Einfach E-Mail-Adresse eintragen und auf "Abschicken" klicken - willkommen!
9.8.2006: "Unseren Aktienanteil legen wir bereits zu über 95 Prozent nachhaltig an." - ECOreporter.de-Interview mit Richard Böger, Bank für Kirche und Caritas eG Paderborn
Neben so genannten "Grünen Banken" wie der GLS Gemeinschaftsbank oder der Umweltbank gibt es in Deutschland eine Gruppe von Banken, deren Geschäftstätigkeit nach ethischen Vorgaben ausgerichtet ist: die Kirchenbanken. Sie verwalten ein Vermögen von über 20 Milliarden Euro und setzen verstärkt auf nachhaltige Geldanlagen. ECOreporter.de hat darüber mit Richard Böger gesprochen, Vorstandsvorsitzender der Bank für Kirche und Caritas eG Paderborn
ECOreporter.de: Was unterschiedet eine Kirchenbank wie Ihre von anderen, herkömmlichen Banken? Gibt es einen besonderen Auftrag, eine besondere Zielgruppe?
Richard Böger: Kirchenbanken sind Spezialinstitute, die Finanzdienstleistungen zumeist ausschließlich für kirchliche Einrichtungen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erbringen. In Deutschland gibt es neun Kirchenbanken, vier evangelische und fünf katholische. Sie alle sind spezialisiert auf den kirchlichen Bereich und bieten dort ihre Dienstleistungen an. Organisiert sind sie in der Rechtsform der Genossenschaft. Ihre Mitglieder, also die Anteilseigner, sind entsprechend die Kunden aus Kirche, Caritas und Diakonie. Gemäß ihrem Auftrag sind die Kirchenbanken gegründet worden, um ihren Mitgliedern möglichst kostengünstig Bankdienstleistungen anzubieten und die Kunden bei der Verwirklichung ihres Aufgabenfeldes nach Kräften zu unterstützen.
ECOreporter.de: Können Sie Angaben über die Zahl Ihrer Kunden und die Geschäftsentwicklung Ihres Hauses machen? Welche Dienstleistungen bieten Sie Ihren Kunden an?
Richard Böger: Seit Gründung der Bank für Kirche und Caritas im Jahr 1972 ist ihr Geschäftsvolumen beständig gestiegen. Die Bilanzsumme lag im Geschäftsjahr 2005 bei knapp 2,9 Milliarden Euro. Derzeit werden von unserer Bank rund 2.000 institutionelle und etwa 10.000 Privatkunden betreut. Unseren Kunden können wir aufgrund des genossenschaftlichen Verbundsystems die gesamte Palette der Finanzdienstleistungen anbieten. Von unserem Angebot sind wie genauso aufgestellt wie jede andere Geschäftsbank auch. Nachhaltige Geldanlagen bilden bei uns seit knapp vier Jahren einen inhaltlichen Schwerpunkt, der das Profil der Bank für Kirche und Caritas inzwischen wesentlich prägt.
ECOreporter.de: Nach welchen Grundsätzen wirtschaftet Ihre Bank?
Richard Böger: Auch eine Kirchenbank muss wirtschaftlich handeln und "Geld verdienen"; sie ist keine "Sozialeinrichtung". Oberster Grundsatz ist, dass wir ausschließlich dem Wunsch des Kunden entsprechend handeln. Im Unterschied zu anderen Banken sind wir dabei jedoch nicht dem Gewinnmaximierungsprinzip verpflichtet. Gemäß der genossenschaftlichen Idee ist es unser Kennzeichen, den Kunden viel zu geben und wenig von ihnen zu nehmen.
ECOreporter.de: Inwiefern gibt es in Kirchenkreisen eine Diskussion über ethische bzw. ökologische Geldanlage? Gibt es Vorgaben, etwa ein Bischofswort oder eine Publikation anderer höherer Stellen zu diesem Thema?
