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„Transparenz gehört zum nachhaltigen Handeln." – Interview mit Mike Judith, DNB

Wie können Vermögensverwalter Nachhaltigkeit konkret umsetzen?  Lassen sich nachhaltige Kriterien auch in einer umfassenden Fondspalette integrieren? Wie können Fondsanbieter konkret Einfluss auf mehr Nachhaltigkeit bei Unternehmen nehmen? Über diese und weitere Fragen sprachen wir mit Mike Judith, Vizepräsident von DNB Asset Management S.A. Deren Muttergesellschaft DNB ist einer der größten Vermögensverwalter Skandinaviens. 

ECOreporter.de: Wer ist DNB, was ist das Geschäftsmodell des Unternehmens?

Mike Judith: Gegründet im Jahre 1822 ist DNB Norwegens ältester und größter Finanzdienstleister. Zuhause in Norwegen verfügen wir über 185 Zweigstellen mit etwas weniger als 10.000 Mitarbeitern.
Ich selbst arbeite für DNB Asset Management in Luxemburg, einem der größten Vermögensverwalter Skandinaviens. Wir sind eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der DNB-Gruppe und mit weiteren Niederlassungen in Hongkong, Chennai, Stockholm, Bergen und Oslo auch international breit aufgestellt.
Unsere Kernkompetenzen liegen in den Anlagebereichen erneuerbare Energien und Technologie sowie den Anlageregionen Skandinavien und Asien. Mehr als 75 Portfoliomanager und Analysten sind im Unternehmen tätig. Wir bieten wir sowohl institutionellen Kunden – Pensionskassen, Versicherern, Banken, Stiftungen, Family Offices und Dachfonds – als auch Privatkunden die Möglichkeit zur Kapitalanlage in aktiv gemanagten Fonds. Von Luxemburg setzen wir die internationalen Marketing- und Vertriebsstrategien der DNB-Gruppe für ein ausgewähltes Angebot an Investmentfonds um. Außerhalb Skandinaviens konzentrieren wir uns vor allem auf unsere Investoren in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sind aber selektiv auch in anderen Teilen Europas aktiv.

ECOreporter.de: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit für Ihr Unternehmen?

Mike Judith: Zunächst einmal spielen wir als Finanzdienstleister eine wichtige Rolle im Leben unserer Kunden, ob es um Basisdienstleistungen wie dem Girokontenservice oder um komplexere Serviceleistungen wie der Eigenheimfinanzierung oder der Kapitalanlage geht. Eine verantwortungsvolle Position, der wir uns bewusst sind. Also sind wir auch organisatorisch und prozessual darauf ausgerichtet, in allen Geschäftsfeldern, in denen wir operieren, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Das schließt nicht nur sämtliche unternehmerische Aktivitäten wie beispielsweise den Vertrieb und das Marketing ein, sondern wird durch übergeordnete Themen wie die Corporate Governance, den Umweltschutz und die Arbeitsethik zum Gegenstand unseres alltäglichen Handelns. Wir haben begriffen, dass unser aller Leben sowohl durch finanzielle als auch nicht-finanzielle Faktoren beeinflusst wird, und verhalten uns entsprechend.
Ich gebe Ihnen gerne ein aktuelles Beispiel, was dies konkret bedeuten kann: Wir haben im Spätsommer des letzten Jahres unser neues Hauptquartier in Bjørvika bezogen, einem Büroviertel in Oslo. Dieser neue Bürokomplex, der Arbeitsplätze für etwa 4.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bietet, trägt zu dem von uns selbstgesteckten Ziel bei, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2014 um 20 Prozent zu reduzieren. Bjørvika besticht zum einen durch seine verkehrsgünstige Lage. Bis zum für viele Pendler wichtigen Osloer Hauptbahnhof, wo neben exzellenten Zugverbindungen auch Fahrräder und E-Fahrzeuge zur Weiterreise verfügbar sind, sind es nur wenige Meter. Zum anderen haben wir unter ein energieeffizientes IT-Management etabliert und machen regen Gebrauch von erneuerbaren Energien.

ECOreporter.de: Inwiefern bieten Sie nachhaltige Investments an? Was macht diese konkret nachhaltig?

