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„Die Atomkraft-Folgekosten sind heute schon teurer als Investitionen in Erneuerbare Energie“ - Bene Müller, solarcomplex AG


Die solarcomplex AG ist Aussteller der Messe Grünes Geld Freiburg. Sie findet am 10. November im Historischen Kaufhaus von Freiburg statt, der Eintritt ist kostenlos. Auf der Messe Grünes Geld Freiburg können Sie sich über aktuellle Trends, Entwicklungen und Angebote am nachhaltigen Finanzmarkt im deutschsprachigen Europaraum informieren.  Neben zahlreichen Vorträgen wird eine Podiumsdiskussion und ein Kinderprogramm für kleine Besucher geboten. Mehr dazu lesen Sie Opens external link in new windowhier.  

ECOreporter.de: Die solarcomplex AG plant baut und betreibt sogenannte Bioenergiedörfer.  Welche durchschnittlichen Größenordnungen haben diese Projekte in der Regel und welche Erneuerbaren Energieformen kommen dabei zum Einsatz?

Bene Müller:
Unsere bisher realisierten Bioenergiedörfer hatten zwischen 500 und 2.000 Einwohner.  Unser Investment für das Wärmenetz, die Heizzentrale und die Hausübergabestationen lag bei bis zu 3,5 Millionen Euro. Zum Einsatz kommen Solarenergie zur Strom- und Wärmebereitstellung sowie feste, flüssige und gasförmige Biomasse,  also Holz, Rapsöl und Biogas.

ECOreporter.de: Die solarkomplex AG bezeichnet sich als Bürgerunternehmen. Was bedeutet das und wie unterscheidet sich die solarcomplex AG von Energiegenossenschaften, die ebenfalls regionale Grünstromprojekte umsetzen?

Müller: Bürgerunternehmen heißt, dass wir im breiten Streubesitz von derzeit über 800 Gesellschafter sind, es gibt keine beherrschenden Gesellschafter. Vom Geist und von der regionalwirtschaftlichen Funktion unterscheiden wir uns so gut wie nicht von Genossenschaften. Nicht die Rechtsform ist entscheidend, sondern das Ergebnis.

ECOreporter.de:  Bislang war die solarcomplex AG im schwerpunktmäßig im Bodenseeraum aktiv. Können Sie sich vorstellen, Ihren regionalen Fokus künftig zu erweitern?


Müller: In den Geschäftsfeldern Bioenergie und Solarenergie werden wir uns weiterhin auf die Bodenseeregion beschränken. Da wir unsere Anlagen mit eigenem Wartungspersonal betreuen, macht die geographische Beschränkung vor allem wegen des Fahraufwands Sinn. Im Geschäftsfeld Windkraft gehen wir auch in den südlichen Schwarzwald oder Richtung Schwäbische Alb. Da ist am Bodensee einfach zu wenig Potential.

ECOreporter.de:  Die Aktie der solarcomplex AG wird nicht an der Börse gehandelt. Wie können sich Anleger bei solarcomplex beteiligen?

Müller: Wir bieten zwei Varianten an, die Beteiligung über Aktienkapital am Unternehmen selbst, aber auch Genussrechtskapital mit vier Prozent als festverzinste Geldanlage. Langfristig rechnet sich die direkte Beteiligung vermutlich besser. Der Kurs ist seit Gründung um 235 Prozent gestiegen und es gab zusätzlich seit 2004 jedes Jahr eine Dividende.

ECOreporter.de:  Was passiert mit dem Kapital, dass Sie über Aktien und Genussrechte einwerben?

Müller: In beiden Fällen wird das eingeworbene Kapital vollständig und ausschließlich in den Ausbau unseres Kraftwerksparks am Bodensee investiert. Ein Wärmenetz hat eine technische Lebensdauer von vielen Jahrzehnten und löst sich auch in einer Krise des Geldsystems nicht in Luft auf. Aus Geldvermögen wird Sachanlagevermögen. 

ECOreporter.de: Einerseits ist speziell die Einspeisevergütung für Solarstrom drastisch gesenkt worden, andererseits werden Solaranlagen immer billiger. Wie haben diese Entwicklungen auf laufende und kommende Projekte der solarcomplex AG und deren Rentabilität beeinflusst?

Müller: Unser früheres Erfolgsmodell, die „6-kW-Solarkraftwerke“ auf gepachteten Dächern funktioniert nicht mehr, weil ausschließlich über die Einspeisung mit den heutigen Vergütungen eine Wirtschaftlichkeit schwer darstellbar ist. Wir konzentrieren uns auf Kunden, die einen hohen Anteil des erzeugten Solarstroms selbst verbrauchen können. Das sind beispielsweise mittlere Gewerbebetriebe. Deren Bezugskosten aus dem Stromnetz liegen schon heute über den Erzeugungskosten von Solarstrom.

ECOreporter.de: Das EEG soll nach dem Willen des Bundesumweltministers Peter Altmaier weiter kräftig umgebaut werden. Was halten Sie von den Reformplänen und auf welche kurz- und mittelfristigen Herausforderungen stellen Sie sich ein?

Müller:
Gegen eine Fortentwicklung des EEG in einem möglichst breiten Konsens ist nichts einzuwenden, kurzfristige Manöver sind dagegen hochschädlich, weil sie die gesamte Branche verunsichern. Auf kurzfristige Veränderungen kann man sich eben nicht einstellen, auf mittelfristige schon. Der Vorlauf für einen regionalen Windpark beträgt rund drei Jahre.   

ECOreporter.de: Speziell die deutlich gestiegene EEG-Umlage, über die der Ausbau der Grünstromkapazitäten Deutschlands finanziert wird, steht aktuell im Mittelpunkt heftiger Diskussionen. Kritiker werden nicht müde, die regenerativen Energien als Strompreistreiber zu geißeln.  Was ist von solchen Argumenten zu halten?


Müller: Nichts. Erstens macht eine Kostendebatte ohne den Nutzen keinen Sinn. Zweitens wurden die Kosten durch politische Entscheidungen künstlich in die Höhe getrieben und drittens sind die Mehrkosten vorübergehend und sehr gut investiert. Wir erhalten dafür absehbar eine umweltfreundliche und kostengünstige Stromversorgung. Ein weiter so auf dem fossil-atomaren Weg käme dagegen wesentlich teurer, die externen Kosten für Umwelt- und Gesundheitsschäden, Endlagerung atomarer und Abfälle sind heute schon größer als die Mehrkosten für Erneuerbare Energien.     

ECOreporter.de: Was werden Sie auf der Messe Grünes Geld in Freiburg präsentieren und mit welcher Erwartung kommen Sie zu der Veranstaltung?

Müller: Wir präsentieren unser Unternehmen und unsere beiden Möglichkeiten zur ökologischen Geldanlage und wir hoffen, etliche neue Mitgesellschafter zu finden. Für die anstehenden Projekte brauchen wir neue Mitstreiter. Freiburg ist dafür ein gutes Pflaster.

ECOreporter.de: Herr Müller, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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