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17.4.2003: Der Dauerrausch der Windbranche und seine Folgen
Von Heinrich Röder. Die Windbranche ist immer noch eine junge Branche, die Jahre der Unschuld aber hat sie hinter sich. In über einem Jahrzehnt wurden mehrere Milliarden Euro in Windenergie-Projekte investiert. Jedes Jahr meldet die Branche Rekordzahlen neu installierter Leistung. Eine Branche im Dauerrausch? Auf Rausch sollte rechtzeitig Ernüchterung und auf das Zeitalter der Unschuld die Zeit der Professionalisierung folgen. Wir haben nun das zweite vergleichsweise schlechte Windjahr hinter uns. Das führt bei allen Beteiligten zu Irritationen. Gerade Investoren, die sich Ende 2000 erstmals an einem Windenergie- Fonds beteiligt haben, ist es schwer vermittelbar, dass auf schlechte Zeiten wieder gute Zeiten folgen.
Schlechtes Windjahr wäre heilsam
Vielleicht aber wäre ein weiteres schlechtes Windjahr für die Branche insgesamt heilsam. Vielleicht würde dies zu einer stärkeren Professionalisierung und zu einer Qualitätsoffensive führen. Denn alle Gruppen der Windbranche müssen noch viel lernen, damit das Wachstum der vergangenen Jahre auch in der Zukunft anhält und es weiterhin attraktive Renditen zu erzielen gibt.
So haben viele Hersteller von Windkraft-Anlagen bis heute nicht wirklich akzeptiert, dass sie mehr als beeindruckende Mengen an Stahl, Beton und Kunststoff zu liefern haben. Die bislang angebotenen Gewährleistungen sind meist unzureichend. Ein Vollwartungsvertrag über eine hinreichend lange Laufzeit, der sämtliche Wartungen und Instandhaltungen abdeckt, wird zur Zeit nur von einem Hersteller angeboten. Vollwartungsverträge mit einer kurzen Laufzeit sind aber für den Käufer einer Windkraft-Anlage weniger interessant, es sei denn, zu deutlich geringeren Kosten als bisher. Wenn Hersteller sich nicht in der Lage sehen, über einen Zeitraum von 15 Jahren die Instandhaltungskosten zu kalkulieren, wie sollen es dann Dritte mit geringeren Kenntnissen können?
Versicherer zwingen zu Vollwartung
In diesem Dilemma könnten die Versicherungen für Abhilfe sorgen: Ihre konsequente Zurückhaltung bei derzeit noch angebotenen Schadensabdeckungen würde die Hersteller zwingen, endlich langfristige Vollwartungsverträge anzubieten, sich ernsthaft mit den Instandhaltungskosten der Maschinen zu beschäftigen und die gelieferten Windturbinen bereits im Rahmen der Fertigung auf Langlebigkeit zu optimieren. Erste derartige Signale der Versicherer haben im vergangenen Jahr bereits für mächtig Aufregung gesorgt. Mit Blick aufs Neugeschäft haben viele der Assekuranzen aber schon wieder umgeschwenkt und damit den notwendigen Druck von den Herstellern genommen. Nicht minder wichtig für die Zukunft der Windenergie- Nutzung ist die Qualität von Windprognosen. Heute weiß man, dass Windgutachter insbesondere bei schwierigem Gelände häufig massiven Fehlbewertungen unterlegen sind, dass Gutachter nicht gleich Gutachter ist, und dass die Gutachten Satz für Satz hinterfragt werden müssen. Zwar haben sich die Methodik und empirischen Daten der Gutachter in den letzten Jahren verbessert. Dennoch bleibt eine erhebliche Restunsicherheit.
Sicherheitsbedürfnis unterschätzt
Dieser Unsicherheit sollten Projektentwickler zukünftig stärker Rechnung tragen. Denn bei der Preisbildung für ein Windenergieprojekt berücksichtigen sie ja nicht nur die externen Kosten Dritter. Auch die Qualität des Standorts fließt in den Preis ein. Gute Standorte sind teurer als schlechte. Obwohl die Projektentwickler also nicht nur Maschine plus Infrastruktur verkaufen, sondern auch die Qualität des Windangebotes einkalkulieren, lehnen sie in der Regel eine Haftung für die versprochene Windqualität ab und wollen folglich von Gewährleistungen oder Garantien für das verkaufte Wirtschaftsgut nur selten etwas wissen.
Das Bindeglied zwischen Projekt- und Kapitalmarkt sind die Emissionshäuser. Wenn ihre Angebote attraktiv und vertrauenswürdig bleiben sollen, werden auch sie sich weiter professionalisieren müssen. Dazu gehört unter anderem die noch kritischere Prüfung von Windgutachtern und deren Prognosen, eine ausreichend konservative Kalkulation von Instandhaltungskosten und das verstärkte Bemühen um Risikominimierung. Nicht nur unser Haus hat in der Vergangenheit das Sicherheitsbedürfnis vieler Investoren unterschätzt. Für das nachvollziehbare, subjektive Empfinden der Investoren kommt erschwerend hinzu, dass sie sich zwar aufgrund ihrer Mitunternehmerstellung an eingesparten Steuern erfreuen, aber - anders als beispielsweise bei Aktienspekulationen - innerlich nicht bereit sind, die Folgen des unternehmerischen Risikos zu tragen, wenn das Ergebnis nicht den Erwartungen entspricht. Niemand kann sich im Ernst ein weiteres schlechtes Windjahr wünschen. Eine wirksame Abkühlung des nach wie vor überhitzten Marktes wäre allerdings in mancher Hinsicht hilfreich. Denn nur eine Branche mit kühlem Kopf hat eine nachhaltige Zukunft und kann langfristig die wirtschaftlichen und energiepolitischen Profite erzielen, die alle anstreben.
