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19.9.2003: Expertengespräch bei der Bank Sarasin: Schafft Nachhaltigkeit auch in der Börsenkrise Vertrauen?

"Anleger, aber auch Berater, wissen immer noch zu wenig über das Wesen und den Markt nachhaltiger Kapitalanlagen. Deshalb sollten gerade von den Anbietern nachhaltiger Fonds richtungsweisende Impulse ausgehen, um Transparenz zu schaffen und dem Informationsbedarf durch klare Definitionskriterien gerecht zu werden." Das erklärte Andreas Knörzer (43) bei einem Round Table Gespräch der Bank Sarasin & Cie AG am 16. September in Zürich. Knörzer ist Direktor und Leiter des Geschäftsfeldes Sustainable Investment der Bank Sarasin & Cie AG in Basel sowie Mitglied des Vorstandes der Schweizerischen Vereinigung für ökologisch bewusste Unternehmensführung (ÖBU). Knörzer weiter: "Unterschiedliche Definitionen von Nachhaltigkeit haben zu einer breit gefächerten Fondslandschaft mit unterschiedlichen Schwerpunkten geführt. Social Responsible Investments, Umwelttechnologiefonds, Ökoeffizienzfonds oder Nachhaltigkeitsfonds mit einem Best-in-class-Ansatz legen unterschiedliche Selektionskriterien zu Grunde und sollen unterschiedliche Zielgruppen erreichen." Knörzer, der den Produktbereich "Nachhaltige Vermögensanlagen" bei der Bank Sarasin & Cie AG ins Leben gerufen hat, hält es jedoch für fraglich, ob die Vielzahl der Fonds tatsächlich Ausdruck einer differenzierten Zielgruppenansprache sei.

Prof. Dr. Edda Müller - Vorstand des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände e.V. (vzbv) - befürwortete die Einführung einer standardisierten Berichtspflicht für Fondsgesellschaften. Diese solle es den Anlegern ermöglichen, verschiedene Angebote vergleichend zu bewerten. Müller, seit 2000 Mitglied im Klimaprogramm der Vereinten Nationen und seit 2001 stellvertretende Vorsitzende des Rats für Nachhaltige Entwicklung, sagte weiter: "Die Verbraucher sind sehr skeptisch, wenn es um konkrete Investitionen in nachhaltige Fonds geht. Primär verantwortlich hierfür ist die Einstellung, dass mit nachhaltigen Investmentfonds zwangsläufig ein Verlust von Rendite verbunden sei". Müller war 1994 bis 1996 Ministerin für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein und 1997 bis 1998 Leiterin der Abteilung Klimapolitik des Wuppertaler Instituts für Klima, Umwelt und Energie.

Prof. Dr. Stefan Schaltegger (40) vom Centre für Sustainability Management der Universität Lüneburg, entgegnete: "Das Vertrauen, dass das Vermögen erhalten bleibt und eine gute Rendite erwirtschaftet, ist die Grundvoraussetzung, damit überhaupt angelegt wird." Vertrauen müsse durch Erfolge belegt werden, so Schaltegger. Ein gutes Nachhaltigkeitsmanagement werde dabei immer wichtiger für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen. Schaltegger hob hervor, dass sich etwa die Aufnahme eines Unternehmens in einen Fonds insbesondere im Unternehmen selbst positiv auf das Umweltmanagement auswirke.

Der Direktor des Corporate Sustainability Mangement der Firma Henkel KgaA, Düsseldorf, Dr. Michael Bahn (58), sagte, Henkel setze auf den offenen Dialog mit allen Anspruchsgruppen, um die Bedürfnisse der Menschen zu erkennen und Innovationen gezielt zu entwickeln. Man sei davon überzeugt, dass eine offene und den Anspruchsgruppen angepasste Kommunikation über die Organisation, das Management und die Leistungen - sowie auch über die Fehler des Unternehmens entscheidend dazu beitrage, Transparenz, Akzeptanz und Vertrauen zu schaffen. Bahn sagte: "Nachhaltigkeit bedeutet für Henkel Zukunftsfähigkeit. Wir wollen andere Unternehmen motivieren, das Konzept der Nachhaltigkeit zu übernehmen." Gegenüber weiteren Berichtspflichten äußerte er sich skeptisch.

Dr. Martin Tanner (52), Leiter des Corporate Citizenship der Novartis International AG in Basel, erklärte: "Für Novartis ist es ein strategisches Ziel, von der Gesellschaft als führendes Unternehmen auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit anerkannt zu werden. Wir setzen konzernweit ethische Standards und Strategien um." Seit zwei Jahren sei die Berichterstattung über ökologische und soziale Themen vollständig in den Geschäftsbericht integriert, so Tanner, der seit zwanzig Jahren für Novartis tätig ist. Für ihn ist nachhaltiges Wirtschaften durch zwei Kriterien charakterisiert: "Ein Schwerpunkt liegt auf langfristigem Erfolg, zusätzlich geht es darum, möglichst viele ökologische und soziale Werte in die Erfolgsrechnung zu integrieren."

Franz K. von Meyenburg (54), Mitglied des Executive Board der Bank Sarasin & Cie AG, sagte: "Seit Ende der achtziger Jahre setzen wir uns für die Entwicklung und Förderung nachhaltiger Geldanlagen ein. Die Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt fordern wir aber nicht nur von anderen ein, sondern auch von uns selbst." Meyenburg betonte, Nachhaltigkeit tauge nicht nur als ethisches, sondern auch als ökonomisches Konzept.
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