Geologen noch große Vorkommen von Schiefergas. Dieses Gas liegt tief in der Erde, teils gebunden in Tonschichten, teils gesammelt in natürlichen Rissen und Bruchstellen von Gesteinsmassen. Gewonnen werden kann Schiefergas nur, indem tief gebohrt und das Gestein zertrümmert wird. Um das Gas herauszulösen, werden in die Bohrlöcher hochgiftige Chemikaliencocktails gepumpt. Dabei kommen bis zu 50 verschiedene Hilfs- und Giftstoffe zum Einsatz, unter anderem, um das Rosten der Förderanlagen zu verhindern. Weltweit laufen Umweltschützer Sturm, weil die tiefen Bohrungen und der Chemikalienmix massive Umweltschäden nach sich ziehen, beispielsweise Grund- und Flusswasser vergiften.

Die Befürworter des Fracking hoffen aber seit einigen Jahren auf eine Revolution des Energiemarktes durch Schiefergas. Durch Fracking stiegen die USA zwischen 2007 und 2009 zum weltgrößten Gasproduzenten auf - noch vor Russland. Seither ist Schiefergas mit 20 Prozent Marktanteil ein wichtiger Bestandteil im Energiemix der USA. Zusammen mit den vermuteten Vorkommen in Europa begannen nicht nur in den USA, Politiker und Energiekonzerne von der energetischen Unabhängigkeit vom Gas aus Russland und vom Öl des Nahen Ostens zu träumen.

Inzwischen haben auch Nachhaltigkeitsanalysten das Thema untersucht. So legte das Nachhaltigkeitsresearch-Team von Dexia Asset Management jüngst eine Studievor, Titel; „Energie-Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit? Das Beispiel Schiefergas in den USA“ vor. Das Ergebnis: Die Gewinnung von Schiefergas ist unter dem Strich mindestens so umweltfeindlich wie Ölförderung oder konventioneller Gas-Abbau. In einzelnen Bereichen stufen die Analysten die ökologische Negativwirkung von Schiefergas-Gewinnung sogar als noch gravierender ein. Dies betrifft beispielsweise den immensen Wasserverbrauch und die Umweltbelastung durch giftiges Abwasser.

Dennoch halten die Analysten Fracking, also Schiefergasgewinnung, nicht per Se für tabu für Dexia-Fonds mit Nachhaltigkeitsansatz. Das erfuhr ECOreporter.de auf Nachfrage. „Wir wollen die Unternehmen nicht vom Investment ausschließen, wenn sie bei der Schiefergasförderung verantwortungsbewusst vorgehen und einen hohen Aufwand betreiben, um die mit der Gewinnung verbunden Umweltrisiken zu minimieren“, erklärt Isabelle Cabie, Leiterin für Sustainable und Responsible Investments bei Dexia Asset Management. Die Nachhaltigkeitsanalyse von Dexia Asset Management im Bereich Energie schließe einzelne Energieformen nicht von vorneherein aus. Vielmehr gehe es darum, diese im Hinblick auf ihre ökologische und soziale Wirkung zu untersuchen und auf dieser Basis ein Nachhaltigkeitsranking zu erstellen. „Erneuerbare Energien werden dabei fossilen Energien vorgezogen. Und im Bereich der fossilen Energiegewinnung wird der konventionelle Gas-Abbau dem unkonventionellen vorgezogen. Dieser wiederum steht vor der konventionellen Ölgewinnung und der Extraktion von Öl aus Sand“, erläutert Cabie.

Schiefergas-Unternehmen werden Cabie zufolge investierbar, wenn Sie so genannte Best-Practice-Beispiele ihrer Branche sind - also im Sinne des Best-In-Class-Ansatzes als Nachhaltigkeitsführer durchgehen. Die Studie selbst nennt dazu beispielhaft den Umgang mit Wasser als Faktor, der die Nachhaltigkeitsbewertung positiv beeinflussen könne. Demnach erreichen zahlreiche Schiefergas-Unternehmen bei der Wasseraufbereitung Recycling-Quoten von bis zu 80 Prozent. „Es ist allerdings auch möglich, dass wir ein Best-Practice-Unternehmen im Bereich Schiefergas ausschließen, weil es den Best-In-Class-Ansprüchen in anderen Bereichen nicht entspricht“, stellt Cabie klar. Inwiefern Dexia-Fonds mit Nachhaltigkeitsansatz bereits aktuell in Schiefergas-Unternehmen investieren, erläuterte Cabie nicht.

Fracking-Unternehmen in Nachhaltigkeitsfonds


Allerdings finden sich beispielsweise im Aktienfonds Dexia Sustainable Pacific (ISIN BE0174191768) Aktien eines Unternehmens, das sich im Schiefergasabbau engagiert: Es geht um den Rohstoff- und Bergbau-Konzern BHP Billiton. Auf der Internetseite von Dexia Asset Management sind die zehn größten Akitenpositionen dieses Fonds zum 30. November 2012 aufgeführt. BHP Billiton liegt auf Rang zwei. Aber es gibt weitere Aktienfonds, die in BHP Billiton investeiren. Zu ihnen gehört der Allianz Global Sustainability - A – EUR (LU0158827195). Er wird beworben als „Aktienfonds für internationale nachhaltig wirtschaftende Unternehmen.“ Laut Factsheet zählte die BHP Billiton-Aktie auch in diesem Portfolio zum 30.November 2012 zu den zehn größten Positionen.

Ein weiteres Unternehmen, das auf Fracking-Projekte setzt, ist der französische Ölkonzern Total S.A. Der SAM Sustainable Global Active Fund Euro B (LU0188782162) hat hier investiert. Laut dem Züricher Initiator Sustainable Asset Management kauft der Fonds Aktien von „Unternehmen, die bezüglich Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle einnehmen“. Das Factsheet zum 30. November 2012 verrät, das Total-Aktien zu diesem Zeitpunkt die zweitgrößte Rolle im Portfolio des Fonds spielten. Eine merkwürdige Auffassung von Vorreiterschaft…
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