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Kann der EU-Emissionshandel jetzt durchstarten?
Ein funktionierender Emissionshandel soll Investitionen in emissionsarme Technologien anregen und die wirtschaftliche Entwicklung von Unternehmen beflügeln, die auf entsprechende Umwelttechnologien setzen. Das ist die Theorie. In der Praxis aber hat der Emissionshandel, den die EU in 2005 eingeführt hat, diese Hoffnungen kaum erfüllt. Denn erst wurden zu viele Emissionsrechte kostenlos an die Unternehmen ausgegeben, die für ihre Treibhausgasemissionen Zertifikate besitzen müssen. Dann hat die Wirtschaftskrise der letzten Jahre den Überschuss an Emissionszertifikaten so stark ansteigen lassen, dass der Preis für den Ausstoß einer Tonne Kohlendioxid seit Monaten unter 5 Euro liegt. Dabei müsste er nach Einschätzung der meisten Experten bei 30 Euro pro Tonne CO2 liegen, um die angestrebte Anreizwirkung zu entfalten.
Nun hat sich das Europaparlament zu einem ersten Schritt durchgerungen, dem Emissionshandel in der Union mehr Balance zu verschaffen. Im zweiten Anlauf stimmten die Abgeordneten jetzt einem Vorschlag der EU-Kommission eines so genannten Backloadings zu. Sie will die Versteigerung von 900 Millionen Emissionszertifikaten später versteigern als geplant, um so das derzeitige Überangebot zu verringern. Im April hatte die Mehrheit des Europaparlaments noch dagegen votiert (wir berichteten (Link entfernt)).
Der zuständige Berichterstatter des Europaparlaments, der Deutsche Matthias Groote (SPD), hatte danach den Entwurf mit leichten Änderungen erneut in das Parlament eingebracht. Diesmal mit Erfolg. Es wurde beschlossen, dass das Backloadings einmalig in der laufenden Handelsperiode geschehen darf, die 2020 endet. Doch damit dieser Beschluss auch umgesetzt wird, müssen auch die Mitgliedsstaaten der EU ihm zustimmen. Ob und wann dies geschieht, ist noch offen. Wahrscheinlich kommt es erst im kommenden Jahr dazu.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und die Wirtschaftsvereinigung Stahl hatten die EU-Parlamentarier im Vorfeld dazu gedrängt, gegen die Vorlage zustimmen, und dies mit der Gefahr steigender Stromkosten für Unternehmen begründet. Dagegen ist der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) für das Backloading. "Es ist erfreulich, dass die Abgeordneten des Europäischen Parlaments für den Kompromissvorschlag zum Backloading gestimmt haben. Damit wird der Weg für eine umfassende Reform des Emissionshandels geebnet", erklärte jetzt Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des BDEW. Die Entscheidung über die verzögerte Versteigerung von Emissionszertifikaten sei ein erstes wichtiges Signal für die Zukunft der gemeinsamen Klimapolitik der Europäischen Union.
"Das Backloading muss als einmalige Maßnahme der erste Schritt für eine grundlegende Reform des Emissionshandels sein. Weitere Schritte müssen zügig folgen. Diese Reform muss unbedingt mit der Festlegung eines ambitionierten, EU-weiten Emissionsminderungsziels für das Jahr 2030 einhergehen", unterstrich Müller. Bereits jetzt sei der Zeitrahmen mit den bestehenden Zielen für 2020 für viele Investitionsentscheidungen der Energieunternehmen zu kurz. Hingegen sei der Zeitraum bis 2050, den die EU-Klima-Roadmap umfasst, für Investitionsentscheidungen zu lang. Müller weiter: "Europaweit gültige Zwischenziele für das Jahr 2030 können hingegen die Investitionen auslösen, die zur Erreichung der Klimaschutzziele notwendig sind. Darüber hinaus ist eine gemeinsame EU-Position zu den Zielen 2030 eine gute Basis für die internationalen Klimaschutzverhandlungen."
