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Baustelle Solar Millennium AG: Verkauf von US-Projekten noch immer in der Schwebe, weiteres Beteiligungsangebot gestoppt - Analyst skeptisch
Die Spezialistin für solarthermische Großkraftwerke (CSP) hatte zunächst im August überraschend bekannt gegeben, bei ihren US-Projekten mit einer geplanten Gesamtleistungskapazität 2,25 Gigawatt einen Technologieschwenk durchzuführen. Sie sollten nun als Photovoltaik-Anlagen umgesetzt werden, obwohl Solar Millennium mit dieser Technologie noch keine Erfahrungen gemacht hatte (wir berichteten). Viele Börsianer konnten diesen Schwenk offenkundig nicht nachvollziehen und trennten sich von der Aktie, die binnen weniger Tage rund 80 Prozent an Wert verlor. Zudem warf Vorstandschef Dr. Christian Wolff das Handtuch und zog sich wenig später auch Hannes Kuhn zurück, Unternehmensgründer und Aufsichtsrat von Solar Millenium. All dies belastete den Aktienkurs. Der Anteilsschein notiert heute mit 0,98 Euro rund 95 Prozent unter dem Vorjahreskurs.
„Solar Millennium hat seit dem Scheitern der bisherigen Pläne für den Ausbau der US-Projekte erheblich an Marktkapitalisierung und Vertrauen verloren“, stellte Unternehmenssprecher Hans Obermaier dazu auf Anfrage von ECOreporter.de fest. Der Vorstand unter der neuen Führung von Dr. Jan Withag sehe es „als zentrale Aufgabe an, dieses Vertrauen schrittweise und sicherlich in einem längeren Prozess zurück zu gewinnen“. Dabei setze er unter anderem auf eine Vereinfachung der Konzernstruktur und „die Kommunikation von Fakten, nicht Visionen“.
Anfang Oktober hatte das Unternehmen dann angekündigt, sich ganz von den US-Projekte trennen zu wollen. Mit der solarhybrid AG aus Brilon wurde auch eine Kaufinteressentin genannt. Sie habe bereits eine Anzahlung geleistet, hieß es. Doch dann ließ die Vollzugsmeldung auf sich warten. Heute musste Solar Millennium dann einräumen, dass die Verhandlungen über die Veräußerung der US-Projektpipeline im laufenden Jahr nicht mehr abgeschlossen werden. Man habe mit der solarhybrid zwar „in der Substanz weitgehendes Einvernehmen erzielt und wesentliche Verträge unterzeichnet“. Jedoch seien „einzelne Bedingungen für die Wirksamkeit der Verträge bisher nicht eingetreten“. Die solarhybrid AG habe unter anderem auf einen weiteren eigenen Abstimmungs- und Verhandlungsbedarf in den USA verwiesen.
Dass die Verhandlungen mit solarhybrid über den Verkauf der US-Projekte noch immer nicht abgeschlossen wurden, bedauerte Unternehmenssprecher Obermeier auf Nachfrage von ECOreporter.de. Er trat aber Spekulationen über ein mögliches Scheitern der Gespräche entgegen: „Wir haben derzeit keine Veranlassung, uns mit Szenarien für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen zu beschäftigen.“ Bei der Transaktion würden amerikanische und europäische Rechtsvorschriften aufeinander treffen. „Diese abzugleichen und zu integrieren, nimmt etwas mehr Zeit als erhofft in Anspruch“, erläuterte Obermeier und betonte: „Die Gespräche sind auch auf gutem Weg.“ Beide Unternehmen verfolgten das gemeinsame Ziel fest, die Transaktion umzusetzen. Der Vorstand der Solar Millennium AG prüfe derzeit die Konsequenzen und Optionen, die sich aus dem aktuellen Sachstand für das US-Geschäft und für die Solar Millennium Gruppe insgesamt
ergäben.
Die solarhybrid AG bestätigte in einer eigenen Erklärung, dass man sich mit Solar Millenium grundsätzlich auf einen Erwerb der US-Projekte geeinigt habe. Der werde aber frühestens Anfang 2012 erfolgen. Zudem wolle man nicht Projekte mit einer Kapazität von 2,25 Gigawatt übernehmen, wo von Soalr Millenium angestrebt, sondern nur 1,75 GW. Das Unternehmen aus Brilon bestätigte ferner, dass bereits eine Anzahlung geleistet wurde und weiter Zahlungen dann beim Abschluss getätigt werden sollen. Ein großert Teil der Zahlungen werde aber erst erfolgen, wenn die US-Projekte ans Netz angeschlossen sind. Und damit sei nicht vor 2016 zu rechnen.
