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Was tun? - Anlegerschutzanwalt Klaus Nieding im Interview
Die drei spektakulärsten Insolvenzen der Erneuerbare-Energie-Branche der letzen Jahre - Solar Millennium, Windreich und Prokon - haben eine große Gemeinsamkeit.Klaus Nieding von der Frankfurter Kanzlei Nieding + Barth ist der Interessenvertreter der Anleihe- beziehungsweise Genussrechte-Gläubiger. Bei Solar Millennium sollen rund 30.000 Anleger geschädigt worden sein, 16.000 davon Anleihe-Gläubiger, die allein 227 Millionen Euro investiert hatten. Bei der Windreich-Pleite soll der offene Schaden 120 Millionen Euro betragen. Prokon sammelte sogar 1,4 Milliarden Euro bei Genussrechte-Anlegern ein. Welche Chancen und Optionen haben die betroffenen Anleger ihr Geld wiederzusehen? Welche Strategie sollten Sie dabei verfolgen? Was ist von Angeboten von Finanzprofis zu halten, die die Anleihen oder Genussscheine aufkaufen wollen? Diesen Fragen stellt sich Klaus Nieding, Fachanwalt für Kapitalanlagerecht Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).
ECOreporter.de: Herr Nieding, Sie sind Vertreten die Interessen der Anleger sowohl bei Solar Millennium als auch bei Windreich und Prokon. Was bedeutet das?
Klaus Nieding: In allen Fällen ist es meine Aufgabe als gemeinsamer Vertreter die Interessen der geschädigten Anleihegläubiger gegenüber der jeweiligen Unternehmensführung zu vertreten. In der Konsequenz bedeutet das eine permanente und intensive Auseinandersetzung mit den Verantwortlichen. Zunächst muss man aber festhalten, dass die Fälle unterschiedlich gelagert sind. Solar Millennium und Windreich sind mittlerweile in der Regelinsolvenz. Bei beiden Gesellschaften ist die sogenannten „Insolvenz in Eigenverwaltung“ gescheitert. Hier hat jetzt also der Insolvenzverwalter das Sagen.
ECOreporter.de: Wie liegt der Fall bei Prokon?
Nieding: Bei Prokon läuft zurzeit die Insolvenz in Eigenverwaltung. Die alte Führung ist noch im Amt und versucht, den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten und zu stabilisieren – wenn auch unter der Aufsicht eines Sachwalters. Grundsätzlich ist eine solche Weiterführung des Betriebes – wenn sie funktioniert – für die Anleihegläubiger oft die beste Alternative. Das Unternehmen kann weiter Erträge erwirtschaften und daraus die Schulden bedienen.
ECOreporter.de: Was passiert, wenn das schiefgeht?
Nieding: Scheitert diese Art der Fortführung, übernimmt der Insolvenzverwalter das Ruder. Das muss nicht zwangsläufig das Ende der Gesellschaft bedeuten. Auch die Insolvenzverwalter wollen die ihnen anvertrauten Unternehmen, wenn irgend möglich wieder auf die Erfolgsspur bringen. Gelingt das nicht sind die Gläubiger bei der Durchsetzung ihrer Forderungen auf das angewiesen, was zur Verwertung noch da ist.
ECOreporter.de: Stand heute, wie schätzen Sie für die drei Fälle die Chancen ein, dass die Anleihe-Gläubiger einen Teil ihrer Investments zurückerhalten?
Nieding: Typischerweise dauern solche Insolvenzverfahren zwischen fünf und acht Jahren. Am Ende des Verfahrens wird die sogenannte Insolvenzquote an die Gläubiger ausgeschüttet. In deutschen Unternehmensinsolvenzverfahren liegt die Insolvenzquote häufig im einstelligen oder niedrigen zweistelligen Prozentbereich des Nominalwerts der geltend gemachten Forderung. Dass auch mehr möglich ist, hat etwa der Fall Gontard&Metall Bank AG gezeigt. In dem von mir als Gemeinsamer Vertreter begleiteten Insolvenzverfahren konnten bislang rund 60 Prozent der Forderungen an die Gläubiger ausgeschüttet werden, bei dem zunächst masselosen Verfahren der Gold-Zack AG rund 10 Prozent.
ECOreporter.de: Bei Solar Millennium und bei Prokon gab es bereits Angebote von Finanzprofis, die Anleihen zu übernehmen. Wie sind diese Angebote zu bewerten, und welches Geschäftsmodell steckt hinter dem Aufkaufen von Anleihen? Wie können die Anleger solche Angebote selbst prüfen?