„Die Entscheidung über die verzögerte Auktionierung von CO2-Zertifikaten ist aus unserer Sicht ein erstes wichtiges Signal für die Zukunft der gemeinsamen Klimapolitik der Europäischen Union“, sagt BEE-Geschäftsführer Dr. Hermann Falk. Er weist darauf hin, dass „die viel zu niedrigen Preise von gerade einmal 4 Euro pro Tonne CO2 keinerlei Lenkungseffekte in klimaschonende und hocheffiziente Technologien erzielen. Darüber hinaus trage der niedrige CO2-Preis zu einer steigenden EEG-Umlage und damit zu künstlich höheren Strompreisen für Verbraucher bei. Eine Berechnung des Beratungsunternehmens Energy Brainpool im Auftrag des BEE habe gezeigt, dass allein der Preisverfall für CO2-Zertifikate in der jüngeren Vergangenheit die EEG-Umlage in diesem Jahr um 0,6 Cent steigen ließ (mehr über die Paradoxie bei der Berechnung der EEG-Umlage erfahren Sie in unserem Beitrag von 3. Juni (Link entfernt)). „Ein funktionierender Wettbewerb zwischen konventionellen und Erneuerbaren Energien kann nur entstehen, wenn sich Klimabelastung und Umweltschäden durch Kohlekraftwerke im Energiepreis widerspiegeln. Bei diesen unechten CO2-Zertifikatspreisen sind wir jedoch weit davon entfernt“, erklärt Falk.
Dagegen bezweifelt das Wuppertal Institut in einer aktuellen Stellungnahme die Wirksamkeit von Klimaschutzinstrumenten wie dem Emissionshandel. Die Experten des Institutes raten dazu, den mengenbasierten Ansatz zu überprüfen, auf dem die Klimapolitik bisher weitgehend beruht. „So lange Emissionen als untrennbar mit wirtschaftlichem Wohlergehen verbunden gesehen werden, lenken Mengenverpflichtungen unmittelbar auf die Perspektive, Klimaschutz als wirtschaftlichen Verlust zu ansehen“, schreiben sie in einem so genannten Konsultationspapier.
Weiter heißt es darin: „Zudem erweist sich der Ansatz, Emissionen durch eine künstliche Verknappung in ein wertvolles Gut zu verwandeln, in der internationalen Politik als Haken. Denn damit sind Mengenverpflichtungen gleichbedeutend damit, Ländern Geld zuzuweisen. Beide Faktoren führen direkt zu der Verteilungskontroverse, die die vergangenen Klimaverhandlungen dominierte. Zudem sind Mengenverpflichtungen risikoreich für Regierungen, da wesentliche Emissionstreiber wie Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums weitgehend jenseits ihres Einflusses liegen. Schließlich legen Mengenverpflichtungen nicht nur die minimale, sondern gleichzeitig auch die maximale Emissionsreduktion fest. Dabei hat es sich als nahezu unmöglich herausgestellt, Mengenverpflichtungen zeitnah anzupassen, wenn sie einmal festgelegt sind.“
Nun hat sich das Europaparlament zu einem ersten Schritt durchgerungen, dem Emissionshandel in der Union mehr Balance zu verschaffen. Im zweiten Anlauf stimmten die Abgeordneten jetzt einem Vorschlag der EU-Kommission eines so genannten Backloadings zu. Sie will die Versteigerung von 900 Millionen Emissionszertifikaten später versteigern als geplant, um so das derzeitige Überangebot zu verringern. Im April hatte die Mehrheit des Europaparlaments noch dagegen votiert (wir berichteten (Link entfernt)).
Der zuständige Berichterstatter des Europaparlaments, der Deutsche Matthias Groote (SPD), hatte danach den Entwurf mit leichten Änderungen erneut in das Parlament eingebracht. Diesmal mit Erfolg. Es wurde beschlossen, dass das Backloadings einmalig in der laufenden Handelsperiode geschehen darf, die 2020 endet. Doch damit dieser Beschluss auch umgesetzt wird, müssen auch die Mitgliedsstaaten der EU ihm zustimmen. Ob und wann dies geschieht, ist noch offen. Wahrscheinlich kommt es erst im kommenden Jahr dazu.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und die Wirtschaftsvereinigung Stahl hatten die EU-Parlamentarier im Vorfeld dazu gedrängt, gegen die Vorlage zustimmen, und dies mit der Gefahr steigender Stromkosten für Unternehmen begründet. Dagegen ist der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) für das Backloading. "Es ist erfreulich, dass die Abgeordneten des Europäischen Parlaments für den Kompromissvorschlag zum Backloading gestimmt haben. Damit wird der Weg für eine umfassende Reform des Emissionshandels geebnet", erklärte jetzt Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des BDEW. Die Entscheidung über die verzögerte Versteigerung von Emissionszertifikaten sei ein erstes wichtiges Signal für die Zukunft der gemeinsamen Klimapolitik der Europäischen Union.
