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Bayer: Musterknabe in Sachen Nachhaltigkeit – oder nicht?
Bayer gilt manchen Experten als nachhaltiges Unternehmen. Zumindest ist der Pharma- und Chemiekonzern aus Leverkusen in diversen Nachhaltigkeitsindizes vertreten, unter anderem im Dow Jones Sustainability Index (DJSI World) und in mehreren STOXX Sustainability Indizes. Auch nachhaltige Aktienfonds wie der AXA WF Framlington Eurozone RI, der Goldman Sachs Global Responsible Equity Portfolio und Euro Capital Durable haben bis zu vier Prozent ihres Fondsvolumens in die Bayer-Aktie investiert. Mit der Monsanto-Übernahme könnte das allerdings ein Ende haben. Die Fusion mit dem Agrarriesen aus Missouri ist vor allem aufgrund dessen Aktivitäten in der Gentechnik brisant.
Beim Finanzdienstleister Goldman Sachs warten die Fondsmanager noch ab, wie sich die Übernahme entwickeln wird. "Derzeit nehmen wir noch keine Änderungen am nachhaltigen Fonds vor", sagte Goldman-Sachs-Sprecher Adib Sisani. "Wir schauen erst einmal, ob und wie genau die beiden Unternehmen zusammengeführt werden." Von den Axa-Fondsmanagern gab es bisher noch keine Stellungnahme zu Bayer-Monsanto. Ob Axa bereits Konsequenzen aus der Übernahme gezogen hat und der nachhaltige Fonds nicht mehr in die Bayer-Aktie investiert, konnte ECOreporter trotz mehrfacher Anfrage beim Unternehmen nicht in Erfahrung bringen.
Monsanto: Schlechter Ruf durch Gentechnik, Saatgut-Monopol und aggressive Lobbypolitik
Schon jetzt zeigen sich in Nachhaltingkeitsratings große Unterschiede zwischen Bayer und Monsanto. So schneidet Bayer in der Bewertung der Nachhaltigkeitsrating-Agentur Imug (Link entfernt) aus Hannover mit +592 Punkten und der Gesamtnote A als Branchenbester ab. Monsanto hingegen steht mit –824 Punkten und C viel schlechter da. Die Notenskalavon Imug reicht bei Aktien von A bis E.
Vor allem genmanipuliertes Saatgut für Mais, Weizen, Reis und Soja hat den Biotechnologie- und Saatgutkonzern Monsanto in Verruf gebracht. Monsanto betreibe eine offensive Aufkaufpolitik anderer Saatgutunternehmen und halte eine Monopolstellung bei der Produktion von genverändertem Saatgut, so die Kritik. "Der Konzern weiß, wenn er das Saatgut kontrolliert, kontrolliert er die Ernährung; das ist seine Strategie. Diese Strategie ist wirksamer als Bomben, wirksamer als Waffen – sie ist das beste Mittel, um die Völker der Welt zu kontrollieren", kommentierte die Trägerin des alternativen Nobelpreises, Vandana Shiva, die Wirtschaftsweise von Monsanto. Zudem stellt der Konzern höchstumstrittene Pestizide mit Glyphosat her und hat sich in vielen Ländern wegen seiner agressiven Lobbypolitik Feinde gemacht.
Bayer kontert harte Kritik: "Wir wollen an nachhaltigen Standards festhalten"
In den Augen des Dachverbands Kritischer Aktionäre ist Bayer dagegen auch ohne Monsanto alles andere als ein Vorzeigeunternehmen in Sachen Nachhaltigkeit. Das Geschäftsmodell von Bayer und Monsanto sei skrupellos, so das Urteil der Organisation Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG), die Mitglied im Dachverband Kritischer Aktionäre ist. Deren Aktivisten betreiben seit fast 40 Jahren kritische Aufklärungsarbeit gegen Bayer.
Bei dem besseren Nachhaltigkeitsruf von Bayer im Vergleich zu Monsanto handele es sich vor allem um das Ergebnis erfolgreicher PR, ist die Organisation überzeugt: "Bayer zählt seit Jahrzehnten zu den weltweit größten Umweltsündern, vertreibt schädliche Pharmazeutika, Bienen-gefährliche Pestizide, schüttete Jahrzehnte unsortierten Giftmüll auf eine Leverkusener Deponie, vertrieb HIV-belastete Blutpräparate, exportiert in der EU verbotene hochgefährliche Pestizide, beteiligte sich an der flächendeckenden PCB-Vergiftung und betreibt mit Bayer Crop Science exakt das gleiche Geschäftsmodell wie der Monsanto-Konzern", zählt Aktivist Antonius Michelmann von CBG die Kritikpunkte auf. "Inwieweit so etwas als nachhaltig bewertet werden kann, leuchtet mir nicht ein."
