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28.12.2007: Aktien-News: „Es gibt Dutzende kleiner Firmen in Deutschland, die sich mit sehr innovativen Technologien befassen“ - Interview mit dem Wasserexperten Prof. Karl-Ulrich Rudolph, Universität Witten/Herdecke, Preisträger des
Es gibt Dutzende kleiner Firmen in Deutschland, die sich mit sehr innovativen Technologien befassen. Professor Karl-Ulrich Rudolph ist Leiter des Instituts für Umwelttechnik und Management an der Privaten Universität Witten und Inhaber der Professor Dr.-Ing. Dr. rer. pol. K.-U. Rudolph GmbH. Als Aufsichtsrat und Beirat namhafter Unternehmen und Fachgremien bringt er seine Kompetenz in der Wasser- und Abfallwirtschaft ein. Der Ingenieur und Kaufmann ist spezialisiert auf Kostenoptimierungen und Entsorgungsstrategien in der Wasser- und Abwasserwirtschaft. Er entwickelte Betreiber-, Kooperations- und Betriebsüberlassungsmodelle. 2006 wurde er mit dem Weltbank-Innovationspreis für ein Franchisekonzept in Südafrika ausgezeichnet.
ECOreporter.de: Der Wasser- und Abwassermarkt gilt nun auch in der Investmentbranche als lukrativ. Denn in diesem Sektor steigt der Bedarf erheblich schneller als anderswo. Ist das gezeichnete Bild richtig?
Prof. Rudolph: Nur teilweise. Der größte Fehler ist es, wenn man Bedarf mit Nachfrage verwechselt. Nehmen wir das Beispiel Leckagereduzierung: Etwa die Hälfte des Wassers geht auf dem Weg zum Verbraucher verloren, schlichtweg, weil die Leitungen undicht sind. Da haben wir einen riesigen Bedarf an Systemen und Techniken, die diese Lecks abdichten. Nur: Die Nachfrage danach ist trotzdem nicht ausreichend hoch – es fehlt teilweise schlicht am politischen Willen, Geld von prestigeträchtigen Neubauvorhaben in solche Reparatur-Projekte umzuschichten.
ECOreporter.de: Wie sehen Sie die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen des Wassersektors in Europa - ein Wachstumsmarkt?
Prof. Rudolph: Nicht in jedem EU-Land. In Deutschland schrumpft der Markt, und es gibt fast überall nur noch Verdrängungswettbewerb. Der Wasserverbrauch sinkt, pro Einwohner und auch relativ zum Bruttosozialprodukt. Natürlich gibt es auch hierzulande ein großes Marktpotential für Wasser-Recycling, aber wir haben das Problem festgefügter Besitzstände: Wer beispielsweise Abwasser zu Brauchwasser aufbereitet, der muss sich das genehmigen lassen. Im Zweifel über die Kommune, die mit ihren Stadtwerken oder Eigenbetrieben bisher das Wasser liefert. Die verlieren Geschäft, wenn solche Anlagen installiert sind. Auch hier sieht man: Theoretischer Bedarf und umweltpolitische Wünsche führen nicht zwangsläufig zu echter Nachfrage.
Aber es gibt auch europäische Länder, in denen die Nachfrage steigt. Beispielsweise Italien. Oder nehmen Sie den Großraum London: Da gibt es erste Wasserversorgungsprobleme, weil dort schon so viele Menschen leben und immer mehr werden - bald 10 Millionen!
ECOreporter.de: In welchen Bereichen des Wasser- und Abwassermarktes sehen Sie besonders gute Perspektiven?
Prof. Rudolph: Zum Beispiel beim Thema Energiesparen. Wasser ist ja – zumindest in manchen Ländern, wie etwa in Deutschland – teuer. Warmes Wasser ist aber noch einmal viel teurer. Es kann sich lohnen, aus Abwasser Biogas zu gewinnen und damit wiederum warmes Wasser zu erzeugen. Oder nehmen Sie eine Kaserne, ein Hotel: Da spült nicht nur das Duschwasser von Hunderten Menschen pro Tag davon, sondern auch die ganze Energie, die im warmen Wasser steckt. Wärmetauscher, die diese Energie herausziehen und damit das Frischwasser von 10 Grad auf nur 15 Grad vorwärmen, sparen enorme Mengen an Brennstoffen. Es gibt Dutzende kleiner Firmen in Deutschland, die sich mit sehr innovativen Technologien befassen. Deutschland ist hier weltweit Spitze – obwohl wir keine Dürreregion sind.
ECOreporter.de: Also hätten die jungen, innovativen Unternehmen vor allem im Ausland Marktchancen?
