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Als die Windkraft noch in den Windeln lag - ECOreporter.de-Gesprächsrunde mit den Energiekontor-AG-Vorständen und den Gründern und Aufsichtsräten zum 20. Geburtstag




Unsere Gesprächspartner:
Peter Szabo, 44 Jahre, Dipl.-Kaufmann, Vorstand der Energiekontor AG
Dirk Gottschalk, 42 Jahre, Dipl.-Wirtschaftsingenieur, Vorstand der Energiekontor AG
Dr. Bodo Wilkens, 52 Jahre, Dipl.-Wirtschaftsingenieur, Gründer und Aufsichtsrat der Energiekontor AG
Günter Lammers, 51 Jahre, Kaufmann, Gründer und Aufsichtsrat der Energiekontor AG


ECOreporter.de: Mit was für Zahlen ist die Energiekontor AG 1990 gestartet?

Günter Lammers: Eigentlich sind wir mit nichts als einer Idee gestartet: der Idee, einzelne Windkraftanlagen zu bauen, zu vermarkten und den Betrieb zu führen. Im Kern ist das auch heute noch unser Geschäft.

Bodo Wilkens: Wir sind nicht mit einem Plan gestartet, hatten weder Equity Partner noch Banken im Hintergrund. Angefangen haben wir zu zweit, wir kannten uns von der Schulzeit her und hatten von dem 1990 verabschiedeten Stromeinspeisegesetz gehört, das eine Vergütung für Windstrom vorsah. Darauf haben wir uns an der Küste Flächen angeschaut, die uns für Windkraftprojekte geeignet erschienen.

Günter Lammers: Als wir anfingen, war die spätere Entwicklung ja bei weitem noch nicht abzusehen. Energiekontor wurde mit einem Startkapital von 20.000 D-Mark gegründet und steht heute mit einer Marktkapitalisierung von rund 50 Millionen Euro da. Wir haben unsere ersten Projekte nur nebenbei geplant, erst mit der Zeit das Windkraftgeschäft professionell betrieben und ein Büro in Bremerhaven aufgemacht. Dann aber ging alles sehr schnell. 1994 haben wir die ersten beiden Windparks in Misselwarden und Wremen-Grauwallkanal errichtet.

Bodo Wilkens: In den ersten Jahren gab es noch staatliche Fördermittel, durch die Windkraftprojekte erst rentabel wurden, vom Bund und vom Land Niedersachsen. Die Fortschritte bei der Leistung der Windräder kamen sehr schnell, was eine starke Kostendegression ermöglichte, die neben der Einspeisevergütung das Geschäft beflügelt hat. Schon Mitte der 90er Jahre waren dann ja 500 MW in Deutschland installiert.

Günter Lammers: Mitte der 90er Jahre hätte niemand erwartet, dass die Erneuerbaren Energien einmal einen Anteil an der Stromversorgung von 16 Prozent erreichen. Allenfalls ein Anteil von 5 Prozent war damals vorstellbar. Bis heute hat Energiekontor alleine 500 MW an Windkraftleistung installiert.

ECOreporter.de: Welche Hindernisse mussten Windkraftprojektierer in den 90er Jahren überwinden? Gab es Widerstand gegen eine „Verspargelung“ der Landschaft?

Bodo Wilkens: An den Küsten gab es kaum Widerstände gegen Windkraft. In der Öffentlichkeit gab es eine Diskussion ja auch erst so ab 2000, als durch die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) eine Art Boom einsetzte. Ein Problem war damals allenfalls die starke Lobbyarbeit der Energiekonzerne, gegen die man sich als Windkraftprojektierer durchsetzen musste.

ECOreporter.de: Was war vor 20 Jahren das vorrangige Ziel: der unternehmerische Erfolg oder der Erfolg der Erneuerbaren Energien?

Günter Lammers: Wir verstehen uns natürlich als Unternehmer. Aber Bodo Wilkens und ich, wir kamen beide aus der Bewegung gegen Atomkraft und hatten das gemeinsame Ziel, die Erneuerbaren Energien voran zu bringen.

ECOreporter.de: Wenn Sie Ihre Hoffnungen zum Start der Energiekontor hinsichtlich des Erfolgs der EE mit der Realität heute vergleichen: Inwiefern hat die Realität die Träume übertroffen?

Günter Lammers: Wir hatten in unseren Anfängen das Ziel, pro Jahr einen Windpark umzusetzen, mit 1 -2 MW Windkraftleistung. Zunächst standen ja nur Anlagen mit 100 kW zur Verfügung, wir haben Projekte mit 10-15 Windrädern in Angriff genommen.