Mike Judith: Wir tätigen nachhaltige Investments bereits seit 1988 und dürfen uns, glaube ich, als Pioniere bezeichnen. Bereits 1989 haben wir den ersten „grünen“ Fonds aufgelegt, der sich unter anderem dem Thema Recycling widmete. Aber da „Nachhaltigkeit“ zu einem schicken Modebegriff avanciert ist, dessen man sich allzu gerne bedient, ist es mir wichtig, deutlich zu machen, was wir konkret unter verantwortlichem Investieren verstehen:
Wir überwachen den Kapitalmarkt täglich und werden tätig, wenn wir durch unsere Investments an unethischem Verhalten, einer Verletzung der Menschen- oder Mitarbeiterrechte, Korruption oder negativen Beeinträchtigungen der Umwelt beteiligt sein könnten. Darüber hinaus sorgen unsere ethischen Richtlinien auch dafür, dass wir generell nicht in Unternehmen investieren, deren Geschäftsmodell aus unserer Sicht per se nicht nachhaltig ist, wie das bei Massenvernichtungswaffen der Fall wäre. Wir haben klare Ausschlusskriterien definiert, die wir unter anderem auf unserer Webseite offenlegen.
Drittens beruht unser Investmentansatz maßgeblich auf der aktiven Wahrnehmung von Aktionärsrechten. Wir werden hier in formellen und informellen Kanälen aktiv. Wir suchen einerseits den konstruktiven Dialog mit den Unternehmen und reichen andererseits Aktionärsvorschläge ein oder üben  unsere Stimmrechte aus. Nur in den Fällen, in denen die aktive Wahrnehmung der Aktionärsrechte nicht zu einer akzeptablen Lösung führt, schließen wir das Unternehmen aus dem Anlageuniversum aus. Der Anleger kann sich quartalsweise einen Überblick über die von uns geführten Dialoge und die in letzter Instanz vorgenommenen Ausschlüsse machen, weil wir diese in der gebotenen Transparenz offenlegen.

ECOreporter.de: Fließen nachhaltige Aspekte bei DNB auch bei Anlageprodukten ein, die nicht in erster Linie nachhaltig ausgerichtet sind?

Mike Judith: Der vorgenannte dreiteilige Anlageprozess des verantwortlichen Investierens wird ausnahmslos auf alle DNB Fonds angewandt. Die laufende Kapitalmarktüberwachung inklusive des Screenings der Kapitalmarktunternehmen, die aktive Wahrnehmung unserer Aktionärsrechte sowie das Ausschlussverfahren als letzte Instanz sind jedem Investment vorgeschaltet bzw. bleiben auch nach dem Kauf eines Titels Teil des Überwachungsprozesses.

ECOreporter.de: Inwiefern engagiert sich DNB für mehr Nachhaltigkeit in der Finanzbranche? Inwiefern kann ein so stark auf Renditemaximierung gepolter Sektor überhaupt soziale und ökologische Nachhaltigkeit erreichen?

Mike Judith: Ökonomische Ziele stehen häufig mit ökologischen und sozialen Interessen in Konflikt. Bei uns allerdings nicht, weil unser Investmentprozess diesem Umstand Rechnung trägt. Finanzielle und nicht-finanzielle Ziele haben wir quasi prozessual miteinander in Einklang gebracht. Im Klartext: Unsere SRI-Analysten (SRI = Social Responsible Investment – die Red.) sind den Portfoliomanagern vorgeschaltet. Ist die Arbeit der unabhängigen SRI-Analysten erledigt, findet der Portfoliomanager das korrigierte, reduzierte Anlageuniversum vor und kann sich voll und ganz auf die Wertpapieranalyse und -auswahl konzentrieren. Diese klare Aufgabenteilung erlaubt es ihm, seinen Fokus auf die von Ihnen so genannte „Renditemaximierung“ zu richten. Im Ergebnis können sich unsere Fonds mit all den Fonds messen, die nicht nach ethischen, sozialen oder ökologischen Kriterien verwaltet werden.
Ich sehe ein ganz anderes Problem. Jeder Anleger hat sein ganz eigenes Verständnis von Nachhaltigkeit, da es nun einmal keine allgemeingültige Definition gibt. Gleichzeitig wächst die Zahl der nachhaltigen Anbieter und derer, die durch Siegel, Labels und Studien bei deren Klassifizierung helfen möchten. Ich sehe aber niemand anderen als die Investmentindustrie selbst in der Pflicht. Es ist an den Asset Managern, genau zu definieren, wie Nachhaltigkeit im individuellen Investmentprozess gestaltet und gewährleistet wird. Nur so kann die Anlegerin oder der Anleger entscheiden, ob der jeweilige Investmentansatz mit den eigenen Zielen konform geht. Wir veröffentlichen beispielsweise neben den ethischen, sozialen und ökologischen Anlagerichtlinien auch die Einzeltitel unserer Fonds und implementieren zusätzliche Kriterien, wenn der institutionelle Investor dies wünscht.

