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5.9.2006: ECOreporter.de-Interview: Claus Sauter, Vorstand Vereinigte BioEnergie AG (Verbio) will mit Biokraftstoffen Agrarüberschüsse in Europa und Nordamerika abbauen - Plant das ostdeutsche Unternehmen den Gang an die Börse?
Medienberichten zufolge will der deutsche Biokraftstoffhersteller Vereinigte BioEnergie AG (Verbio) möglicherweise noch im Herbst an die Börse gehen. Als Konsortialbanken seien die Dresdner Kleinwort und die Credit Suisse beauftragt, hieß es demnach "aus Finanzkreisen", die Emission werde im dreistelligen Millionenbereich liegen. Die Verbio-Holding mit Sitz in Zörbig bei Leipzig wurde im Frühjahr 2006 gegründet, Vorstandschef Claus Sauter führte fünf Einzelgesellschaften zusammen, die Biodiesel und Bioethanol produzieren. Im Interview mit ECOreporter.de argumentiert Sauter engagiert für die Bedeutung der Biokraftstoffe für die europäische Landwirtschaft und erklärt die Strategie der Verbio AG.
Zum Thema Börsengang will der gebürtige Schwabe sich nicht festlegen. Für die Meldungen spricht allerdings der jüngst erfolgte Wechsel im Aufsichtsrat der Gesellschaft: Neben REpower-Chef Fritz Vahrenholt als Aufsichtsratsvorsitzendem gehört dem Gremium seit dem 23. August auch Alexander von Witzleben, Vorstandsvorsitzender der Jenoptik AG, Jena, an. Das ostdeutsche Technologieunternehmen hat in den letzten Jahren umfangreiche Erfahrung mit den Börsengängen verschiedener Tochterunternehmen gesammelt.
ECOreporter.de: Sie bringen Ihre fünf Biokraftstoffunternehmen in eine Konzernstruktur ein, die Vereinigte Biokraftstoffwerke AG (Verbio). Was sind die Gründe für diesen Schritt?
Claus Sauter: Unter dem Dach der Verbio AG vereinigen wir die bestehenden Produktions- und Vertriebseinheiten. Die neue Konzernstruktur soll uns vor allem weiteres Wachstum ermöglichen. Wir wollen neue Produktionsanlagen bauen und unsere Technologien weiterentwickeln, zum Beispiel für Biokraftstoffe der zweiten Generation.
ECOreporter.de: Hoffen Sie auf Synergieeffekte?
Claus Sauter: Ja, bisher hatten wir fünf parallel laufende Einheiten. Das ist aber ein Nebeneffekt. Vor allem wollen wir uns neu aufstellen, um weitere Marktanteile zu gewinnen.
ECOreporter.de: Ist die AG als reine Holding ausgelegt oder kommen ihr auch operative Aufgaben zu?
Claus Sauter: Im Moment ist sie die Konzernmutter. In Zukunft wird sie aber auch übergeordnete Aufgaben übernehmen. Dazu gehören zum Beispiel das Controlling, die strategische Neuausrichtungen und die Finanzierung.
ECOreporter.de: Mitbewerber der Verbio AG wie die EOP Biodiesel AG und die Biopetrol Industries AG sind börsennotiert. Kommt ein Börsengang auch für Ihr Unternehmen in Frage?
Claus Sauter: Wir gehören zu den wenigen rein mittelständisch geprägten Unternehmen in unserer Branche. Es gibt verschiedene, börsennotierte große Konzerne wie ADM oder Cargill, die Biokraftstoffe produzieren. Gegen die müssen wir antreten. Der Börsengang ist für uns eine Option, mit der neuen Konzernstruktur bieten sich aber verschiedene Finanzierungswege an. Man kann beispielsweise auch über eine Anleihe nachdenken.
ECOreporter.de: Sie wollen mit der Verbio AG expandieren. Wo sehen Sie die attraktivsten Märkte? Gibt es konkrete Projekte?
Claus Sauter: In den nächsten Jahren wollen wir unsere Kapazitäten verdoppeln. Unser erster Schritt gilt den bestehenden Anlagen, die wollen wir optimal auslasten. Dann planen wir Projekte im europäischen Ausland. Konkrete Vorhaben gibt es noch nicht, aber wir sehen in Ost- und Südosteuropa große Getreideüberschüsse. Die könnte man sehr gut zu Ethanol verarbeiten. In Südeuropa gibt es gute Chancen für Produktionskapazitäten im Bereich Biodiesel. Im Moment ist es aber noch zu früh für genauere Festlegungen.
