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„Solaraktien sind derzeit weltweit am günstigsten bewertet“ – Manfred Wiegel, Fondsmanager des green benefit - Nachhaltigkeit Plus

Der Mischfonds green benefit Nachhaltigkeit Plus P der green benefit AG aus Fürth setzt stark auf Umweltaktien. Warum das Fondsmanagement gerade bei Solaraktien großes Kurspotenzial sieht und welche Aktien den Experten besonders interessant erscheinen, das erklärt Manfred Wiegel, Vorstand der green benefit AG, im ECOreporter-Interview. Außerdem spricht er unter anderem über den Einfluss des Ölpreisverfalls und der Börsenturbulenzen in China auf Umweltaktien. Wiegel erläutert dabei auch die Anlagestrategie und den Nachhaltigkeitsansatz des Fonds green benefit Nachhaltigkeit Plus P.


ECOreporter.de: Welche nachhaltigen Fonds bieten Sie an, seit wann und warum? Wer ist für das Management des green benefit Nachhaltigkeit Plus zuständig?

Manfred Wiegel:
  Seit Februar 2015 haben wir den offensiv ausgerichteten Mischfonds green benefit Nachhaltigkeit Plus am Markt. Der Fonds green benefit Nachhaltigkeit Plus wird von mir und Sven Lehmann gemanagt. Es ist geplant, einen weiteren Nachhaltigkeitsfonds mit einem defensiveren Ansatz aufzulegen.


ECOreporter.de: Was unterscheidet Ihren green benefit Nachhaltigkeit Plus P von anderen Nachhaltigkeitsfonds auf dem Markt?

Wiegel:  Zunächst einmal kann man feststellen, dass das Management gleichzeitig Eigentümer der green benefit AG ist.  Der Fonds ist, obwohl er offensiv ausgerichtet ist, kein reiner Aktienfonds. Er ist stattdessen flexibel und bietet die Möglichkeit, Aktien-, Zins- oder Währungsrisiken komplett abzusichern. Wir investieren nicht nach dem vielfach verwendeten sogenannten Best-In-Class-Ansatz. Wir wenden den sogenannten Pure-Play Ansatz an. Der Pure-Play Ansatz bedeutet, dass bei nachhaltigen Investitionen der Fokus darauf liegt, in Unternehmen zu investieren, die nur in einem bestimmten Sektor unterwegs sind, wie beispielsweise LED oder Solar. Dadurch ist sichergestellt, dass Mischkonzerne, die oftmals einen gewissen - wenn auch nur kleinen - Prozentsatz in Kernenergie oder in ähnlichen Bereichen aufweisen, die wir ausschließen, keinen Weg in unser Portfolio finden. Es ist damit reiner (purer) und einfacher in der Beurteilung von Nachhaltigkeitskriterien.


ECOreporter.de: Wie funktioniert bei Ihrem Fonds die Absicherung über Futures konkret?

Wiegel:  Aktienmarktrisiken werden über Index-Futures beispielsweise auf den Dax, EuroStoxx50, S+P 500 oder dem Nikkei abgesichert. Dabei wird bei sogenannten Schwarzen Schwänen (das sind plötzliche, unvorhergesehene Ereignisse mit starken Auswirkungen auf die Finanzmärkte) sehr zügig das Portfolio ganz oder teilweise durch den Aufbau einer Futures-Position abgesichert. Ein gutes Beispiel war Fukushima, wo im Vorgängerfonds das Aktienmarktrisiko sehr schnell komplett abgesichert wurde. Bei Entspannung der Märkte wird eine solche Absicherung auch sehr schnell wieder abgebaut (glattgestellt). Zinsveränderungsrisiken können über den Bund-Future abgesichert werden und Währungsrisiken über einen sogenannten Forward. Aktuell haben wir im Fonds beispielsweise die US-Dollar Währungs-Positionen komplett mit einem Forward abgesichert.


ECOreporte.de: Wer führt für den Nachhaltigkeitsfonds das Nachhaltigkeitsresearch durch?