Prof. Rudolph: Ja – allerdings fehlt ihnen oft Unterstützung, wie sie etwa die französischen Unternehmen haben. Wenn Herr Sarkozy nach China reist, dann verkauft er Kernkraft, Waffen - und Wassertechnologie. Die riesigen französischen Konzerne Suez und Veolia sind auf diesem Bereich führend. In Frankreich betreiben solche Konzerne ¾ aller Wasser- und Klärwerke. In Deutschland liegen solche Aufgaben bei den Kommunen, und die können unsere Technologiefirmen kaum unterstützen, wenn es um Aufträge im Ausland geht.
ECOreporter.de: Welche Regionen sind im Wassersektor besonders spannend?
Prof. Rudolph: Die meisten Firmenstrategen aus Deutschland fokussieren den Nahen Osten, Fernost (insbesondere China, Indien, Malaysia, Vietnam), den Westen der USA, z.B. Kalifornien, in Lateinamerika v.a. Brasilien und - mit Einschränkungen - Afrika (eigentlich nur Südafrika und den Maghreb).
ECOreporter.de: Was benötigen Firmen, um im Wassersektor erfolgreich zu sein?
Prof. Rudolph: Eine gute Technologie, daneben Zuverlässigkeit – das wird von Deutschen erwartet! – und auch Design. Auf dieser Basis kann man dann mit einer soliden Geschäftsstrategie und gutem Marketing erfolgreich werden.
ECOreporter.de: Wo sehen Sie die Hauptrisiken?
Prof. Rudolph: Ein großes Risiko besteht darin, dass Firmen aus der öffentlichen Diskussion um hohen Bedarf auf große Nachfrage schließen. Die reale Nachfrage ist aber immer nur ein Bruchteil so hoch wie der theoretische Bedarf! Ein anderes Risiko: Technologien funktionieren in Deutschland anders als in andern Ländern – wegen der Wartung, der Temperaturen und vielem anderen.
ECOreporter.de: Haben die kleinen und mittleren Unternehmen des Wassersektors Kapitalbedarf?
Prof. Rudolph: Ja. Nicht nur die. Und die Banken decken den nicht immer, weil sie das finanzieren, was sie überschauen. Da der Wassersektor viele Innovationen hervorbringt, sind die Banken da eher vorsichtig.
ECOreporter.de: Was zeichnet erfolgreiche Unternehmen in diesem Sektor aus?
Prof. Rudolph: Ein gutes Geschäftsmodell, Realismus, Ausdauer, langer Atem, Branchenkenntnis, technische und wirtschaftliche Kompetenz, Marketing und die Finanzierung. Dazu muss noch die Erkenntnis kommen, dass der Wassersektor von der Umweltpolitik mitbestimmt ist. Und das ist Show-Business. Die Politik mischt mit, das ist für ein Unternehmen nicht ohne weiteres kalkulierbar.
ECOreporter.de: Herr Rudolph, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Bildhinweis:
Karl-Ulrich Rudolph. / Quelle: Unternehmen
ECOreporter.de: Der Wasser- und Abwassermarkt gilt nun auch in der Investmentbranche als lukrativ. Denn in diesem Sektor steigt der Bedarf erheblich schneller als anderswo. Ist das gezeichnete Bild richtig?
Prof. Rudolph: Nur teilweise. Der größte Fehler ist es, wenn man Bedarf mit Nachfrage verwechselt. Nehmen wir das Beispiel Leckagereduzierung: Etwa die Hälfte des Wassers geht auf dem Weg zum Verbraucher verloren, schlichtweg, weil die Leitungen undicht sind. Da haben wir einen riesigen Bedarf an Systemen und Techniken, die diese Lecks abdichten. Nur: Die Nachfrage danach ist trotzdem nicht ausreichend hoch – es fehlt teilweise schlicht am politischen Willen, Geld von prestigeträchtigen Neubauvorhaben in solche Reparatur-Projekte umzuschichten.
ECOreporter.de: Wie sehen Sie die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen des Wassersektors in Europa - ein Wachstumsmarkt?
Prof. Rudolph: Nicht in jedem EU-Land. In Deutschland schrumpft der Markt, und es gibt fast überall nur noch Verdrängungswettbewerb. Der Wasserverbrauch sinkt, pro Einwohner und auch relativ zum Bruttosozialprodukt. Natürlich gibt es auch hierzulande ein großes Marktpotential für Wasser-Recycling, aber wir haben das Problem festgefügter Besitzstände: Wer beispielsweise Abwasser zu Brauchwasser aufbereitet, der muss sich das genehmigen lassen. Im Zweifel über die Kommune, die mit ihren Stadtwerken oder Eigenbetrieben bisher das Wasser liefert. Die verlieren Geschäft, wenn solche Anlagen installiert sind. Auch hier sieht man: Theoretischer Bedarf und umweltpolitische Wünsche führen nicht zwangsläufig zu echter Nachfrage.