Wichtig ist für uns: Die EU hat per Richtlinie ein Ziel von 5,75 Prozent für die Biokraftstoffe festgeschrieben. Das ist für ganz Europa verbindlich. In den einzelnen Mitgliedsstaaten sieht das sehr unterschiedlich aus. In einigen Ländern wurden noch gar nicht die Voraussetzungen dafür geschaffen, Biokraftstoff gegenüber mineralischem Kraftstoff rentabel zu machen.
ECOreporter.de: Haben deutsche Unternehmen im Bereich der Biokraftstoffe gegenüber europäischen Mitbewerbern eine Vorreiterposition, vergleichbar der Situation in der Wind- und Solarbranche?
Claus Sauter: Nein, das sehe ich nicht so. In Deutschland gab es zwar eine Mineralölsteuerbefreiung für Biokraftstoffe. Davon haben aber nicht nur deutsche Unternehmen profitiert. Auch andere Mitgliedsstaaten, darunter die Franzosen und die Italiener, haben geliefert. Frankreich und Italien sind aber "closed shops". Dort werden Quoten vergeben und die sind zu 95 Prozent in der Hand von einheimischen Unternehmen. Als deutscher Hersteller kann ich nicht nach Frankreich exportieren, anders herum geht es. Das ist in meinen Augen eine Riesensauerei!
Wir hatten in Deutschland eine sehr gute Ausgangsposition. Wir sind technologisch sehr weit und gut auf weiteres Wachstum vorbereitet. Nun brauchen wir gesetzliche Regelungen in den Mitgliedsstaaten, damit wir loslegen können.
ECOreporter.de: Gibt es im europäischen Ausland Förderungen für die Biokraftstoffe wie in Deutschland?
Claus Sauter: Das ist unterschiedlich: Spanien hat eine Mineralölsteuerbefreiung, in Großbritannien sind es nur 20 Pence, in Dänemark, Polen und Tschechien gibt es überhaupt keine Regelung. In Ungarn plant man derzeit die Steuerbefreiung für Ethanol und Biodiesel. Wir befinden uns jetzt am Anfang der Entwicklung, das Wachstumspotential ist riesig.
ECOreporter.de: Soll die Verbio AG zu einer Biokraftstoffmarke ausgebaut werden, vergleichbar "Aral" oder "Shell" im konventionellen Bereich?
Claus Sauter: Das wäre natürlich schön. Im Vergleich zu den "Big Oils" dieser Welt sind wir aber kleine Würstchen. Die Verbio als Marke zu etablieren ist für uns ein Langfristziel. Wir wissen, dass das sehr viel Geld kostet.
ECOreporter.de: Wo erwarten Sie für die nächsten Jahre das größte Geschäft für Ihr Unternehmen: im Bereich der Beimischung von Biokraftstoffen zu konventionellen oder beim Betrieb von Fahrzeugen mit Biosprit?
Claus Sauter: Da kommen wir in den Bereich der Kaffeesatzleserei. Im Moment machen wir vor allem beim Ethanol den überwiegenden Umsatz mit der Mineralölwirtschaft. Auch der größte Teil des Biodiesels geht dorthin.
ECOreporter.de: Laut einer aktuellen Studie der Schweizer Bank Sarasin zur Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen sind Biodiesel und Bioethanol nicht immer ökologisch und sozial verträglich. Die Bank kritisiert vor allem Rohstoffimporte aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Können Sie darauf verzichten oder lassen sich die Produktionsbedingungen hinreichend kontrollieren?
Claus Sauter: Zunächst einmal wird Biodiesel in Europa derzeit zu 90 Prozent aus Rapsöl gewonnen. Dauerhaft wird das allerdings nicht möglich sein, denn die europäischen Anbauflächen für Raps sind beschränkt. Wir werden um Importe nicht herum kommen. Das in diesem Zusammenhang häufig genannte Palmöl ist für Nordeuropa als Biokraftstoffkomponente nicht geeignet, der sogenannte "Stockpunkt" ist zu hoch. Palmöl wird bei Temperaturen ab 15 Grad und darunter fest.