Wiegel:   Der Fonds green benefit Nachhaltigkeit Plus wird von mir und Sven Lehmann gemanagt. Das Research wird intern durch das Management selbst durchgeführt. Wir arbeiten bereits seit zehn Jahren zusammen und Sven Lehmann war in den letzten Jahren, ebenso wie ich, intensiv mit dem Research von nachhaltigen Unternehmen beschäftigt. Durch unsere langjährige Tätigkeit in diesem Segment können wir beim Research auf ein großes Netzwerk zurückgreifen.
Da wir ein sehr konzentriertes Portfolio haben und die Unternehmen sehr gut kennen, sind wir praktisch täglich auf dem Laufenden. Wenn sich Änderungen ergeben, können wir sehr zeitnah reagieren. Ansonsten werden die Nachhaltigkeitsanalysen halbjährlich aktualisiert.


ECOreporter.de: Inwiefern greifen beim green benefit Nachhaltigkeit Plus P Ausschlusskriterien?

Wiegel:
  Wir schließen eine Vielzahl von Branchen beziehungsweise Geschäftspraktiken für Investments durch unseren Fonds aus, und das ohne Toleranzschwellen. Im Bereich Umwelt sind das: Agrar-Gentechnik, Atomenergie, Erdöl, Fossile Brennstoffe, Fracking, Grüne Gentechnik, Spekulation mit Nahrung und umweltschädliches Verhalten. Im Bereich Soziales sind das: Alkohol, Glücksspiel, Pornographie, Tabakwaren, Waffen und Rüstungsgüter, Streubomben, ausbeuterische Kinderarbeit, Menschenrechtsverletzungen sowie Tierversuche.
Im Bereich von Staatsanleihen gelten folgende Ausschlusskriterien: Nichtratifizierung des Kyoto-Protokolls, Verstöße gegen Menschen- und Arbeitsrechte, Kinderarbeit, die Todesstrafe und Korruption. Ausgeschlossen sind außerdem unfreie Staaten laut Freedom House und Staaten, die gegen den Atomwaffensperrvertrag verstoßen.


ECOreporter.de: Ihr Fonds ist stark in den Bereich der Erneuerbaren Energien investiert. Wie bewerten Sie die Entwicklung beim Ölpreis? Welche Bedeutung hat der geringe Ölpreis für die Aktien aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien?


Wiegel:
  Tatsächlich gibt es langfristig keine Zusammenhänge zwischen der Entwicklung des Strompreises und des Ölpreises. Während mit Wind- und Solarenergie ausschließlich Strom hergestellt wird, wird bei Öl nur fünf Prozent für die Erzeugung verwendet.  Der Ölpreis ist in den letzten 18 Monaten um über 70 Prozent eingebrochen, im neuen Jahr 2016 verzeichnete er einen Rückgang von über 25 Prozent. In der allgemeinen Wahrnehmung wird durch den massiven Rückgang der Ölpreise und auch der Preisreduzierung bei Gas und Kohle ein Preisverfall bei Energie-Unternehmen festgestellt. Es wird unterstellt, dass deshalb die Energiegewinnung durch Erneuerbare Energien weniger nachgefragt ist. Laut Bloomberg New Energy Finance ist aber genau das Gegenteil der Fall [ECOreporter.de  berichtete darüber – Anm. d. Red.]. Trotz des Preisverfalls bei Öl konnten die Investitionen in Wind und Solar im Jahr 2015 ein Rekordvolumen von 329,3 Milliarden US-Dollar erreichen. Dass Aktien aus dem Bereich Erneuerbare Energien durch Nachrichten über einen Einbruch beim Ölpreis unter Druck geraten, hat somit eher psychologische Gründe und dies sollte sich über kurz- oder lang ändern, wenn die Umsatzentwicklungen und Gewinne der Solar- und Windunternehmen weiterhin steigen.

ECOreporter.de: Der green benefit Nachhaltigkeit Plus P ist mit rund 30 Prozent des Portfolios sehr stark in Solaraktien investiert. Warum legen Sie diesen starken Schwerpunkt? Was spricht aus Ihrer Sicht dafür, etwa auf die chinesischen Solaraktien von JinkoSolar, Trina Solar oder Canadian Solar zu setzen?

