Aktientipps

„Das Herauspicken kann sich lohnen“ - Expertin bewertet Aussichten von Umwelttechnologie-Unternehmen

Trotz der zunehmenden Bedeutung für Klimaschutztechnologien gehörten die Aktien von Umwelttechnologie-Unternehmen zu den Verlierern des vergangenen Jahres. Wie ist das zu erklären und welche Bereiche sind für Anleger jetzt aussichtsreich? Über diese und weitere Fragen sprach ECOreporter.de mit Dr. Martina Ecker, Cleantech-Expertin des deutschen Büros von Jefferies & Company, Inc. Das Unternehmen ist  eine unabhängige, weltweit tätige Investmentbank.

Laut Ecker hat zwar die weltweite Finanzkrise einen großen Anteil an der schwachen Performance vieler Umwelttechnologie-Aktien. Es gebe aber „etwa im Bereich der Windkraft oder der Photovoltaik auch branchenspezifische Gründe“, so die Expertin. Ecker: „Man muss festhalten, dass mit der Finanzkrise viele Investoren ausfallen, die bisher in Projekte im Bereich Erneuerbare Energien investiert haben. Das belastet die Nachfrage für Solarprodukte und Windkraftanlagen stark. Zwar wollen jetzt große Energieversorger wie E.on oder RWE verstärkt investieren. Deren Engagement muss man jedoch im Verhältnis zu den Summen sehen, die bisher von Finanzinvestoren bereitgestellt wurden. Es gleicht keinesfalls den Umstand aus, dass Akteure wie Lehman Brothers gänzlich ausgefallen sind.“

Im Solarbereich wird das Geschäft in den bislang weltweit führenden Märkten Deutschland und Spanien schwieriger. Hier wie dort wurde die Vergütung für Solarstrom gesenkt. Ecker ist skeptisch, dass andere Märkte die dadurch drohenden Nachfragerückgänge ausgleichen können: „In der Photovoltaik wird darauf gehofft, dass neue Märkte die Nachfrage ankurbeln, wie zum Beispiel Tschechien. Hier muss man jedoch bedenken, dass dieses Land nicht sehr groß ist und daher den Einbruch des spanischen Solarmarktes nicht ausgleichen wird. Auch Griechenland gilt als Zukunftsmarkt schon jetzt als abgeschrieben, denn dort erstickt die Bürokratie die Entwicklung. In Italien sind die bürokratischen Hindernisse zwar geringer, aber insgesamt auch nicht unproblematisch. Insbesondere für Solarprojekte auf freier Fläche benötigt man viele Genehmigungen“, gibt sie zu bedenken.

Die Solarbranche hat nach Einschätzung von Ecker insbesondere in Spanien und Deutschland von der öffentlichen Förderung „durch recht großzügige Einspeisevergütungen“ profitiert. Daher habe in der Vergangenheit der Druck gefehlt, die Kosten stark zu senken. Der aktuelle Preisverfall bei Solarprodukten erzeuge jetzt einen solchen Druck. Hier müsse sich „strukturell noch viel tun“, der Kapitaleinsatz bei den einzelnen Produktionsstufen müsse und könne verringert werden, „teilweise um über 40 Prozent“, so die Cleantech-Spezialistin. Als Konsequenz  der sinkenden Margen  würden die Gewinne der Solarunternehmen zunächst nicht mehr so stark wachsen wie die Umsätze.

Dennoch gibt es nach Einschätzung von Eckert auch im Solarbereich weiter Aktien mit Potential. Das gelte insbesondere für Solarunternehmen mit Endkundenkontakt und mit Beziehungen zu Firmen, die Solaranlagen installieren. „Das wird nun so wichtig wie früher der Zugang zu Silizium, dem lange knappen Rohstoff für die Hersteller von Solarprodukten“, glaubt sie. Bei Solarausrüstern müsse man von Fall zu Fall entscheiden, hier könne eine starke Bilanz den Unternehmen helfen, den  Abwärtszyklus zu überstehen. Zudem sei eine breite Kundenbasis von Vorteil.

Viele Experten nennen die US-amerikanische First Solar als besonders aussichtsreichen Solarwert. Das Unternehmen aus Tempe im Bundesstaat Arizona ist die weltweit führende Herstellerin von Dünnschichtsolarmodulen. Eckert merkt dazu an, dass First Solar zwar mit der Übernahme der Solarprojekte von OptiSolar die eigene Nachfrage eingekauft hat (wir Opens external link in new windowberichteten). Das Projektgeschäft sei aber "ein ganz anderes als die Produktion von Solarmodulen, auf der bisher der Erfolg von First Solar basiert". Es bleibe daher abzuwarten, ob First Solar beides zugleich bewältigen kann. Als Finanzierungsgeschäft sei das Projektgeschäft zudem sehr kapitalintensiv.


