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Interview: „Wir können heute bei geringeren Umsätzen bereits Gewinne erwirtschaften“ - wie Vorstandssprecher Pierre-Pascal Urbon SMA Solar künftiges Wachstum sichern will

Der Wechselrichterhersteller SMA Solar Technology AG aus Niestetal bei Kassel hat sich aus der Krise gearbeitet. 2015 war wieder ein starkes Jahr. Kann SMA den Aufwärtstrend fortsetzen und wie will das Management dies ermöglichen? Das erklärt Vorstandssprecher Pierre-Pascal Urbon im ECOreporter-Interview. Er erläutert, auf welche Photovoltaikmärkten SMA setzt und welche Herausforderungen das Unternehmen bewältigen muss, wie der Konzern dem Preisdruck begegnet und warum SMA große Hoffnungen auf das Geschäft mit Solarstromspeichertechnologie setzt. Urban übt auch deutliche Kritik daran, dass die Bundesregierung bei der Föderung der Photovoltaik verstärkt auf Ausschreibungen setzt.

Zur Person: Pascal Urbon (Jahrgang 1970) ist seit 2011 Vorstandssprecher der SMA Solar Technology AG. Als solcher verantwortet er seit Januar 2016 auch die Ressorts Strategie, Finanzen/Recht und Vertrieb. Urbon studierte Betriebswirtschaft und war bis 2005 in der M&A-Beratung tätig. [M&A steht für Mergers & Acquisitions, also Übernahmen und Fusionen. - Anm. d. Red.]. Seither ist er bei SMA und wurde 2006 zum Vorstand bestellt.

ECOreporter.de:  Die Entwicklung der SMA Solar Technology AG in 2015 war spektakulär positiv. Ist damit das Wachstum in 2016 bereits vorweggenommen?


Pierre-Pascal Urbon:
  Der SMA Vorstand geht bei einem Umsatz von 950 Millionen Euro bis 1,05 Milliarden Euro für 2016 von einer deutlichen Steigerung des operativen Ergebnisses (EBIT) auf 80 Millionen Euro bis 120 Millionen Euro aus. SMA kann wie kein anderes Unternehmen von der weltweiten Entwicklung der Solarmärkte profitieren und hat durch die erfolgreiche Unternehmenstransformation die finanzielle Flexibilität erhöht. SMA kann deshalb optimistisch in die Zukunft blicken.  [Zum Vergleich: 2014 hatte die SMA Solar Technology AG bei 805, 4 Millionen Euro Umsatz noch 164,9 Millionen Euro-EBIT-Verlust erwirtschaftet. In 2015 schaffte der Konzern dann die Rückkehr in die schwarzen Zahlen, wie vorläufige Berechungen ergeben haben (mehr lesen Sie  hier  ). Die offizielle Bilanz für 2015 will SMA im März 2016 vorlegen. – Anm.  d. Red.]

ECOreporter.de: Welches sind die wichtigsten Eckpfeiler Ihrer Wachstumsstrategie? 

Urbon
:  Eine wesentliche Säule ist die Internationalisierung. SMA hat schon früh damit begonnen, sich mit der Gründung von Vertriebs- und Servicegesellschaften in bedeutenden Zukunftsmärkten zu positionieren. Mittlerweile sind wir mit eigenen Gesellschaften in 20 Ländern international hervorragend aufgestellt und können von der weltweiten Marktentwicklung profitieren.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist unsere hohe Innovationskraft, um neue Wachstumssegmente, wie beispielsweise die Integration von Speichern, die Kombination unterschiedlicher Energieträger oder weiterer neuer Geschäftsmodelle zu erschließen. Beispielsweise solche, die mit der Digitalisierung der Energiewirtschaft entstehen.
Zusätzlich gewinnt mit dem Anstieg der installierten Photovoltaikleistung das Servicegeschäft an Bedeutung. Die Serviceinfrastruktur in allen wichtigen Solarmärkten ist eine außerordentliche Stärke von SMA. Deshalb können wir umfassende Servicedienstleistungen anbieten. Das Angebotsspektrum reicht von Garantieverlängerungen bis hin zur kompletten Betriebsführung von solaren Großkraftwerken.
Der Ausbau unserer Flexibilität ist ebenfalls ein wichtiges Element unserer Strategie. Durch die Unternehmenstransformation haben wir sowohl unsere operative als auch finanzielle Flexibilität erhöht. Wir können heute bei geringeren Umsätzen bereits Gewinne erwirtschaften.

