Erneuerbare Energie

21.8.2003: Vielstimmiger Chor 2 - Ob "Nachbesserungsbedarf" oder "präfinaler Vernichtungsschlag", viel Kritik am EEG-Entwurf

Andreas Franke, Vorstand der Schweriner Inergetic AG, macht vor allem im Bereich der Bioenergie Schwächen in der Ministeriumsvorlage aus. Das BMU habe in seiner Novelle nur für kleine Biomasseanlagen unterstützenden Maßnahmen zur Verwertung von Biomassen aus Land- und Forstwirtschaft vorgesehen. Nach Auffassung der Inergetic AG seien aber zur Erschließung ungenutzter Biomassepotenziale aus dem land- und forstwirtschaftlichen Bereich größere Anlagen unumgänglich. Diese hätten eine regionale Bedeutung, die die Entwicklung gezielter Biomasseerfassungs- und -anbausysteme begünstige. Der Bereich Bioenergie könne weiterhin einen erheblichen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele und zum Ausbau der Erneuerbaren Energien leisten, meint Franke. Entscheidend dafür sei die nachhaltige Sicherung der für die Energieerzeugung erforderlichen Biomasse als Primärenergieträger zu für die Anlagenbetreiber wirtschaftlich akzeptablen Konditionen.

Der Bundesverband BioEnergie (BBE) mit Sitz in Bonn bringt seine Kritik zunächst diplomatisch vor: In den detaillierten Vergütungsregelungen gebe es noch Änderungs- und Verbesserungsbedarf, so der BBE. Und Helmut Lamp, Vorsitzender des BBE-Vorstands erklärt, sein Verband stimme den teilweise verbesserten Einspeisevergütungen für die Bioenergie zu, halte aber sie seien aber für nicht weitreichend genug.
Kern der Kritik der Bioenergievertreter ist die geplante Auslegung der zusätzlichen Leistungsklassen und Bonusregelungen. Wenn es zu einer Leistungsbegrenzung für bonifizierte Anlagen auf 500 Kilowatt (kW) komme, würden faktisch lediglich Biogasanlagen von der neuen Förderung profitieren, meint der BBE. Die Verstromung von fester Biomasse bleibe von diesen Verbesserungen in der Praxis letztlich unberührt, da sich für diese keine Änderungen ergeben und bisher eine Verstromung von fester Biomasse in Anlagen kleiner 500 kW nicht stattfinde.
Damit sind die Vertreter des BBE nicht einverstanden, sie fordern eine Ausweitung des Brennstoff- und Technologiebonus auf Anlagen größer 500 kW. Man halte einen zusätzlichen ökonomischen Anreiz zur Nutzung von Waldrestholz in den marktrelevanten Anlagengrößen größer 500 kW für wünschenswert, heißt es in der Erklärung des Bonner Verbandes. Andernfalls sei kein weiterer Zubau von Holzfeuerungsanlagen im Strombereich zu erwarten. Abschließend holt der BBE dann doch noch einmal zum großen Schlag aus: Die gewährten Einspeisevergütungen in den einzelnen Leistungsklassen seien aus Sicht des BBE noch immer nicht ausreichend, um einen ökonomischen Anlagenbetrieb zu gewährleisten. Jede Menge "Nachbesserungsbedarf" also für Minister Trittin und seine Mitarbeiter im Bundesumweltministerium.

Die EnBW-Tochter NaturEnergie AG aus dem badischen Grenzach-Wyhlen begrüßt in ihrer Presseerklärung zum EEG-Novelle die geplante Förderung der Großen Wasserkraft. Andreas Fußer, Vorstand des Unternehmens, bezeichnet den Schritt "als Akt der energiepolitischen Vernunft". Allerdings sei der Fördersatz von fünf Cent pro Kilowattstunde (kWh) Strom für Bauvorhaben mit einer Leistungssteigerung von über 50 Megawatt geringer als erwartet und erforderlich ausgefallen, so der Badener Wasserkraftwerksbetreiber. Für das neue NaturEnergie-Kraftwerk in Rheinfelden reiche das Fördervolumen nicht aus.