Richard Böger: Mit dem seit den 1980er Jahren ins Leben gerufenen Konziliaren Prozess "Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung" wurden zentrale Nachhaltigkeitsfragen im kirchlichen Bereich schon lange diskutiert, bevor die Nachhaltigkeitsdiskussion gesamtgesellschaftlich Fuß fassen konnte. Insofern sind viele kirchliche Träger schon seit Jahrzehnten für die ökologische bzw. ethische Geldanlage sensibilisiert. Viele kirchliche Einrichtungen haben sich schon früh mit ihren Geldanlagen beschäftigt und stets Wert darauf gelegt, in bestimmten Branchen nicht investiert zu sein, etwa in der Rüstungs- und Suchtmittelindustrie. Die Kirchen sind somit eigentlich seit den ersten Stunden des nachhaltigen Investments mit dabei und stellen eine seiner tragenden Säulen dar.
Dass Nachhaltigkeit inzwischen als eines der wesentlichen Bausteine einer Gesellschaftsgestaltung aus dem christlichen Glauben anerkannt wird, besagt erstmals das Gemeinsame Wort der evangelischen und katholischen Kirche zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland aus dem Jahr 1997. Dort wird Nachhaltigkeit aus der Perspektive der Bewahrung der Schöpfung für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft als unverzichtbar eingefordert. In weiteren Stellungnahmen wurde diese Sichtweise bekräftigt.
ECOreporter.de: Inwiefern ist Nachhaltiges Investment für Kirchenbanken ein Thema? Was spricht aus christlicher Sicht dafür, wie vereinbar ist es mit den Grundsätzen einer Kirchenbank? Inwiefern kann von einer Kirchenbank wie Ihrer Nachhaltiges Investment umgesetzt werden?
Richard Böger: Die Kirchenbanken verstehen sich als Teil der Kirche und haben für diese entsprechende Produkte zu entwickeln. Da sich die Kirchen traditionell mit sozialen und ökologischen Fragen recht intensiv beschäftigen, lag es auf der Hand hier bestimmte Produkte anzubieten. So gibt es seit Ende der 1990er Jahre verschiedene Fondsprodukte, die sich der Nachhaltigkeitsthematik annehmen. Im Jahr 2001 wurde sogar von allen Kirchenbanken gemeinsam die "KCD-Familie" ins Leben gerufen, in der sich vorrangig nachhaltige Publikumsfonds befinden. KCD steht für Kirche, Caritas und Diakonie.
Nachhaltige Geldanlagen sind wertorientierte Investments, d. h. aus Sicht einer Kirchenbank müssen sich hier Werte widerspiegeln, die seitens der Kirche vertreten werden. Der schon genannte Prozess "Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung" sowie der "Schutz des menschlichen Lebens" sind Wertvorstellungen, die in den Nachhaltigkeitsprodukten der Kirchenbanken zum Ausdruck kommen müssen. Ziel solcher Produkte ist es, die kirchlichen Diskussionen über Nachhaltigkeit in bestimmten Positiv- wie Negativkriterien zu bündeln und zu schauen, wie sich diese dann in einem Ratingprozess umsetzen lassen.
ECOreporter.de: Was wird seitens der Kirchenbanken unter Nachhaltigem Investment verstanden?
Richard Böger: Der Nachhaltigkeitsidee folgend sind nachhaltige Investments Geldanlagen, die über ökonomische Faktoren hinaus soziale und ökologische Kriterien berücksichtigen. Neben guten Renditeerwartungen wird bei der Anlageauswahl ebenfalls darauf geschaut, wie ein Emittent mit bestimmten sozialen und ökologischen Fragen in seinem Verantwortungsbereich umgeht. Da für die Kirche Nachhaltigkeit ein Prinzip mit großem ethischen Potenzial ist, werden viele Kriterien unter ethischen Gesichtspunkten behandelt. Vor diesem Hintergrund ist es auch erklärlich, dass bei der Auswahl und Prüfung von Ausschlusskriterien auf ethischen Sachverstand aus der Kirche zurückgegriffen wird.
ECOreporter.de: Können Sie Zahlen nennen über das Volumen Nachhaltiger Investments Ihrer Kirchenbank oder von anderen Institutionen der katholischen Kirche?