Wiegel:
  In dem Solarsektor finden wir aktuell die am günstigsten bewerteten Unternehmen weltweit. Dies ist einer Fehleinschätzung des Marktes über die Solarbranche geschuldet. Ende 2012 hatten wir eine ähnliche Situation mit dem wesentlichen, sehr wichtigen Unterschied, dass die Unternehmen heute viel besser dastehen und ihr Angebot auf eine sehr breite und hohe internationale Nachfrage trifft. Gerade die aktuellen Kurs-Gewinn-Verhältnisse der drei Weltmarktführer sind als sehr günstig zu bewerten. Durch die immer stärkere Ausrichtung auf eigene Solarparks machen sich diese Unternehmen unabhängiger vom zyklischen Modulgeschäft. Beispielsweise sind die Umsatzentwicklungen bei JinkoSolar beeindruckend. Erst kürzlich meldeten sie einen Auftrag von 1000 Megawatt mit dem amerikanischen Unternehmen sPower aus Utah und kurze Zeit später teilte RWE mit, dass sie im Konsortium mit JinkoSolar bei einem Dubai-Großprojekt eine Bewerbung abgeben werden. Dies ist ein klares Zeichen, dass man an den Weltmarktführern nicht vorbei kommt und das stärkt diese noch mehr.

Bild: Solarmodull von JinkoSolar. / Foto: Unternehmen



ECOreporter.de: Der Wechselrichterhersteller SolarEdge Technologies Inc. gehört zu den größten Beteiligungen des Fonds. Warum ist das so und warum enthält das Portfolio insgesamt so viele Solarwerte aus den USA?

Wiegel:
  Überzeugend bei SolarEdge ist die führende Technologie und die Geschwindigkeit, wie Marktanteile erobert werden können. Ein absoluter Wachstumswert, ohne jegliche Schulden und 150 Millionen US-Dollar auf der hohen Kante. Zudem sind die Marktchancen  vor allem in den USA sehr gut. Während meiner USA-Reise 2011 konnte ich auf sechstausend Kilometer entlang der Ost- und Westküste keinen einzigen Solarpark, geschweige denn ein Dach finden, auf dem eine Solaranlage installiert war. Die Stromkosten für die im Sommer ständig laufenden Klimaanlagen sind horrend. Sehr schnell wandelte sich die USA zum mittlerweile zweitgrößten Hersteller und auch Abnehmer für Solarstrom. Der politische Wille, erneuerbare Energien zu fördern, hat seit kurzem beide politischen Lager erfasst. Obwohl Unternehmen wie First Solar schon sehr gut dastehen und die Produktion auch für 2016 schon fast ausverkauft ist, wird die Verlängerung der Solarförderung [ECOreporter.de  berichtete]  in den USA die Solarfirmen sehr stärken. Warren Buffet ist mit seinen Tochtergesellschaften schon längst massiv in Solarparks eingestiegen und aktuelle Dividendenrenditen von teilweise über 20 Prozent per annum bei Yieldco´s, die als Stromversorger fungieren, lassen uns auch investiert bleiben. Dies ist aus unserer Sicht nicht die Zeit, um aus solchen Werten auszusteigen.


ECOreporter.de: Für den Solarausrüster Meyer Burger Technology AG aus der Schweiz sind die Geschäfte zuletzt recht schlecht gelaufen. Warum setzt der green benefit Nachhaltigkeit Plus P dennoch auf diese Aktie?
Wiegel:  Da wir den Solarsektor insgesamt als sehr zukunftsträchtig sehen, möchten wir die gesamte Wertschöpfungskette abbilden. Deshalb haben wir aus Diversifikationsgründen Modulhersteller, Wechselrichterhersteller, Solarparkbetreiber und reine Stromversorger im Portfolio. Daneben sind in einem Wachstumsmarkt Maschinenbauer wichtig, die Maschinen verkaufen, um die Produkte überhaupt herstellen zu können. Meyer Burger verfügt über eine sehr gute Technologie und konnte im letzten Jahr einige neue Aufträge gewinnen. Die Aktie reagierte sehr negativ auf eine Meldung im November 2015, dass Umsätze wegen Projektverzögerungen ins Jahr 2016 verschoben werden müssten, was für uns kein Grund war die Aktie zu verkaufen. Ein ähnlicher Turnaround-Kandidat ist beispielsweise  auch Manz, bei dem es Parallelen gab und Umsätze in das Jahr 2016 verschoben wurden. Die Firma ist eine wirkliche Perle und liegt gerade bei der Energiespeichertechnologie ganz weit vorne.

