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16.7.2004: Grundsätzlich wird kein Geld mehr an die HerMerlin fließen - ECOreporter.de-Interview mit Walter Felix Beyer, Vorstand der unit energy

Die unit energy europe AG (unite) soll der Hermerlin AG wegen zweier Windpark-Projekte noch Geld schulden, verlautete es verschiedentlich in den letzten Tagen. ECOreporter.de fragte den unit energy Vorstand Walter Felix Beyer zu den Hintergründen.


ECOreporter.de: Herr Beyer, drehen sich die Rotoren der Windparks Vila do Bispo I und II an der Algarve in Portugal?

Beyer: Nach meinen Informationen sind die sieben Windmühlen vom Typ MD 70 der Fuhrländer AG ans Netz angeschlossen und produzieren Strom.

ECOreporter.de: Wer bekommt das Geld für den Strom, den die Anlagen liefern?

Beyer: Die Stromeinspeiseerlöse fließen an den heutigen Betreiber der
Windparks.

ECOreporter.de: Und wer ist das?

Beyer: Die beiden Windparks gehörten der unit energy energia renováveis Lda. Diese Gesellschaft wiederum war eine 100 %ige Tochter der unit energy portugal S.A., die zunächst zu 100 % der unit energy europe AG gehörte. Unter dem Vorstand Bernd Weber wurde die Gesellschaft dann zunächst zu 50 Prozent an die zur Jose de Mello Group gehörende Finertec - Energia E Tecnologia S.A. verkauft. Der damalige Kaufvertrag sah vor, dass ein Jahr später ein weiteres Prozent an die Finertec zu verkaufen war. Dies erfolgte auch. Da eine Finanzierung der zweiten Ausbaustufe der 7 x 1,5 MW-Anlagen durch die damaligen Vorstände der unit energy portugal S.A. nicht gelang, habe ich mich dann zum Verkauf der portugiesischen Gesellschaft unit energy portugal S.A. entschlossen, um zu retten, was an Kapital noch zu retten war. Käufer war damals die Fuhrländer AG, die nach meiner Kenntnis jedoch den Windpark bzw. die Gesellschaft weiter veräußert hat. Der neue Käufer ist mir im Detail nicht bekannt.

ECOreporter.de: Muss die unit energy an die HerMerlin AG aus Langenaltheim für diese Windparks noch eine größere Summe zahlen, weil die HerMerlin AG diese Parks projektieren lassen hat?

Beyer: Ich sehe dies rechtlich nicht so. Nach einer ursprünglichen Vereinbarung aus 1997 waren die damaligen Projektinitiatoren Jürgen Mäurer und Dr. Wolfgang Schönharting im Rahmen ihrer damaligen Gesellschaft Picos Verdes Energias Renováveis Lda. verpflichtet, "die vollständige Entwicklung und Finanzierung des Windparkprojektes sicherzustellen." Unter dieser Voraussetzung waren neben Grundzahlungen auch enorme Erfolgszahlungen vereinbart. Diese damalige Vereinbarung wurde durch verschiedene weitere Vereinbarungen - interessanterweise vom gleichen Tage -, aber auch durch spätere Vereinbarungen zwischen den damaligen Parteien Mäurer/Dr. Schönharting einerseits und der WRE AG andererseits, modifiziert. Nach meinem Dafürhalten verblieb es jedoch immer dabei, dass die erfolgsbezogenen Zahlungen nur dann fällig werden, wenn die vollständige Entwicklung und die Finanzierung des Windparkprojektes durch die Initiatioren Mäurer und Dr. Schönharting sichergestellt waren. Genau diese Sicherstellung erfolgte jedoch nicht. Der Verkauf des Projektes erfolgte eben, weil weder die Entwicklung noch die Finanzierung des Windparkprojektes durch die entsprechenden Herren realisiert werden konnte. Einzig allein die Fuhrländer AG hat diese Projekte realisiert und auch eine entsprechende Finanzierung sichergestellt. Wenn aber der insoweit beschriebene Erfolg nicht eintritt, ist es nach meinem - auch juristischem - Dafürhalten, nicht möglich, an die Herren Mäurer und Dr. Schönharting Erfolgsprämien zu leisten. Diese Erfolgsprämienansprüche hatten jedoch beide Herren an die HerMerlin AG abgetreten und dafür von der HerMerlin AG erhebliche Zahlungen bekommen.
Wenn jedoch die heutige unit energy europe AG aus dem damaligen Grundgeschäft an die Herren Mäurer und Dr. Schönharting nicht verpflichtet ist, Erfolgsprämien zu zahlen, dann kann sich auch im Hinblick auf die HerMerlin AG nichts anderes ergeben.
Ich halte die Verträge insoweit für sehr klar und eindeutig.

ECOreporter.de: Um es noch einmal im Detail zu klären: Um welche Anlagen handelt es sich?

