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Besuch vom Pleitegeier statt vom Weihnachtsmann – was die Insolvenz von Solar Millennium AG für Investoren bedeutet

Mit einer Flut von Hiobsbotschaften hat gestern die Solar Millennium AG aus Erlangen Aufmerksamkeit erregt. Höhepunkt war am Nachmittag die Nachricht, dass die Spezialistin für solarthermische Großkraftwerke beim Amtsgericht Fürth Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Am Morgen hatte ECOreporter.de noch in einem ausführlichen Beitrag auf die prekäre Lage des Unternehmens hingewiesen (per Opens external link in new windowMausklick gelangen Sie zu dem Beitrag).  Weitere Hintergründe erläuterte Jörg Weber, Chefredakteur von ECOreporter.de, in einem Interview des Deutschen Anlegerfernsehens (DAF). Mit einem weiteren Opens external link in new windowMausklick gelangen Sie zu dem Audio-Interview.

Solar Millennium befand sich schon das ganze Jahr über in einer sich zunehmend verschärfenden Krise. Weil der Verkauf von Projekten in den USA sich weiter verzögerte und auch Investoren nicht für einen Einstieg in das spanische Kraftwerksprojekt Ibersol gewonnen konnten, gingen ihr nun die Mittel aus.

Inzwischen hat das Amtsgericht Fürth den Rechtsanwalt Volker Böhm als Insolvenzverwalter bestellt. Er muss nun prüfen, ob eine Fortführung der Geschäfte möglich ist. Die Chancen dafür stehen nicht gut. Denn dafür muss er neue Geldgeber gewinnen. Und das hatte Solar Millenium selbst über viele Monate offenbar vergeblich versucht. Und das Geschäft mit solarthermischen Großkraftwerken ist sehr kapitalintensiv. Diese Großprojekte lassen sich nur über einen längeren Zeitraum umsetzen und es dauert, bis daraus Einnahmen generiert werden können.

Die Insolvenz der Solar Millennium AG hat mitunter gravierende Auswirkungen auf Anleger, die in Beteiligungsangebote des Unternehmens investiert haben, das auf solarthermische Großkraftwerke spezialisiert ist. Das gilt vor allem für die Anleihe von Solar Millennium, die diese nun wohl nicht mehr bedienen kann. Bei Anleihen handelt es sich ja um Schuldverschreibungen, Zeichner einer Unternehmensanleihe sind also Kreditgeber. Sie müssen bei einer Insolvenz des Schuldners ihre Einlage ganz oder zu großen Teilen verloren geben. Zwar haben sie Aussicht auf einen anteiligen Betrag aus dem Verkaufserlös des Betriebsvermögens. Der Wert dieses Betrages liegt aber für gewöhnlich deutlich unter dem des eingesetzten Kapitals.

Die am 7. März 2011 begebene Unternehmensanleihe 8 von Solar Millennium sollte ihr dazu dienen, Projekte in den USA zu finanzieren. Als die Gesellschaft für diese Geschäfte einen Technologieschwenk von solarthermischen zu Photovoltaik-Kraftwerken vollzog, musste der Prospekt angepasst werden. Die Anleihe wurde auf Eis gelegt, als sich das Unternehmen zu einem Verkauf des US-Geschäfts entschied, und erst vor wenigen Tagen ganz geschlossen. 60 der anvisierten 100 Millionen haben Investoren für die Anleihe eingezahlt. Geleistete Zahlungen, denen bisher keine Depoteinbuchung gegenüberstehe, würden zurücküberwiesen, teilte das Unternehmen dazu vor wenigen Tagen mit. Dies könnte sich durch die eingetretene Insolvenz verzögern. Die übrigen Zeichner dieser Anleihe müssen mit hohen Verlusten rechnen. Dies gilt erst recht für Besitzer älterer Anleihen von Solar Millenium. Insgesamt steht bei der Gesellschaft laut deren Angaben die Rückzahlung von fünf Anleihen im Wert von rund 200 Millionen Euro aus.


Von November 2009 bis November 2011 hat Solar Millennium über die geschlossene Beteiligung Andasol Fonds knapp 48 Millionen Euro eingeworben, um damit ein solarthermisches Kraftwerk im spanischen Andalusien zu finanzieren. Über diesen Fonds halten die Investoren eine Genussrechtsbeteiligung an der Andasol 3 Kraftwerks GmbH, nicht an der insolventen Solar Millennium AG. Die Andasol 3 Kraftwerks GmbH hält 13 Prozent der Anteile an der Kraftwerkgesellschaft des spanischen Solarkraftwerks Andasol 3. Die verdient Geld mit dem von der Anlage erzeugten Grünstrom und kann daher unabhängig von der Pleite der Solar Millennium weiter wirtschaften. Weiter Anteilseigner dieser Projektgesellschaft sind RWE Innogy, RheinEnergie und  mit fast 50 Prozent die Stadtwerke München.

Die Einlagen des anderen geschlossenen Fonds von Solar Millennium, dem Ibersol Fonds, sind in voller Höhe auf Treuhandkonto hinterlegt. Das hat die zuständige Vertriebsgesellschaft Solar Millenium Invest AG auf Nachfrage von ECOreporter.de erklärt. Die Einnahmen des Fonds sollten der Projektgesellschaft Ibersol Fonds GmbH & Co. KG helfen, ein weiteres solarthermisches Kraftwerk in Spanien zu errichten. Weil die Umsetzung zunehmend unsicher geworden war und die Teilfinanzierung durch einen solchen Fonds offenbar andere Finanziers von einem Engagement abhielt, hatte Solar Millennium das Angebot zu Beginn dieser Woche gestoppt. Vieles spricht dafür, dass der Fonds rückabgewickelt wird und die Anleger ihre Einlage zurück erhalten, also mit einem blauen Auge davonkommen. Die Solar Millenium Invest AG teilte auf Nachfrage mit, dass die Projektgesellschaft nicht von der Insolvenz der Solar Millenium betroffen sei. Die Investoren würden demnächst über das weitere Vorgehen informiert.


In die Röhre schauen dagegen die Aktionäre des Pleite-Unternehmens. Sie werden erst aus der Insolvenzmasse bedient, wenn alle Forderungen der Gläubiger befriedigt und Kosten des Verfahrens gezahlt worden sind. Meist ist dann nichts mehr übrig. Also müssen die Aktionäre von Solar Millennium hoffen, dass die Aktie von Spekulanten noch einmal wiederbelebt wird, um sich dann von ihr mit weniger Verlust zu trennen. Ohnehin hatten viele Anleger in den letzten Monaten den Anteilsschein verkauft und die Aktie auf eine spektakuläre Talfahrt geschickt. In den vier Monaten bis zur heutigen Insolvenzmeldung hatte sie rund 90 Prozent an Wert verloren.

Solar Millennium AG: ISIN DE0007218406 / WKN 721840
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