Von Bayer produziertes Saatgut: Nach der Fusion mit Monsanto will Bayer mit dessen umstrittenen Methoden im Saatgutgeschäft brechen. / Foto: Bayer AG
Harte Vorwürfe, die aber laut Bayer nicht auf Fakten beruhen, sondern auf Verdrehungen und Halbwahrheiten: "Wir setzen uns gerne mit kritischen Stakeholdern und Nichtregierungs-Organisationen auseinander, die auf uns zu kommen", sagt Bayer-Sprecher Dirk Frenzel. Das sei auch im Rahmen der Monsanto-Übernahme der Fall. Bei Pauschalvorwürfen und reinen Diffamierungen sei eine konstruktive Auseinandersetzung mit Kritikern aber nicht möglich: "CGB ist die einzige Gruppierung unter den Nicht-Regierungsorganisationen, mit der Bayer keinerlei Dialog führt. Sie nimmt eine grundsätzlich anti-industrielle und anti-kapitalistische Haltung ein, die nicht immer mit den Grundprinzipien und Grundwerten der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik in Einklang steht. So hat sie beispielsweise zum Ziel, Bayer 'unter gesellschaftliche Kontrolle' zu stellen", so der Sprecher.
Fest steht für Bayer: "Auch nach der Monsanto-Übernahme wollen wir an unseren nachhaltigen Standards festhalten", so Konzernsprecher Dirk Frenzel. Zu weiteren Details könne man sich derzeit aber aufgrund der Transaktion nicht äußern. Immerhin aber nahm Bayer-Chef Werner Baumann im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" zum Thema Gentechnik Stellung: "Wir wollen Monsanto nicht übernehmen, um genveränderte Pflanzen in Europa zu etablieren", sagte Baumann. Wenn die Gesellschaft gentechnisch verändertes Saatgut ablehne, akzeptiere Bayer dies. "Und wir werden nicht über Umwege versuchen, etwas anderes durchzudrücken."
Nachhaltige Indizes beobachten die Entwicklung
Bei der STOXX in Zürich, die mehr als 7.000 Indizes berechnet, wollte man sich nicht dazu äußern, ob Bayer die nachhaltigen ESG-Indizes nach der Monsanto-Übernahme verlassen muss. Das Kürzel ESG steht für Environment (E), Social (S) und Governance (G). Mit einer Vielzahl von Indikatoren für Ökologie, Soziales und Ethik/Unternehmensführung wird die Nachhaltigkeit eines Unternehmens gemessen. "Für die ESG-Indizes gibt es eine Fast-Exit-Regel, diese würde angewendet werden, wenn das ESG-Risikolevel eines Unternehmens auf 5 ansteigt – dies war in der Vergangenheit zum Beispiel bei VW der Fall. Die Daten hierzu erhalten wir von Sustainalytics. Bei den STOXX Sustainability Indizes gibt es keine Fast-Exit-Regel, das heißt, die Zusammensetzung wird bei der nächsten regulären Überprüfung im September 2017 überprüft", sagte STOXX-Sprecherin Lara Atkinson.
Zurückhaltend gab man sich auch bei RobecoSAM aus Zürich, die unter anderem den Nachhaltigskeitsindex DJSI World veröffentlicht: Der Abschluss der Bayer-Monsanto-Transaktion sei erst gegen Ende 2017 vorgesehen. "Und erst nach Abschluss der Transaktion werden sich allfällige Indexänderungen ergeben", so RobecoSAM-Sprecher François Vetri. Die Indexänderungen bei Übernahmen seien zudem "streng
mechanisch". Es bleibt also abzuwarten, welche Wellen die Bayer-Monsanto-Fusion noch schlagen wird.