Bei Ethanol decken wir 100 Prozent unseres Rohstoffbedarfs aus Europa, davon allein 90 Prozent aus den neuen Bundesländern aus einem Umkreis von 100 bis 150 Kilometern um unsere Anlagen.
Ich finde es unfair, diese Diskussion auf Biokraftstoffe zu beschränken. Wir haben einen globalen Handel, der umfasst alle Getreidesorten, auch Hirse und Soja. Es gelangen zum Beispiel Unmengen von Sojaschrot als Viehfutter nach Europa. Es gibt auch schon Richtlinien für den Anbau dieser Produkte in Südamerika oder Südostasien. Das ist eine grundsätzliche Frage des Welthandels. Die muss in einem globalen Konsens beantwortet werden, unabhängig davon ob ein Nahrungsmittel als Tierfutter oder als Biokraftstoff Verwendung findet.
Meiner Meinung nach ist es eher eine Katastrophe, dass die Nordamerikaner und die Europäer mit ihren herunter subventionierten Agrarrohstoffen die Weltmärkte verunreinigen. Egal welcher Preis geboten wird, sie unterbieten ihn. Das ist kein Wettbewerb, das ist unfair. Wenn es uns aber gelingt, mit Hilfe der Biokraftstoffe in Europa und Nordamerika unsere Agrarüberschüsse zu nutzen, dann wird es wieder eine faire Preisfindung an den Weltagrarmärkten geben. Daran werden vor allen Dingen die Entwicklungsländer partizipieren. Biokraftstoff ist nicht nur Energie- sondern auch Entwicklungspolitik.
Die Biokraftstoffe sind die Lösung für ein Problem, am dem man in Europa seit 20 Jahren herumdoktert. Mit Stillegungsflächen, mit Quoten- und Garantiepreissystemen. Das ist alles ein Riesenschmarrn. Ich prophezeie Ihnen: In 5 Jahren redet niemand mehr von Agrarsubventionen in Nordamerika und Europa.
ECOreporter.de: Biokraftstoffe wie Cellulose-Ethanol oder Biogas seien aus nachhaltiger Sicht allgemein besser, argumentiert die Bank Sarasin. Die Ausbeute pro Hektar sei größer und eine Vielzahl von Pflanzen könnten zur Produktion verwendet werden.
Claus Sauter: Da möchte ich widersprechen. Vor allem beim Ethanol haben wir heute hocheffiziente Anlagen. Wir sind inzwischen in der Lage, die sogenannte "Schlempe", die bei der alkoholischen Gärung entsteht, in einer Biogasanlage zu vergasen. Es entsteht Methan, das wird verstromt. Selbst die Abwärme der Blockheizkraftwerke in denen das geschieht, nutzen wir in unseren Prozessen. Damit erreichen wir insgesamt einen Wirkungsgrad von 85 bis 95 Prozent. Unsere Ethanolanlagen produzieren Biokraftstoffe der II Generation; wir nutzen 70 Prozent der Energie des Getreides, das wir verarbeiten.
ECOreporter.de: Sie legen also Wert auf ökoeffiziente Abläufe in Ihrer Produktion?
Claus Sauter: Ja, diesen Fragen muss man sich früher oder später stellen. Es kann ja nicht sein, dass wir mehr Primärenergie einsetzen, als später als Bioenergie wieder heraus kommt. Da würde sich früher oder später doch jeder an den Kopf fassen! Es muss sich eine Eigengeneration aus dem Biokraftstoff ergeben.
Man müsse "ganze Pflanze" verwerten, heißt es immer. Aus Sicht der Landwirtschaft ist das aber nicht sinnvoll. Es muss immer etwas auf dem Acker zurückbleiben, damit sich neuer Humus bilden kann.
ECOreporter.de: Halten die Bauern, mit denen Sie zusammen arbeiten, eine Fruchtfolge ein?
Claus Sauter: Das geht überhaupt nicht anders. Raps können Sie maximal in einer fünfjährigen Fruchtfolge anbauen, sonst gehen die Erträge so in die Knie, dass es keinen Spaß mehr macht. Ein vernünftiger Bauer wird sich daran halten.