Geographisch in nächster Nähe, inhaltlich weit entfernt von der NaturEnergie AG liegt die Position des mittelständischen Herstellers von Wasserkraftwerken Wasserkraft Volk AG (WKV) aus Gutach bei Freiburg. Das nicht börsennotierte Unternehmen überschreibt seine Presseerklärung zum Referentenentwurf dramatisch " EEG-Novelle: "Todesstoß" für Kleinwasserkraftwerke, die mehrere Atomkraftwerke verhindern könnten". Es handele sich bei der geplanten Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) um einen "präfinalen Vernichtungsschlag gegen die Kleinwasserkraft in Deutschland", heißt es weiter.
Schon in der Vergangenheit habe die rot-grüne Regierungskoalition den Bau von Neuanlagen durch eine äußerst restriktive Genehmigungspraxis nahezu unmöglich gemacht. Die Umweltverträglichkeitsprüfung für eine Wasserkraftanlage entspreche in ihrem Ausmaß dem Verfahren zum Bau eines Atomkraftwerkes. Die nun im Rahmen der Novellierung geplanten Änderungen bedeuteten de facto das völlige Aus für kleine Wasserkraftanlagen in der Bundesrepublik.

Hauptkritikpunkt der WKV ist die geplante Vergütungspraxis: Laut dem Referentenentwurf solle Strom, der mit Kleinanlagen (bis 500 kW) gewonnen wird, nur noch dann vergütet werden, wenn die Anlage bis zum 31.12.2005 genehmigt oder an einer bestehenden Staustufe beziehungsweise Wehranlage errichtet worden sei und überdies ökologische Verbesserungen erreicht würden, so WKV. Außerdem sehe das novellierte EEG eine degressive Vergütungspraxis vor. Die Vergütung für Strom aus neuen Anlagen solle von Jahr zu Jahr um ein Prozent sinken. Manfred Volk, Vorstand und Gründer der WKV, hält das für unsinnig, da die Amortisation von Wasserkraftwerken 20 bis 40 Jahre betrage.
Den Energieversorgungsunternehmen werde mit der Novelle die Verpflichtung abgenommen, den Strom von neuen Anlagen zu wirtschaftlich adäquaten Preisen zu erwerben, meint das Unternehmen. Die Versorger könnten für Kleinwasserkraftanlagen, die nach dem 01.01.2006 genehmigt werden, vielmehr die Vergütungspauschalen selbst festlegen. Dies werde dazu führen, dass keine neuen Wasserkraftanlagen gebaut würden, da den Betreibern jegliche wirtschaftliche Planungssicherheit fehle, so WKV-Vorstand Volk.
Auf der anderen Seite verschweigt die Bundesregierung nach Auffassung des WKV-Chefs die großen Ausbaupotenziale der kleinen Wasserkraft. Auch der Nutzen der kleinen Anlagen werde heruntergespielt. Die 320-kW-Hausturbine der WKV AG zum Beispiel versorge das Unternehmen und zusätzlich 300 Haushalte in Gutach mit umweltfreundlich erzeugtem Strom. Damit erzeuge alleine das WKV-Wasserkraftwerk mehr Energie als sämtliche Solarkraftwerke im Großraum Freiburg. Und Manfred Volk scheut auch vor Polemik nicht zurück: "Unter der rot-grünen Regierungskoalition ist es momentan einfacher, ein Atomkraftwerk zu bauen als eine kleine Wasserkraftanlage". Derart schlechte Bedingungen habe es zuletzt vor 1970 gegeben.
Aktuell, seriös und kostenlos: Der ECOreporter-Newsletter. Seit 1999.
Nach oben scrollen
ECOreporter Journalistenpreise
Anmelden
x