Bodo Wilkens: Heute sind ja 2 MW Standard, mit Trend zu 3 MW. Doch damals ist ein ganzer Windpark nur auf 1 MW gekommen. Windkraftanlagen mit 1 MW standen uns ja erst gegen Ende der 90er Jahre zur Verfügung.

ECOreporter.de: Was war ausschlaggebend für das starke Wachstum der Windkraft im Allgemeinen und für den Erfolg von Energiekontor im Besonderen?

Bodo Wilkens: Die Entwicklung ist sehr schnell dahin gekommen, dass sich die Kosten für Windstrom nicht mehr großartig unterscheiden von den Kosten für Atom- oder Kohlestrom. Dass es gelungen ist, so schnell auf dieses Kostenniveau zu kommen, war für den Erfolg des Windkraftsektors sehr wichtig. Was unseren Erfolg angeht, so halte ich das Engagement und die Motivation der Mitarbeiter von Energiekontor für entscheidend. Unsere Mitarbeiter stehen zur Windkraft und wollen mit dem Unternehmen etwas bewegen. Ferner zeichnet uns aus, dass wir bei den Projekten auf lokale Gegebenheiten eingehen, uns daran orientieren. Wir haben keinen Masterplan, den wir überstülpen, sondern reagieren auf die Bedürfnisse vor Ort. Die regionale Anbindung ist für uns sehr wichtig und hilfreich.

Günter Lammers: Mittlerweile ist es natürlich auch bedeutsam, dass wir international diversifiziert sind und daher das Auf und Ab in verschiedenen Märkten ausgleichen können. Wir haben uns ja schon sehr früh ins Ausland gewagt, schon 1995 Tochtergesellschaften in Portugal und in Griechenland gegründet. 1999 erfolgte der Schritt nach Großbritannien. Um im Ausland expandieren zu können, haben wir dann 2000 den Börsengang gewagt.

ECOreporter.de: In ihren Anfangen war die EE-Branche, so wie wir es empfanden, durchaus gesegnet mit einem Schuss Revoluzzertum – als Antrieb für den Erfolg. Welche Managementqualitäten sind in der heutigen Phase die allerwichtigsten?

Bodo Wilkens: Weiterhin sind die Motivation der Mitarbeiter und ihr Engagement für Erneuerbare Energien von großer Bedeutung. Aber natürlich ist es mit der zunehmenden Größe von Energiekontor wichtig geworden, einen Sinn für Wirtschaftlichkeit und für Organisation zu haben.

Peter Szabo: Ich bin ja vor zehn Jahren ins Unternehmen gekommen und kann sagen, dass damals noch Quereinsteiger und Leute aus der Öko-Szene im Windkraftbereich eine große Rolle spielten. Seit dem Börsengang gab es eine zunehmende Professionalisierung, sowohl bei den Mitarbeitern als auch beim Management. Bei der jetzigen Größe sind bei Energiekontor Managementqualitäten so gefragt wie in anderen Unternehmen auch.

Dirk Gottschalk: Die Summe der Risiken ist ja gestiegen und muss beherrscht werden. Das erfordert eine hohe Professionalisierung.

ECOreporter.de: Welchen Einfluss haben die Firmengründer heute noch auf das Unternehmen, wer entscheidet über die Richtung der weiteren Entwicklung?

Dirk Gottschalk: Die Gründer sind über ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat in richtungsweisenden Entscheidungen eingebunden und stehen als Berater zur Verfügung. Die wesentlichen Entscheidungen trifft der Vorstand.

ECOreporter.de: Inwiefern unterscheidet sich Energiekontor heute von Großkonzernen, die sich im Geschäft mit Erneuerbaren Energien tummeln?

Dirk Gottschalk: Wir haben keine starre Organisationsform, vielmehr gibt es bei uns ein ständiges Experimentieren damit. Bei uns wird immer wieder experimentiert, ausprobiert, verworfen. Das betrachte ich als großen Vorteil gegenüber großen Entwicklern und Energieversorgern.

Peter Szabo: Die Bürokratisierung, die es mit dem Börsengang bei uns gegeben hat, wurde zum Beispiel schnell wieder verworfen. Denn die funktioniert bei uns nicht. Bei Energiekontor gibt es flache Hierarchien und es wird teamorganisiert gearbeitet, das funktioniert viel besser. Ich denke, es sind vor allem die kurzen und schnellen Entscheidungswege und die hohe Flexibilität, die uns von den Großkonzernen unterscheiden.

Dirk Gottschalk: Das „Humankapital“ von Energiekontor, die Kreativität und die Flexibilität der Mitarbeiter, sind entscheidend für unseren Erfolg.

Morgen veröffentlichen wir die Fortsetzung des Interviews.

Energiekontor AG ISIN DE0005313506 / WKN 531350

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