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Am Abgrund? – Die DTB Deutsche Biogas AG plant „massive Entschuldung“ und wehrt sich gegen schwere Vorwürfe ehemaliger Weggefährten



Die Deutsche Biogas AG mit Sitz im niedersächsischen Friesoythe realisiert und betreibt im Kerngeschäft Biogasanlagen in Deutschland. Außerdem forscht und entwickelt das Unternehmen an Substraten, um die Rohstoffzufuhr für Biogasreaktoren möglichst effizient zu halten. Bislang waren Partnerschaften mit Landwirten ein wichtiger Bestandteil des Geschäftsmodells. Dabei ist DTB AG für Projektierung und Realisierung der Bauvorhaben zuständig, während die Landwirte für Baugrundstücke sowie die nötige Rohstoffversorgung sorgen sollen. Der Anlagebetrieb läuft dann über gemeinsame Betreibergesellschaften, mit dem jeweiligen Landwirt in der Geschäftsführung. Mit zwölf Landwirten existieren solche Partnerschaften. Insgesamt beläuft sich die elektrische Leistung der laufenden Biogasreaktoren des Unternehmens auf 15 Megawatt. Wie es ECOreporter.de auf Nachfrage mitteilte, befinden sich 19 Projekte in verschiedenen Stadien der Realisierung.

Mit dem bisherigen Geschäftsmodell hat das Unternehmen offenbar mehrfach Bauchlandungen erlitten und verschiedene Geschäftspartner schwer gegen sich aufgebracht, darunter Landwirte ebenso wie andere Branchenunternehmen und Banken. Davon zeugt eine Reihe von Medienberichten, in denen ehemalige Partner und Mitarbeiter der Deutsche Biogas AG von systematisch „übervorteilten Landwirten“, „notorisch überschuldeten“ Betreibergesellschaften, niemals fertiggestellten Bauruinen und schlechter Zahlungsmoral berichten.

Geschäftsgebahren in der Kritik

Die Liste der Vorwürfe gegen den Vorstandsvorsitzenden und Hauptaktionär der DTB Biogas AG Horst Lammers, beziehungsweise sein Unternehmen, ist lang. Unter Bezug auf ehemalige Vertraute und Landwirte wird der DTB Biogas AG vorgeworfen, sie habe eine Biogasanlage nach der anderen errichtet und so bei Anlagebauern und Banken Schulden in Millionenhöhe angehäuft. Diese wiederum sollen teils von den Konten der Betreibergesellschaften bedient worden sein. Zudem sollen große Teile der Erträge einzelner Biogasanlagen an die hauseigene Service-Tochtergesellschaft der Deutsche Biogas AG geflossen sein, anstatt aufgeteilt zu werden. Die DTB Deutsche Biogas AG soll versucht haben, systematisch den Einfluss der Landwirte auf die Biogas-Betriebsgesellschaften klein zu halten. Außerdem soll die Dienstleistungsgesellschaft der DTB Deutsche Biogas AG deutlich überhöhte Rechnungen an die Betreibergesellschaften gestellt haben. Ein Landwirt, der dem Unternehmen lediglich Land in Erbpacht überlassen haben will, warf dem Unternehmen bereits 2011 vor, es habe Pachtzahlungen über Jahre verschleppt. Diese hätten schließlich erst mit juristischer Hilfe eingetrieben werden können. Außerdem sollen sich Bauvorhaben so verzögert haben, dass einzelne Landwirte Kredite für das Bauland und den bereits gestarteten Rohstoffanbau nicht mehr bedienen konnten. Die Folge sollen „mehrere Bauruinen“ von begonnenen Biogasvorhaben der DTB – Deutsche Biogas AG sein. Darüber berichtete unter anderem das Nachrichtenmagazin der Spiegel.

„Die in der Vergangenheit regelmäßig von einzelnen Medienvertretern zitierten Vorwürfe sind der DTB – Deutsche Biogas AG bekannt, jedoch distanziert sie sich von diesen Vorwürfen“, erklärt Unternehmenssprecher Christian Ortmann gegenüber ECOreporter.de. „Die angesprochenen Presseberichte basierten überwiegend von einer langjährige Auseinandersetzung mit einem bestimmten Landwirt aus der Region – seinerzeit Anlagenbetreiber – von dem man sich trennte, um weiteren Schaden von der Gesellschaft abzuwenden“, so Ortmann weiter. Von Bauruinen könne jedoch keine Rede sein. In Einzelfällen hätten nicht kalkulierbare Vorfälle wie Sturmschäden zu vorübergehenden Baustopps geführt. Die Bauarbeiten seien jedoch wieder aufgenommen worden, versichert der Unternehmenssprecher.

In 2012 bescherte der DTB Deutsche Biogas AG die im Oktober geplatzte Übernahme durch die KTG Energie AG aus Hamburg einen weiteren Image-Schaden. Das Geschäft war auf der Zielgeraden gescheitert. Nachdem schon eine verbindliche Vereinbarung zwischen den involvierten Parteien bestanden habe, habe die DTB – Deutsche Biogas AG und ihr Vorstandsvorsitzender und Hauptaktionär Horst Lammers „transaktionserhebliche Unterlagen nicht fristgerecht dargelegt und die Verhandlungen unvermittelt abgebrochen“, hatte die KTG Energie AG unmittelbar danach geklagt. „Die DTB – Deutsche Biogas AG und Horst Lammers haben entschieden, die mit der KTG geführten Gespräche über eine Übernahme der Aktienmehrheit an der DTB - Deutsche Biogas AG abzubrechen und danach auf die Übergabe weitere transaktionsrelevante Unterlagen verzichtet“, schildert der Sprecher der DTB Deutsche Biogas AG den Ablauf aus seiner Sicht. Bei den Verhandlungen sei in wesentlichen Punkten keine Einigung erzielt worden, erklärt er.