ECOreporter.de: Wie hält es DNB konkret mit der eigenen Nachhaltigkeit? Inwiefern bemüht man sich hausintern um soziale und ökologische Nachhaltigkeit? Wer ist dafür verantwortlich?

Mike Judith: Ethische, soziale und ökologische Standards haben wir auf allen Hierarchieebenen mit Gültigkeit für sämtliche Geschäftsfelder implementiert. Beispielsweise bewerten wir die ökologischen und sozialen Risiken bei der Kreditvergabe, finanzieren zahlreiche Projekte im Bereich erneuerbarer Energien und unterstützen internationale Initiativen wie die UN Principles for Responsible Investmens (PRI), den UN Global Compact oder die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, um nur drei Beispiele zu nennen. Kulturelle und gemeinnützige Initiativen mit lokalem Charakter fördern wir ebenfalls. Wir sind einfach überzeugt, dass im verantwortlichen Handeln eine zentrale Voraussetzung für die intakte Vertrauensbasis zwischen unseren Kunden und uns liegt. Lange, erfolgreiche und von Vertrauen geprägte Kundenbeziehungen helfen uns wiederum, nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg sicherzustellen.

ECOreporter.de: Hat sich DNB konkrete Nachhaltigkeitsziele gesetzt und können Sie dafür Beispiele nennen?

Mike Judith: Ja. Wir untergliedern unsere Nachhaltigkeitsziele in drei Zielgruppen: Governance, Gesellschaft und Umwelt. Wir wollen beispielsweise bis 2015 gruppenweit den Anforderungen der internationalen Umweltmanagementnorm ISO 14001 entsprechen, ein neues Bewertungstool zur Messung sozialer und Umweltrisiken im Kreditgeschäft entwickeln, die Entsendung von eigenen Mitarbeitern zu Nichtregierungsorganisationen (NGOs) verstärken und den Einsatz von ESG-Kriterien im Asset Management forcieren. Wir haben diese und weitere Ziele, deren jeweiliger Status und Deadline im Internet veröffentlicht werden. Eine klare, transparente Vorgehensweise, bei der die ambitionierten Vorhaben und Zielerreichungsgrade für alle Kunden und Interessenten nachvollziehbar werden.

ECOreporter.de: Inwiefern berichtet DNB über die Entwicklung der eigenen Nachhaltigkeit und wie darüber, wie sich nachhaltige Aspekte in Anlageangeboten niederschlagen?

Mike Judith: Wie herausgestellt steht die Einbeziehung von ökologischen und sozialen Themen im Mittelpunkt unseres Handelns, so auch bei der Erstellung des Jahresberichts. Ein integriertes Reporting stellt sicher, dass wir auch jederzeit über die nicht-finanziellen Einflussfaktoren Bericht erstatten können. Diese Vorgehensweise erlaubt internen wie externen Lesern, die Gesamtzusammenhänge besser zu verstehen. Vor allem aber ermöglicht es unseren Investoren, unser Handeln und unsere Ambitionen zu bewerten. Neben dem umfassenden „Corporate Social Responsibility Report“, der jährlich erscheint, berichten wir in einem Newsletter quartalsweise über die laufenden Gesprächsprozesse, die wir mit Unternehmen initiiert haben. Wir legen sowohl erfolgreiche Maßnahmen als auch die Ausschlüsse offen, die wir nach erfolglosen Dialogen vornehmen mussten. Die Einzeltitel unserer Fonds können zudem auf unserer Webseite abgerufen werden.
Sie sehen, wir wollen auch hier ein Zeichen setzen. Viele, die Nachhaltigkeit als Mode- und Marketingthema verstehen, übersehen häufig, dass zum nachhaltigen Handeln und Wirtschaften auch unabdingbar die Transparenz gehört.

ECOreporter.de: Herr Judith, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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