3.2.2003: Wochenrückblick: Politik bestimmt das Geschäft - Auftrieb für Brennstoffzellen, Einbruch bei Tomra, Turbinenbauer weiter unter Druck

(H.K.) Das Wachstum in den großen Wirtschaftsräumen der Welt bleibt schwach. In den USA ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im vierten Quartal wider Erwarten um nur 0,2 Prozent gewachsen. Das Verbrauchervertrauen ist auf dem tiefsten Stand seit neun Jahren. Handelsministerium und Haushaltsbüro schätzen das BIP-Wachstum für das laufende Jahr auf nur noch 2,4 bis 2,5 Prozent - ohne Berücksichtigung der Kosten eines Krieges im Irak. US-Ökonomen zufolge könnten sich diese auf bis zu 1,9 Billionen Dollar belaufen. In Japan sind Industrieproduktion und Umsätze des Einzelhandels weiter gesunken. Die deutsche Volkswirtschaft leidet nicht nur am geringen Konsum, hier fallen auch die Kommunen als Auftraggeber aus: Nach Angaben des Deutschen Städtetages wird das Defizit der Kommunen in diesem Jahr 9,9 Milliarden Euro erreichen - eine Zunahme um fast 50 Prozent. Viele Städte wären damit handlungsunfähig. Das Bundeswirtschaftsministerium plant Informationen der Süddeutschen Zeitung zufolge, Umweltvorhaben der Europäischen Union zu stoppen. Minister Wolfgang Clement sei der Ansicht, dass beispielsweise die vorgesehene verschärfte Haftung von Unternehmen für ökologische Schäden der deutschen Wirtschaft schade, so die Zeitung.

Die Aktienindizes zeigten in der vergangenen Woche kräftige Schwankungen. Zum Wochenschluss lag der DAX ein Prozent im Plus, Nemax-50 und MDAX sowie die US-amerikanischen Leitindizes hatten Einbußen zwischen ein und zwei Prozent. Der japanische Nikkei-225 gab vier Prozent nach. Der Ölpreis schwankte stark und lag am Freitag etwas niedriger als zum Ende der Vorwoche.

US-Präsident George Bush ging in einem Bericht zur Lage der Nation auch mit einigen Sätzen auf die Zukunft der Energieversorgung ein. Damit die USA weniger von ausländischen Energiequellen abhängig seien und zugleich ihre Umwelt besser schützen könnten, seien verbesserte Energieeffizienz, neue Technologien und mehr Eigenerzeugung durch die Verbraucher notwendig. Bush kündigte 1,2 Milliarden Dollar Unterstützung für die Entwicklung wasserstoffbetriebener Autos an. Die Kurse amerikanischer Wasserstoff-Aktien reagierten mit Kurssprüngen auf diese Absichtserklärung. In Toronto stiegen Stuart Energy Systems Corp. (WKN 579775) um 24 Prozent auf 3,37 kanadische Dollar (2,06 Euro), an der New Yorker Börse Nasdaq legten Plug Power Inc. (WKN 928999) 20 Prozent zu, H Power Corp. (WKN 940696) zehn Prozent, Ballard Power Systems Inc. (WKN 890704) acht und FuelCell Energy Inc. (WKN 884382) sieben Prozent. Amory B. Lovins und Jeremy Rifkin, zwei US-amerikanische Zukunftsforscher, die sich seit langem für eine nachhaltige Energiewirtschaft einsetzen, erläuterten im aktuellen E Magazine (The Environmental Magazine) ihre Vorstellungen. Eine dezentral organisierte Wasserstoff-Wirtschaft auf der Basis erneuerbarer Energien würde auch soziale Ungleichheiten mindern und damit Ursachen für Terrorismus und Kriege eindämmen, meinen sie. Vor dem Hintergrund, dass die konservative US-Regierung Wasserstoff unter anderem durch den Einsatz von Kernenergie gewinnen will, kritisierte Lovins die Pläne als Versuch, die sterbende Atomindustrie wiederzubeleben.

In Deutschland sind die Fördersätze für solarthermische Anlagen erhöht worden. Profitieren könnte die Berliner Phönix SonnenWärme AG. Die nicht börsennotierte Gesellschaft ist auf die Entwicklung und Vermarktung von Solarthermie-Anlagen und anderer ökologischer Haustechnik spezialisiert.

Das Bundesumweltministerium hat außerdem Pläne zur Novellierung des Erneuerbare Energien-Gesetzes (EEG) vorgestellt. Die Änderungen betreffen vor allem die verlängerte Höchstförderung für Offshore-Windkraftwerke, veränderte Vergütungssätze für Windparks im Binnenland, Biomasse-Anlagen und Geothermie-Kraftwerke sowie Veränderungen in der Förderung der Fotovoltaik.

Die Kurse der Hersteller von Windturbinen haben ihren Abwärtslauf fortgesetzt. In Kopenhagen verloren NEG Micon A.S. (WKN 897922) zehn Prozent auf 68,5 dänische Kronen (9,21 Euro) und Vestas Wind Systems A.S. (WKN 913769) sechs Prozent auf 56 Kronen (7,53 Euro). Die Norderstedter Nordex AG (WKN 587357) büßte acht Prozent auf 2,20 Euro ein. Weder eine Meldung der dänischen Vestas über einen 25 Millionen Euro-Auftrag in Ägypten, noch die Mitteilung der Nordex AG, Windparks im Wert von 48 Millionen Euro verkauft zu haben, konnte die Marktstimmung aufhellen. Die Aktie der Hamburger REpower Systems AG (WKN 617703) hielt sich konstant bei 26 Euro, Gamesa (WKN 589858) aus Spanien notierten in Frankfurt leicht schwächer bei 14,80 Euro.