Dass Solar Millennium gute Nachrichten wie den erfolgreichen Verkauf der US-Projekte benötigt, um das Vertrauen der Börsianer zurück zu gewinnen, unterstreicht Peter Wirtz, Analyst der West LB, in einer Einschätzung des Unternehmens. Er bezeichnet das angestrebte Geschäft mit der Photovoltaik-Spezialistin solarhybrid AG aus Brilon als „Ende eines amerikanischen Traumes“. Die noch immer nicht abgeschlossene Transaktion sehe vor, dass Solar Millennium zunächst seine Investitionskosten zurückerstattet bekommen soll, um später an den Gewinnen von solarhybrid beteiligt zu werden. Laut Wirtz ist aber selbst bei einer Einigung der Unternehmen nicht sicher, ob die solarhybrid AG mit diesem ersten Schritt auf den US-Markt direkt und reibungslos in die Erfolgsspur kommen wird und damit Solar Millenium Mittel daraus zufließen können.
Ferner merkt der Analyst an, dass auch der Erfolg des solarthermischen Kraftwerksprojekt Ibersol von Solar Millenium nicht sicher ist. Die Erlanger arbeiten nach eigener Darstellung „mit Hochdruck an einer Neuordnung der Finanzierungs- und Beteiligungsverhältnisse“ bei dem spanischen Großprojekt. Es muss rechtzeitig bis Ende 2013 ans Netz gebracht werden, um noch die einkalkulierte Einspeisevergütung für den erzeugten Grünstrom in Anspruch nehmen zu können. Auch hier konnte das Unternehmen aus Erlangen bislang nur mitteilen, dass sich die Verhandlungen zur Neuordnung der Finanzierungs- und Beteiligungsverhältnisse „in fortgeschrittenem Zustand“ befänden. Die Zeit drängt: Solar Millennium geht selbst von einer Umsetzungsphase von zwei Jahren aus.
Ende 2010 hatte Solar Millennium einen Genussrechtsfonds auf den Markt gebracht, um Kapital für dieses solarthermische Kraftwerk in Spanien einzusammeln. Heute gab das Unternehmen bekannt, dass dieses Beteiligungsangebot gestoppt werden musste. Um die rechtzeitige Inbetriebnahme des Kraftwerks Ibersol zu ermöglichen, führe man Gespräche mit möglichen Partnern geführt, „deren Einstieg eine Fortsetzung des Fonds unmöglich machen würde“, hieß es zur Begründung. Die eingeworbenen Gelder habe man auf dem Treuhandkonto der Ibersol Fonds GmbH & Co. KG geparkt. Über die weitere Vorgehensweise werde diese die betroffenen Fondszeichner informieren. Der Fonds war auf 27 Jahre bis 2038 angelegt Ziel und sollte bei Anlegern 62,8 Millionen Euro einwerben. Wie viel Geld bislang eingesammelt wurde, gab Solar Millennium nicht bekannt. Zuvor hatte die Gesellschaft ihre Unternehmensanleihe 8 für Neuzeichnungen vorzeitig schließen müssen. Mit ihr hatte sie Kapital für die Finanzierung von Projekten in den USA einsammeln wollen.
Angesichts all dieser Unsicherheiten und Negativmeldungen rechnet Analyst Wirtz mit einem weiteren Kursverfall der Aktie von Solar Millennium und empfiehlt deren Verkauf. Der Experte der West LB führt zudem an, dass er das Marktumfeld für solarthermische Kraftwerke insgesamt negativ einschätze. Es sei schwieriger geworden, solche Großprojekte zu finanzieren. Zudem würden sich in Spanien, dem derzeit einzigen europäischen Markt für diese Technologie, die Förderbedingungen vielleicht nach dem Regierungswechsel und angesichts der finanziellen Nöte des Landes verschlechtern. Vor allem aber sei der Konkurrenzdruck durch die Photovoltaik enorm gestiegen. Hier seien die Gestehungskosten durch den enormen Preisverfall bei Solarmodulen sehr stark gefallen. Aus diesem Grund hatte ja auch Solar Millennium von den Plänen Abstand genommen, in den USA solarthermische Großkraftwerke zu bauen, und schließlich selbst der Photovoltaik den Vorzug gegeben.
Solar Millennium AG: ISIN DE0007218406 / WKN 721840