Richard Böger: Die kirchlichen Institutionen weisen ihren Bestand an nachhaltigen Geldanlagen nicht unbedingt gesondert aus. Von daher ist auch schwer zu beurteilen, wie viel Geld im kirchlichen Bereich wirklich nachhaltig angelegt ist. Als Bank für Kirche und Caritas bieten wir nicht nur bestimmte Publikums- und Spezialfonds unter dem Vorzeichen nachhaltig an. Wir befinden uns seit gut zwei Jahren in einem Prozess, in dem wir unsere Eigenanlagen, sprich die Gelder, die wir auf den Kapitalmarkt geben, unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten anlegen. Hier haben wir mittlerweile eine Quote von rund 60 Prozent erreicht. Unseren Aktienanteil legen wir bereits zu über 95 Prozent nachhaltig an.
ECOreporter.de: Können Sie Zahlen nennen über das allgemein von Ihrer Kirchenbank und/oder von anderen Institutionen der katholischen Kirche verwaltete Vermögen?
Richard Böger: Die Einlagen unserer Kunden in der Bilanz betragen gut 2,5 Milliarden Euro. Die neun Kirchenbanken zusammen haben über 20 Milliarden Euro Kundeneinlagen. Hinzu kommen noch Wertpapiereinlagen und Investmentfonds, die sich nicht in den Bilanzen niederschlagen.
ECOreporter.de: Inwiefern unterscheiden sich in Deutschland die Engagements von einzelnen Kirchenbanken, Landeskirchen, kirchlichen Werken und Organisationen im Bereich des Nachhaltigen Investments; was haben sie gemeinsam?
Richard Böger: Generell haben die einzelnen Diözesen, Landeskirchen und kirchlichen Einrichtungen Finanzhoheit und sind damit nicht an bestimmte, einheitliche Vorgaben hinsichtlich Nachhaltigkeit gebunden. Je nach Sensibilisierung der Finanzverantwortlichen hat das Thema Nachhaltigkeit in den Institutionen ganz unterschiedlich Fuß gefasst. Festhalten lässt sich sicherlich, dass alle Finanzverantwortlichen um das Thema wissen und auch eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung damit erfolgt ist.
Die Kirchenbanken sind alle mit dem Thema Nachhaltigkeit vertraut und verfolgen hierauf aufbauend verschiedene Strategien. Nachhaltige Fondsprodukte sind von den Kirchenbanken inzwischen gemeinsam aufgelegt worden. Es besteht ein Arbeitskreis der Kirchenbanken zum Thema "Nachhaltiges Investment", aus dem verschiedene Aktionen hervorgehen. Und es gibt die eine oder andere Kirchenbank, die ihre Eigenanlagen zunehmend einem Nachhaltigkeitsfilter unterzieht.
Was das Engagement der einzelnen kirchlichen Institutionen und Banken verbindet, sind in vielerlei Hinsicht gemeinsame Nachhaltigkeitskriterien, die vor dem Hintergrund des christlichen Glaubens diskutiert werden. Hierzu zählen unter anderen Militär und Rüstung, Abtreibung, Todesstrafe, Atomenergie, Tierversuche, Kinderarbeit, Menschenrechtsverletzungen etc. Einen verbindlichen gemeinsamen Kriterienkatalog für nachhaltige Geldanlagen im kirchlichen Bereich gibt jedoch weder für die evangelische noch für die katholische Kirche.
ECOreporter.de: In den USA sind ethische Geldanlagen schon fast etwas selbstverständliches und es engagieren sich viele katholische Geistliche bei Aktionärsinitiativen für Klimaschutz und dergleichen. Gibt es innerhalb der Weltkirche, also in Ländern außerhalb Deutschlands, eine Debatte über Nachhaltiges Investment? Sind kirchliche Institutionen in anderen Ländern stärker oder schwächer im Nachhaltigen Investment aktiv als hierzulande?