Eckert geht davon aus, dass in der industriellen Fertigung europäische Solarunternehmen auch in Zukunft dominieren. Für chinesische Solarfirmen gebe es weiter eine Zukunft, weil die Regierung in Peking ihre in der Photovoltaik aufgebauten „globalen Player im Spiel halten“ wolle und daher und unterstützend eingreife. Die Expertin verweist darauf, dass etwa am Solarkonzern Yingli aus Baoding der chinesische Staat bereits beteiligt sei. Auch hat das Finanzministerium des Landes angekündigt, ein Vergütungssystem für Solarstrom einzuführen. Damit soll die inländische Nachfrage für Photovoltaik angekurbelt werden. Bislang produzieren die chinesischen Hersteller fast ausschließlich für den Export (per Opens external link in new windowMausklick gelangen Sie zu unserem Hintergrundbericht über den chinesischen Solarmarkt, der stark unter der weltweiten Finanzkrise leidet).


„Was den allgemeinen Trend für  Erneuerbare Energie-Aktien angeht, so sehe ich Produzenten aus Europa weiter im Vorteil“, sagt Eckert. Bei der Ausrüstung mit Software würden dagegen US-Firmen vorne liegen. Als Beispiel nennt sie American Superconductor Corporation (AMSC), die Technologie für Windräder bereitstellt. Das Technologieunternehmen aus Devens im Bundesstaat Massachusetts verkauft vor allem nach Asien Lizenzen für ihre Windturbine und verpflichtet im Gegenzug die Abnehmer, von ihr das Equipment wie Konverter und Prüfsysteme zu beziehen.

Einer der wichtigsten Kunden von AMSC ist der chinesische Windkraftanlagenhersteller Sinovel mit Sitz in Peking. Sie ist binnen kurzem zu einem der zehn größten Hersteller von Windrädern der Welt aufgestiegen und hat unter anderem für 450 Millionen Dollar elektrische Systeme für Windturbinen der 1,5-MW-Klasse bei AMSC geordert. Die Amerikaner haben sich eine starke Position in dem weltweit am stärksten wachsenden Windmarkt erobert. Laut dem World Wind Energy Report des Weltwindkraftverbandes WWEA entfielen 2008 bereits rund 23 Prozent der weltweit neu installierten Kapazität auf das ehemalige „Reich der Mitte“. Dort wurde die installierte Windkraftkapazität 2008 von 6,3 GW auf 12,2 GW nahezu verdoppelt. Bei anhaltender Dynamik des chinesischen Windmarktes dürfte das Land weitaus früher diese Marke erreichen und schon bald bei den Neuinstallationen die weltweite Spitzenposition erlangen.

Die Itron Inc. aus Spokane im US-Bundesstaat Washington ist der weltweit führende Lieferant von Messgeräten, Datensammlung und Software für Versorgungsunternehmen. Auch dieses börsennotierte Unternehmen stuft Eckert als aussichtsreich ein. Seine Technologie hilft etwa Versorgungsunternehmen, effizienter mit Wasser und Energie zu wirtschaften, auf diese Weise Kosten zu senken und di Umwelt zu schonen. Itron bietet ihren Kunden neben Produkten wie Strom-, Gas- und Wasserzählern auch Dienstleistungen wie Messgerät-Datenmanagement, Softwareanwendungen und Projektmanagement an. Auch damit kann es von dem Trend zu mehr Energieeffizienz profitieren.

Laut der Spezialistin von Jefferies ist langfristig eine positive Entwicklung von Umwelttechnologie-Aktien zu erwarten. Daher könne es sich schon jetzt lohnen, einzelne Unternehmen herauszupicken. „Man muss sich die Firmen aber sehr genau anschauen, insbesondere was die Bilanz betrifft, den Margendruck berücksichtigen und sehen, wo das Unternehmen in der Wertschöpfungskette steht“, stellt Ecker klar.

American Superconductor Corporation: WKN 889844 / ISIN US0301111086
First Solar Inc.: WKN A0LEKM / ISIN US3364331070
Itron Inc. ISIN US4657411066 / WKN 888379



Bildhinweis: Solarpark von Phoenix Solar, die viele Module von First Solar bezieht. / Quelle: Unternehmen
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