Erneuerbare Energie

29.6.2005: O solar mio - Italien entdeckt den Einsatz regenerativer Energien

Von Heinz Siebold
Die Sonne ist zum Br?unen da, der Strom kommt aus der Steckdose - nach dieser Devise lebten (nicht nur) die Italiener lange Zeit mit gutem Gewissen. Aus der Kernenergie ist das Land im sonnigen S?den 1987 nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl per Referendum ausgestiegen. Die vier zuvor gebauten Atomkraftwerke liegen seitdem still. Dass der vor allem aus Frankreich importierte Strom aus Kernkraftwerken stammt, regte zwischen Mailand und Palermo nur wenige auf. Rund 300 000 Gigawattstunden Strom braucht Italien im Jahr, davon m?ssen ?ber 50 000 Gigawatt importiert werden, ein Sechstel. Das entspricht in etwa der Jahresleistung aller ?sterreichischen Kraftwerke, in der EU liegt Italien beim Stromverbrauch an vierter Stelle.

Die tr?gerische Sicherheit, dass immer genug Strom da sein w?rde, zerbrach vor zwei Jahren: Am 28. September 2003 legte im urschweizerischen Kanton Schwyz ein umgest?rzter Baum die "Lukmanier"-Leitung lahm und l?ste einen kaskadenartigen Zusammenbruch weiterer Hauptleitungen aus. Blitzartig war "der Stiefel" dunkel und blieb es etliche Stunden. Nur auf Sardinien brannte noch Licht. Zehntausende steckten in Eisenbahnen, U-Bahnen und Aufz?gen fest, Tausende von Tonnen Lebensmittel verdarben in funktionsunf?higen K?hltruhen. Der Schock des "Blackouts" f?hrte zum nationalen Entsetzen und zur Einsicht: Italien h?ngt am Import von ?l, Gas und Strom. Sonne, obwohl im ?berfluss vorhanden, und Wind werden kaum genutzt.

Zwar haben einzelne Politiker die Atomenergie wieder ins Gespr?ch gebracht, doch daran ist nicht zu denken. Der Zug ist auch in Italien Richtung "regenerative Energien" unterwegs und die norditalienische Stadt Padua in der Provinz Venetien macht den Vorreiter. Dabei hat sich die St?dtepartnerschaft mit der deutschen "Solarhauptstadt" Freiburg und deren Handwerkern als vorteilhaft erwiesen. Denn die sind es bereits gewohnt, Dach für Dach mit Solarzellen zu best?cken, H?user mit W?remisolierung zu versehen und die Erdw?rme für die Hausheizung nutzbar zu machen. Vor einigen Jahren kamen Repr?sentanten des Handwerks aus Padua nach Freiburg. "Dabei ist uns aufgefallen, dass Italien in der Nutzung regenerativer Energien weit zur?ck liegt", r?umt UPA-Pr?sident Maurizio Mazzari ein, "und es ist ein Gl?cksfall, dass wir ausgerechnet diese Partnerstadt haben."

Die "Unione Provincale Artigiani" (UPA), der venetische Handwerkerverband, schloss im September 2001 mit der Handwerkskammer Freiburg eine Partnerschaftsvereinbarung ab. In diesem Fr?hjahr wurde in Padua ein B?rgerb?ro für Regenerative Energien er?ffnet und ein ein "Solar-Informations-Center" eingeweiht. Das SIC ist erste dieser Art ?berhaupt in Italien. Der Bauunternehmer Sergio Benetello l?sst ein für 1,5 Millionen Euro gekauftes schlichtes Geb?ude binnen f?nf Monaten von deutschen und italienischen Heizungsbauern, Elektrikern, Schreinern und anderen Handwerkern zum "Niedrigenergiehaus" umbauen. Dabei kommen Techniker der W?rmeisolierung, Photovoltaik, Kraft-W?rme-Koppelung und Erdw?rme zum Einsatz. Die "offene Baustelle" dient so als praktische Schule des Handwerks.

Und das ist nicht die einzige Baustelle, auf der s?dbadisches Know-How zum Einsatz kommt. Unternehmer Benetello ist zugleich Pr?sident der Unterst?tzungskasse des Baugewerbes in der Provinz Padua, auf seine Initiative hin wird das 200 Quadratmeter gro?e Dach der Bank in Marghera bei Venedig mit einer 20 KWp-Photovoltaik-Anlage ausger?stet - mit Modulen und Handerkern aus Freiburg.

Die Nutzung alternativer Energien steht im Land der Sonne noch ganz am Anfang, und richtig in Schwung kommen wird sie erst, wenn die staatliche Energiepolitik die Rahmenbedingungen schafft. Denn es gibt noch immer keine Festlegung der Einspeiseverg?tung für alternativ erzeugten Strom, nur eine Gutschrift für die selbst verbrauchte Strommenge - also keinen ?konomischen Anreiz, mehr zu investieren und zu produzieren.

Bildhinweis:
Alternativer Energien k?nnten auch die D?cher Italiens erobern / Quelle: Solarsiedlung Freiburg;
deutsches Atomkraftwerk / Quelle: E.ON AG
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