Nieding: Solche Angebote gibt es gerade in Insolvenzfällen immer wieder. Auch beiden anstehenden Abwicklungen offener Immobilienfonds beobachten wir eine verstärkte Aktivität von Investoren die auf höhere Verwertungserlöse setzen. Dahinter stecken meist Investoren, die die Chance wittern Papiere zu einem günstigen Preis aufzukaufen, um dann an der Rückzahlungsquote überdurchschnittlich zu partizipieren. Die Banken sind gehalten solche Angebote an Ihre Kunden weiterzuleiten – ohne sie inhaltlich zu prüfen oder einzuordnen. Für die Anleger erzeugt der Umstand, dass das Kaufangebotsschreiben über die eigene Depotbank kommt, nicht selten den Eindruck eines offiziellen und meist auch ‚angemessenen’ Kaufangebots. In Wirklichkeit ist das meist nichts als Bauernfängerei. Verzweifelte Anlegern sollen mit ein paar Cent abgespeist werden. Anleihegläubiger sollten, wenn Sie ein derartiges Kaufangebot bekommen, prüfen, ob es ein realistisches Angebot ist. Viele Anleihegläubiger wissen nicht, dass Sie mit der Annahme des Angebotes ihren Anspruch als Anleihegläubiger auf eine künftige Insolvenzquote verlieren. Prüfen lässt sich ein derartiges Angebot für Anleger schwerlich, da meist keine belastbaren Zahlen, bspw. die Insolvenzquote, bekannt sind. Ein erstes Indiz kann der Börsenpreis sein, wobei dieser natürlich nicht immer auf Fakten beruht. Er zeigt jedoch, was der Markt denkt.
ECOreporter.de: Private Anleihezeichner sind oft gegenüber anderen Gläubigern nachrangig, werden aus der Insolvenzmasse als letzte bedient und gehen oft leer aus. Ist es sinnvoller, Schadenersatz geltend zu machen, als auf die Insolvenzmasse zu hoffen?
Nieding: Grundsätzlich sind Anleihezeichner gleichrangig mit anderen Gläubigern, bspw. aus Lieferung und Leistung, soweit in den Anleihebedingungen nicht etwas anderes vereinbart wurde. Für Genussrechteinhaber gilt dies nicht. Diese gehören per se zu den nachrangigen Gläubigern. In aller Regel sollten geschädigte Anleger alle Register ziehen. Sollte es also etwa aufgrund einer fehlerhaften Beratung die Möglichkeit geben, hier Schadenersatz einzuklagen, sollten Anleger das auch tun. Das ist aus meiner Sicht aber keine Alterative zur Anmeldung der Forderungen zur Insolvenztabelle. Dieser Weg sollte zusätzlich beschritten werden. Für die Anleger ist in der Regel entscheidend ihr investiertes Kapital zeitnah zurück zu erhalten. Aufgrund der Dauer des Insolvenzverfahrens ist daher gegebenenfalls ein Schadenersatzanspruch die schneller Variante die Liquidität zurück zugewinnen.
ECOreporter.de: Prokon hatte seine Anleger vor der Insolvenz eindringlich gebeten, die Genussrechte nicht zu kündigen. Stand jetzt: Ist es aus Sicht der Anleihegläubiger besser, gekündigt zu haben, oder ist es egal ob man gekündigt hat oder nicht?
Nieding: Im Fall Prokon handelt es sich bei den Anlegern um Genussrechtsinhaber. Diese stehen nicht mit Anleihegläubigern gleich, sondern sind nachrangige Gläubiger. Sie erhalten erst Zahlungen, wenn die Forderungen der regulären Gläubiger zu 100% bedient sind. Die Kündigung durch die Genussrechtsinhaber ist nicht verkehrt. Derzeit wird ja geprüft, ob gerade diese Forderungen einen Insolvenzgrund darstellen. Sollten die Gutachter zu dem Ergebnis kommen, dass ein Insolvenzgrund nicht vorliegt, hätten wir keine Insolvenz und die Forderungen aus den gekündigten Genussrechten könnten dann geltend gemacht werden.
ECOreporter.de: Im Zusammenhang mit Prokon wurde immer wieder der Verdacht laut, es handle sich um ein Schneeballsystem. Wann spricht man von Schneeballsystem und was würde das für die Anleger bedeuten, wenn es sich bei Prokon tatsächlich um ein Schneeballsystem handeln würde?