Beim Getreide, also auf der Ethanolseite, haben wir in unseren Anlagen eine große Rohstoffvariabilität. In unserer Region ist Roggen eine wichtige Getreidessorte. Neben Roggen verarbeiten wir aber auch Triticale und Weizen. Bis Mitte 2007 sind wir wahrscheinlich auch soweit, dass wir Mais verarbeiten können. Für die Landwirtschaft sind wir ein idealer Partner. Mit Hilfe unserer Anlagen wird der Landwirt zum Energiewirt.
ECOreporter.de: Herr Sauter, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Bilder: Biodiesel-Tanklager der Verbio AG; Produktionsanlagen für Biodiesel der Verbio AG / Quelle. Unternehmen
Zum Thema Börsengang will der gebürtige Schwabe sich nicht festlegen. Für die Meldungen spricht allerdings der jüngst erfolgte Wechsel im Aufsichtsrat der Gesellschaft: Neben REpower-Chef Fritz Vahrenholt als Aufsichtsratsvorsitzendem gehört dem Gremium seit dem 23. August auch Alexander von Witzleben, Vorstandsvorsitzender der Jenoptik AG, Jena, an. Das ostdeutsche Technologieunternehmen hat in den letzten Jahren umfangreiche Erfahrung mit den Börsengängen verschiedener Tochterunternehmen gesammelt.
ECOreporter.de: Sie bringen Ihre fünf Biokraftstoffunternehmen in eine Konzernstruktur ein, die Vereinigte Biokraftstoffwerke AG (Verbio). Was sind die Gründe für diesen Schritt?
Claus Sauter: Unter dem Dach der Verbio AG vereinigen wir die bestehenden Produktions- und Vertriebseinheiten. Die neue Konzernstruktur soll uns vor allem weiteres Wachstum ermöglichen. Wir wollen neue Produktionsanlagen bauen und unsere Technologien weiterentwickeln, zum Beispiel für Biokraftstoffe der zweiten Generation.
ECOreporter.de: Hoffen Sie auf Synergieeffekte?
Claus Sauter: Ja, bisher hatten wir fünf parallel laufende Einheiten. Das ist aber ein Nebeneffekt. Vor allem wollen wir uns neu aufstellen, um weitere Marktanteile zu gewinnen.
ECOreporter.de: Ist die AG als reine Holding ausgelegt oder kommen ihr auch operative Aufgaben zu?
Claus Sauter: Im Moment ist sie die Konzernmutter. In Zukunft wird sie aber auch übergeordnete Aufgaben übernehmen. Dazu gehören zum Beispiel das Controlling, die strategische Neuausrichtungen und die Finanzierung.
ECOreporter.de: Mitbewerber der Verbio AG wie die EOP Biodiesel AG und die Biopetrol Industries AG sind börsennotiert. Kommt ein Börsengang auch für Ihr Unternehmen in Frage?
Claus Sauter: Wir gehören zu den wenigen rein mittelständisch geprägten Unternehmen in unserer Branche. Es gibt verschiedene, börsennotierte große Konzerne wie ADM oder Cargill, die Biokraftstoffe produzieren. Gegen die müssen wir antreten. Der Börsengang ist für uns eine Option, mit der neuen Konzernstruktur bieten sich aber verschiedene Finanzierungswege an. Man kann beispielsweise auch über eine Anleihe nachdenken.
ECOreporter.de: Sie wollen mit der Verbio AG expandieren. Wo sehen Sie die attraktivsten Märkte? Gibt es konkrete Projekte?
Claus Sauter: In den nächsten Jahren wollen wir unsere Kapazitäten verdoppeln. Unser erster Schritt gilt den bestehenden Anlagen, die wollen wir optimal auslasten. Dann planen wir Projekte im europäischen Ausland. Konkrete Vorhaben gibt es noch nicht, aber wir sehen in Ost- und Südosteuropa große Getreideüberschüsse. Die könnte man sehr gut zu Ethanol verarbeiten. In Südeuropa gibt es gute Chancen für Produktionskapazitäten im Bereich Biodiesel. Im Moment ist es aber noch zu früh für genauere Festlegungen.
Wichtig ist für uns: Die EU hat per Richtlinie ein Ziel von 5,75 Prozent für die Biokraftstoffe festgeschrieben. Das ist für ganz Europa verbindlich. In den einzelnen Mitgliedsstaaten sieht das sehr unterschiedlich aus. In einigen Ländern wurden noch gar nicht die Voraussetzungen dafür geschaffen, Biokraftstoff gegenüber mineralischem Kraftstoff rentabel zu machen.
