Anleihen / AIF

Geschäftsführer Willi Balz will die Windreich-Insolvenz neu aufrollen – was sagt der Insolvenzverwalter?

Ein großer Coup? Der alte und neue Windreich-Chef will das Rad zurückdrehen und sein Unternehmen doch noch in Eigenregie sanieren. Mit dem Stuttgarter Rechtsanwalt Dr. Volker Grub an seiner Seite bereitet Balz derzeit seine Rückkehr in die Verantwortung bei dem Windkraftprojektierer aus Wolfschlugen vor. Ob das gelingt, liegt letztendlich in der Hand der Gläubiger.

Erst kürzlich hat Willi Balz die Verfügungsgewalt über seine Anteile als Eigentümer der Windreich GmbH zurückerhalten. Zu einer seiner ersten Amtshandlungen gehörte es, sich selbst wieder als Geschäftsführer einzusetzen (ECOreporter.de  berichtete). Weil die Windreich GmbH  ein Insolvenzverfahren durchläuft, ist das allerdings ein Posten ohne echte Entscheidungskompetenzen. Diese liegen beim Juristen Holger Blümle von der Kanzlei Schulze Braun Rechtsanwälte. Er wurde vom Gericht als Insolvenzverwalter eingesetzt. Geht es nach Balz‘ Vorstellungen, dann wird sich das möglicherweise schon bald ändern: „Bis spätestens Anfang November“ plant der Windreich-Geschäftsführer die Erarbeitung eines neuen Insolvenzplans. Dieser soll unter Berufung auf den Paragraphen 218 der Insolvenzordnung bei Gericht eingereicht werden.


Mit Verfahrensverlauf „nicht zufrieden“

Damit will Balz nichts weniger als den Reset-Knopf für das laufende Verfahren drücken. Ihm schwebt die Rückkehr zu seinem ursprünglichen Plan vor: Insolvenz in Eigenregie. Unterstützt wird Balz dabei von dem Stuttgarter Rechtsanwalt Dr. Volker Grub. Gegenüber ECOreporter.de erläutert der Jurist der Kanzlei Grub Brugger & Partner die Beweggründe „Willi Balz hat die Investorensuche bislang nach Kräften unterstützt. Es gab zahlreiche Gespräche. Dennoch kann man mit dem bisherigen Verlauf des Insolvenzverfahrens unter der Leitung von Herrn Blümle nicht zufrieden sein, weil nichts verkauft wurde. Deshalb werden wir einen alternativen Insolvenzplan erarbeiten.“ Der Jurist formuliert klare Ziele: „Ein laufendes Regelinsolvenzverfahren wie das der Windreich GmbH kann jederzeit durch Insolvenzplan beendet werden. Unser Ziel ist es, dass eine neue Geschäftsführung mit Willi Balz und einem weiteren Kaufmann an seiner Seite die Sanierung der Windreich GmbH im Wege eines Planinsolvenzverfahrens im Einvernehmen mit den Gläubigern fortsetzt und das Unternehmen fortführt.“  Dabei solle das Vier-Augen-Prinzip gelten. Der Insolvenzverwalter Holger Blümle solle in diesem neuen Verfahren in überwachender Funktion tätig werden, so Grub weiter. 

Bild: Willi Balz, Gründer und Geschäftsführer der Windreich GmbH. / Foto: Unternehmen



Möglich wird dies, weil der Windreich-Eigentümer sich zuvor wieder selbst zum Geschäftsführer ernannt hat. Der Insolvenzverwalter Holger Blümle hatte direkt danach betont: „Ein Geschäftsführer hat in einem eröffneten Insolvenzverfahren keinerlei Möglichkeiten, operativ in den Geschäftsbetrieb einzugreifen, Entscheidungen zu treffen oder Vermögen des Unternehmens zu verwerten oder beziehungsweise zu verkaufen“ und klargestellt, dass die Verfügungsbefugnis vollständig und ausschließlich bei ihm und den Gläubigern liege. Dazu Balz‘ Rechtsbeistand Dr. Grub: „Im Moment ist die Handlungsfähigkeit von Herrn Balz stark eingeschränkt. Als Geschäftsführer der Windreich GmbH bleiben ihm jedoch einige grundlegende Befugnisse. Das ist zum Beispiel die Einreichung eines Insolvenzplans oder die Möglichkeit einzelne Forderungen anzufechten, die in der Insolvenztabelle angemeldet werden.“