"Das Backloading muss als einmalige Maßnahme der erste Schritt für eine grundlegende Reform des Emissionshandels sein. Weitere Schritte müssen zügig folgen. Diese Reform muss unbedingt mit der Festlegung eines ambitionierten, EU-weiten Emissionsminderungsziels für das Jahr 2030 einhergehen", unterstrich Müller. Bereits jetzt sei der Zeitrahmen mit den bestehenden Zielen für 2020 für viele Investitionsentscheidungen der Energieunternehmen zu kurz. Hingegen sei der Zeitraum bis 2050, den die EU-Klima-Roadmap umfasst, für Investitionsentscheidungen zu lang. Müller weiter: "Europaweit gültige Zwischenziele für das Jahr 2030 können hingegen die Investitionen auslösen, die zur Erreichung der Klimaschutzziele notwendig sind. Darüber hinaus ist eine gemeinsame EU-Position zu den Zielen 2030 eine gute Basis für die internationalen Klimaschutzverhandlungen."
„Die Entscheidung über die verzögerte Auktionierung von CO2-Zertifikaten ist aus unserer Sicht ein erstes wichtiges Signal für die Zukunft der gemeinsamen Klimapolitik der Europäischen Union“, sagt BEE-Geschäftsführer Dr. Hermann Falk. Er weist darauf hin, dass „die viel zu niedrigen Preise von gerade einmal 4 Euro pro Tonne CO2 keinerlei Lenkungseffekte in klimaschonende und hocheffiziente Technologien erzielen. Darüber hinaus trage der niedrige CO2-Preis zu einer steigenden EEG-Umlage und damit zu künstlich höheren Strompreisen für Verbraucher bei. Eine Berechnung des Beratungsunternehmens Energy Brainpool im Auftrag des BEE habe gezeigt, dass allein der Preisverfall für CO2-Zertifikate in der jüngeren Vergangenheit die EEG-Umlage in diesem Jahr um 0,6 Cent steigen ließ (mehr über die Paradoxie bei der Berechnung der EEG-Umlage erfahren Sie in unserem Beitrag von 3. Juni (Link entfernt)). „Ein funktionierender Wettbewerb zwischen konventionellen und Erneuerbaren Energien kann nur entstehen, wenn sich Klimabelastung und Umweltschäden durch Kohlekraftwerke im Energiepreis widerspiegeln. Bei diesen unechten CO2-Zertifikatspreisen sind wir jedoch weit davon entfernt“, erklärt Falk.
Dagegen bezweifelt das Wuppertal Institut in einer aktuellen Stellungnahme die Wirksamkeit von Klimaschutzinstrumenten wie dem Emissionshandel. Die Experten des Institutes raten dazu, den mengenbasierten Ansatz zu überprüfen, auf dem die Klimapolitik bisher weitgehend beruht. „So lange Emissionen als untrennbar mit wirtschaftlichem Wohlergehen verbunden gesehen werden, lenken Mengenverpflichtungen unmittelbar auf die Perspektive, Klimaschutz als wirtschaftlichen Verlust zu ansehen“, schreiben sie in einem so genannten Konsultationspapier.
Weiter heißt es darin: „Zudem erweist sich der Ansatz, Emissionen durch eine künstliche Verknappung in ein wertvolles Gut zu verwandeln, in der internationalen Politik als Haken. Denn damit sind Mengenverpflichtungen gleichbedeutend damit, Ländern Geld zuzuweisen. Beide Faktoren führen direkt zu der Verteilungskontroverse, die die vergangenen Klimaverhandlungen dominierte. Zudem sind Mengenverpflichtungen risikoreich für Regierungen, da wesentliche Emissionstreiber wie Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums weitgehend jenseits ihres Einflusses liegen. Schließlich legen Mengenverpflichtungen nicht nur die minimale, sondern gleichzeitig auch die maximale Emissionsreduktion fest. Dabei hat es sich als nahezu unmöglich herausgestellt, Mengenverpflichtungen zeitnah anzupassen, wenn sie einmal festgelegt sind.“