Richard Böger: Die einzelnen Länder weisen in Bezug auf nachhaltige Geldanlagen recht unterschiedliche Traditionen auf. In Amerika haben sich insbesondere Freikirchen in der Thematik hervorgetan. Auch zwischen evangelischer und katholischer Seite gibt es unterschiedliche Traditionsstränge. Während die katholische Kirche stärker durch die soziale Frage geprägt ist, ist es die evangelische durch die ökologische. Durch den erwähnten Konziliaren Prozess hat sich die gesamte evangelische Kirche der Nachhaltigkeitsthematik angenommen. In bestimmten Memoranden wird immer wieder die Forderung erhoben, dass auch die Kirche hinsichtlich ihrer Geldanlagen ein Zeichen in Richtung Nachhaltigkeit setzen müsse. Dies ist bislang aber nicht flächendeckend umgesetzt worden. Über Engagement- und Shareholder-activism-Prozesse finden sich (noch) keine Aussagen. Speziell in Deutschland sind sie ein "weißer Fleck" auf der Landkarte kirchlichen Nachhaltigkeitsengagements.
Da es im Ausland anders als in Deutschland keine speziellen Kirchenbanken gibt, lassen sich auch kaum Aussagen über Produkte machen, die speziell für Kirchen aufgelegt werden.
ECOreporter.de: Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung des Nachhaltigen Investments seitens der Kirchen und von Kirchenbanken ein?
Richard Böger: Nachhaltigkeit ist für die Kirchen kein "Modethema", sondern ein "Dauerbrenner" - insofern wird sich auch das nachhaltige Investment im kirchlichen Bereich weiter positiv entwickeln. Entscheidend dürfte es sein, qualitativ hochwertige Nachhaltigkeitsprodukte anzubieten, die der Nachhaltigkeitsforderung inhaltlich gerecht werden und keine "Feigenblätter" sind. Gerade für die Thematik hochgradig sensibilisierte Kunden, wie etwa Ordensgemeinschaften, haben hier sehr hohe qualitative Ansprüche.
Nachhaltigkeit ist ein dynamischer Prozess, der eine beständige Weiterentwicklung der Produkte einfordert. Darüber muss man sich im Klaren sein. Die Kirchenbanken sind somit herausgefordert, sich dem Nachhaltigkeitsgedanken in seiner Fortentwicklung stets zu stellen und adäquate Qualitätsprodukte ihrer Kundschaft aus Kirche, Caritas und Diakonie anzubieten.
ECOreporter.de: Herr Böger, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Bild: Richard Böger / Quelle: Kirchenbank Paderborn
ECOreporter.de: Was unterschiedet eine Kirchenbank wie Ihre von anderen, herkömmlichen Banken? Gibt es einen besonderen Auftrag, eine besondere Zielgruppe?
Richard Böger: Kirchenbanken sind Spezialinstitute, die Finanzdienstleistungen zumeist ausschließlich für kirchliche Einrichtungen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erbringen. In Deutschland gibt es neun Kirchenbanken, vier evangelische und fünf katholische. Sie alle sind spezialisiert auf den kirchlichen Bereich und bieten dort ihre Dienstleistungen an. Organisiert sind sie in der Rechtsform der Genossenschaft. Ihre Mitglieder, also die Anteilseigner, sind entsprechend die Kunden aus Kirche, Caritas und Diakonie. Gemäß ihrem Auftrag sind die Kirchenbanken gegründet worden, um ihren Mitgliedern möglichst kostengünstig Bankdienstleistungen anzubieten und die Kunden bei der Verwirklichung ihres Aufgabenfeldes nach Kräften zu unterstützen.
ECOreporter.de: Können Sie Angaben über die Zahl Ihrer Kunden und die Geschäftsentwicklung Ihres Hauses machen? Welche Dienstleistungen bieten Sie Ihren Kunden an?
