Anleihen / AIF

Wie das Kleinanlegerschutzgesetz Crowdfunding verändern soll

Schwarmfinanzierung – das sogenannte Crowdfunding – ist im Begriff, sich am nachhaltigen Finanzmarkt zu etablieren. Mit dem neuen Kleinanlegerschutzgesetz soll dieses junge Marktsegment strengere Regeln bekommen. Kritiker fürchten, der Gesetzentwurf sei zu hart. Allerdings: Für Initiatoren kleinerer Beteiligungen sollen große Freiräume erhalten bleiben.


Immer mehr Crowdfunding-Plattformen spezialisieren sich auf „grüne“ Direktbeteiligungen, also solche zu Wind-, oder Solarparks oder zu Energieeffizienzprojekten. Die anstehende Gesetzesnovelle im Namen des Anlegerschutzes wird diesen Markt verändern. Der Gesetzgeber will erreichen, dass Kleinanleger grundsätzlich besser über die Risiken solcher Beteiligungen informiert werden.

Was unterscheidet Crowdfunding von klassischen Direktbeteiligungen?

Crowdfunding ist nicht einfach nur ein neuer Begriff für geschlossene Fonds. Angeboten werden die Direktbeteiligungen mit vergleichsweise niedrigen Einstiegsschwellen auf speziell lizensierten Internetplattformen. Damit ist Crowdfunding ein ausnahmslos digitaler Vertriebsweg  für Unternehmens- und Projektfinanzierungen unterschiedlicher Ausprägung. Wer  hier einsteigt, sollte sich deshalb zuvor vergewissern welche Art von Geldanlage hinter der jeweiligen Kampagne steckt. 

Dafür, dass die Schwarmfinanzierung als nachhaltige Geldanlage zunehmend populärer wird, gab es bisher drei wesentliche  Gründe: Erstens: Die Einstiegsschwelle. Crowd-Investoren können häufig schon ab 50 Euro oder 100 Euro einsteigen, das ist bis zu 200mal weniger als für ein Basisinvestment in einen klassischen geschlossenen Fonds verlangt wird (10.000 Euro). Zweitens: Crowdfunding gilt als zeitgemäß und besonders einfach, weil es die Geldanlage per Mausklick am heimischen Computer, über das Smartphone, oder den Tablet-PC ermöglicht. Drittens: Dieses Marktsegment war bisher weitgehend unreguliert. Das heißt, Crowdfunding-Kampagnen sind für Initiatoren weniger aufwendig und damit billiger als klassische Direktbeteiligungen, wie Anleihen oder Beteiligungen, nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB). Dabei setzen zahlreiche Anbieter von Schwarmfinanzierungen aus dem gleichen Grund gern auf partiarische Darlehen oder Nachrangdarlehen. Diese Anlageformen sind bisher ebenfalls wesentlich weniger streng reguliert, als beispielsweise Sachwert-Investments nach dem KAGB.

Allerdings: Der Entwurf des Kleinanlegerschutzgesetzes schlägt Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen dem Geltungsbereich des Vermögensanlagegesetzes zu. Anleihen und Genussrechte fallen bereits unter das Gesetz. Für  besagte Darlehen bedeutet das unter anderem: klare Vorgaben für Laufzeiten und Kündigungsfristen sowie deutlich erweiterte Informationspflichten für die Anbieter – besonders in den Anlageprospekten.  (hier  lesen Sie ausführlich, wie das Kleinanlegerschutzgesetz Nachrangdarlehen verändern soll und  dieser Beitrag fasst die wichtigsten Asperkte des Gesetzentwurfs zusammen).


Künftig gilt vor allem: auf die Größe kommt es an

Für Schwarmfinanzierungen sieht der Gesetzentwurf allerdings weiter deutlich weniger strenge Regeln vor als für Nachrangdarlehen, die klassisch vertrieben werden: „Für Crowd-Finanzierungen sind im Gesetzentwurf Ausnahmen von der Erweiterung der Prospektpflicht geschaffen worden“, sagt der auf Kapitalanlagerecht spezialisierte Fachanwalt Dr. Matthias Gündel von der Göttinger Kanzlei Gündel und Katzorke. Dies betreffe Kampagnen, für die maximal eine Millionen Euro eingeworben werde und das Investment pro Anleger auf maximal 10.000 Euro begrenzt sei. Das bedeutet, dass die Crowdfunding-Kampagnen für kleinere Solaranlagen und einzelne Windräder oder Baumbestände auch nach der Gesetzesnovelle unverändert bleiben können. Allerdings dürfen die Emittenten der Schwarmfinanzierungen Gündel zufolge keine weiteren Vermögensanlagen anbieten. „In diesen Fällen reicht es aus, ein Vermögensanlageninformationsblatt (VIB) zu erstellen und bei der BaFin zu hinterlegen“, erläutert der Jurist. Diese VIB-Pflicht entfalle, wenn die Crowdfunding-Kampagne weniger als 250 Euro Anlegerkapital zum Ziel habe.  Das VIB ist ein Beipackzettel für Finanzprodukte, der unter anderem Risikohinweise enthält. 

Bild: Dr. Matthias Gündel, Rechtsanwalt der Kanzlei Gündel & Katzorke in Göttingen / Foto: Unternehmen


Eine Neuerung, die die Crowdfunding-Branche kollektiv auf die Palme bringt, betrifft ebenfalls das VIB. Bisher läuft Crowdfunding ausschließlich per Mausklick – Information, Entscheidung und Investition. Das ist einfach und schnell. Das Kleinanlegerschutzgesetz soll hier einen Medienbruch einführen: Die Anleger sollen das VIB künftig ausdrucken, unterschreiben und per Post einsenden. Damit soll sichergestellt werden, dass  Internetnutzer nicht aus einer puren Laune heraus oder weil sie an der falschen Stelle geklickt haben, Anleger werden Speziell der „Medienbruch“ und die erweiterte Prospektpflicht wird von Branchenvertretern kritisiert (mehr lesen Sie  hier).

Reformbedarf umstritten

Darüber, ob Crowdfunding tatsächlich strenge Regeln braucht, sind sich auch Fachleute  bisher uneins. Die Gegner härterer  Gesetze befürchten, dass der erhöhte Aufwand und die damit verbundenen Kosten die noch junge Crowdfunding-Bewegung in Deutschland als wichtige Geldquelle für Projekte und Unternehmen generell abwürgen könnten. Die Befürworter strengerer Regeln für Schwarmfinanzierungen weisen darauf hin, dass sich Crowdfunding bislang in einem weitgehend rechtsfreien Raum bewege.  Der Gesetzentwurf versucht zumindest, beiden Seiten entgegenzukommen. Geht es nach dem Willen der Bundesminister Wolfgang Schäuble (CDU, Finanzen) und Heiko Maas (SPD, Justiz), sollen möglichst noch 2014  strengere Regeln für jede Form von Direktbeteiligung gelten. Ob das gelingt, ist allerdings offen.
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