Bayer-Zentrale in Leverkusen: Wie sich die Fusion mit Monsanto auf die Nachhaltigkeit des Konzerns auswirkt, lässt sich noch nicht genau voraussagen. / Foto: Bayer AG
UPDATE: Die DZ Bank hat Bayer wegen der angestrebten Monsanto-Übernahme bis auf weiteres aus ihrer Liste der nachhaltig investierbaren Unternehmen gestrichen. Mit dem Kauf des US-Saatgutkonzerns erwerbe der deutsche Pharma- und Agrarchemiekonzern "ein unter ökologischen und sozialen Gesichtspunkten kritisches Produktportfolio und die damit verbundenen ökonomischen Nachhaltigkeitsrisiken", schreibt Analyst Marcus Pratsch, Leiter des Nachhaltigkeitsresearch, in einer Studie.
Beim Finanzdienstleister Goldman Sachs warten die Fondsmanager noch ab, wie sich die Übernahme entwickeln wird. "Derzeit nehmen wir noch keine Änderungen am nachhaltigen Fonds vor", sagte Goldman-Sachs-Sprecher Adib Sisani. "Wir schauen erst einmal, ob und wie genau die beiden Unternehmen zusammengeführt werden." Von den Axa-Fondsmanagern gab es bisher noch keine Stellungnahme zu Bayer-Monsanto. Ob Axa bereits Konsequenzen aus der Übernahme gezogen hat und der nachhaltige Fonds nicht mehr in die Bayer-Aktie investiert, konnte ECOreporter trotz mehrfacher Anfrage beim Unternehmen nicht in Erfahrung bringen.
Monsanto: Schlechter Ruf durch Gentechnik, Saatgut-Monopol und aggressive Lobbypolitik
Schon jetzt zeigen sich in Nachhaltingkeitsratings große Unterschiede zwischen Bayer und Monsanto. So schneidet Bayer in der Bewertung der Nachhaltigkeitsrating-Agentur Imug (Link entfernt) aus Hannover mit +592 Punkten und der Gesamtnote A als Branchenbester ab. Monsanto hingegen steht mit –824 Punkten und C viel schlechter da. Die Notenskalavon Imug reicht bei Aktien von A bis E.
Vor allem genmanipuliertes Saatgut für Mais, Weizen, Reis und Soja hat den Biotechnologie- und Saatgutkonzern Monsanto in Verruf gebracht. Monsanto betreibe eine offensive Aufkaufpolitik anderer Saatgutunternehmen und halte eine Monopolstellung bei der Produktion von genverändertem Saatgut, so die Kritik. "Der Konzern weiß, wenn er das Saatgut kontrolliert, kontrolliert er die Ernährung; das ist seine Strategie. Diese Strategie ist wirksamer als Bomben, wirksamer als Waffen – sie ist das beste Mittel, um die Völker der Welt zu kontrollieren", kommentierte die Trägerin des alternativen Nobelpreises, Vandana Shiva, die Wirtschaftsweise von Monsanto. Zudem stellt der Konzern höchstumstrittene Pestizide mit Glyphosat her und hat sich in vielen Ländern wegen seiner agressiven Lobbypolitik Feinde gemacht.
Bayer kontert harte Kritik: "Wir wollen an nachhaltigen Standards festhalten"
In den Augen des Dachverbands Kritischer Aktionäre ist Bayer dagegen auch ohne Monsanto alles andere als ein Vorzeigeunternehmen in Sachen Nachhaltigkeit. Das Geschäftsmodell von Bayer und Monsanto sei skrupellos, so das Urteil der Organisation Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG), die Mitglied im Dachverband Kritischer Aktionäre ist. Deren Aktivisten betreiben seit fast 40 Jahren kritische Aufklärungsarbeit gegen Bayer.
Bei dem besseren Nachhaltigkeitsruf von Bayer im Vergleich zu Monsanto handele es sich vor allem um das Ergebnis erfolgreicher PR, ist die Organisation überzeugt: "Bayer zählt seit Jahrzehnten zu den weltweit größten Umweltsündern, vertreibt schädliche Pharmazeutika, Bienen-gefährliche Pestizide, schüttete Jahrzehnte unsortierten Giftmüll auf eine Leverkusener Deponie, vertrieb HIV-belastete Blutpräparate, exportiert in der EU verbotene hochgefährliche Pestizide, beteiligte sich an der flächendeckenden PCB-Vergiftung und betreibt mit Bayer Crop Science exakt das gleiche Geschäftsmodell wie der Monsanto-Konzern", zählt Aktivist Antonius Michelmann von CBG die Kritikpunkte auf. "Inwieweit so etwas als nachhaltig bewertet werden kann, leuchtet mir nicht ein."
