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Lignum-Pleite: Doch noch Hoffnung für die Holz-Investoren?
Hunderte Lignum-Anleger zittern um ihr Geld, das sie in bulgarische Edelhölzer investiert haben: Nach der Insolvenz sämtlicher Lignum-Unternehmen droht ihnen der Totalverlust (wir berichteten). Nun ziehen viele Anleger vor Gericht – aber wie sind ihre Erfolgschancen?
Ein Teil der Investoren setzt auf eine Musterklage gegen die ehemaligen Geschäftsführer der Lignum Holding und der Lignum Sachwert Edelholz sowie gegen eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Allerdings streben einige Anleger auch Klagen gegen die Vermittler der Lignum-Produkte an, wie ECOreporter.de erfuhr.
Vorbereit wird das Musterverfahren derzeit von der TILP Rechtsanwaltsgesellschaft aus Kirchentellinsfurt bei Tübingen. "Der Sachverhalt ist komplex und muss wie ein Puzzle zusammengesetzt werden", erklärt einer der federführenden Rechtsanwälte, Marvin Kewe, gegenüber ECOreporter. Drei Anwälte arbeiteten aktuell an dem Verfahren. Trotz des Aufwands sei es vergleichsweise kostengünstig, weil Anleger ihre Rechte zusammen anmelden und gemeinsam ihre Chance auf eine Klage erhöhen könnten. "Das Musterverfahren hat eine Konzentrationswirkung", erklärt Kewe. Falls parallel zum Musterverfahren noch ähnliche Klagen am Gericht anhängig sind, werden diese ausgesetzt. Heißt: Klagt ein einzelner Anleger zum Beispiel wegen eines Fehlers im Lignum-Prospekt, wird er "Beigeladener" im Musterverfahren – es gibt also am Ende ein Urteil, das für alle gilt.
Nicht überzeugt von dem Verfahren ist jedoch Dr. Jürgen Machunsky, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Göttingen. Machunsky ist Berater der IGeLignum, einer Anlegervertretung, die von den Investoren gegründet wurde. Die Aussichten für das Musterverfahren gegen den Lignum-Vorstand schätzt der Fachanwalt zwar als erfolgreich ein, "die Vollstreckungsaussichten dürften aber gegen Null tendieren", so Machunsky. Heißt: Möglicherweise wird der Schaden der Anleger nicht kompensiert werden können. Denn selbst eine gewonnene Klage bringt nichts, wenn die Gegenseite kein Geld hat, um den Schadenersatz zu bezahlen.
Und die Wirtschaftsprüfer? Da diese Gesellschaft tatsächlich die Prüfungen nicht vorgenommen habe, sei die Klage hier wiederum rechtlich aussichtslos, so der Anwalt. In einem Lignum-Prospekt stand, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt werde bzw. beauftragt werden soll. "Ob dieser Auftrag tatsächlich erteilt und angenommen wurde, ist nicht bekannt", so Machunsky. Es sei auch nicht bekannt, ob eventuell geprüft und das Testat verweigert wurde. "Bekannt ist jedenfalls, dass keine testierte Bilanz vorliegt. Also bisher keinerlei Anhaltspunkte für eine Klage in diese Richtung."
Die Kanzlei TILP wurde kurz nach Bekanntwerden der Lignum Insolvenz im April 2016 von Anlegern beauftragt. Mittlerweile arbeitet sie eng mit der AIL – Anleger Interessenvertretung Lignum – zusammen. Diese hat ihren Mitgliedern das Musterverfahren empfohlen und TILP Informationen über Lignum zur Verfügung gestellt. Die AIL ist ein Zusammenschluss von Finanzberatern mit dem Ziel, die Interessen der betroffenen Lignum-Kunden gemeinschaftlich zu vertreten. Ihre zunächst beabsichtigte Sanierung der Lignum-Unternehmen ist mittlerweile vom Tisch. Nun unterstützt die AIL das Musterverfahren.
Auch Klagen gegen Produkt-Vermittler sind in Vorbereitung
Doch von der Arbeit der AIL sind nicht alle Anleger überzeugt. Mehrere haben beschlossen, ihre Finanzberater zu verklagen, die ihnen das Investment verkauft haben. Die Kanzlei Resch Rechtsanwälte aus Berlin vertritt ein Dutzend von ihnen: "Es geht um Schadenersatzklagen wegen Falschberatung, aber auch wegen Prospektfehlern. Das sind Ansprüche gegen die Prospektverantwortlichen", teilte Rechtsanwalt Jochen Resch gegenüber ECOreporter.de mit.
