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Auswahlkriterium Profit - Aktie von Palmöl-Gigantin trotz Vertreibung von Ureinwohnern in "grünen" Investmentfonds


„Zuerst kamen die Bulldozer, danach wurde verhandelt“, sagt Ute Bertrand von der Umweltorganisation Robin Wood zum Vorgehen von Asiatic Persada und Wilmar. Seit Längerem beobachtet diese Nicht-Regierungsorganisation (NGO) zusammen mit 'Rettet den Regenwald' die Geschehnisse in der indonesischen Provinz Jambi. Sie kritisiert die Methoden der Wilmar International Ltd. (Firmensitz in Singapur) und ihrer Partner in Indonesien. Im August 2011 hat Asiatic Persada in der Provinz Jambi auf Sumatra 83 Häuser von Ureinwohnern abreißen lassen. An der Stelle des Dorfes namens Sungai Beruang sollte eine weitere Plantage zur Palmölproduktion angelegt werden. Mehrere Hundert Menschen wurden dadurch obdachlos. Die Geschichte machten NGOs 'Robin Wood' und 'Rettet den Wald' öffentlich.

Aggressive Expansion

Der Fall in der Provinz Jambi sei nicht der einzige seiner Art in Indonesien. Vielmehr habe das rabiate Vorgehen der lokalen Palmölproduzenten Methode, erklärt Peter Gerhard, Fachreferent für Tropenwald bei Robin Wood: „Das Tochterunternehmen von Wilmar International, PT Asiatic Persada, verfügt in Indonesien über 27000 Hektar an Palmölplantagen. Die Besitzrechte auf etwa der Hälfte dieser Ländereien sind nicht ausreichend geklärt“. Korruption und Willkür der Behörden seien ein fruchtbarer Boden für solche Unternehmen ohne Skrupel, fügt Gerhard hinzu.

Zwar hat sich das zuständige indonesische Gericht bereits 2004 dafür ausgesprochen, dass die Einwohner ein absolutes Besitzrecht auf Grund und Boden haben, auf dem sie leben. Die Wirklichkeit sehe jedoch anders aus, erklärt Gerhard: „Die Unternehmen nutzen dort ihren Einfluss aus und wenden die Gesetze aus der Kolonialzeit an. Sie erlauben den Vertretern des Staates, große Ländereien an Konzerne für 20 bis 25 Jahre zu verpachten, auch ohne Zustimmung der Bevölkerung, wenn es sein muss“.

Forderungen werden ausgesessen

Was die geschädigten Dorfbewohner verlangen, ist simpel: Wideraufbau ihres Dorfes auf der gleichen Stelle. „Dazu ist Wilmar nicht bereit, denn das könnte eine für den Konzern sehr kostenintensive Kettenreaktion in Indonesien auslösen“, erklärt Gerhard. Den Betroffenen gehe nun ums Prinzip, seit mehreren Generationen schon seien sie hier sesshaft, sie seien mit dem Ort tief verwurzelt, so Gerhard.

Bildhinweis: Indonesische Dorfbewohner protestieren gegen ihre Vertreibung / Quelle: Robin Wood


Die Weltbank vermittelt zurzeit in einem Schlichtungsverfahren zwischen Wilmar und den Vertretern der vertriebenen Dorfbewohner und lotet die Kompromissmöglichkeiten aus. Laut Gerhard hat Wilmar International bereits finanzielle Entschädigung an die Betroffenen vorgeschlagen. Unbestätigten Angaben zufolge soll sie bei etwa 1000 Euro pro Familie gelegen haben. Das lehnten die Ureinwohner ab. Ebenfalls abgelehnt wurde der Vorschlag des Unternehmens an die Vertriebenen, in die alten Baracken der Arbeiter von Wilmar einzuziehen.

Trotz mehrerer Anfragen der ECOreporter-Redaktion nahm Wilmar nicht zu den Vorkommnissen Stellung. Fest steht: „Die betreffende Plantage ist bis jetzt von TÜV Rheinland wegen ungelösten Landeskonflikten nicht zertifiziert worden“, sagte Frank Dudley vom TÜV Rheinland.

