Erneuerbare Energie

27.11.2007: Erneuerbare Energie: Geothermiebranche kommt aus den Startlöchern – Was plant die Politik? Und wo bieten sich lohnende Investments?

Neben Wind, Sonne und Wasser gewinnt eine vierte erneuerbare Energiequelle mehr und mehr an Bedeutung: die Geothermie. Die Zahl der weltweit geplanten und gebauten geothermischen Kraftwerke nimmt stetig zu, für die Branche stehen die Zeichen auf Wachstum – nun auch in Deutschland: Laut Bundesumweltministerium sollen hierzulande rund 150 Projekte geplant sein. Investitionsvolumen: etwa vier Milliarden Euro. Josef Göppel, Bundestagsabgeordneter und Umweltobmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, kündigt eine weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Geothermie in Deutschland an: "Laut dem aktuellen Entwurf des Bundesumweltministeriums zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) soll die Grundvergütung für die Stromerzeugung aus Erdwärme steigen. Und zwar für Anlagen bis 10 Megawatt Leistung von 14 oder 15 Cent je eingespeister Kilowattstunde (Cent/kWh) auf 16 Cent/kWh. Für Anlagen mit mehr als 10 Megawatt Leistung sollen in Zukunft statt 7,16 oder 8,95 Cent/kWh 10,5 Cent/kWh vergütet werden. Und für die konsequente Wärmenutzung sowie neue Technologien, etwa das so genannte Hot-dry-rock-Verfahren soll es Boni geben“, so Göppel. Eine weitere heiße Finanzquelle für die Geothermie in Deutschland könnte das Marktanreizprogramm für Erneuerbare Energien werden. Es wurde laut Göppel von 213 auf 350 Millionen Euro aufgestockt. „Darin ist ein neuer Geothermie-Fonds enthalten, der das Fündigkeitsrisiko abdeckt. Das war bisher eines der Haupthemmnisse für weitere Kraftwerke“, erklärt Göppel. Die Bohrungen dauern lange, und sie sind teuer, in der Regel kosten sie weit über eine Million Euro pro Bohrung. Im Idealfall stößt der Bohrer auf heißes Wasser, dass dann in großer Menge nach oben zu fördern ist. Im schlechtesten Fall bleibt das Loch trocken, oder das Wasser ist zu kühl, um es zur Stromerzeugung zu nutzen. Dann kann es allenfalls zum Heizen per Fernwärme dienen – doch das ist ein weit weniger lukratives Geschäft als die Stromproduktion. Ist das Fündigkeitsrisiko abgesichert, können Investoren ihre Projekte anders kalkulieren, es würden sich erheblich schneller Finanziers für die Geothermienutzung finden lassen.

Je dramatischer die wissenschaftlichen Bewertungen des Klimawandels werden, desto attraktiver erscheint die klimaschonende Geothermie: Sie beruht auf der Wärme der Erde, und die ist zumindest nach menschlichen Zeitmaßstäben unerschöpflich. Jeden Tag strahlt der Boden unter unseren Füßen ein Mehrfaches der Energie in das Weltall ab, die die Menschen benötigen. Die Techniken zur Erschließung dieser Energievorräte sind in den letzten Jahren verfeinert und perfektioniert worden. In Island ist die Geothermie bereits ein wichtiger Bestandteil der Energieerzeugung. In 30 Staaten sind laut der Geothermische Vereinigung – Bundesverband Geothermie (GTV-BV) derzeit insgesamt mehr als 250 Erdwärmekraftwerke mit einer Gesamtleistung von mehr als neun Gigawatt in Betrieb. „Das entspricht einer Leistung von zirka sieben Atomkraftwerken“, sagt GTV-Geschäftsführer Werner Bußmann. Dazu komme weltweit noch einmal mehr als das zwei- bis dreifache an Wärme aus geothermischen Kraftwerken. In Deutschland bieten sich für die geothermische Energieerzeugung drei Regionen an: die norddeutsche Tiefebene, der Oberrheingraben und das süddeutsche Molassebecken.

