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„Der Zusammenschluss der Kirchenbanken EKK und EDG betrifft über 72.000 Privatkunden.“ - Interview mit Thomas Katzenmayer, Vorstandssprecher Evangelische Bank eG

Die Evangelische Kreditgenossenschaft eG (EKK) und die Evangelische Darlehnsgenossenschaft eG (EDG) schließen sich zur Evangelischen Bank eG zusammen. Das haben die Hauptversammlungen der beiden Genossenschaftsbanken entschieden (wir berichteten  darüber). Was bedeutet das für Kunden und Mitarbeiter? Welche Bedeutung wird Nachhaltigkeit für die neue Kirchenbank haben? Antworten auf diese und weitere Fragen gibt Thomas Katzenmayer, designierter Vorstandssprecher der Evangelischen Bank.

ECOreporter:  Wann wird der offizielle Zusammenschluss von EKK und die EDG zur Evangelischen Bank eG erfolgen?

Thomas Katzenmayer:  Wir rechnen für die zweite Augusthälfte mit der Eintragung im Genossenschaftsregister. Das erste Geschäftsjahr unserer gemeinsamen neuen Kirchenbank startet rückwirkend zum 1. Januar 2014. Dabei teilt sich die Tätigkeit der Evangelischen Bank auf die beiden Hauptstellen in Kassel und Kiel auf, beide mit Vorstandssitz. Dem neuen Vorstand gehören Christian Ferchland (bislang Vorstand der EDG) und Dr. Marco Kern (bislang Vorstand der EKK) an; ich übernehme das Amt des Vorstandssprechers. Die Aufsichtsräte von EKK und EDG fusionieren komplett. Die konstituierende Sitzung des neuen Gremiums ist für September 2014 anberaumt.

ECOreporter:  Welche Größe hat die neue Bank? Wie groß ist der Anteil von Privatkunden?

Thomas Katzenmayer:  Die Evangelische Bank wird wie vorher die EDG und die EKK auf die Präsenz vor Ort setzen und 15 Filialen in 13 Bundesländern betreiben. Zusammen erreichen wir über 72.000 Privatkunden. Das sind vor allem Beschäftigte von Kirche und Diakonie. Das Spektrum der Privatkunden ist breit, es umfasst Pflegekräfte und Kindergärtner ebenso wie Ärzte, Schulleiter oder Geschäftsführer von größeren Instititutionen. Wir sind darüber hinaus für alle offen, die sich mit unserem christlichen Leitbild identifizieren.
Was die Bilanzsumme angeht, so erreichte die EDG hier Ende 2013 über 3,5 Milliarden Euro und die EKK knapp 4,3 Milliarden Euro; das macht zusammen rund 7,7 Milliarden Euro. Das verwaltete Kundevolumen summierte sich Ende 2013 auf knapp 18 Milliarden Euro, das bilanzierte Eigenkapital auf 303 Millionen Euro.

ECOreporter:  Welche Argumente haben die Mitglieder von EDG und EKK davon überzeugt, dem Zusammenschluss zuzustimmen?

Thomas Katzenmayer:  Beide Hauptversammlungen haben mit deutlich über 90 Prozent der Stimmen dem Zusammenschluss zugestimmt. 75 Prozent wären mindestens erforderlich gewesen. Mit dem Zusammenschluss reagieren wir insbesondere auf Veränderungen im Wettbewerbsumfeld unserer Kunden. Es gibt etwa in der Gesundheitswirtschaft einen starken Konzentrationsprozess. Diese führen beispielsweise dazu, dass die Finanzierungen von Krankenhausbauten immer größere Dimensionen erreichen. Außerdem zwingen neue gesetzliche Vorgaben, zum Beispiel die EU-Heimverordnung und Anforderungen für die Inklusion von Behinderten, zu baulichen Veränderungen. Uns haben früher Finanzierunganfragen von Kunden aus dem Gesundheitsbereich im Rahmen von 20 Millionen Euro erreicht. Mittlerweile sind Finanzierungswünsche im Umfang von 100 Millionen keine Seltenheit mehr. Um solche Volumen realisieren und die Kunden dabei auch angemessen betreuen zu können, ist es sinnvoll, dass EKK und EDG ihre Kräfte bündeln. Zumal wir uns bei der personellen Ausstattung in den einzelnen Regionen sehr gut ergänzen können.
Hinzu kommt, dass wir als Banken einen erhöhten regulatorischen Aufwand bewältigen müssen, und es mit der gemeinsam erreichten Größe deutlich leichter ist, Kredite für unsere Kunden zu refinanzieren. Bislang betreute die EDG ein Kundenkreditportfolio von 2,5 Milliarden Euro und die EKK erreichte 1,5 Milliarden Euro. Bei einem gemeinsamen Portfolio von vier Milliarden Euro wird es uns gelingen, die Kosten für Refinanzierungen deutlich zu senken. Überhaupt haben wir durch den Zusammenschluss großes Potential, effizienter zu arbeiten.

ECOreporter:  Wo sehen Sie die wesentlichen Gemeinsamkeiten der beiden Kirchenbanken, worin unterschieden sie sich in der Vergangenheit?