Bild: Technologie zum Bau von Solarmodulen von der Meyer Burger Technology AG. / Foto: Unternehmen

ECOreporter.de: Was qualifiziert die Aktie von China Everbright für Ihren Nachhaltigkeitsfonds? Warum sollte sie zulegen? Wie schätzen Sie die Börsenturbulenzen in China vor dem Hintergrund ein, dass der green benefit - Nachhaltigkeit Plus P etliche Aktien von chinesischen Unternehmen enthält?

Wiegel:  China Everbright International Ltd. ist ein Wert aus dem Wassersektor. Hier finden wir ein breites Portfolio von Projekten in China mit wachsenden Umsätzen und stetig steigenden Gewinnen. Die Aktien werden in Hongkong gehandelt und wurden von den Turbulenzen an den chinesischen Börsen stark beeinflusst. Die Anleger konnten in China wegen der Regulierung der Aufsichtsbehörde nicht verkaufen. Um liquide zu werden verkauften sie die Werte daher  in Hongkong. Deshalb wurden auch manche unserer Aktien mit heruntergezogen mit teilweise aberwitzigen Kursrückschlägen im August 2015, von denen sie sich aber wieder erholen konnten. Dasselbe Phänomen sahen wir in den ersten zwei Wochen im neuen Jahr 2016, wobei die Kurse abermals deutlich korrigierten. Jeder kennt die Umweltprobleme in China, deren Bekämpfung die chinesische Regierung ganz oben auf die Agenda des Fünfjahresplans stellte. Deshalb ist China Everbright International eine gute Beimischung für unser Portfolio.
Andere chinesische Aktien beispielsweise BYD aus dem Sektor Elektromobilität und Stromspeicher zeigen gerade neue beeindruckende Gewinnsteigerungen, unabhängig von den volatilen chinesischen Börsen.


ECOreporter.de: Was wird in 2016 die Entwicklung an den Kapitalmärkten bestimmen? Inwiefern kann dabei eine nachhaltige Anlagestrategie von Vorteil sein?

Wiegel:  Wie es kurzfristig in 2016 weitergeht, ist sehr schwer zu prognostizieren. Interessant für die Prognosen bei Öl finde ich, dass diejenigen Rohstoff-Experten, die jetzt einen Ölpreis von 10 US-Dollar pro Barrel voraussagen, anfangs 2014 bei einem Ölpreis von 120 US-Dollar pro Barrel, einen Ölpreis von über 200 US-Dollar pro Barrel voraussagten. Wahrscheinlich ist aber, dass die Entwicklung der Rohstoffpreise, insbesondere des Ölpreises, die Entscheidungen der US-Notenbank FED über Zinserhöhungen, die Entwicklungen in China sowie geopolitische Entwicklungen das Jahr 2016 weiter prägen werden.
Für unseren Fonds ist die tatsächliche Situation unserer Unternehmen viel entscheidender und diese ist aus unserer Sicht deutlich besser, als es die aktuellen Kurse ausdrücken. Deshalb sind wir auch zu 99 Prozent in Aktien investiert. Aktuell kann man sagen, dass diese niedrigen Kurse gerade in unserem Sektor gute Kaufkurse sind. Teilweise befinden sich die Kurs-Gewinn-Verhältnisse unter fünf, zusätzlich befinden sich etliche Kurs-Gewinn-Verhältnisse in Relation zu Wachstum (Price-Earning/Growth-Ratios) auf sehr niedrigem Niveau. Zusätzlich haben manche unserer Unternehmen hohe Dividendenrenditen.
Das Thema Nachhaltigkeit sollte besonders von den Beschlüssen der Klima-Konferenz vom 12. Dezember 2015 in Paris profitieren. Laut Goldman Sachs, Barclays und Bank of America werden Erneuerbare Energien, wie beispielsweise Windkraft und Solarenergie, besonders von den Beschlüssen profitieren. Auch Unternehmen aus den Branchen Energieeffizienz, LED, Elektromobilität und Energiespeicher seien sehr aussichtsreich prognostizieren diese Banken. Genau auf diese Sektoren haben wir bei unserem Fonds green benefit Nachhaltigkeit Plus den Schwerpunkt gelegt und sind dort stark investiert. Die ersten Auswirkungen sahen wir bereits im Dezember 2015, als unser Fonds gegenüber dem allgemeinen Markttrend um über 10 Prozent im Wert ansteigen konnte.

ECOreporter.de: Herr Wiegel, wir danken Ihnen für die Antworten.
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