Richard Böger: Seit Gründung der Bank für Kirche und Caritas im Jahr 1972 ist ihr Geschäftsvolumen beständig gestiegen. Die Bilanzsumme lag im Geschäftsjahr 2005 bei knapp 2,9 Milliarden Euro. Derzeit werden von unserer Bank rund 2.000 institutionelle und etwa 10.000 Privatkunden betreut. Unseren Kunden können wir aufgrund des genossenschaftlichen Verbundsystems die gesamte Palette der Finanzdienstleistungen anbieten. Von unserem Angebot sind wie genauso aufgestellt wie jede andere Geschäftsbank auch. Nachhaltige Geldanlagen bilden bei uns seit knapp vier Jahren einen inhaltlichen Schwerpunkt, der das Profil der Bank für Kirche und Caritas inzwischen wesentlich prägt.
ECOreporter.de: Nach welchen Grundsätzen wirtschaftet Ihre Bank?
Richard Böger: Auch eine Kirchenbank muss wirtschaftlich handeln und "Geld verdienen"; sie ist keine "Sozialeinrichtung". Oberster Grundsatz ist, dass wir ausschließlich dem Wunsch des Kunden entsprechend handeln. Im Unterschied zu anderen Banken sind wir dabei jedoch nicht dem Gewinnmaximierungsprinzip verpflichtet. Gemäß der genossenschaftlichen Idee ist es unser Kennzeichen, den Kunden viel zu geben und wenig von ihnen zu nehmen.
ECOreporter.de: Inwiefern gibt es in Kirchenkreisen eine Diskussion über ethische bzw. ökologische Geldanlage? Gibt es Vorgaben, etwa ein Bischofswort oder eine Publikation anderer höherer Stellen zu diesem Thema?
Richard Böger: Mit dem seit den 1980er Jahren ins Leben gerufenen Konziliaren Prozess "Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung" wurden zentrale Nachhaltigkeitsfragen im kirchlichen Bereich schon lange diskutiert, bevor die Nachhaltigkeitsdiskussion gesamtgesellschaftlich Fuß fassen konnte. Insofern sind viele kirchliche Träger schon seit Jahrzehnten für die ökologische bzw. ethische Geldanlage sensibilisiert. Viele kirchliche Einrichtungen haben sich schon früh mit ihren Geldanlagen beschäftigt und stets Wert darauf gelegt, in bestimmten Branchen nicht investiert zu sein, etwa in der Rüstungs- und Suchtmittelindustrie. Die Kirchen sind somit eigentlich seit den ersten Stunden des nachhaltigen Investments mit dabei und stellen eine seiner tragenden Säulen dar.
Dass Nachhaltigkeit inzwischen als eines der wesentlichen Bausteine einer Gesellschaftsgestaltung aus dem christlichen Glauben anerkannt wird, besagt erstmals das Gemeinsame Wort der evangelischen und katholischen Kirche zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland aus dem Jahr 1997. Dort wird Nachhaltigkeit aus der Perspektive der Bewahrung der Schöpfung für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft als unverzichtbar eingefordert. In weiteren Stellungnahmen wurde diese Sichtweise bekräftigt.
ECOreporter.de: Inwiefern ist Nachhaltiges Investment für Kirchenbanken ein Thema? Was spricht aus christlicher Sicht dafür, wie vereinbar ist es mit den Grundsätzen einer Kirchenbank? Inwiefern kann von einer Kirchenbank wie Ihrer Nachhaltiges Investment umgesetzt werden?
Richard Böger: Die Kirchenbanken verstehen sich als Teil der Kirche und haben für diese entsprechende Produkte zu entwickeln. Da sich die Kirchen traditionell mit sozialen und ökologischen Fragen recht intensiv beschäftigen, lag es auf der Hand hier bestimmte Produkte anzubieten. So gibt es seit Ende der 1990er Jahre verschiedene Fondsprodukte, die sich der Nachhaltigkeitsthematik annehmen. Im Jahr 2001 wurde sogar von allen Kirchenbanken gemeinsam die "KCD-Familie" ins Leben gerufen, in der sich vorrangig nachhaltige Publikumsfonds befinden. KCD steht für Kirche, Caritas und Diakonie.