Im Werbeprospekt für seine Investments hatte Lignum unter anderem hohe Renditen versprochen und mit Sicherheiten geworben. Jedoch musste das Unternehmen Insolvenz anmelden, nachdem es nicht die Prospektpflicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erfüllte und keine Produkte mehr anbieten durfte. Tatsächlich hätten einzelne Anlageberater noch nach der Aufforderung der BaFin, einen Prospekt vorzulegen, die Holz-Investments verkauft, so Anwalt Resch. Die gesamte Grundlage für die BaFin-Genehmigung, zum Beispiel testierte Bilanzen von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer, fehlten nach seinen Angaben. "Natürlich gehört es zu den Aufgaben eines Anlageberaters zu prüfen, ob hier eine solche Prospektierungspflicht vorliegt und ob er ein solches Produkt ohne Prospekt verkaufen darf. Wenn er das gleichwohl tut, ist er grundsätzlich schadensersatzpflichtig", so die Einschätzung des Anwalts.
Dem stimmt Dr. Jürgen Machunsky aus Göttingen zu: "Tatsächlich bestehen rechtlich gute Aussichten, erfolgreich gegen die Vermittler vorzugehen. Der fehlerhafte Verkaufsprospekt spricht für sich, und je nach Einzelfall stellt sich die Frage, ob diese Risikoanlage objektiv für den jeweiligen Anleger geeignet war – eine Frage, die zukünftig erheblich an Bedeutung gewinnen wird", so die Einschätzung des Fachanwalts.
Es handele sich bei den Vermittlerklagen um Einzelfall-Entscheidungen mit entsprechenden Risiken für den Kläger, sagt Machunsky. "Generell gehe ich trotzdem von einer Vielzahl von erfolgsversprechenden Klagen gegen Vermittler aus." Auch die Kanzlei Dr. Späth & Partner Rechtsanwälte aus Berlin hat bereits Klagen eingereicht (wir berichteten).
Christian Hick von der AIL nimmt hingegen die Vermittler in Schutz, die Holzinvestments an etwa 3.500 Kunden verkauft haben: "Sie konnten nicht erkennen, was hinter Lignum steckte", sagt Hick und spielte damit auf das komplizierte Geflecht der Lignum-Unternehmensgruppe und ihrer Investments an: Rund 65 Millionen Euro Anlegergelder wurden in bulgarische Holzplantagen investiert – bis heute weiß niemand, wo genau das Geld geblieben ist. Natürlich könne man aber nicht ausschließen, dass es falsche Beratungen gegeben habe, so Finanzberater Hick, der auch selbst in die Edelhölzer investierte. "Etwa wenn die Vermittler gesagt haben, das Investment sei zu 100 Prozent sicher. Wie ein Sparbuch."
Ein Teil der Investoren setzt auf eine Musterklage gegen die ehemaligen Geschäftsführer der Lignum Holding und der Lignum Sachwert Edelholz sowie gegen eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Allerdings streben einige Anleger auch Klagen gegen die Vermittler der Lignum-Produkte an, wie ECOreporter.de erfuhr.
Vorbereit wird das Musterverfahren derzeit von der TILP Rechtsanwaltsgesellschaft aus Kirchentellinsfurt bei Tübingen. "Der Sachverhalt ist komplex und muss wie ein Puzzle zusammengesetzt werden", erklärt einer der federführenden Rechtsanwälte, Marvin Kewe, gegenüber ECOreporter. Drei Anwälte arbeiteten aktuell an dem Verfahren. Trotz des Aufwands sei es vergleichsweise kostengünstig, weil Anleger ihre Rechte zusammen anmelden und gemeinsam ihre Chance auf eine Klage erhöhen könnten. "Das Musterverfahren hat eine Konzentrationswirkung", erklärt Kewe. Falls parallel zum Musterverfahren noch ähnliche Klagen am Gericht anhängig sind, werden diese ausgesetzt. Heißt: Klagt ein einzelner Anleger zum Beispiel wegen eines Fehlers im Lignum-Prospekt, wird er "Beigeladener" im Musterverfahren – es gibt also am Ende ein Urteil, das für alle gilt.
Nicht überzeugt von dem Verfahren ist jedoch Dr. Jürgen Machunsky, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Göttingen. Machunsky ist Berater der IGeLignum, einer Anlegervertretung, die von den Investoren gegründet wurde. Die Aussichten für das Musterverfahren gegen den Lignum-Vorstand schätzt der Fachanwalt zwar als erfolgreich ein, "die Vollstreckungsaussichten dürften aber gegen Null tendieren", so Machunsky. Heißt: Möglicherweise wird der Schaden der Anleger nicht kompensiert werden können. Denn selbst eine gewonnene Klage bringt nichts, wenn die Gegenseite kein Geld hat, um den Schadenersatz zu bezahlen.
