17.4.2003: Grünes Wagniskapital kämpft mit der Krise - das Beispiel Venture Invest

(JR) Die Venture Invest AG will jungen Unternehmen mit Wagniskapital nachhaltige Innovationen ermöglichen. Von ihren in 2001 eingegangenen Beteiligungen musste jede dritte Insolvenz anmelden. Die zweite Kapitalerhöhung verlief nicht zufriedenstellend, der einst angestrebte Börsengang ist abgesagt. Dass Venture Invest wirtschaftlich in diesen Zeiten überlebt, wertet Jochen Mößlein, Vorstand und Hauptaktionär der Freiburger Risikokapitalgesellschaft, bereits als Erfolg. Schließlich seien in der gegenwärtigen Konjunkturkrise mehrere Wettbewerber auf der Strecke geblieben. "Die sind an ihren Betriebskosten zu Grunde gegangen", so Mößlein. Man selbst habe die Kosten gedrückt, habe Personal entlassen und bei der aktuellen Kapitalerhöhung darauf verzichtet, nennenswert in Marketing und Werbung zu investieren. "Das wäre unser Tod gewesen", meint der Physiker und Betriebswirt. Er und Mit-Vorstand Hans- Jürgen Witt engagierten sich derzeit verstärkt als Unternehmensberater. "Damit halten wir uns über Wasser."

Voraussichtlich werde sich in diesem Jahr entscheiden, ob Venture Invest auf die Erfolgsspur findet. Nach dem Abschluss des nicht-öffentlichen Teils der zweiten Kapitalerhöhung im Juni wolle man ein Szenario für die Zukunft von Venture Invest entwerfen, sagt der Vorstand.

Warten auf den Großinvestor

Das öffentliche Angebot dieser Kapitalerhöhung war im Oktober 2002 nach knapp einem Jahr Laufzeit beendet worden. Eigentlich sollten über 4,2 Millionen Euro eingenommen werden. Zieht man die von Aufsichtsräten und Beiräten gezeichneten Aktien ab, kam aber nur etwa ein Zehntel dieser Summe zusammen (435.736 Euro). Bei der ersten Kapitalerhöhung in 2000 hatte ein achttägiges öffentliches Angebot ausgereicht, fast ebenso viel einzubringen. Jochen Mößlein erklärt die Zurückhaltung der Anleger mit der aktuellen Kapitalmarktsituation. Vor allem die Privatanleger seien völlig verunsichert. Man werde künftig "in dieser Richtung gar nichts mehr machen. Das hat keinen Wert mehr." Eine Börsennotierung sei kein Thema mehr. Venture Invest verhandle statt dessen direkt mit Großinvestoren und institutionellen Anlegern. Noch sei zwar nichts "in trockenen Tüchern", aber ein Interessent habe ein Engagement in Millionenhöhe angekündigt. "Damit könnten wir uns und unsere Beteiligungen stabilisieren."

Vorstand haftet auch mit eigenem Geld

Bei den Gesprächen mit Investoren ist es dem Vorstand zufolge von Vorteil, dass er und Hans-Jürgen Witt selbst hohe Beteiligungen an Venture Invest eingegangen sind. Das schaffe Vertrauen. Außerdem entwickle sich das Unternehmen trotz der Verluste von über 25 Prozent weiterhin besser als die Benchmark, der DAX. Das größte Plus der Freiburger sei aber wohl die Kooperation mit der Fraunhofer-Technologie- Entwicklungsgruppe (TEG). Der "Entwicklungsspezialist" der Fraunhofer-Gesellschaft leistet vor allem die technologische Beurteilung von Risikokapitalnehmern. Zudem hält die TEG Aktien von Venture Invest, und ihr Chef Dieter Maier ist Mitglied des Aufsichtsrates.

Ein Trumpf bleibt im Portfolio

Dass auch dies Erfolg nicht garantiert, beweist allerdings das Beispiel der Freshmove GmbH. Vor allem auf Zuraten der TEG beteiligte sich Venture Invest im September 2001 mit 105.000 Euro bei diesem Mannheimer Hersteller von motorisierten Kickboards, also Rollern mit Antrieb. Nur wenige Monate später musste das Unternehmen Insolvenz anmelden. Ursache dafür war laut Jochen Mößlein das technologische Scheitern des Projekts. Dagegen sei die Primavista Film und Fernsehen GmbH ein Opfer der Medienkrise geworden. Mit 200.000 Euro war Venture Invest im März 2001 eingestiegen und musste im Jahr darauf auch diese Beteiligung abschreiben. Übrig gebliebenen sind vier Unternehmen im Portfolio der Gesellschaft. Die größte Erwartung hat der Vorstand an die Thüringer Osmed GmbH. Sie produziert in Ilmenau Formkörper für die Transplantation in menschliches Gewebe. Diese können nach seinen Angaben zum Beispiel in der Krebstherapie Verwendung finden. Idealziel sei der stationäre Ersatz von gesundheitsgefährdenden Silikonpräperaten. Es gebe bereits einen Vertrag mit einem Abnehmer aus den USA.

In Zukunft weniger Risiko

Als so genannte Business Angel fördern und begleiten Wagniskapitalgesellschaften neu gegründete Unternehmen beim Markteinstieg. Gewinn erwirtschaften Risikoinvestoren üblicherweise, wenn wenigstens eines von fünf ihrer Unternehmen erfolgreich ist. Das könnte auch Venture Invest noch gelingen, wenn Osmed die Erwartungen erfüllt. Für diesen Fall sind laut Jochen Mößlein weitere Beteiligungen beabsichtigt. Allerdings müsse es bei diesen noch realistischer sein, dass sie die Gewinnschwelle erreichen.
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