Wir publizieren diesen Gastkommentar mit freundlicher Genehmigung des Grünen Emissionshauses, Freiburg.
Schlechtes Windjahr wäre heilsam
Vielleicht aber wäre ein weiteres schlechtes Windjahr für die Branche insgesamt heilsam. Vielleicht würde dies zu einer stärkeren Professionalisierung und zu einer Qualitätsoffensive führen. Denn alle Gruppen der Windbranche müssen noch viel lernen, damit das Wachstum der vergangenen Jahre auch in der Zukunft anhält und es weiterhin attraktive Renditen zu erzielen gibt.
So haben viele Hersteller von Windkraft-Anlagen bis heute nicht wirklich akzeptiert, dass sie mehr als beeindruckende Mengen an Stahl, Beton und Kunststoff zu liefern haben. Die bislang angebotenen Gewährleistungen sind meist unzureichend. Ein Vollwartungsvertrag über eine hinreichend lange Laufzeit, der sämtliche Wartungen und Instandhaltungen abdeckt, wird zur Zeit nur von einem Hersteller angeboten. Vollwartungsverträge mit einer kurzen Laufzeit sind aber für den Käufer einer Windkraft-Anlage weniger interessant, es sei denn, zu deutlich geringeren Kosten als bisher. Wenn Hersteller sich nicht in der Lage sehen, über einen Zeitraum von 15 Jahren die Instandhaltungskosten zu kalkulieren, wie sollen es dann Dritte mit geringeren Kenntnissen können?
Versicherer zwingen zu Vollwartung
In diesem Dilemma könnten die Versicherungen für Abhilfe sorgen: Ihre konsequente Zurückhaltung bei derzeit noch angebotenen Schadensabdeckungen würde die Hersteller zwingen, endlich langfristige Vollwartungsverträge anzubieten, sich ernsthaft mit den Instandhaltungskosten der Maschinen zu beschäftigen und die gelieferten Windturbinen bereits im Rahmen der Fertigung auf Langlebigkeit zu optimieren. Erste derartige Signale der Versicherer haben im vergangenen Jahr bereits für mächtig Aufregung gesorgt. Mit Blick aufs Neugeschäft haben viele der Assekuranzen aber schon wieder umgeschwenkt und damit den notwendigen Druck von den Herstellern genommen. Nicht minder wichtig für die Zukunft der Windenergie- Nutzung ist die Qualität von Windprognosen. Heute weiß man, dass Windgutachter insbesondere bei schwierigem Gelände häufig massiven Fehlbewertungen unterlegen sind, dass Gutachter nicht gleich Gutachter ist, und dass die Gutachten Satz für Satz hinterfragt werden müssen. Zwar haben sich die Methodik und empirischen Daten der Gutachter in den letzten Jahren verbessert. Dennoch bleibt eine erhebliche Restunsicherheit.
Sicherheitsbedürfnis unterschätzt
Dieser Unsicherheit sollten Projektentwickler zukünftig stärker Rechnung tragen. Denn bei der Preisbildung für ein Windenergieprojekt berücksichtigen sie ja nicht nur die externen Kosten Dritter. Auch die Qualität des Standorts fließt in den Preis ein. Gute Standorte sind teurer als schlechte. Obwohl die Projektentwickler also nicht nur Maschine plus Infrastruktur verkaufen, sondern auch die Qualität des Windangebotes einkalkulieren, lehnen sie in der Regel eine Haftung für die versprochene Windqualität ab und wollen folglich von Gewährleistungen oder Garantien für das verkaufte Wirtschaftsgut nur selten etwas wissen.
Das Bindeglied zwischen Projekt- und Kapitalmarkt sind die Emissionshäuser. Wenn ihre Angebote attraktiv und vertrauenswürdig bleiben sollen, werden auch sie sich weiter professionalisieren müssen. Dazu gehört unter anderem die noch kritischere Prüfung von Windgutachtern und deren Prognosen, eine ausreichend konservative Kalkulation von Instandhaltungskosten und das verstärkte Bemühen um Risikominimierung. Nicht nur unser Haus hat in der Vergangenheit das Sicherheitsbedürfnis vieler Investoren unterschätzt. Für das nachvollziehbare, subjektive Empfinden der Investoren kommt erschwerend hinzu, dass sie sich zwar aufgrund ihrer Mitunternehmerstellung an eingesparten Steuern erfreuen, aber - anders als beispielsweise bei Aktienspekulationen - innerlich nicht bereit sind, die Folgen des unternehmerischen Risikos zu tragen, wenn das Ergebnis nicht den Erwartungen entspricht. Niemand kann sich im Ernst ein weiteres schlechtes Windjahr wünschen. Eine wirksame Abkühlung des nach wie vor überhitzten Marktes wäre allerdings in mancher Hinsicht hilfreich. Denn nur eine Branche mit kühlem Kopf hat eine nachhaltige Zukunft und kann langfristig die wirtschaftlichen und energiepolitischen Profite erzielen, die alle anstreben.
Wir publizieren diesen Gastkommentar mit freundlicher Genehmigung des Grünen Emissionshauses, Freiburg.