Nieding: Von einem Schneeballsystem wird gesprochen, wenn die versprochene Rendite nicht mit einem aus einer Investition des eingesammelten Kapitals entstehenden Ertrag bezahlt wird, sondern einfach mit frisch eingesammeltem Geld. Im Klartext: Für ein Schneeballsystem brauchen Sie also weder eine Geschäfts- noch eine Investitionsidee sondern nur immer weiter sprudelnde Geldquellen. Sollte Prokon sich als ein solches System herausstellen, hätte das strafrechtliche Folgen für die Geschäftsführung. Zudem wäre die Insolvenz in Eigenverwaltung beendet.
ECOreporter.de: Die Prokon-Führung erwägt, die Gesellschaft in eine Stiftung oder Genossenschaft zu überführen. Wäre eine solche Umwandlung im Sinne der Anleihe-Gläubiger?
Nieding: Für die Genussrechtsinhaber würde die Umwandlung der Rechtsform ggf. zu einer „echten“ Unternehmensbeteiligung führen, bspw. durch den Erhalt von Genossenschaftsanteilen führen. Dies könnte aufgrund der Struktur der Genossenschaft und der Möglichkeit der Einflussnahme der Genossen in den Organen eine interessante Option sein. Allerdings stellt sich diese Frage im gegenwärtigen Verfahrensstadium überhaupt noch nicht, so dass der Fortgang des vorläufigen Insolvenzverfahrens in jedem Fall abgewartet werden muss.
ECOreporter.de: Bei Prokon gibt es eine Gruppe von Anlegern („Freunde von Prokon“), die den ursprünglichen Plan des Unternehmens weiterführen wollen, indem sie sich dafür stark machen, dem Unternehmen weiteres Kapital zuzuführen. Was ist von dieser Initiative zu halten?
Nieding: Die „Freunde für Prokon“ sind sicher sehr engagierte Anleger, die vielleicht bei all ihrer Begeisterung für den ökologischen Ansatz von Prokon ein wenig die wirtschaftlichen Realitäten aus dem Blick verloren haben.
ECOreporter.de: Im Fall Windreich ist die Bank J. Safra Sarasin in die Schlagzeilen geraten, weil sie den Insolvenzantrag eingereicht haben soll und weil sie den eigenen Kunden die Anleihe nahegelegt haben soll. Sehen Sie hier eine Grundlage für Schadenersatzansprüche der Anleger?
Nieding: Ich sehe hier entsprechende Ansatzpunkte und im Rahmen unserer anwaltlichen Tätigkeit haben wir für diverse Anleihegläubiger Ansprüche gegen die Bank J. Safra Sarasin im Ombudsmannverfahren geltend gemacht und werden diese ggf. im Klageverfahren weiterverfolgen.
ECOreporter.de: Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Nieding!
ECOreporter.de: Herr Nieding, Sie sind Vertreten die Interessen der Anleger sowohl bei Solar Millennium als auch bei Windreich und Prokon. Was bedeutet das?
Klaus Nieding: In allen Fällen ist es meine Aufgabe als gemeinsamer Vertreter die Interessen der geschädigten Anleihegläubiger gegenüber der jeweiligen Unternehmensführung zu vertreten. In der Konsequenz bedeutet das eine permanente und intensive Auseinandersetzung mit den Verantwortlichen. Zunächst muss man aber festhalten, dass die Fälle unterschiedlich gelagert sind. Solar Millennium und Windreich sind mittlerweile in der Regelinsolvenz. Bei beiden Gesellschaften ist die sogenannten „Insolvenz in Eigenverwaltung“ gescheitert. Hier hat jetzt also der Insolvenzverwalter das Sagen.
ECOreporter.de: Wie liegt der Fall bei Prokon?
Nieding: Bei Prokon läuft zurzeit die Insolvenz in Eigenverwaltung. Die alte Führung ist noch im Amt und versucht, den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten und zu stabilisieren – wenn auch unter der Aufsicht eines Sachwalters. Grundsätzlich ist eine solche Weiterführung des Betriebes – wenn sie funktioniert – für die Anleihegläubiger oft die beste Alternative. Das Unternehmen kann weiter Erträge erwirtschaften und daraus die Schulden bedienen.
ECOreporter.de: Was passiert, wenn das schiefgeht?