ECOreporter.de: Haben deutsche Unternehmen im Bereich der Biokraftstoffe gegenüber europäischen Mitbewerbern eine Vorreiterposition, vergleichbar der Situation in der Wind- und Solarbranche?
Claus Sauter: Nein, das sehe ich nicht so. In Deutschland gab es zwar eine Mineralölsteuerbefreiung für Biokraftstoffe. Davon haben aber nicht nur deutsche Unternehmen profitiert. Auch andere Mitgliedsstaaten, darunter die Franzosen und die Italiener, haben geliefert. Frankreich und Italien sind aber "closed shops". Dort werden Quoten vergeben und die sind zu 95 Prozent in der Hand von einheimischen Unternehmen. Als deutscher Hersteller kann ich nicht nach Frankreich exportieren, anders herum geht es. Das ist in meinen Augen eine Riesensauerei!
Wir hatten in Deutschland eine sehr gute Ausgangsposition. Wir sind technologisch sehr weit und gut auf weiteres Wachstum vorbereitet. Nun brauchen wir gesetzliche Regelungen in den Mitgliedsstaaten, damit wir loslegen können.
ECOreporter.de: Gibt es im europäischen Ausland Förderungen für die Biokraftstoffe wie in Deutschland?
Claus Sauter: Das ist unterschiedlich: Spanien hat eine Mineralölsteuerbefreiung, in Großbritannien sind es nur 20 Pence, in Dänemark, Polen und Tschechien gibt es überhaupt keine Regelung. In Ungarn plant man derzeit die Steuerbefreiung für Ethanol und Biodiesel. Wir befinden uns jetzt am Anfang der Entwicklung, das Wachstumspotential ist riesig.
ECOreporter.de: Soll die Verbio AG zu einer Biokraftstoffmarke ausgebaut werden, vergleichbar "Aral" oder "Shell" im konventionellen Bereich?
Claus Sauter: Das wäre natürlich schön. Im Vergleich zu den "Big Oils" dieser Welt sind wir aber kleine Würstchen. Die Verbio als Marke zu etablieren ist für uns ein Langfristziel. Wir wissen, dass das sehr viel Geld kostet.
ECOreporter.de: Wo erwarten Sie für die nächsten Jahre das größte Geschäft für Ihr Unternehmen: im Bereich der Beimischung von Biokraftstoffen zu konventionellen oder beim Betrieb von Fahrzeugen mit Biosprit?
Claus Sauter: Da kommen wir in den Bereich der Kaffeesatzleserei. Im Moment machen wir vor allem beim Ethanol den überwiegenden Umsatz mit der Mineralölwirtschaft. Auch der größte Teil des Biodiesels geht dorthin.
ECOreporter.de: Laut einer aktuellen Studie der Schweizer Bank Sarasin zur Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen sind Biodiesel und Bioethanol nicht immer ökologisch und sozial verträglich. Die Bank kritisiert vor allem Rohstoffimporte aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Können Sie darauf verzichten oder lassen sich die Produktionsbedingungen hinreichend kontrollieren?
Claus Sauter: Zunächst einmal wird Biodiesel in Europa derzeit zu 90 Prozent aus Rapsöl gewonnen. Dauerhaft wird das allerdings nicht möglich sein, denn die europäischen Anbauflächen für Raps sind beschränkt. Wir werden um Importe nicht herum kommen. Das in diesem Zusammenhang häufig genannte Palmöl ist für Nordeuropa als Biokraftstoffkomponente nicht geeignet, der sogenannte "Stockpunkt" ist zu hoch. Palmöl wird bei Temperaturen ab 15 Grad und darunter fest.
Bei Ethanol decken wir 100 Prozent unseres Rohstoffbedarfs aus Europa, davon allein 90 Prozent aus den neuen Bundesländern aus einem Umkreis von 100 bis 150 Kilometern um unsere Anlagen.