Nachhaltige Geldanlagen sind wertorientierte Investments, d. h. aus Sicht einer Kirchenbank müssen sich hier Werte widerspiegeln, die seitens der Kirche vertreten werden. Der schon genannte Prozess "Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung" sowie der "Schutz des menschlichen Lebens" sind Wertvorstellungen, die in den Nachhaltigkeitsprodukten der Kirchenbanken zum Ausdruck kommen müssen. Ziel solcher Produkte ist es, die kirchlichen Diskussionen über Nachhaltigkeit in bestimmten Positiv- wie Negativkriterien zu bündeln und zu schauen, wie sich diese dann in einem Ratingprozess umsetzen lassen.
ECOreporter.de: Was wird seitens der Kirchenbanken unter Nachhaltigem Investment verstanden?
Richard Böger: Der Nachhaltigkeitsidee folgend sind nachhaltige Investments Geldanlagen, die über ökonomische Faktoren hinaus soziale und ökologische Kriterien berücksichtigen. Neben guten Renditeerwartungen wird bei der Anlageauswahl ebenfalls darauf geschaut, wie ein Emittent mit bestimmten sozialen und ökologischen Fragen in seinem Verantwortungsbereich umgeht. Da für die Kirche Nachhaltigkeit ein Prinzip mit großem ethischen Potenzial ist, werden viele Kriterien unter ethischen Gesichtspunkten behandelt. Vor diesem Hintergrund ist es auch erklärlich, dass bei der Auswahl und Prüfung von Ausschlusskriterien auf ethischen Sachverstand aus der Kirche zurückgegriffen wird.
ECOreporter.de: Können Sie Zahlen nennen über das Volumen Nachhaltiger Investments Ihrer Kirchenbank oder von anderen Institutionen der katholischen Kirche?
Richard Böger: Die kirchlichen Institutionen weisen ihren Bestand an nachhaltigen Geldanlagen nicht unbedingt gesondert aus. Von daher ist auch schwer zu beurteilen, wie viel Geld im kirchlichen Bereich wirklich nachhaltig angelegt ist. Als Bank für Kirche und Caritas bieten wir nicht nur bestimmte Publikums- und Spezialfonds unter dem Vorzeichen nachhaltig an. Wir befinden uns seit gut zwei Jahren in einem Prozess, in dem wir unsere Eigenanlagen, sprich die Gelder, die wir auf den Kapitalmarkt geben, unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten anlegen. Hier haben wir mittlerweile eine Quote von rund 60 Prozent erreicht. Unseren Aktienanteil legen wir bereits zu über 95 Prozent nachhaltig an.
ECOreporter.de: Können Sie Zahlen nennen über das allgemein von Ihrer Kirchenbank und/oder von anderen Institutionen der katholischen Kirche verwaltete Vermögen?
Richard Böger: Die Einlagen unserer Kunden in der Bilanz betragen gut 2,5 Milliarden Euro. Die neun Kirchenbanken zusammen haben über 20 Milliarden Euro Kundeneinlagen. Hinzu kommen noch Wertpapiereinlagen und Investmentfonds, die sich nicht in den Bilanzen niederschlagen.
ECOreporter.de: Inwiefern unterscheiden sich in Deutschland die Engagements von einzelnen Kirchenbanken, Landeskirchen, kirchlichen Werken und Organisationen im Bereich des Nachhaltigen Investments; was haben sie gemeinsam?
Richard Böger: Generell haben die einzelnen Diözesen, Landeskirchen und kirchlichen Einrichtungen Finanzhoheit und sind damit nicht an bestimmte, einheitliche Vorgaben hinsichtlich Nachhaltigkeit gebunden. Je nach Sensibilisierung der Finanzverantwortlichen hat das Thema Nachhaltigkeit in den Institutionen ganz unterschiedlich Fuß gefasst. Festhalten lässt sich sicherlich, dass alle Finanzverantwortlichen um das Thema wissen und auch eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung damit erfolgt ist.