ECOreporter.de:  Welches wirtschaftliche Potenzial versprechen Sie sich von dem Geschäft mit Wechselrichtern für Solarstromspeicher?

Urbon: 
Die Integration von Batteriespeichern in das Stromversorgungssystem ist ein wichtiges Zukunftsthema für SMA, denn ohne Speicher wird die globale Energiewende nicht gelingen. Das Marktpotenzial für elektrische Speicher lässt sich aber zum aktuellen Zeitpunkt nur schwer abschätzen. SMA rechnet mittelfristig über alle Anwendungsbereiche hinweg mit einer weltweiten jährlichen Nachfrage von ca. 500 Millionen Euro bis 1,2 Milliarden Euro für Batterie-Wechselrichter-Technologie.

ECOreporter.de: Wie wichtig ist die Kooperation mit Tesla Motors für Ihre Strategie für den Batteriespeichermarkt. Welche Folgen hätte es für SMA, wenn sich die Markteinführung der Powerwall von Tesla verschieben sollte?

Urbon:  SMA verfügt mit mehr als 30 Jahren Erfahrung über ein unvergleichliches Know-how im Bereich der Speicherintegration und bietet in diesem Bereich unterschiedliche Lösungen für alle Batterietechnologien und Speichergrößen an. In Deutschland, dem weltweit bedeutendsten Markt für Heimspeicher, sind wir mit einem Marktanteil von mehr als 30 Prozent bereits klarer Marktführer. In Korea haben wir gerade als einziges ausländisches Unternehmen Wechselrichter-Technologie für ein Großspeicherkraftwerk geliefert. Wir kooperieren international mit einer Vielzahl namhafter Batteriehersteller und wichtigen Akteuren aus dem Automobilsektor. Unsere jüngsten bekanntgegebenen Kooperationen mit Tesla und der Daimler-Tochter Accumotive werden dazu beitragen, dass wir unseren Marktanteil hier weltweit weiter ausbauen.  Sie können zusätzliche Kundengruppen ansprechen und das Segment der Hausspeicher zu einem Massenmarkt entwickeln. [Mehr über diese die Kooperation mit Tesla lesen Sie  hier  , mehr zur Vertriebspartnerschaft mit Accumotive  hier– Anm. d. Red.]

ECOreporter.de: Welche Märkte außerhalb Europas sind für SMA aktuell und für die Zukunft besonders wichtig?

Urbon:  SMA erzielt mittlerweile fast 90 Prozent des Umsatzes im Ausland. Wir sind in 20 Ländern mit eigenen Vertriebs- und Servicegesellschaften vertreten. Wichtigster Einzelmarkt sind für uns die USA. Wir erwarten von den nordamerikanischen Märkten weiterhin starke Wachstumsimpulse, insbesondere nach der Verlängerung der Steueranreizprogamme in den USA.  SMA ist durch die exzellente Stellung in Nordamerika gut auf den erwarteten Nachfrageanstieg vorbereitet. Aber auch die immer interessanter werdenden  Zukunftsmärkte in Südamerika können wir sehr gut bedienen. Hier sind wir in Chile und Brasilien mit eigenen Gesellschaften vertreten.
Ein weiterer wichtiger Markt ist Japan. Das ist ein Markt mit hohen Eintrittsbarrieren, in dem sich SMA sehr gut etabliert und mittlerweile Wechselrichter mit einer Gesamtleistung von mehr als 1.000 Megawatt (MW) verkauft hat. In diesem entwickelten Markt werden zukünftig neben Photovoltaik-Großanlagen und gewerblichen Anlagen Lösungen zur Erhöhung des Eigenverbrauchs in Haushalten eine wichtige Rolle spielen. Dies gilt auch für Australien, einen weiteren wichtigen Markt für SMA.
Auch in Indien rechnen wir mittelfristig mit hohen Wachstumsraten. Das Preisniveau in Indien liegt leicht über  dem Niveau von China. Die Marktstrukturen ermöglichen jedoch im Gegensatz zum chinesischen Markt den fairen Wettbewerb. Dementsprechend ist SMA hier mit einer eigenen Gesellschaft gut positioniert und verfügt über einen Marktanteil von rund 20 Prozent bezogen auf die gesamt installierte Photovoltaikleistung.

ECOreporter.de: Photovoltaik boomt beinahe weltweit, aber Deutschland und Europa schwächeln im internationalen Vergleich. Wie wichtig sind diese Märkte für SMA Solar? Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die Einführung von Photovoltaikauktionen in Deutschland?