Nieding: Scheitert diese Art der Fortführung, übernimmt der Insolvenzverwalter das Ruder. Das muss nicht zwangsläufig das Ende der Gesellschaft bedeuten. Auch die Insolvenzverwalter wollen die ihnen anvertrauten Unternehmen, wenn irgend möglich wieder auf die Erfolgsspur bringen. Gelingt das nicht sind die Gläubiger bei der Durchsetzung ihrer Forderungen auf das angewiesen, was zur Verwertung noch da ist.
ECOreporter.de: Stand heute, wie schätzen Sie für die drei Fälle die Chancen ein, dass die Anleihe-Gläubiger einen Teil ihrer Investments zurückerhalten?
Nieding: Typischerweise dauern solche Insolvenzverfahren zwischen fünf und acht Jahren. Am Ende des Verfahrens wird die sogenannte Insolvenzquote an die Gläubiger ausgeschüttet. In deutschen Unternehmensinsolvenzverfahren liegt die Insolvenzquote häufig im einstelligen oder niedrigen zweistelligen Prozentbereich des Nominalwerts der geltend gemachten Forderung. Dass auch mehr möglich ist, hat etwa der Fall Gontard&Metall Bank AG gezeigt. In dem von mir als Gemeinsamer Vertreter begleiteten Insolvenzverfahren konnten bislang rund 60 Prozent der Forderungen an die Gläubiger ausgeschüttet werden, bei dem zunächst masselosen Verfahren der Gold-Zack AG rund 10 Prozent.
ECOreporter.de: Bei Solar Millennium und bei Prokon gab es bereits Angebote von Finanzprofis, die Anleihen zu übernehmen. Wie sind diese Angebote zu bewerten, und welches Geschäftsmodell steckt hinter dem Aufkaufen von Anleihen? Wie können die Anleger solche Angebote selbst prüfen?
Nieding: Solche Angebote gibt es gerade in Insolvenzfällen immer wieder. Auch beiden anstehenden Abwicklungen offener Immobilienfonds beobachten wir eine verstärkte Aktivität von Investoren die auf höhere Verwertungserlöse setzen. Dahinter stecken meist Investoren, die die Chance wittern Papiere zu einem günstigen Preis aufzukaufen, um dann an der Rückzahlungsquote überdurchschnittlich zu partizipieren. Die Banken sind gehalten solche Angebote an Ihre Kunden weiterzuleiten – ohne sie inhaltlich zu prüfen oder einzuordnen. Für die Anleger erzeugt der Umstand, dass das Kaufangebotsschreiben über die eigene Depotbank kommt, nicht selten den Eindruck eines offiziellen und meist auch ‚angemessenen’ Kaufangebots. In Wirklichkeit ist das meist nichts als Bauernfängerei. Verzweifelte Anlegern sollen mit ein paar Cent abgespeist werden. Anleihegläubiger sollten, wenn Sie ein derartiges Kaufangebot bekommen, prüfen, ob es ein realistisches Angebot ist. Viele Anleihegläubiger wissen nicht, dass Sie mit der Annahme des Angebotes ihren Anspruch als Anleihegläubiger auf eine künftige Insolvenzquote verlieren. Prüfen lässt sich ein derartiges Angebot für Anleger schwerlich, da meist keine belastbaren Zahlen, bspw. die Insolvenzquote, bekannt sind. Ein erstes Indiz kann der Börsenpreis sein, wobei dieser natürlich nicht immer auf Fakten beruht. Er zeigt jedoch, was der Markt denkt.
ECOreporter.de: Private Anleihezeichner sind oft gegenüber anderen Gläubigern nachrangig, werden aus der Insolvenzmasse als letzte bedient und gehen oft leer aus. Ist es sinnvoller, Schadenersatz geltend zu machen, als auf die Insolvenzmasse zu hoffen?
Nieding: Grundsätzlich sind Anleihezeichner gleichrangig mit anderen Gläubigern, bspw. aus Lieferung und Leistung, soweit in den Anleihebedingungen nicht etwas anderes vereinbart wurde. Für Genussrechteinhaber gilt dies nicht. Diese gehören per se zu den nachrangigen Gläubigern. In aller Regel sollten geschädigte Anleger alle Register ziehen. Sollte es also etwa aufgrund einer fehlerhaften Beratung die Möglichkeit geben, hier Schadenersatz einzuklagen, sollten Anleger das auch tun. Das ist aus meiner Sicht aber keine Alterative zur Anmeldung der Forderungen zur Insolvenztabelle. Dieser Weg sollte zusätzlich beschritten werden. Für die Anleger ist in der Regel entscheidend ihr investiertes Kapital zeitnah zurück zu erhalten. Aufgrund der Dauer des Insolvenzverfahrens ist daher gegebenenfalls ein Schadenersatzanspruch die schneller Variante die Liquidität zurück zugewinnen.