In der Gesamtleistung und beim Ergebnis zweistellig gewachsen ist nach vorläufigen Angaben die Plambeck Neue Energien AG (WKN 691032). Das gehe aus den ersten Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr hervor, teilten die Cuxhavener mit. Den vollständigen Jahresabschluss will der Projektierer von Windparks am 27. März vorlegen. Informationen der Vereinigten Wirtschaftsdienste zufolge soll das Ergebniswachstum bei 20 Prozent liegen. Weiter hieß es, dass Plambeck nach der geplanten Novellierung des EEG einen attraktiveren Verkaufspreis für sein Biomassekraftwerk Silbitz erzielen könne. Man hoffe nun auf den Abschluss der Novellierung bis zum Sommer. Die Plambeck-Aktie legte leicht auf 6,07 Euro zu.

Harald Schützeichel hat sein Amt als Vorstandsvorsitzender der S.A.G. Solarstrom AG (WKN 702100) niedergelegt. Sein Nachfolger soll im März bekannt gegeben werden. Schützeichel, einer der Gründer des Freiburger Solarenergie-Unternehmens, will auf der nächsten Hauptversammlung im Sommer für den Aufsichtsrat kandidieren. Die Papiere der S.A.G. werden nur spärlich gehandelt; in der vergangenen Woche legte der Kurs vier Prozent auf 2,60 Euro zu.

Von 56 norwegischen Kronen auf 35,7 Kronen (4,79 Euro) brach die Notierung der Anteilsscheine des norwegischen Automatenherstellers Tomra Systems ASA (WKN 872535) ein. Der Ausschuss von Handel und Getränkeindustrie hatte ein Sicherheitskonzept für das deutsche Pfandsystem verabschiedet, das sich nicht mit dem Angebot von Tomra deckte. Nach den Vorstellungen des Ausschusses sollen die Automatenhersteller die neue Technik binnen zwei Monaten zur Verfügung stellen. Die Entscheidung des Ausschusses muss noch vom Bundeskartellamt genehmigt werden. Tomra hat wegen der unklaren Situation in Deutschland seine für den 14. Februar geplante Analysten- und Investorenkonferenz verschoben. Der neue Termin werde noch mitgeteilt; die Jahresergebnisse sollen aber wie angekündigt am 13. Februar vorgestellt werden. Neben Tomra fiel auch die Aktie des Kölner Entsorgungs- und Rohstoffkonzerns Interseroh AG (WKN 620990), sie verlor zehn Prozent auf 8,70 Euro.

Das Schienenfahrzeugtechnik-Unternehmen Vossloh AG (WKN 766710) meldete zusätzliche Auftragseingänge. Allein im Januar habe man Bestellungen im Wert von 70 Millionen Euro erhalten, von denen die Hälfte nicht geplant gewesen sei, hieß es aus Werdohl. Im Gesamtjahr wollen die Maschinenbauer Umsätze von 200 Millionen Euro erreichen. Vossloh verteuerten sich um vier Prozent auf 27,50 Euro.

Die UmweltBank AG (WKN 557080) schloss vorläufigen Angaben zufolge das Geschäftsjahr 2002 mit einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 1,4 Millionen Euro ab. Die Kundenzahl sei um 5.000 auf 32.000 gestiegen, die Bilanzsumme habe sich um 26 Prozent auf 404 Millionen Euro erhöht, teilten die Nürnberger mit. Die Bank kündigte die Emission von Genussscheinen an. Die UmweltBank-Aktie sank unter geringen Umsätzen vier Prozent auf 5,80 Euro.

Energiesparende LED-Lichttechnik produziert die Planus AG (WKN 692950), aus Bietigheim. Das Unternehmen meldete eine "derzeit sehr gute" Auftragslage. Neue Mitarbeiter würden eingestellt, für das Jahr 2003 erwarte man schwarze Zahlen, hieß es. Planus legten acht Cent auf 0,38 Euro zu.

Der Holz- und Papierkonzern Stora Enso Oyj (WKN 871004) gab die Ergebnisse des vierten Quartals bekannt. Die Umsätze liegen mit 3,2 Milliarden Euro leicht unter dem Vorjahreswert, der Gewinn pro Aktie ist um 74 Prozent auf 0,54 Euro gestiegen. Diese Zunahme sei allerdings auf außerordentliche Posten zurückzuführen, ohne diese läge der Gewinn pro Aktie bei 0,12 Euro nach 0,22 Euro im Vorjahr. Der Vorstand des schwedisch-finnischen Unternehmens will der Hauptversammlung eine Dividende von 0,45 Euro vorschlagen. Auf der Versammlung am 20. März soll auch über eine Reduzierung der Aktienanzahl entschieden werden. Analysten von Goldmann Sachs bekräftigten ihre Einstufung der Aktie als "Outperformer". Stora Enso verloren an der Frankfurter Börse 14 Prozent auf 8,80 Euro.

Horizon Organic Holding Corp. (WKN 915302) kündigte die Vorlage des Jahresabschlusses für den 4. Februar an. Investoren erwarten offenbar schlechte Zahlen, denn der Kurs sank um elf Prozent auf 12,79 Dollar. Ohne erkennbare Gründe verloren Spire Corp. (WKN 870534) 14 Prozent auf 1,90 Dollar. Bei der Notierung der britischen Ladenkette Body Shop International Plc (WKN 870803) machen sich veränderte Währungskurse bemerkbar: Während das Papier in London unverändert 79 Pence kostete, stieg der in Euro gemessene Wert um zwei Prozent auf 1,21 Euro.

Bild: Tomra-Pfandautomaten (Quelle: Unternehmen)

Dieser Umweltaktien-Wochenrückblick erscheint mit freundlicher Unterstützung der UmweltBank.
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