Die Kirchenbanken sind alle mit dem Thema Nachhaltigkeit vertraut und verfolgen hierauf aufbauend verschiedene Strategien. Nachhaltige Fondsprodukte sind von den Kirchenbanken inzwischen gemeinsam aufgelegt worden. Es besteht ein Arbeitskreis der Kirchenbanken zum Thema "Nachhaltiges Investment", aus dem verschiedene Aktionen hervorgehen. Und es gibt die eine oder andere Kirchenbank, die ihre Eigenanlagen zunehmend einem Nachhaltigkeitsfilter unterzieht.
Was das Engagement der einzelnen kirchlichen Institutionen und Banken verbindet, sind in vielerlei Hinsicht gemeinsame Nachhaltigkeitskriterien, die vor dem Hintergrund des christlichen Glaubens diskutiert werden. Hierzu zählen unter anderen Militär und Rüstung, Abtreibung, Todesstrafe, Atomenergie, Tierversuche, Kinderarbeit, Menschenrechtsverletzungen etc. Einen verbindlichen gemeinsamen Kriterienkatalog für nachhaltige Geldanlagen im kirchlichen Bereich gibt jedoch weder für die evangelische noch für die katholische Kirche.
ECOreporter.de: In den USA sind ethische Geldanlagen schon fast etwas selbstverständliches und es engagieren sich viele katholische Geistliche bei Aktionärsinitiativen für Klimaschutz und dergleichen. Gibt es innerhalb der Weltkirche, also in Ländern außerhalb Deutschlands, eine Debatte über Nachhaltiges Investment? Sind kirchliche Institutionen in anderen Ländern stärker oder schwächer im Nachhaltigen Investment aktiv als hierzulande?
Richard Böger: Die einzelnen Länder weisen in Bezug auf nachhaltige Geldanlagen recht unterschiedliche Traditionen auf. In Amerika haben sich insbesondere Freikirchen in der Thematik hervorgetan. Auch zwischen evangelischer und katholischer Seite gibt es unterschiedliche Traditionsstränge. Während die katholische Kirche stärker durch die soziale Frage geprägt ist, ist es die evangelische durch die ökologische. Durch den erwähnten Konziliaren Prozess hat sich die gesamte evangelische Kirche der Nachhaltigkeitsthematik angenommen. In bestimmten Memoranden wird immer wieder die Forderung erhoben, dass auch die Kirche hinsichtlich ihrer Geldanlagen ein Zeichen in Richtung Nachhaltigkeit setzen müsse. Dies ist bislang aber nicht flächendeckend umgesetzt worden. Über Engagement- und Shareholder-activism-Prozesse finden sich (noch) keine Aussagen. Speziell in Deutschland sind sie ein "weißer Fleck" auf der Landkarte kirchlichen Nachhaltigkeitsengagements.
Da es im Ausland anders als in Deutschland keine speziellen Kirchenbanken gibt, lassen sich auch kaum Aussagen über Produkte machen, die speziell für Kirchen aufgelegt werden.
ECOreporter.de: Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung des Nachhaltigen Investments seitens der Kirchen und von Kirchenbanken ein?
Richard Böger: Nachhaltigkeit ist für die Kirchen kein "Modethema", sondern ein "Dauerbrenner" - insofern wird sich auch das nachhaltige Investment im kirchlichen Bereich weiter positiv entwickeln. Entscheidend dürfte es sein, qualitativ hochwertige Nachhaltigkeitsprodukte anzubieten, die der Nachhaltigkeitsforderung inhaltlich gerecht werden und keine "Feigenblätter" sind. Gerade für die Thematik hochgradig sensibilisierte Kunden, wie etwa Ordensgemeinschaften, haben hier sehr hohe qualitative Ansprüche.
Nachhaltigkeit ist ein dynamischer Prozess, der eine beständige Weiterentwicklung der Produkte einfordert. Darüber muss man sich im Klaren sein. Die Kirchenbanken sind somit herausgefordert, sich dem Nachhaltigkeitsgedanken in seiner Fortentwicklung stets zu stellen und adäquate Qualitätsprodukte ihrer Kundschaft aus Kirche, Caritas und Diakonie anzubieten.
ECOreporter.de: Herr Böger, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Bild: Richard Böger / Quelle: Kirchenbank Paderborn