Wer vom Erfolg der Branche über den Kauf von Aktien profitieren will, wird auf dem deutschen Kurszettel derzeit nicht fündig. Robert Hauser, der Leiter Nachhaltigkeitsresearch der Züricher Kantonalbank (ZKB), verweist auf börsennotierte US-amerikanische Unternehmen. „Am besten gefällt uns die Ormat Technologies. Ormat entwickelt, baut und betreibt weltweit bereits geothermische Kraftwerke. Das Unternehmen hat viel Know-how zur Geothermie und verdient mit der Technologie auch Geld“, so der ZKB-Experte. Er rät zur Vorsicht gegenüber kleineren börsennotierten US-Geothermieunternehmen wie Nevada Geothermal oder Polaris Geothermal. Zwar könnten sie „positive Überraschungen bieten“, sie seien aber zu stark von einzelnen Projekten abhängig.

Kritisch beurteilt er auch die philippinische PNOC Energy Development. Hauser: „Mit einem Börsenwert von zirka 2,7 Milliarden Schweizer Franken und mehr als 1000 Megawatt installierter geothermischer Leistung gehört PNOC zwar zu den größten Geothermie-Unternehmen weltweit. Zwei Probleme stellen sich aber dem Investor: Ein Währungsrisiko und ein höheres Länderrisiko."

Hauser zeigt sich vom zukünftigen Boom der Geothermie überzeugt. Das wichtigste Argument für die Branche sieht er in der so genannten Grundlastfähigkeit: Die Kraftwerke können rund um die Uhr Strom liefern, unabhängig davon, ob der Wind weht oder die Sonne scheint. „Damit kann die Geothermie zur Versorgungssicherheit auch an mitteleuropäischen Standorten beitragen. Zudem ist die Technologie aus dem Bergbau und der Erdölgewinnung schon bekannt“, so Hauser.

Die technische Entwicklung im Bereich der Geothermienutzung hebt Sven Olsson vom Stuttgarter Informationsdienstleister Axino hervor. Durch bessere Turbinen und intelligentere Nutzung der Ressourcen könne man heute 30 bis 35 Prozent mehr Energie aus Standorten gewinnen, die bereits seit Jahrzehnten genutzt würden, so Olsson. Als aussichtsreich sieht er das Unternehmen Western Geopower aus dem kanadischen Vancouver an. Es plant, auf dem seit 1960 genutzten Geothermiefeld „The Geysers“ bei San Fransisco ein Kraftwerk mit mehr als 30 Megawatt elektrischer Leistung zu bauen. Olsson: „Die Bohrungen sind genehmigt. Die isländischen Investoren Reykjavik Energy Invest, REI, Geysir Green Energy und Glitnir haben sich bei Western Geopower eingekauft. Sie bringen Expertise mit.“ Für Western-Geo-Aktionäre verbindet sich damit die Hoffnung, dass die Aktie alte Höhen erreicht: Derzeit ist sie nur ein „Penny-Stock“. 2004 kostete sie letztmals mehr als einen Euro.

Größter Betreiber von Geothermiekraftwerken in den USA ist die Calpine Corp. aus San Jose in Kalifornien. Allerdings kommt die Aktie derzeit nur für hochgradig risikofreudige Anleger infrage. Calpine steht unter Gläubigerschutz, ein Gericht muss den tatsächlichen Firmenwert festsetzen. Dabei orientieren sich die Richter aber gewöhnlich stark an den Einschätzungen der Unternehmen.
Vor einigen Tagen hieß es aus den USA, Calpine schätze ihren Wert um rund 900 Millionen Dollar geringer ein als zuvor angenommen (ECOreporter.de berichtete). Der Unternehmenswert belaufe sich demnach auf 19,35 Milliarden Dollar. Abzüglich der vorrangigen Ansprüche von Kreditgebern und Inhaber von Schuldverschreibungen reduziere dies den Wert der Calpine-Aktie auf 0 bis 41 Cent.

Calpine Corp. ISIN US1313471062 / WKN 902918
Nevada Geothermal Power Inc.: WKN A0DLKE / ISIN CA64127M1059
Ormat Technologies Inc. WKN:A0DK9X / ISIN:US6866881021
PNOC Energy Development Corp.: WKN A0LFL2 / ISIN PHY7030B1071
Polaris Geothermal Inc.: WKN A0B8LQ / ISIN CA7310631030
Western GeoPower Corp.: WKN 254049 / ISIN CA95827Q1037

Bild: Geothermisches Kraftwerk in Island. / Quelle: frei
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