Gläubiger entscheiden

Die Kanzlei des Insolvenzverwalters Blümle, Schulze Braun Rechtsanwälte, kann nach eigenen Worten nur abwarten: „Herr Balz ist Geschäftsführer der Windreich GmbH. Damit steht es ihm gesetzlich zu, einen Insolvenzplan vorzulegen. Faktisch handelt es dabei um einen alternativen Verwertungsvorschlag“, sagt eine Sprecherin der Kanzlei. „Sobald dieser Vorschlag bei Gericht eingereicht wird, gibt es eine formale Vorprüfung. Danach würden die Gläubiger darüber entscheiden. Herrn Balz zufolge soll dieser Plan jedoch erst erarbeitet und im November 2014 eingereicht werden. Deshalb macht es keinen Sinn über mögliche Inhalte oder ein mögliches Votum der Gläubiger zu spekulieren. Alles Weitere bleibt abzuwarten“, so die Sprecherin. Balz‘ Rechtsanwalt Dr. Volker Grub sieht die Erfolgschancen für Balz Strategie positiv: „Ich habe das Mandat übernommen, nachdem der Offshore-Windpark Global Tech 1 fertig gestellt wurde. Der Nordsee-Windpark mit 400 Megawatt Leistungskapazität aus 80 Windrädern steht und speist bereits Strom ein. Die Anlage läuft zwar noch im Testbetrieb, aber der Strom kommt in NRW an. Das zeigt, dass Willi Balz trotz aller Widerstände früher schon sehr gute Arbeit bei der Planung und Realisierung der Windreich-Großprojekte geleistet hat. Ihm ist absolut zuzutrauen, die Sanierung und danach das Unternehmen erfolgreich fortzuführen“, sagt er.


Anleihegläubiger müssen warten

Von der Pleite der Windreich GmbH sind zahlreiche Anleger betroffen, die dem Unternehmen über zwei Anleihen 149 Millionen Euro anvertraut hatten. Mit diesen Anlegern kommuniziert Willi Balz rege über Briefe, die er auch online veröffentlicht. Darin hatte Balz den Investoren in Aussicht gestellt, möglicherweise bis zu „100 Prozent“ ihrer Forderungen zurückzuerhalten. Das klingt in einer aktuellen Mitteilung der Kanzlei Grub Brugger nun anders: „Angestrebt wird eine hohe Befriedigungsquote für die normalen Gläubiger.“ Während die gesicherten Gläubiger, also etwa Kreditgeber „mit dem Kauferlös bereits im kommenden Jahr zurückgezahlt“ werden sollen, brauchen Anleihegläubiger demnach deutlich mehr Geduld: Diese könnten „nach Fertigstellung und Vermarktung der nächsten Windparkprojekte“ mit Zahlungen rechnen. Willi Balz hatte gegenüber den Anleihezeichnern den Verkauf des Offshore-Windparks Austerngrund möglicherweise 2019 ins Spiel gebracht. Ob das gelingt, ist allerdings offen. Willi Balz hat ohnedies noch weitere offene Fronten: Spätestens bis Anfang November 2014 will der Windreich-Geschäftsführer zum einen auch der Insolvenzplan für seine Privatinsolvenz erarbeitet haben und zum anderen ist das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wegen mutmaßlicher Bilanzfälschung noch nicht abgeschlossen.
Aktuell, seriös und kostenlos: Der ECOreporter-Newsletter. Seit 1999.
Nach oben scrollen
ECOreporter Journalistenpreise
Anmelden
x