Fonds / ETF

„Die Verknüpfung von Finanz- und Nachhaltigkeitsanalyse zahlt sich in Krisenzeiten aus“ – Interview mit Gunnar Friede, DWS Investment GmbH



ECOreporter.de: Welche Anlagestrategie verfolgt der DWS Invest Responsibility?

Gunnar Friede: Der DWS Invest Responsbility ist ein global investierender Aktienfonds, der messbare ESG-Performance (Environment, Social, Governance) mit traditioneller, fundamentaler Analyse kombiniert. Er investiert in Unternehmen, die hinsichtlich ihrer Leistungen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Corporate Governance (= vorbildliche Unternehmensführung Anm. d. Redaktion) weltweit führend sind. Wir versuchen die am nachhaltigsten agierenden Unternehmen unabhängig von ihrem Sitz oder der Branche zu identifizieren.
Außerdem mischt der Fonds kleine und mittlere Themenaktien bei. Als Vergleichsindex oder Benchmark dient der MSCI World Index.



ECOrepoerter.de: Inwiefern setzt der Fonds auf ökologische, ethische oder soziale  Ausschlusskriterien?

Friede:
Der Fonds verwendet verschiedene produktbezogene Ausschlusskriterien und unterzieht alle Firmen einer UN Global Compact-Beurteilung. Unternehmen, die gegen diese Grundprinzipien verstoßen, werden ebenfalls aus dem Investmentuniversum ausgeschlossen. Außerdem achten wir bei der Einzelwertanalyse neben den Nachhaltigkeitsfaktoren und den klassischen Finanzkennzahlen auf hohe CO2-Effizienz. Die für das Nachhaltigkeitsresearch verantwortlichen Analysten stufen die Bestände des DWS Invest Responsibility auf einer Skala von A bis F seit Jahren durchschnittlich mit „A“ ein. Zudem ist sein CO2-Fußabdruck mehr als 50 Prozent geringer als der des MSCI World, unserem Vergleichsindex für globale Aktienfonds.
Komplett vom Investment ausgeschlossen sind Unternehmen, die Umsätze mit Pestiziden, Tabakprodukten, genveränderten Organismen oder Pornographie - beziehungsweise in Verbindung mit dem Rotlichtmilieu - erzielen. Ebenfalls tabu sind Konzerne, die mit kontroversen Waffen wie Streubomben, Landminen oder ABC-Waffen Geld verdienen.


ECOreporter.de: Wer ist für die Nachhaltigkeitsanalyse verantwortlich und wie oft wird die Einhaltung der Kriterien bei den Portfolio-Unternehmen und der Kriterienkatalog selbst überprüft?

Friede:
Wir beziehen unsere ESG-Rohdaten von zwei weltweit führenden ESG-Researchunternehmen: Sustainalytics und MSCI (ehemals Innovest/KLD). Die Kriterienkataloge werden von beiden Partnern fortlaufend aktualisiert. Wir prüfen und berichten monatlich unsere ESG-Ratingallokation und den CO2-Fußabdruck des DWS Invest Responsibility.


ECOreporter.de: Wie funktioniert die Titelwahl konkret?

Friede: Der Fonds investiert nur in die Unternehmen, die innerhalb ihrer Branche und des Gesamtuniversums zu den mindestens besten 50 Prozent gehören. In diesem Investmentuniversum optimieren wir weiter und selektieren nur Unternehmen, die nach finanzwirtschaftlichen und ESG-Aspekten hervorstechend sind. So gelangen in den Fonds, von mehr als 2000 zur Auswahl stehenden Unternehmen, nur etwa 80 bis 100 Unternehmen, die alle Filter erfolgreich durchlaufen haben und im Schnitt zu den besten 10 Prozent weltweit zählen. Wir verwenden dafür den Begriff „Best-in-class“.


ECOreporter.de: Stand Anfang August war die Aktie des Ölkonzerns Shell größte Position im Portfolio des Fonds. Derzeit kämpft dieses Unternehmen mit einer Ölpest vor Schottland. Welche Konsequenzen haben oder werden Sie für den Fonds aus der Umweltkatastrophe ziehen?

