Das S-BOX Global Biofuel Index-Zertifikat

Das Timing war unglücklich: Ende August letzten Jahres hat die Deutsche Bank-Tochter X-markets das S-BOX Global Biofuel Index-Zertifikat emittiert. Das Wertpapier setzt auf Unternehmen, die Biotreibstoffe produzieren. Doch seither ging es für deren Aktienkurse überwiegend nach unten, steckt die Branche in der Krise. Entsprechend fällt auch die Bilanz des in Frankfurt und Stuttgart börsennotierten Zertifikates aus: Seit der Emission am 23.8.2007 hat es mehr als die Hälfte an Wert verloren. Heute startete es mit einem Geldkurs von 3,53 Euro und einem Briefkurs von 3,68 Euro in den Börsenhandel. Der Spread lag bei 4 Prozent des Briefkurses. Ist jetzt die Gelegenheit zum Einstieg günstig? ECOreporter.de hat das Wertpapier untersucht.

Der Ansatz
Beim S-BOX Global Biofuel Index-Zertifikat handelt es sich um ein Wertpapier mit unbegrenzter Laufzeit. Es basiert auf einem Index der boerse-stuttgart AG, der aus den zwölf größten internationalen Unternehmen aus der Biotreibstoffbranche besteht. Biokraftstoffe sind zur Zeit vor allem Bioethanol und Biodiesel. Die Ethanolproduzenten aus den USA verwenden als Rohstoff vor allem Getreide wie z.B. Mais oder Korn. Weltweit führend bei der Ethanolproduktion ist Brasilien, hier ist die Zuckerrübe der zentrale Rohstofflieferant. Europäische Ethanol-Hersteller setzen dagegen überwiegend auf Raps, ebenso die Produzenten von Biodiesel. Dieser wird auch aus Ölen und Fetten erzeugt. Biodiesel kann zudem herkömmlichem Diesel beigemischt werden. Andere Verfahren wie Biomass-to-Liquid (BtL) befinden sich noch in der Entwicklungsphase.
Zeichner des S-BOX Global Biofuel Index-Zertifikats werden im Bezugsverhältnis 1 zu 10 an der Wertentwicklung der Titelauswahl beteiligt. Dabei fließen Dividendenzahlungen mit ein. Index-Währung ist der Euro, auch wenn die meisten Titel in der Auswahl aus den USA stammen. Die Indexmitglieder sind nach Marktkapitalisierung gewichtet, hierbei gilt eine Gewichtungsbeschränkung von 20 Prozent.


Auswahlkriterien
Wie Alexandru Nascutzy von der Deutsche Bank AG gegenüber ECOreporter.de erläutert, ist die Marktkapitalisierung das einzige Auswahlkriterium neben der Zugehörigkeit zur Biotreibstoffbranche. Eine Nachhaltigkeitsanalsyse finde nicht statt, auch kein vertiefendes Research. Die Zusammensetzung des S-BOX Global Biofuel Indexes werde von der Stuttgarter Börse halbjährlich aktualisiert, jeweils im März und im September. Von der ursprünglichen Zusammensetzung des Aktienkorbes sind zwei Unternehmen nicht mehr im Index enthalten: die britische D1 Oils war nach hohen Verlusten im Frühjahr 2008 aus der Biotreibstoffproduktion ausgestiegen (wir berichteten); die U.S. Bioenergy Corp. fusionierte mit der Ethanolherstellerin VeraSun Energy Corp (wir berichteten auch darüber).
Aktuell sind acht US-Titel, drei deutsche Werte und ein Unternehmen aus der Schweiz im S-BOX Global Biofuel Index gelistet:
•    Aventine Renewable Energy Holdings Inc. (USA)
•    Biopetrol Industries AG (CH)
•    Clean Energy Fuels Corp. (USA)
•    CropEnergies AG (D)
•    Evergreen Energy Inc. (USA)
•    Gushan Environmental Energy Ltd.
•    Nova Biosource Fuels Inc. (USA)
•    Pacific Ethanol Inc. (USA)
•    VeraSun Energy Corp. (USA)
•    Verbio Vereinigte BioEnergie AG (D)
•    Verenium Corp. (USA)
Keine der Aktien im Index dominiert den Index. Mit Clean Energy (zwölf Prozent), Verasun (rund 14 Prozent) und Gushan (rund 18 Prozent) haben nur drei Titel eine Gewichtung von über zehn Prozent. Die übrigen erreichen vier bis sechs Prozent.



