Anleihen / AIF

Wie das Kleinanlegerschutzgesetz Nachrangdarlehen verändern soll

Das geplante Kleinanlegerschutzgesetz soll mit strengeren Informationspflichten und härteren Strafen vor allem eines bewirken: Geldanlagen für Kleinanleger transparenter machen. Die Bundesregierung hatte angekündigt, das Gesetz noch im laufenden Jahr umzusetzen. Ob es gelingt, diesen ambitionierten Zeitplan einzuhalten, ist allerdings offen.


Viele Initiatoren nachhaltiger Geldanlagen bieten partiarische Darlehen oder Nachrangdarlehen an. Für solche Darlehen gelten bislang weniger strenge Regeln als etwa für Genussrechte, Namensanleihen oder sogenannten Sachwerte-AIF, so  heißem die Nachfolgeprodukte von geschlossenen Fonds, die mit der Einführung des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) 2013 auf den Markt kamen (AIF steht hier für Alternative Investmentfonds). Initiatoren sparen Aufwand und somit auch Zeit und Geld, wenn sie ein Beteiligungsangebot als Nachrangdarlehen auflegen, anstatt sich für eine stärker gesetzlich regulierte Anlageform zu entscheiden.  Ein weiteres Kernanliegen des Kleinanlegerschutzgesetzes ist es,  die Regeln bei all diesen Beteiligungsmodellen vereinheitlichen.


Mehr Information und strengere  Regeln zu Prospekten, Laufzeiten und Kündigungsfristen 

Für partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen heißt das, dass sie künftig unter das Vermögensanlagegesetz fallen werden. Was das bedeutet, erklärt der auf Kapitalanlagerecht spezialisierte Jurist Dr. Matthias Gündel von der Kanzlei Gündel & Katzorke aus Göttingen. „Grundsätzlich gilt nun auch für  Nachrangdarlehen und sonstige  Anlagen, die in Geld zurückgezahlt werden, die Prospektpflicht. Und zwar bei neuen  Angeboten ab Inkrafttreten des Gesetzes - womit frühestens im vierten Quartal 2014 zu rechnen ist“, so Gündel. Auch wer bisher in Nachrangdarlehen investierte, hat teils umfangreiche Prospekte bekommen. Eine entscheidende Neuerung dabei: Die Prospekte müssen künftig den Vorgaben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) genügen und entsprechenden Prüfungen standhalten, um von der Behörde gebilligt zu werden.  Ohne diese Hürde waren die Initiatoren von Nachrangdarlehen in Form und Inhalt  ihrer Prospekte weitgehend frei. Das gilt auch für Laufzeiten und Kündigungsfristen. „Für alle Vermögensanlagen gilt eine Laufzeit von mindestens 24 Monaten ab dem Zeitpunkt des Erwerbs und eine Kündigungsfrist von mindestens zwölf Monaten. Die Gültigkeit von Prospekten für Vermögensanlagen wird auf zwölf Monate begrenzt“, erklärt Rechtsanwalt Gündel. Von der Kombination von Mindestlaufzeiten und Kündigungsfristen verspricht sich die Regierung eine zweifache Wirkung: „Zum einen erhält der Anbieter für die Mindestlaufzeit der Vermögensanlage eine stabile Finanzierungsgrundlage, zum anderen wird der Anleger gewarnt, dass seine Vermögensanlage eine unternehmerische Investition von gewisser Dauer darstellt“, heißt dazu im Entwurf.

Bild: Dr. Matthias Gündel, Rechtsanwalt der Kanzlei Gündel & Katzorke in Göttingen / Foto: Unternehmen

Zum besseren Schutz sollen auch deutlich verschärfte Informationspflichten beitragen. Die Kleinanleger sollen einen klareren Einblick in „ihre“ Investment-Unternehmen bekommen: „Geschäftsvorfälle mit erheblichen Auswirkungen auf die Fähigkeit des Anbieters zur Erfüllung der gegenüber den Anlegern eingegangenen Verpflichtungen, wie zum Beispiel eine drohende  Insolvenz,  sind genauso nachtragspflichtig, wie die Offenlegung von Jahresabschluss und Lagebericht“, sagt der Fachanwalt. Auch über etwaige personelle Verflechtungen müssen Initiatoren künftig konkretere Angaben machen.


Wenn die sogenannte Zeichnungsfrist abgelaufen ist, kann es still werden um einzelne Direktbeteiligungen. Hier sollen neue Informationspflichten  ebenfalls Abhilfe schaffen. „Auch nach der Beendigung des öffentlichen Angebots von  Vermögensanlagen müssen Tatsachen, die sich auf den Emittenten oder die Vermögensanlage beziehen, gegenüber der BaFin und  den Medien unverzüglich veröffentlicht werden“, erklärt Rechtsanwalt Gündel. Dies gelte für jede bislang nicht öffentlich bekannte Tatsache, die ein Risiko für den Anleger darstellen könne, „und zwar solange bis die Vermögensanlage vollständig getilgt ist“, so der Jurist. Wer Nachrangdarlehen oder vergleichbare Geldanlagen kauft, bekommt ein Vermögensinformationsblatt (VIB). Das ist eine Art Beipackzettel für Finanzprodukte. Auch hier seien neue Hinweispflichten vorgesehen, so der Fachanwalt weiter.