Urbon:  SMA erzielt über 40 Prozent des Umsatzes in Nord- und Südamerika, rund 35 Prozent in den europäischen Ländern, dem Mittleren Osten und Afrika sowie rund 20 Prozent in der Region Asien-Pazifik. Damit verfügen wir über eine regional ausgewogene Umsatzverteilung.
Wichtigster Markt in Europa ist für uns Großbritannien, hier gehen wir jedoch nach den jüngsten Förderkürzungen von einem Nachfragerückgang aus.
Mit einer im vergangenen Jahr neu installierten Leistung von gerade einmal 1.500 MW hat der deutsche Markt aufgrund der verfehlten Politik des Bundeswirtschaftsministeriums massiv an Bedeutung verloren. Deutschland hat die Vorreiterrolle in einer der aufregendsten Zukunftstechnologien des 21. Jahrhunderts leider verloren. Die Umstellung auf Ausschreibungen wird daran nichts ändern, denn erfahrungsgemäß werden Projekte unter diesem Modell häufig gar nicht oder nur mit großer zeitlicher Verzögerung realisiert.  Beispiele in anderen Ländern haben zusätzlich unter Beweis gestellt, dass Ausschreibungen für Photovoltaikprojekte gegenüber Einspeisetarifen bei den Kosten keinerlei Vorteile haben.

ECOreporter.de: Seit 2013 ist SMA Solar mit der Mehrheitsbeteiligung  Zeversolar direkt in China aktiv. Wie liefen die Geschäfte dort seither, und wie wirkt sich die chinesische Wirtschaftskrise aus? 

Urbon:  Der chinesische Markt ist intransparent, häufig erhalten hier chinesische Unternehmen, die sich teilweise in Staatsbesitz befinden, den Zuschlag für Projekte. Darüber hinaus ist der Preisdruck extrem hoch. So verzeichnete der chinesische Markt 2015 gemessen in Gigawatt (GW) zwar deutlich höhere Neuinstallationen als im Vorjahr, gewann jedoch gemessen in Euro nicht an Bedeutung. So stand China 2015 mit 500 Millionen Euro unverändert für nur ca. 11 Prozent des weltweiten Umsatzes mit Wechselrichter-Technologie. SMA beteiligt sich mit der Tochtergesellschaft Zeversolar in China nur an ausgewählten, profitablen Projekten. Viel wichtiger ist für uns, dass wir mit der Zweitmarke Zeversolar die Niedrigpreissegmente in Australien, Großbritannien, den Benelux-Ländern und Indien erschließen können. Zusätzlich haben wir durch die Übernahme von Zeversolar Zugang zu  weiteren Entwicklungsressourcen und zu Lieferanten in China erhalten.

ECOreporter.de:  In welchen Märkten ist Wettbewerb  bei Solarwechselrichtern besonders intensiv, und mit welcher Strategie begegnen sie Preiskämpfen?


Urbon:  Der Preisdruck ist in allen Marktsegmenten und Regionen hoch. Wir können im Geschäft für solare Großkraftwerke beispielsweise durch unsere kompakten und ganzheitlichen Lösungen punkten. Wir haben deshalb zum Beispiel in Nordamerika einen Marktanteil von circa 50 Prozent. Auch bei den kleineren Solarstromanlagen bieten wir den Endkunden ein technisch innovatives und kostenoptimiertes Produkt, welches sich spielend leicht mit Speichern oder unserem SMA Smart Home verbinden lässt. Zudem bietet SMA einen umfassenden Service an, den viele Wettbewerber aufgrund ihrer deutlich geringeren Unternehmensgröße sich gar nicht leisten können. Zukünftig werden wir unser Leistungsspektrum auch auf datenbasierte Geschäftsmodelle ausweiten und damit die langjährige Kompetenz der SMA und die hohe installierte Basis nutzen.

ECOreporter.de:  SMA Solar hat zuletzt 2012 0,60 Euro je Aktie als Dividende ausgeschüttet. Wann können die Anleger wieder mit einer Dividende rechnen?

Urbon:  SMA hatte immer zum Ziel, dass rund 20 bis 40 Prozent des Konzernüberschusses an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Wir werden erst in den nächsten Wochen über die Ausschüttungspolitik für das Geschäftsjahr 2015 entscheiden. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zum aktuellen Zeitpunkt noch keine konkreten Aussagen machen können.

ECOreporter.de: Wir danken Ihnen für die Antworten, Herr Urbon.
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