Kosten
Nach Angaben von Alexandru Nascutzy fallen beim für den Anleger S-BOX Global Biofuel Index-Zertifikat keine weiteren Gebühren an als die im Prospekt angegebenen 1,5 Prozent jährlicher Managementgebühr. Wie Nascutzy auf Nachfrage ferner erklärte, wird das Kapital vollständig in die Aktien investiert.



Transparenz
Der S-BOX Global Biofuel Index ist einer von vielen Indices unter der Marke S-Box, über deren aktuelle Zusammensetzung die Stuttgarter Börse im Internet aktuell und leicht zugänglich informiert. Dort steht auch ein Online-Dokument zur Verfügung, das vergleichsweise gut verständlich und über eine begrenzte Seitenzahl hinweg den Index erklärt.



Innovation
Bei diesem Produkt handelt es sich um ein standardisiertes Performance-Index-Zertifikat. X-markets hat auch für andere Bereiche der Erneuerbaren Energien solche Index-Zertifikate aufgelegt. Diese wiederum funktionieren nach demselben Strickmuster wie andere Zertifkate dieser Serie, die nicht auf Umweltschutztechnologien beschränkt ist. Mit geringem Aufwand wird hier eine Aktienauswahl von Biotreibstoffunternehmen erstellt und diese offenbar nur aktualisiert, wenn die Firmen sich auflösen oder aus dem Biotreibstoffsektor ausscheiden.



Nachhaltigkeitsnutzen
Biotreibstoffe sind in den letzten Monaten verstärkt in die Kritik geraten. Vor allem den US-Produzenten wird vorgeworfen, durch den Einsatz von Getreide als Rohstoff mitverantwortlich zu sein für die Preissteigerungen von Grundnahrungsmitteln. Diese Argumentation greift zu kurz, da etliche andere Faktoren - etwa Spekulationen - die Weltmarktpreise für Produkte wie Mais verteuert haben. Dennoch: Nahrungsmittel zu verbrennen, um Autos anzutreiben, ist wenig sinnvoll. Zumal es andere Rohstoffquellen gibt. Außerdem braucht der Pflanzenanbau für die Produktion von Biokraftstoffen sehr viel Wasser verbraucht und herrschen Monokulturen vor. Hier allerdings muss man zwischen den verschiedenen Produzenten und ihren unterschiedlichen Rohstoffstrategien differenzieren. Die Ökobilanz fällt von Fall zu Fall verschieden aus.

Das S-BOX Global Biofuel Index-Zertifikat differenziert nicht. Ob die Unternehmen im Index auf Palmöl setzen und damit den Raubbau am Regenwald befördern oder massiv Monokulturen anpflanzen lassen, ist für die Aufnahme in den Index unerheblich.


Ökologische Wirkung
Generell ist die ökologische Wirkung von Zertifikaten gering. Da nicht nachgehalten wird, welche Ökobilanz die Unternehmen im S-BOX Global Biofuel Index aufweisen, woher sie etwa ihre Rohstoffe beziehen, ist keine ökologische Wirkung festzustellen.


Chancen/Risiken
Die Biotreibstoffbranche soll helfen, die Abhängigkeit der industrialisierten Länder vom Erdöl zu vermindern und zugleich deren Klimabelastung durch Autoabgase zu verringern. Daher haben staatliche Förderungen insbesondere in den USA und in der EU den Sektor in den letzten Jahren stark unterstützt. Die EU-Kommission hat als Ziel 5,75 Prozent Biokraftstoffanteil am Gesamtverbrauch bis 2010 ausgegeben. Derzeit steht ein EU-weiter Biokraftstoffanteil bis 2020 von mindestens 10 Prozent zur Debatte. Das könnte den Unternehmen aus dem Sektor theoretisch sehr gute Wachstumsaussichten bescheren. Die Praxis sieht jedoch düsterer aus. So drosselt die Bundesregierung die Steuervergünstigungen für Biodiesel, die Steuervergünstigung für die Beimischung von Biodiesel hat sie ganz abgeschafft. Das hat dem Sektor in Deutschland einen erheblichen Dämpfer verpasst.