Und die Wirtschaftsprüfer? Da diese Gesellschaft tatsächlich die Prüfungen nicht vorgenommen habe, sei die Klage hier wiederum rechtlich aussichtslos, so der Anwalt. In einem Lignum-Prospekt stand, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt werde bzw. beauftragt werden soll. "Ob dieser Auftrag tatsächlich erteilt und angenommen wurde, ist nicht bekannt", so Machunsky. Es sei auch nicht bekannt, ob eventuell geprüft und das Testat verweigert wurde. "Bekannt ist jedenfalls, dass keine testierte Bilanz vorliegt. Also bisher keinerlei Anhaltspunkte für eine Klage in diese Richtung."
Die Kanzlei TILP wurde kurz nach Bekanntwerden der Lignum Insolvenz im April 2016 von Anlegern beauftragt. Mittlerweile arbeitet sie eng mit der AIL – Anleger Interessenvertretung Lignum – zusammen. Diese hat ihren Mitgliedern das Musterverfahren empfohlen und TILP Informationen über Lignum zur Verfügung gestellt. Die AIL ist ein Zusammenschluss von Finanzberatern mit dem Ziel, die Interessen der betroffenen Lignum-Kunden gemeinschaftlich zu vertreten. Ihre zunächst beabsichtigte Sanierung der Lignum-Unternehmen ist mittlerweile vom Tisch. Nun unterstützt die AIL das Musterverfahren.
Auch Klagen gegen Produkt-Vermittler sind in Vorbereitung
Doch von der Arbeit der AIL sind nicht alle Anleger überzeugt. Mehrere haben beschlossen, ihre Finanzberater zu verklagen, die ihnen das Investment verkauft haben. Die Kanzlei Resch Rechtsanwälte aus Berlin vertritt ein Dutzend von ihnen: "Es geht um Schadenersatzklagen wegen Falschberatung, aber auch wegen Prospektfehlern. Das sind Ansprüche gegen die Prospektverantwortlichen", teilte Rechtsanwalt Jochen Resch gegenüber ECOreporter.de mit.
Im Werbeprospekt für seine Investments hatte Lignum unter anderem hohe Renditen versprochen und mit Sicherheiten geworben. Jedoch musste das Unternehmen Insolvenz anmelden, nachdem es nicht die Prospektpflicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erfüllte und keine Produkte mehr anbieten durfte. Tatsächlich hätten einzelne Anlageberater noch nach der Aufforderung der BaFin, einen Prospekt vorzulegen, die Holz-Investments verkauft, so Anwalt Resch. Die gesamte Grundlage für die BaFin-Genehmigung, zum Beispiel testierte Bilanzen von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer, fehlten nach seinen Angaben. "Natürlich gehört es zu den Aufgaben eines Anlageberaters zu prüfen, ob hier eine solche Prospektierungspflicht vorliegt und ob er ein solches Produkt ohne Prospekt verkaufen darf. Wenn er das gleichwohl tut, ist er grundsätzlich schadensersatzpflichtig", so die Einschätzung des Anwalts.
Dem stimmt Dr. Jürgen Machunsky aus Göttingen zu: "Tatsächlich bestehen rechtlich gute Aussichten, erfolgreich gegen die Vermittler vorzugehen. Der fehlerhafte Verkaufsprospekt spricht für sich, und je nach Einzelfall stellt sich die Frage, ob diese Risikoanlage objektiv für den jeweiligen Anleger geeignet war – eine Frage, die zukünftig erheblich an Bedeutung gewinnen wird", so die Einschätzung des Fachanwalts.
Es handele sich bei den Vermittlerklagen um Einzelfall-Entscheidungen mit entsprechenden Risiken für den Kläger, sagt Machunsky. "Generell gehe ich trotzdem von einer Vielzahl von erfolgsversprechenden Klagen gegen Vermittler aus." Auch die Kanzlei Dr. Späth & Partner Rechtsanwälte aus Berlin hat bereits Klagen eingereicht (wir berichteten).
Christian Hick von der AIL nimmt hingegen die Vermittler in Schutz, die Holzinvestments an etwa 3.500 Kunden verkauft haben: "Sie konnten nicht erkennen, was hinter Lignum steckte", sagt Hick und spielte damit auf das komplizierte Geflecht der Lignum-Unternehmensgruppe und ihrer Investments an: Rund 65 Millionen Euro Anlegergelder wurden in bulgarische Holzplantagen investiert – bis heute weiß niemand, wo genau das Geld geblieben ist. Natürlich könne man aber nicht ausschließen, dass es falsche Beratungen gegeben habe, so Finanzberater Hick, der auch selbst in die Edelhölzer investierte. "Etwa wenn die Vermittler gesagt haben, das Investment sei zu 100 Prozent sicher. Wie ein Sparbuch."