Beyer: Also, es handelt sich bei dem Windpark Vila do Bispo I um vier Anlagen vom Typ Enercon E40 und beim Windpark Vila do Bispo II um sieben Anlagen von Typ MD 70 der Firma Fuhrländer AG. Die Anlagen gehörten der Nachfolgegesellschaft der Picos Verdes Lda., der unit energy energias renováveis Lda., einer 100prozentigen Tochter der unit energy europe portugal S.A., einer 49 %igen Tochter der unit energy europe AG. Diese Obergesellschaft wurde an die Fuhrländer AG mit Sitz in Waigandshain veräußert, die dann ihrerseits die Windparks oder aber die Gesellschaft an einen ihrer Kunden weiter veräußert hat.

ECOreporter.de: Sind die Anlagen jetzt in Betrieb?

Beyer: Die Anlagen sowohl von Vila do Bispo I, als auch von Vila do Bispo II sind jetzt in Betrieb, nachdem die Fuhrländer AG ganz gewaltige Anstrengungen unternehmen musste, um das Projekt Vila do Bispo II zu realisieren und die Anlagen ans Netz zu bekommen.

ECOreporter.de: Also, zusammengefasst, schulden Sie der HerMerlin AG bzw. Gesellschaften aus deren Netzwerk hierfür nichts mehr?

Beyer: Nein.

ECOreporter.de: Wie ist denn derzeit das persönliche Verhältnis auf der
Vorstandsebene der beiden Gesellschaften: Gibt es noch eine Kommunikation
oder läuft schon alles über Anwälte?


Beyer: Auf Drängen des ehemaligen Vorstands Bernd Weber, der mit dem Vorstand der HerMerlin AG Jürgen K. Herrmannsdörfer wohl sehr eng befreundet ist, habe ich seinerzeit versucht, einen Vergleichsvorschlag zur Beilegung dieses Rechtsstreits zu finden. Da ich jedoch letztendlich einen solchen Vergleich nicht gutheißen konnte, habe ich dann unserem Aufsichtsrat diesen Vergleichsvorschlag zur Entscheidung vorgelegt. Der Aufsichtsrat hat dann meiner Ansicht folgend, mehrheitlich diesen Vergleichsvorschlag auch abgelehnt, so dass es nach meinem Verständnis zu Recht dabei geblieben ist, dass wir keine Zahlungen leisten. Sie können sich vorstellen, dass das Verständnis auf der Vorstandsebene der beiden Unternehmen nicht das Beste ist. Persönliche Kontakte unterhalte ich im Gegensatz zu Bernd Weber jedoch ohnehin nicht zu Herrn Herrmannsdörfer. Auch ist die HerMerlin AG nicht mehr Aktionärin der unit energy europe AG.

Die HerMerlin AG hat in der Tat zwischenzeitlich ihre vermeintlichen Ansprüche durch ein Anwaltsschreiben geltend gemacht. Nachdem ich dies vor etwa sechs Monaten zurückgewiesen habe, habe ich nichts mehr von der HerMerlin AG bzw. ihrem Anwalt gehört.

ECOreporter.de: Viele HerMerlin-Aktionäre haben auch unit-energy-Aktien. Die fragen sich jetzt, warum die unit energy nicht ihre Schuld aus dem Kaufvertrag für die Gesellschaft "Picos Verdes Lda." an die HerMerlin bezahlt.

Beyer: Wie schon gesagt: Ich meine, dass Zahlungen nur dann von unserer Seite aus geleistet werden können, wenn hierzu ein rechtlicher Anspruch besteht. Natürlich bin ich aus der moralischen Sicht heraus nicht zufrieden mit dem Ergebnis. Ich bin aber auch genauso wenig damit zufrieden, dass wir gezwungen waren, aufgrund der mangelhaften Leistungen der portugiesischen Geschäftsführer bzw. Vorstände unsere beiden portugiesischen Projekte zu veräußern. Bei ordentlicher Arbeit vor Ort wäre dies nicht nötig gewesen und wir hätten heute zwei gut laufende Windparks in Portugal. Auch wenn die Nichtzahlung die HerMerlin sicherlich deutlich schwächt, vermag ich keine andere Haltung einzunehmen.
Grundsätzlich wird kein Geld mehr an die HerMerlin fließen, es sei denn, es wird ein rechtskräftiges Urteil vor einem Gericht ergehen, dass uns zu einer solchen Zahlung verpflichtet. Natürlich ist man auf See und vor Gericht immer in Gottes Hand, dennoch schätze ich die Chancen für ein Obsiegen in einem solchen Rechtsstreit für die unit energy europe AG gut ein. Mit dieser Rechtsauffassung stehe ich derzeit nicht allein.

ECOreporter.de: Herr Beyer, wir danken Ihnen für das Gespräch.


unit energy europe AG (unite): WKN 776010
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