Zudem wird Europa überströmt von stark subventioniertem Biotreibstoff aus den USA. Denn die Biotreibstoffhersteller aus den Vereinigten Staaten haben Überkapazitäten geschaffen, und sie leiden zudem unter dem Konkurrenzdruck von preisgünstigem Ethanol aus Brasilien. Dort besitzen die Wettbewerber viel mehr Erfahrung mit der Produktion großer Mengen von Ethanol, sie können ihre Rohstoffe billig erwerben und geringere Lohnkosten einkalkulieren. Hinzu kommt, dass die Getreidepreise explodiert sind und damit auch die Rohstoffkosten für die Ethanolproduktion. Dass in diesen Wochen mit dem Mittleren Westen die Kornkammer der USA von einer Flutkatastrophe heimgesucht wurde und damit starke Ernteausfälle anstehen, erschwert die Situation zusätzlich. Ethanolproduzenten aus den USA haben für einige Standorte Produktionsstopps angekündigt.

Trotz einer grundsätzlich viel versprechenden Ausgangssituation ist daher nicht zu erwarten, dass sich die Marktaussichten für die Unternehmen im S-BOX Global Biofuel Index kurzfristig verbessern.


Fazit
Das S-BOX Global Biofuel Index-Zertifikat birgt erhebliche wirtschaftliche Risiken. Aktuell erscheint es fraglich, ob und wann die im Index enthaltenen Unternehmen einen Aufschwung erfahren. Vor allem der starke Fokus auf US-Titel ist problematisch. Gerade US-Titel weisen jedoch eine hohe Marktkapitalisierung auf und werde daher weiter den Index dominieren. Risikobewusste Anleger können allenfalls  darauf setzen, dass sich die Aktienkurse der im Index enthaltenen Unternehmen auf lange Sicht wieder erholen, da das Wertpapier unbegrenzt läuft.

Die Nachhaltigkeit der Unternehmen im Index spielt für die Emittentin keine Rolle. Der Biotreibstoffsektor ist nicht generell nachhaltig. Daher ist das S-BOX Global Biofuel Performance-Index Zertifikat auch aus Nachhaltigkeitssicht nicht zu empfehlen.


S-BOX Global Biofuel Performance-Index Zertifikat
WKN: DB2GBF
ISIN: DE000DB2GBF3
Laufzeit: unbegrenzt
Börsennotiz: Frankfurt, Stuttgart


Sicherheitshinweis für das Investment in Zertifikate
Zertifikate sind Inhaberschuldverschreibungen der Bank, die das Wertpapier emittiert. Das bedeutet, dass der Anleger sein eingesetztes Kapital verliert, sollte die Emittentin in Konkurs gehen. Das unterscheidet Zertifikate etwa von Fonds. Diese sind Sondervermögen der Banken und werden nur von ihnen verwaltet. Auch bei einer Insolvenz bleiben die Fondsanteile Eigentum der Anleger.

Daher ist die Bonität der Emittentin ein wichtiger Faktor beim Kauf eines Zertifikats. So sollten Anleger solche Wertpapiere nicht nur von einer einzigen Bank erwerben, sondern das Risiko streuen. Wie schnell aus dem potentiellen ein reales Risiko werden kann, zeigte im Frühjahr 2008 der Fall der US-amerikanischen Großbank Bear Stearns. Das traditionsreiche Unternehmen geriet im Zuge der Finanzkrise in den USA binnen kurzer Zeit in wirtschaftliche Not und setzte den Handel seiner Zertifikate vorübergehend aus. Nur mit Not konnte die Bank die Pleite abwenden.

Ein weiterer Schwachpunkt von Zertifikaten ist die Preisbildung. Der Preis orientiert sich hier nicht unbedingt am Basiswert, zum Beispiel dem zu Grunde liegenden Index. Vielmehr ist die Bonität der Emittentin für die Wertbestimmung der Papiere im Markt mitentscheidend. Wenn die emittierende Bank ins Trudeln gerät, stellt sie keine Preise mehr. Die Anleger können dann ihre Zertifikate nicht verkaufen, selbst dann nicht, wenn die Papiere über Börsen handelbar sind.



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