Friede:
Wir hatten in den vergangenen fünf Jahren keine BP-Aktien im Portfolio des DWS Invest Responsibility, da wir die Sicherheitsstandards bei Royal Dutch Shell höher eingeschätzt haben. Dieser Zwischenfall trifft uns natürlich, auch wenn die Größe des Unfalls im Verhältnis zu BP klein war. Wir haben die Royal Dutch Shell-Aktie jedoch nach dem Unglück deutlich reduziert, auch vor dem Hintergrund der nach wie vor nicht verbesserten Produktionsstandards in Nigeria, die wir in Gesprächen mit dem Vorstand von Royal Dutch Shell bereits vor mehr als einem Jahr angemahnt hatten.


ECOreporter.de: Angesichts dieser beiden Katastrophen als jüngste Großereignisse in der langen Reihe ökologisch schwerwiegender Unfälle bei der Ölförderung, inwiefern sind Unternehmen dieser Branche generell für nachhaltige Investmentfonds geeignet?

Friede: Am liebsten würden wir nur in Erneuerbare Energien investieren. Doch leider können sie bisher noch nicht nennenswert zur Stromproduktion beitragen, sind meist nicht grundlastfähig und leiden unter einem hohen Wettbewerb aus China. Ein Mittelweg, wenn auch kein goldener, sind Unternehmen mit einem hohen Gasanteil – zum Teil beträgt dieser gut 50 Prozent des Portfolios. Im Energiesektor investieren wir nur in Unternehmen, die einen sehr hohen Gas-Anteil an der Produktion und den Reserven haben, da Gas deutlich CO2-effizienter und sauberer als Öl oder Kohle ist. „Klassisches Öl“ ist im Portfolio kaum vorhanden.


ECOreporter.de: Was spricht angesichts der weltweiten energiepolitischen Debatten nach der Atomkatastrophe in Japan für diesen „Mittelweg“, stark auf Aktien von Energie-Unternehmen mit hohem Gas-Anteil zu setzen?

Friede
: Solarstrom wird allein in Deutschland jedes Jahr mit mehr als 10 Milliarden Euro gefördert, trägt aber immer noch weniger als ein Prozent zur Stromerzeugung bei. Wenn wir den Atomausstieg wollen, Erneuerbare Energien aber die Lücke noch nicht decken können, reden wird kurzfristig über einen höheren Anteil fossiler Brennstoffe im Erzeugungsmix. Gas erscheint mir der einzige kurzfristig gangbare Weg, damit auch morgen noch Strom aus der Steckdose kommt.


ECOreporter.de: Die weltweite Schuldenkrise hat die Aktienmärkte sehr stark schwanken lassen. Inwiefern war Ihr Fonds von dieser Entwicklung beeinflusst?

Friede: Der Fonds war schon seit geraumer Zeit eher defensiv positioniert. Bis Juli dieses Jahres hat dies seine Wertentwicklung beeinträchtigt. Jetzt zahlt es sich aus. Der DWS Invest Responsibility ist im Monat August bislang 2,5 Prozent weniger gefallen als sein Vergleichsindex. Die Volatilität (Schwankungsanfälligkeit von Aktien = Anmerkung der Redaktion) ist über die vergangenen fünf Jahre zudem fast 20 Prozent tiefer als die Benchmark -  bei vergleichbarer Wertentwicklung. Die Verknüpfung von traditioneller Finanz- und Nachhaltigkeitsanalyse zahlt sich also in einem besseren Chance/Risikoprofil aus.


ECOreporter.de: Für welche Zielgruppe wurde der Fonds entwickelt – eher private oder institutionelle Investoren welche Chancen und Risiken haben Anleger zu erwarten?

Friede: Der Fonds ist für private und institutionelle Investoren gleichermaßen konzipiert. Er hat vier verschiedene Anteilsklassen. Die Chancen und Risiken sind im Wesentlichen die der globalen Aktienmärkte: also markt-, branchen-, währungs- und unternehmensbedingte Kursschwankungen. Wobei das aktive Fondsmanagement versucht, unabhängig von den Marktentwicklungen unseren Vergleichsindex zu schlagen.


ECOreporter.de: Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Friede!

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