ECOreporter.de: Prokon hatte seine Anleger vor der Insolvenz eindringlich gebeten, die Genussrechte nicht zu kündigen. Stand jetzt: Ist es aus Sicht der Anleihegläubiger besser, gekündigt zu haben, oder ist es egal ob man gekündigt hat oder nicht?
Nieding: Im Fall Prokon handelt es sich bei den Anlegern um Genussrechtsinhaber. Diese stehen nicht mit Anleihegläubigern gleich, sondern sind nachrangige Gläubiger. Sie erhalten erst Zahlungen, wenn die Forderungen der regulären Gläubiger zu 100% bedient sind. Die Kündigung durch die Genussrechtsinhaber ist nicht verkehrt. Derzeit wird ja geprüft, ob gerade diese Forderungen einen Insolvenzgrund darstellen. Sollten die Gutachter zu dem Ergebnis kommen, dass ein Insolvenzgrund nicht vorliegt, hätten wir keine Insolvenz und die Forderungen aus den gekündigten Genussrechten könnten dann geltend gemacht werden.
ECOreporter.de: Im Zusammenhang mit Prokon wurde immer wieder der Verdacht laut, es handle sich um ein Schneeballsystem. Wann spricht man von Schneeballsystem und was würde das für die Anleger bedeuten, wenn es sich bei Prokon tatsächlich um ein Schneeballsystem handeln würde?
Nieding: Von einem Schneeballsystem wird gesprochen, wenn die versprochene Rendite nicht mit einem aus einer Investition des eingesammelten Kapitals entstehenden Ertrag bezahlt wird, sondern einfach mit frisch eingesammeltem Geld. Im Klartext: Für ein Schneeballsystem brauchen Sie also weder eine Geschäfts- noch eine Investitionsidee sondern nur immer weiter sprudelnde Geldquellen. Sollte Prokon sich als ein solches System herausstellen, hätte das strafrechtliche Folgen für die Geschäftsführung. Zudem wäre die Insolvenz in Eigenverwaltung beendet.
ECOreporter.de: Die Prokon-Führung erwägt, die Gesellschaft in eine Stiftung oder Genossenschaft zu überführen. Wäre eine solche Umwandlung im Sinne der Anleihe-Gläubiger?
Nieding: Für die Genussrechtsinhaber würde die Umwandlung der Rechtsform ggf. zu einer „echten“ Unternehmensbeteiligung führen, bspw. durch den Erhalt von Genossenschaftsanteilen führen. Dies könnte aufgrund der Struktur der Genossenschaft und der Möglichkeit der Einflussnahme der Genossen in den Organen eine interessante Option sein. Allerdings stellt sich diese Frage im gegenwärtigen Verfahrensstadium überhaupt noch nicht, so dass der Fortgang des vorläufigen Insolvenzverfahrens in jedem Fall abgewartet werden muss.
ECOreporter.de: Bei Prokon gibt es eine Gruppe von Anlegern („Freunde von Prokon“), die den ursprünglichen Plan des Unternehmens weiterführen wollen, indem sie sich dafür stark machen, dem Unternehmen weiteres Kapital zuzuführen. Was ist von dieser Initiative zu halten?
Nieding: Die „Freunde für Prokon“ sind sicher sehr engagierte Anleger, die vielleicht bei all ihrer Begeisterung für den ökologischen Ansatz von Prokon ein wenig die wirtschaftlichen Realitäten aus dem Blick verloren haben.
ECOreporter.de: Im Fall Windreich ist die Bank J. Safra Sarasin in die Schlagzeilen geraten, weil sie den Insolvenzantrag eingereicht haben soll und weil sie den eigenen Kunden die Anleihe nahegelegt haben soll. Sehen Sie hier eine Grundlage für Schadenersatzansprüche der Anleger?
Nieding: Ich sehe hier entsprechende Ansatzpunkte und im Rahmen unserer anwaltlichen Tätigkeit haben wir für diverse Anleihegläubiger Ansprüche gegen die Bank J. Safra Sarasin im Ombudsmannverfahren geltend gemacht und werden diese ggf. im Klageverfahren weiterverfolgen.
ECOreporter.de: Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Nieding!