Von Bayer produziertes Saatgut: Nach der Fusion mit Monsanto will Bayer mit dessen umstrittenen Methoden im Saatgutgeschäft brechen. / Foto: Bayer AG
Harte Vorwürfe, die aber laut Bayer nicht auf Fakten beruhen, sondern auf Verdrehungen und Halbwahrheiten: "Wir setzen uns gerne mit kritischen Stakeholdern und Nichtregierungs-Organisationen auseinander, die auf uns zu kommen", sagt Bayer-Sprecher Dirk Frenzel. Das sei auch im Rahmen der Monsanto-Übernahme der Fall. Bei Pauschalvorwürfen und reinen Diffamierungen sei eine konstruktive Auseinandersetzung mit Kritikern aber nicht möglich: "CGB ist die einzige Gruppierung unter den Nicht-Regierungsorganisationen, mit der Bayer keinerlei Dialog führt. Sie nimmt eine grundsätzlich anti-industrielle und anti-kapitalistische Haltung ein, die nicht immer mit den Grundprinzipien und Grundwerten der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik in Einklang steht. So hat sie beispielsweise zum Ziel, Bayer 'unter gesellschaftliche Kontrolle' zu stellen", so der Sprecher.
Fest steht für Bayer: "Auch nach der Monsanto-Übernahme wollen wir an unseren nachhaltigen Standards festhalten", so Konzernsprecher Dirk Frenzel. Zu weiteren Details könne man sich derzeit aber aufgrund der Transaktion nicht äußern. Immerhin aber nahm Bayer-Chef Werner Baumann im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" zum Thema Gentechnik Stellung: "Wir wollen Monsanto nicht übernehmen, um genveränderte Pflanzen in Europa zu etablieren", sagte Baumann. Wenn die Gesellschaft gentechnisch verändertes Saatgut ablehne, akzeptiere Bayer dies. "Und wir werden nicht über Umwege versuchen, etwas anderes durchzudrücken."
Nachhaltige Indizes beobachten die Entwicklung
Bei der STOXX in Zürich, die mehr als 7.000 Indizes berechnet, wollte man sich nicht dazu äußern, ob Bayer die nachhaltigen ESG-Indizes nach der Monsanto-Übernahme verlassen muss. Das Kürzel ESG steht für Environment (E), Social (S) und Governance (G). Mit einer Vielzahl von Indikatoren für Ökologie, Soziales und Ethik/Unternehmensführung wird die Nachhaltigkeit eines Unternehmens gemessen. "Für die ESG-Indizes gibt es eine Fast-Exit-Regel, diese würde angewendet werden, wenn das ESG-Risikolevel eines Unternehmens auf 5 ansteigt – dies war in der Vergangenheit zum Beispiel bei VW der Fall. Die Daten hierzu erhalten wir von Sustainalytics. Bei den STOXX Sustainability Indizes gibt es keine Fast-Exit-Regel, das heißt, die Zusammensetzung wird bei der nächsten regulären Überprüfung im September 2017 überprüft", sagte STOXX-Sprecherin Lara Atkinson.
Zurückhaltend gab man sich auch bei RobecoSAM aus Zürich, die unter anderem den Nachhaltigskeitsindex DJSI World veröffentlicht: Der Abschluss der Bayer-Monsanto-Transaktion sei erst gegen Ende 2017 vorgesehen. "Und erst nach Abschluss der Transaktion werden sich allfällige Indexänderungen ergeben", so RobecoSAM-Sprecher François Vetri. Die Indexänderungen bei Übernahmen seien zudem "streng
mechanisch". Es bleibt also abzuwarten, welche Wellen die Bayer-Monsanto-Fusion noch schlagen wird.
Bayer-Zentrale in Leverkusen: Wie sich die Fusion mit Monsanto auf die Nachhaltigkeit des Konzerns auswirkt, lässt sich noch nicht genau voraussagen. / Foto: Bayer AG
UPDATE: Die DZ Bank hat Bayer wegen der angestrebten Monsanto-Übernahme bis auf weiteres aus ihrer Liste der nachhaltig investierbaren Unternehmen gestrichen. Mit dem Kauf des US-Saatgutkonzerns erwerbe der deutsche Pharma- und Agrarchemiekonzern "ein unter ökologischen und sozialen Gesichtspunkten kritisches Produktportfolio und die damit verbundenen ökonomischen Nachhaltigkeitsrisiken", schreibt Analyst Marcus Pratsch, Leiter des Nachhaltigkeitsresearch, in einer Studie.