Ich finde es unfair, diese Diskussion auf Biokraftstoffe zu beschränken. Wir haben einen globalen Handel, der umfasst alle Getreidesorten, auch Hirse und Soja. Es gelangen zum Beispiel Unmengen von Sojaschrot als Viehfutter nach Europa. Es gibt auch schon Richtlinien für den Anbau dieser Produkte in Südamerika oder Südostasien. Das ist eine grundsätzliche Frage des Welthandels. Die muss in einem globalen Konsens beantwortet werden, unabhängig davon ob ein Nahrungsmittel als Tierfutter oder als Biokraftstoff Verwendung findet.
Meiner Meinung nach ist es eher eine Katastrophe, dass die Nordamerikaner und die Europäer mit ihren herunter subventionierten Agrarrohstoffen die Weltmärkte verunreinigen. Egal welcher Preis geboten wird, sie unterbieten ihn. Das ist kein Wettbewerb, das ist unfair. Wenn es uns aber gelingt, mit Hilfe der Biokraftstoffe in Europa und Nordamerika unsere Agrarüberschüsse zu nutzen, dann wird es wieder eine faire Preisfindung an den Weltagrarmärkten geben. Daran werden vor allen Dingen die Entwicklungsländer partizipieren. Biokraftstoff ist nicht nur Energie- sondern auch Entwicklungspolitik.
Die Biokraftstoffe sind die Lösung für ein Problem, am dem man in Europa seit 20 Jahren herumdoktert. Mit Stillegungsflächen, mit Quoten- und Garantiepreissystemen. Das ist alles ein Riesenschmarrn. Ich prophezeie Ihnen: In 5 Jahren redet niemand mehr von Agrarsubventionen in Nordamerika und Europa.
ECOreporter.de: Biokraftstoffe wie Cellulose-Ethanol oder Biogas seien aus nachhaltiger Sicht allgemein besser, argumentiert die Bank Sarasin. Die Ausbeute pro Hektar sei größer und eine Vielzahl von Pflanzen könnten zur Produktion verwendet werden.
Claus Sauter: Da möchte ich widersprechen. Vor allem beim Ethanol haben wir heute hocheffiziente Anlagen. Wir sind inzwischen in der Lage, die sogenannte "Schlempe", die bei der alkoholischen Gärung entsteht, in einer Biogasanlage zu vergasen. Es entsteht Methan, das wird verstromt. Selbst die Abwärme der Blockheizkraftwerke in denen das geschieht, nutzen wir in unseren Prozessen. Damit erreichen wir insgesamt einen Wirkungsgrad von 85 bis 95 Prozent. Unsere Ethanolanlagen produzieren Biokraftstoffe der II Generation; wir nutzen 70 Prozent der Energie des Getreides, das wir verarbeiten.
ECOreporter.de: Sie legen also Wert auf ökoeffiziente Abläufe in Ihrer Produktion?
Claus Sauter: Ja, diesen Fragen muss man sich früher oder später stellen. Es kann ja nicht sein, dass wir mehr Primärenergie einsetzen, als später als Bioenergie wieder heraus kommt. Da würde sich früher oder später doch jeder an den Kopf fassen! Es muss sich eine Eigengeneration aus dem Biokraftstoff ergeben.
Man müsse "ganze Pflanze" verwerten, heißt es immer. Aus Sicht der Landwirtschaft ist das aber nicht sinnvoll. Es muss immer etwas auf dem Acker zurückbleiben, damit sich neuer Humus bilden kann.
ECOreporter.de: Halten die Bauern, mit denen Sie zusammen arbeiten, eine Fruchtfolge ein?
Claus Sauter: Das geht überhaupt nicht anders. Raps können Sie maximal in einer fünfjährigen Fruchtfolge anbauen, sonst gehen die Erträge so in die Knie, dass es keinen Spaß mehr macht. Ein vernünftiger Bauer wird sich daran halten.
Beim Getreide, also auf der Ethanolseite, haben wir in unseren Anlagen eine große Rohstoffvariabilität. In unserer Region ist Roggen eine wichtige Getreidessorte. Neben Roggen verarbeiten wir aber auch Triticale und Weizen. Bis Mitte 2007 sind wir wahrscheinlich auch soweit, dass wir Mais verarbeiten können. Für die Landwirtschaft sind wir ein idealer Partner. Mit Hilfe unserer Anlagen wird der Landwirt zum Energiewirt.
ECOreporter.de: Herr Sauter, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Bilder: Biodiesel-Tanklager der Verbio AG; Produktionsanlagen für Biodiesel der Verbio AG / Quelle. Unternehmen