Auf der Homepage der NGO 'Rettet den Regenwald' berichtet ein Anwalt der vertriebenen Familien über den Besuch eines Wilmar-Vertreters, der umgeben von Bodyguards das Gelände der zerstörten Siedlung besichtigte und 20 Kilogramm-Reissäcke für die Dorfbewohner mitbrachte: Jeweils einen Sack pro obdachlose Familie.

Wilmar und Nachhaltigkeitsfonds? Das geht


Ungeachtet der Vorwürfe, die gegen Wilmar erhoben werden, führen Credit Suisse und BNP Paribas die Aktie in ihren grünen Fonds: „CS ETF (IE) on Credit Suisse Global Alternative Energy“ (ISIN: IE00B3YKW880) und „BNP PARIBAS L1 Green Tigers (Fortis L Fund Green Tigers)“ (ISIN: LU0374654613).

Bildhinweis: Peter Gerhardt, Referent für Tropenwald bei Robin Wood / Quelle: Robin Wood

In dem Portfolio des „Credit Suisse Global Alternative Energy“ – eines Indexbasierten Fonds(ETF) - zählt die Wilmar-Aktie mit einem Anteil von 7,66 Prozent (Stand März 2011) zu den größten Positionen im Portfolio. Das Portfolio wird laut Prospekt nach den Kriterien eines Referenzindex zusammengestellt, der die Performance der Märkte für alternative Energien reflektiert. Die besten 30 Unternehmen in fünf Sektoren (Erdgas, Wind, Solar, Bioenergie/Biomasse und Erwärme/Hydroenergie/Brennstoffzellen/Batterien) seien darin vertreten, jedoch nicht mehr als 20 Prozent pro Sektor und nicht mehr als 10 Prozent je Unternehmen, heißt es in der Fondsbeschreibung.

Auf Anfrage von ECOreporter bestätigte ein Sprecher der Credit Suisse: „Die Indexmitglieder werden aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit sowie ihrer Marktkapitalisierung und Liquidität selektiert, ein Nachhaltigkeitskriterium wird bei diesem Index nicht angewendet“. Ein wichtiges Entscheidungskriterium sei der Profit, und da es kein Nachhaltigkeitsfonds sei, müsse auch keine Nachhaltigkeit zwingend drin sein, so das offizielle Statement.

Bildhinweis: Palmölplantage auf Sumatra / Quelle Robin Wood


Ähnlich sieht es mit dem Produkt des französischen Finanzriesen Paribas aus. Der Fonds „BNP PARIBAS L1 Green Tigers (Fortis L Fund Green Tigers)“ investiert nach eigenen Angaben mindestens zwei Drittel des Vermögens des Teilfonds in Aktien oder andere Anteile am Eigenkapital der Unternehmen, „die nachhaltige Lösungen für die Umweltprobleme Asiens bieten“. Dazu zählt BNP offenbar die Wilmar- Aktie, die mit aktuell 4,71 Prozent auch hier zu den größten Positionen im Fondsportfolios gehört.

Das restliche Drittel des Fondsportfolios kann in „beliebige andere handelbare Wertpapiere, Geldmarktinstrumente und Derivate“ investiert werden. So ist beispielsweise die Luft- und Raumfahrtindustrie & Verteidigungsindustrie mit 6,55 Prozent in diesem Fonds vertreten. „Einzelne Vermögenswerte des Fonds wird BNP Paribas nicht kommentieren“, sagte Sprecher von Paribas Dirk-Michael Mitter auf Anfrage von ECOreporter.

Wilmar hat vorgesorgt

Wilmar beliefert mit mehreren hunderttausend Tonnen Palmöl  große europäische Lebensmittelkonzerne wie Nestlé und Unilever, einem Konzern von Weltformat mit einem umfangreichen Nachhaltigkeitskonzept. Schon 2008 beschloss Unilever, ab 2015 das bei der Produktion verwendete Palmöl zu 100 Prozent aus nachweislich nachhaltigem Anbau stammt. Doch Wilmar muss sich dank eines „Zertifizierungsprogramms“ keine Sorgen um die Lieferverträge mit Unilever machen.
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