Thomas Katzenmayer:  Beide haben eine ähnliche Kundenstruktur, was bei der Umsetzung des Zusammenschlusses gewiss von Vorteil ist. Die EDG ist auf Norddeutschland konzentriert, die EKK in vielen anderen Regionen aktiv, so dass wir gemeinsam nur drei Bundesländer nicht erreichen: das Saarland, Sachsen und Nordrhein-Westfalen. Die EDG war stärker als die EKK als Kreditgeber aktiv, die EKK wiederum hat mehr wirtschaftliches Eigenkapital aufgebaut.

Foto: Der bisherige EKK-Sitz in Kassel wird einer der ebiden Hauptstandorte der Evangelischen Bank. / Quelle: Unternehmen

ECOreporter:  Es gibt viele Beispiele dafür, dass Zusammenschlüsse von Unternehmen scheitern. Welche Hindernisse und Schwierigkeiten müssen überwunden werden, damit der Zusammenschluss von EKK und EDG die Erwartungen erfüllt?

Thomas Katzenmayer:  Natürlich ist unser Zusammenschluss hoch kompliziert. Wir gehen davon aus, dass es bis zu fünf Jahre dauern wird, bis der Integrationsprozess wirklich als abgeschlossen gelten kann. Ein Beispiel: EKK und EDG bringen zwei unterschiedliche Rechenzentren ein. Die zu vereinen, wird uns in diesem Jahr stark beschäftigen und auch auf die Kunden Auswirkungen haben, die wir auffangen müssen. Das reicht von neu auszugebenen Kontonummern bis zur Vereinheitlichung technischer Abläufe.
Aber wir haben bereits Klarheit für die oberste Führungsebene und werden zeitnah auch die Besetzungen der nächsten Führungsebenen durchführen. Ein gemeinsames Leitbild und gemeinsame Führungsgrundsätze werden es dann erleichtern, die erforderlichen Prozesse zu planen und durchzuführen, etwa festzulegen, wie viele Mitarbeiter für welche Bereiche erforderlich sind und wer dabei welche Aufgaben übernehmen kann. Ganz wichtig wird es dabei sein, unsere insgesamt 500 Mitarbeiter vielfältig einzubinden, auch auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Wie wichtig uns das ist, können Sie daran ablesen, dass es weiterhin die Hauptstellen in Kassel und in Kiel geben wird. Wir wollen möglichst vermeiden, dass Mitarbeiter gezwungen sind, ihren Wohnsitz um hunderte Kilometer zu verlagern oder einen großen Spagat zwischen Arbeitsort und Lebensmittelpunkt zu leisten.

ECOreporter: Wird sich der Konzentrationsprozess bei den Kirchenbanken fortsetzen und vielleicht in absehbarer Zeit dazu führen, dass es nur noch eine große katholische und eine große evangelische Kirchenbank gibt? Was soll die Evangelische Bank von anderen Kirchenbanken und von herkömmlichen Finanzinstituten unterscheiden?


Thomas Katzenmayer:  Bei den deutschen Kirchenbanken gibt es ja eine sehr klare Struktur: auf der einen Seite die fünf katholischen Häuser, hier gab es keine Zusammenschlüsse. Auf der anderen Seite die evangelischen Häuser. Hier sehe ich für die verbleibenden Institute, die KD-Bank mit Hauptsitz in Dortmund und die Evangelische Bank, keinen Druck zur weiteren Konzentration. Den sehe ich gegenwärtig am ehesten bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken – weil die neuen regulatorischen Vorgaben der EU für Banken einfach eine Mindestgröße erzwingen, um sie erfüllen zu können.

ECOreporter: Welche Rolle sollen Ethik und Nachhaltigkeit für die Evangelische Bank spielen?

Thomas Katzenmayer:  Eine große. Wir werden weiter auf den Nachhaltigkeitsfilter für Geldanlagen setzen, den wir mit der auf Nachhaltigkeitsanalysen spezialisierten IMUG aus Hannover entwickelt haben und der regelmäßig aktualisiert wird. Eine Maßgabe dafür ist der Leitfaden für ethisch nachhaltige Geldanlage der evangelischen Kirche, den wir aber teils noch übertreffen. So sind z. B. für uns Anleihen der USA tabu, weil dort die Todesstrafe vollstreckt wird. Weitere Ausschlusskriterien sind etwa Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen, Glücksspiel, die Produktion von Waffen und Rüstungsgütern, Spirituosen, Tabak und Pornographie.
Natürlich wollen auch wir selbst den Anspruch auf Nachhaltigkeit erfüllen, hohe Umweltstandards erfüllen und uns durch den fairen Umgang mit Kunden und Mitarbeitern auszeichnen. Fast alle unsere Kredite vergeben wir ja schon jetzt an Diakonie-Projekte mit sozialem Nutzen. Wir haben eine hohe Kompetenz darin, Kunden bei Investitionen in Erneuerbare Energien zu betreuen, und achten darauf, dass Vorgaben für nachhaltiges Bauen erfüllt werden, wenn wir bei Immobilienprojekten mit an Bord sind.

ECOreporter:  Herr Katzenmayer, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.
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