Erneuerbare Energie

Deutsche Solarbranche uneins über Strafzölle für China-Module

Die EU wird vermutlich schon im Juni vorläufige Zölle auf kristalline Photovoltaik-Produkte aus China von 30 Prozent vorschlagen. Während deutsche Solarmodul-Hersteller darüber jubeln könnten, ärgert sich andere Unternehmen der deutschen Solarbranche darüber schwarz: Sie fürchten um ihr Geschäft.

Handelskommissar Karl de Gucht wolle der EU-Kommission am Mittwoch die Strafzölle vorschlagen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Die vorläufigen Anti-Dumping-Zölle könnten demnach ab dem 6. Juni Inkrafttreten. Die Höhe der Zölle werde wie in den USA variabel für die verschiedenen Photovoltaik-Hersteller festgelegt.

Endgültige Zölle sollen erst Anfang Dezember verhängt werden. Bis dahin bleibt Zeit für Verhandlungen. Die chinesische Regierung hat mit Frankreich verhandelt, um Importzölle auf chinesische Photovoltaik-Einfuhren zu verhindern.

Die von Solarworld geführte Vereinigung EU-ProSun hatte im vergangenen Herbst zunächst eine Anti-Dumping-Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Es folgte eine Beschwerde wegen illegaler Subventionen für chinesische Photovoltaik-Hersteller. Die EU-Kommission hat dann Anfang März eine Registrierungspflicht für die Importe kristalliner Photovoltaik-Produkte in der EU eingeführt. In der Folge stiegen die Modulpreise leicht an.

Die billigen chinesischen Solarmodule gelten als Grund für das Sterben europäischer Solarproduzenten. Aber nicht die gesamte Solarbranche ärgert sich über die billige China-Ware: Wer Solaranlagen baut und billige Module kaufen kann, freut sich eher über Chinas Solar-Exporte. Die Freunde der billigen China-Module haben sich beispielsweise in der „Allianz für Bezahlbare Solarenergie“, kurz AFASE, zusammengeschlossen. Der Sitz des Verbandes mit 450 Mitgliedsunternehmen ist Europas Lobby-Hauptstadt Brüssel.
„Strafzölle in jeglicher Höhe richten einen großen Schaden entlang der gesamten europäischen Photovoltaik-Wertschöpfungskette an“, wehklagt AFASE. Und: Zölle kämen der Solar-Industrie und der Wirtschaft in der EU teuer zu stehen.

Zur Photovoltaik-Wertschöpfungskette zählen auch Siliziumproduzenten wie Wacker Chemie aus München. Das Unternehmen beliefert auch Solarhersteller aus China mit Silizium, dem wichtigsten Rohstoff für die Produktion von Solarzellen. "Strafzölle bremsen die Entwicklung der Solarindustrie und verteuern die Energiewende", warnt Konzernchef Rudolf Staudigl. Was er nicht sagt: China könnte mit strafzöllen auf Silizium aus dem Westen reagieren und hat dergelichen auch schon angedroht. Das könnte die Geschäfte von Siliziumproduzenten wie Wacker Chemie belasten.

„Gift für das deutsche Solarhandwerk!“

Udo Möhrstedt, Gründer und Vorstandsvorsitzender der Regensburger IBC SOLAR AG, poltert für die AFASE: „Schutzzölle sind Gift für das deutsche Solarhandwerk! Durch die Zölle sind mehr als 70.000 gesunde Arbeitsplätze im Mittelstand in Gefahr. Die Bundesregierung muss diesen gefährlichen Protektionismus unbedingt stoppen!“

Laut AFASE würden bereits Zölle in Höhe von 15 Prozent 85 Prozent der Photovoltaik-Nachfrage in der EU vernichten. Wenn das wahr sein sollte – dann ist die deutsche Solarbranche schon erheblich abhängiger von China als die Öffentlichkeit und Fachleute bisher bemerkt haben.

Letztlich stecken hinter den AFASE-Warnungen zwei Annahmen: Erstens, dass Solaranlagen teurer werden, wenn die europäischen Modulhersteller weniger chinesische Konkurrenz fürchten müssen. Zweitens, dass höhere Preise für Solarmodule die Solaranlagen insgesamt so verteuern, dass sie nahezu unverkäuflich werden.
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