Deutlich mehr Macht für die Finanzaufsichtsbehörde


Die neuen und teils strengeren Regeln für Nachrangdarlehen sollen zudem stärker kontrolliert und bei Bedarf härter sanktioniert werden – durch die BaFin. Die Behörde hatte im Zuge der Anlageskandale bei Prokon, Infinus und Co. viel Kritik einstecken müssen, weil sie in Einzelfällen nicht gewarnt hatte (mehr lesen Sie  hier). Die BaFin konterte solche Vorwürfe stets damit, dass ihr die Befugnisse für Warnungen oder Sanktionen fehlten. Das Kleinanlegerschutzgesetz setzt auch hier an. Gündel dazu: „Die BaFin erhält mehr  Aufsichtsbefugnisse  und -instrumente, um die Funktionsfähigkeit des Finanzmärkte  und kollektive Verbraucherinteressen besser schützen zu können - so  zum Beispiel über die Veröffentlichung von Warnhinweisen  bei Verstößen gegen das Vermögensanlagengesetz oder die Anordnung von Sonderprüfungen.“  Auch hier soll Transparenz den Anlegerschutz weiter verbessern. „Maßnahmen der BaFin, wie Bußgeldentscheidungen werden künftig auf der Internetseite der Bundesanstalt bekannt gemacht, wenn dies unter Abwägung der betroffenen Interessen zur Beseitigung oder Verhinderung von Missständen geboten erscheint“, so Gündel.
Bild: Der BaFin-Hauptsitz in Bonn. / Foto: Unternehmen

Außerdem sollen Initiatoren für verspätete Lageberichte oder Rechnungsunterlagen künftig deutlich tiefer in die Tasche greifen. „Im Handelsgesetzbuch wurde der Höchstbetrag des Ordnungsgeldes für die Verletzung von Offenlegungs- und Rechnungslegungspflichten von 25.000 Euro auf 250.000 Euro erhöht“, sagt Gündel.Hat die BaFin grundlegende Bedenken gegen ein Finanzprodukt, wird die Behörde es ganz verbieten können. Ganz verbieten soll das Kleinanlegerschutzgesetz Beteiligungsangebote mit einer sogenannten Nachschusspflicht. Das sind Geldanlagen, bei denen Investoren sich verpflichten, bei Bedarf weiteres Geld zu nachzuschießen, beziehungsweise für Verluste zu haften.


Die Werbung für Nachrangdarlehen und Direktbeteiligungen generell wird künftig  deutlich eingeschränkt.  Auch hier erweitert das Kapitalanlagegesetz die Befugnisse der BaFin:  „Die Werbung wird  auf Medien mit wirtschaftlichem Schwerpunkt beschränkt, deren Erhalt der Empfänger ausdrücklich  zugestimmt  hat oder die Werbung muss  sich an lizensierte Marktteilnehmer  - zum Beispiel mit Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (KWG), dem KAGB oder der Gewerbeordnung (GewO)  richten. Werden Werbe-Vorgaben nicht beachtet, kann die  BaFin Vertriebsverbote und Vertriebsbeschränkungen für bestimmte Produkte und Produktgruppen aussprechen“, erläutert Gündel. Geworben werden darf künftig demnach nur noch in Fachpublikationen, gegenüber Finanzprofis oder wenn Anleger ihr Einverständnis erklärt haben, Werbematerial zu Anlageprodukten zu erhalten.

Geplante Übergangsfristen an Bedingungen geknüpft

Trotz allem wird es wohl auch in nächster Zukunft noch einige Nachrangdarlehen geben, die jenseits der neuen Regeln stehen. Möglich macht das eine Übergangsfrist, die den Anbietern gewährt werden soll: „Aufgrund der vorgesehenen Übergangsfrist für bisherige Vermögensanlagenangebote, sind die neuen Bestimmungen für Altemittenten mit bereits gebilligtem  Prospekt  erst zwölf Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes zu beachten. Solange sind auch bisher erteilte Prospektgenehmigungen und Prospektbilligungen gültig“, erklärt der Fachanwalt Dr. matthias Gündel dazu.


Bundesregierung nicht mehr ganz im Zeitplan?

Das Kleinanlegerschutzgesetz soll noch in diesem Jahr ratifiziert werden. Der Gesetzentwurf entspringt einem Aktionsplan den die Bundesminister Wolfgang Schäuble und (Finanzen, CDU) und Heiko Maaß (Justiz, SPD) erst im Mai als Antwort auf die spektakuläre Prokon-Pleite präsentierten. Im Mai hatte es geheißen, der erste Kabinettsbeschluss über den Entwurf solle „Anfang  Oktober 2014“ stattfinden. Regierungskreise hatten den 8. Oktober als Termin ins Spiel gebracht. Ob das Kabinett noch im laufenden Monat dazu tagt ist jedoch offen: Die Bundesregierung ist noch im Begriff, Reaktionen von Verbänden auf den im Sommer veröffentlichten Entwurf zu sammeln und auszuwerten. Das erfuhr ECOreporter.de auf Nachfrage beim Bundesfinanzministerium.
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