Aber es gibt auch europäische Länder, in denen die Nachfrage steigt. Beispielsweise Italien. Oder nehmen Sie den Großraum London: Da gibt es erste Wasserversorgungsprobleme, weil dort schon so viele Menschen leben und immer mehr werden - bald 10 Millionen!
ECOreporter.de: In welchen Bereichen des Wasser- und Abwassermarktes sehen Sie besonders gute Perspektiven?
Prof. Rudolph: Zum Beispiel beim Thema Energiesparen. Wasser ist ja – zumindest in manchen Ländern, wie etwa in Deutschland – teuer. Warmes Wasser ist aber noch einmal viel teurer. Es kann sich lohnen, aus Abwasser Biogas zu gewinnen und damit wiederum warmes Wasser zu erzeugen. Oder nehmen Sie eine Kaserne, ein Hotel: Da spült nicht nur das Duschwasser von Hunderten Menschen pro Tag davon, sondern auch die ganze Energie, die im warmen Wasser steckt. Wärmetauscher, die diese Energie herausziehen und damit das Frischwasser von 10 Grad auf nur 15 Grad vorwärmen, sparen enorme Mengen an Brennstoffen. Es gibt Dutzende kleiner Firmen in Deutschland, die sich mit sehr innovativen Technologien befassen. Deutschland ist hier weltweit Spitze – obwohl wir keine Dürreregion sind.
ECOreporter.de: Also hätten die jungen, innovativen Unternehmen vor allem im Ausland Marktchancen?
Prof. Rudolph: Ja – allerdings fehlt ihnen oft Unterstützung, wie sie etwa die französischen Unternehmen haben. Wenn Herr Sarkozy nach China reist, dann verkauft er Kernkraft, Waffen - und Wassertechnologie. Die riesigen französischen Konzerne Suez und Veolia sind auf diesem Bereich führend. In Frankreich betreiben solche Konzerne ¾ aller Wasser- und Klärwerke. In Deutschland liegen solche Aufgaben bei den Kommunen, und die können unsere Technologiefirmen kaum unterstützen, wenn es um Aufträge im Ausland geht.
ECOreporter.de: Welche Regionen sind im Wassersektor besonders spannend?
Prof. Rudolph: Die meisten Firmenstrategen aus Deutschland fokussieren den Nahen Osten, Fernost (insbesondere China, Indien, Malaysia, Vietnam), den Westen der USA, z.B. Kalifornien, in Lateinamerika v.a. Brasilien und - mit Einschränkungen - Afrika (eigentlich nur Südafrika und den Maghreb).
ECOreporter.de: Was benötigen Firmen, um im Wassersektor erfolgreich zu sein?
Prof. Rudolph: Eine gute Technologie, daneben Zuverlässigkeit – das wird von Deutschen erwartet! – und auch Design. Auf dieser Basis kann man dann mit einer soliden Geschäftsstrategie und gutem Marketing erfolgreich werden.
ECOreporter.de: Wo sehen Sie die Hauptrisiken?
Prof. Rudolph: Ein großes Risiko besteht darin, dass Firmen aus der öffentlichen Diskussion um hohen Bedarf auf große Nachfrage schließen. Die reale Nachfrage ist aber immer nur ein Bruchteil so hoch wie der theoretische Bedarf! Ein anderes Risiko: Technologien funktionieren in Deutschland anders als in andern Ländern – wegen der Wartung, der Temperaturen und vielem anderen.
ECOreporter.de: Haben die kleinen und mittleren Unternehmen des Wassersektors Kapitalbedarf?
Prof. Rudolph: Ja. Nicht nur die. Und die Banken decken den nicht immer, weil sie das finanzieren, was sie überschauen. Da der Wassersektor viele Innovationen hervorbringt, sind die Banken da eher vorsichtig.
ECOreporter.de: Was zeichnet erfolgreiche Unternehmen in diesem Sektor aus?
Prof. Rudolph: Ein gutes Geschäftsmodell, Realismus, Ausdauer, langer Atem, Branchenkenntnis, technische und wirtschaftliche Kompetenz, Marketing und die Finanzierung. Dazu muss noch die Erkenntnis kommen, dass der Wassersektor von der Umweltpolitik mitbestimmt ist. Und das ist Show-Business. Die Politik mischt mit, das ist für ein Unternehmen nicht ohne weiteres kalkulierbar.
ECOreporter.de: Herr Rudolph, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Bildhinweis:
Karl-Ulrich Rudolph. / Quelle: Unternehmen