Konzernverlust und Schuldenberg in zweistelliger Millionenhöhe


Für das erste Halbjahr 2012/2013 (Bilanzstichtag 30.9.2012) verbuchte die DTB – Deutsche Biogas AG 1,9 Millionen Euro Verlust auf Konzernebene (ECOreporter.de Opens external link in new windowberichtete). Demnach lag die Eigenkapitalquote zu diesem Zeitpunkt bei rund 22,4. Prozent. Die Schulden gegenüber Banken und aus Lieferungen und Leistungen beliefen sich zusammengenommen auf 58,6 Millionen Euro, wobei 44,2 Millionen Euro davon laut der Halbjahresbilanz aus Verbindlichkeiten gegenüber Geldinstituten herrührten. Dabei war 2012 ohnehin kein gutes Jahr für die Biogasbranche. Weil die Bundesregierung die Einspeisevergütung für neue Biogasanlagen in Deutschland zu Beginn des vergangenen Jahres deutlich gesenkt hatte, kam es zum Markteinbruch in Deutschland. Dazu befragt, inwiefern sich der Einschnitt bei der Einspeisevergütung auf die 19 noch nicht fertiggestellten Anlagen der DTB Deutsche Biogas AG auswirkt, erklärt Ortmann lediglich, dass dies „bei der Planung und dem Bau berücksichtigt“ werde.

Der offizielle Grund dafür, dass die DTB Deutsche Biogas AG in die roten Zahlen geriet, sind Verzögerungen bei einzelnen Biogasvorhaben. Unternehmenssprecher Ortmann präzisiert das Problem: „Die DTB – Deutsche Biogas AG tritt während der Projektierung und während der Bauphase der einzelnen Biogasanlagen finanziell in Vorleistung. Die Refinanzierung erfolgt folglich erst nach Fertigstellung und Inbetriebnahme der Anlage. Kommt es während der Bauphase zu Verzögerungen, führt dies in der Regel zu einem erheblichen Anstieg der Kosten. Somit mussten wir in der ersten Geschäftsjahreshälfte trotz Umsatzsteigerungen erstmalig einen Konzernfehlbetrag hinnehmen.“

Befürchtungen, dass die DTB Deutsche Biogas AG oder Teile der Firmengruppe wie etwa einzelne Betreibergesellschaft überschuldet oder zahlungsunfähig sein könnten, weist der Unternehmenssprecher entschieden zurück: „Die Planung, Errichtung und der Betrieb von Biogasanlagen ist gerade zu Beginn eines Projektes sehr kapitalintensiv. Insofern lässt sich ein solches Projekt ohne Fremdfinanzierung, also Verschuldung, nicht realisieren“, sagt Ortmann.

Verkauf zahlreicher Projekte soll zur Entschuldung beitragen

Die DTB Deutsche Biogas AG habe mit einer strategischen Kurskorrektur reagiert, führt der Sprecher an. Künftig konzentriere sich das Projektgeschäft auf größere Biogasanlagen ab 750 kW Leistungskapazität an Industriestandorten. Dies verbessere unter anderem die Möglichkeiten, die Wärme der Anlagen zu nutzen und sei deshalb effizienter und wirtschaftlicher. Bislang hatte das Unternehmen vor allem auf kleinere Biogaskraftwerke mit maximal 500 kW Leistung auf Flächen nahe Landwirtschaftsbetrieben gesetzt. Dies hat einen einfachen Grund: denn Biogasanlagen, die diese beiden Voraussetzungen erfüllen, werden baurechtlich bevorzugt genehmigt. Die Abkehr von diesem Geschäftsmodell begründet Ortmann wie folgt: „Die Projektierung ist im laufenden Geschäftsjahr hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Für einige Anlagen konnten aus verschiedenen Gründen keine angemessene Finanzierung vereinbart werden. Die Konzentration auf die Errichtung von Biogasanlagen mit mindestens 750 KW Anlagenleistung  an Industriestandorten ermöglicht unserer Gesellschaft eine größere dimensionierte Planung und eine verbesserte Flächennutzung, im Hinblick auf das Kosten- Ertrags-Verhältnis.“  Außerdem gehe es darum, Kostenstruktur des Unternehmens zu verbessern und die Effizienz der Biogasanlagen im Eigenbetrieb zu steigern, erläutert Ortmann.

 „Unsere Planung beinhaltet Verkäufe von Biogasprojekten, die zu massiver Entschuldung und Liquiditätszuführung der AG führen. Die Deutsche Biogas Gruppe folgt damit einer vollständigen Neuordnung der Fremdfinanzierung“, fährt er fort. Im aktuellen Halbjahresbericht ist dazu zu lesen, dass das Unternehmen bislang sechs Biogasprojekte, die teils noch im Bau und teils bereits in Betrieb sind, verkauft hat und, dass weitere folgen sollen. Ziel dieser Konsolidierung sei es, „die Deutsche Biogas zum ganzheitlichen Energieanbieter für den Bereich Strom und Gas zu entwickeln.“

Die Börsianer vertrauen offenbar nicht darauf, dass der DTB Deutsche Biogas AG die Trendwende gelingt. Sie fassen die Aktie des Unternehmens nur noch mit spitzen Fingern an. Beim Börsendebüt Anfang 2011 mit 8,75 Euro gestartet ging sie am gestrigen Montag mit nur noch 1,41 Euro aus dem Handel. Auf Jahressicht hat sich die Aktie um 73 Prozent verbilligt. ECOreporter.de sieht darin keine günstige Gelegenheit zum Einstieg sondern rät vielmehr, die Beteiligung zu verkaufen.

DTB Deutsche Biogas AG: ISIN DE000A1E8988 / WKN A1E898
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