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"Die Informationspolitik vieler Unternehmen hat sich verbessert." - ECOreporter.de-Interview über Nachhaltigkeitsratings mit Robert Hauser, ZKB
ECOreporter.de: Nach welchen Kriterien legen Sie ihre Fragenkataloge an?
Robert Hauser: Wir orientieren uns dabei an allgemein gültigen Definitionen von Nachhaltigkeit (wie z.B. der Brundtland-Definition) und Standard/Initiativen wie GRI, UN Global Compact, CDP oder ILO-Richtlinien und leiten daraus die Themenbereiche für den Fragebogen ab. Wir unterscheiden zwischen allgemeinen Anforderungen an alle Unternehmen und branchenspezifischen Anforderungen. Unser Fragebogen ist in sechs Kapitel gegliedert und umfasst vor allem Umwelt- und Sozialaspekte. Bei gewissen Fragen kommen auch ökonomische Aspekte mit ins Spiel (z.B. Corporate Governance). Die generellen Grundzüge des Fragebogens wurden auch durch den Nachhaltigkeitsbeirat der Swisscanto und den WWF Schweiz begutachtet und mit Feedback versehen.
ECOreporter.de: Wie aussagekräftig sind die Informationen, die Ihnen die Unternehmen zur Verfügung stellen?
Hauser: In den letzten Jahren hat sich die Informationspolitik vieler Unternehmen verbessert. Für fortschrittliche Unternehmen wurde die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu einer Selbstverständlichkeit. Viele Unternehmen orientieren sich dabei an den GRI-Richtlinien (GRI = Global Responsible Investment Initiative, die Red.). Allerdings gibt es im Detail nach wie vor Aufholbedarf. Bei sehr wichtigen Teilen der Produkte gibt es häufig noch keine systematische Berichterstattung über alle Produktlinien zu den Nachhaltigkeitsaspekten.
ECOreporter.de: Wie wird der Wahrheitsgehalt der Angaben überprüft, in welchem Umfang?
Hauser: Es gibt zwei wichtige Stufen der Überprüfung:
1. Verifikation des Nachhaltigkeitsberichtes durch ein externes Institut und
2. eine umfangreiche Medienrecherche in über 14000 Medien in verschiedenen Sprachen.
ECOreporter.de: Welches Motiv haben die befragten Unternehmen, sich die Mühe der Beantwortung zu machen?
Hauser: Ein Unternehmen, das Nachhaltigkeit in der Gesamtstrategie hat, wird von sich aus eine Nachhaltigkeitsberichterstattung haben. Dies gehört zu einer umfassenden Berichterstattung eines Unternehmens und dient auch als Führungsinstrument (z.B. in Bezug auf Kosten durch Emissionen, fehlende Motivation von Mitarbeitern usw.)
Wir lassen die Unternehmen nur noch Fragebögen ausfüllen, wenn keine Informationen vorhanden sind. Verfügt ein Unternehmen über einen ausreichenden Nachhaltigkeitsbericht, kontaktieren wir es nur noch mit wenigen gezielten Fragen.
ECOreporter.de: Wie überwinden Sie Widerstände oder Ausweichmanöver eines Unternehmens, dass Sie analysieren? Welche Instrumente stehen dafür zur Verfügung?
Hauser: Wenn ein Unternehmen keinen Nachhaltigkeitsbericht hat und den Fragebogen nicht ausfüllen will, bewerten wir das Unternehmen mit den vorhandenen (wenigen) Informationen und bewerten es dementsprechend schlecht. So ein Unternehmen hat keine Chance als Branchenleader. Eine andere Option ist via Portfoliomanager als Aktionär direkt beim Management Druck aufzusetzen, was auch schon Wirkung gezeigt hat.
ECOreporter.de: Inwiefern nimmt die ZKB Einfluss auf die Recherchen und Analysen Ihres Teams, auf die Gestaltung der Ratings, der Fragenkataloge, die Auswahl der analysierten Unternehmen?
Hauser: Wir sind ein unabhängiges Team, was wir als Analysten grundsätzlich auch sein müssen. Die einzigen Vorgaben entstehen aus den Produkten und beeinflussen das abzudeckende Universum (z.B. Aktien Welt oder Obligationen Schweiz). Die definitive Auswahl der Titel basiert jeweils auf einem Mehrheitsentscheid im Nachhaltigkeitsresearch.
ECOreporter.de: Inwiefern berücksichtigen Sie bei dem Erstellen eines Ratings, was Fondsmanagern wichtig ist?
Hauser: Wir haben den Anspruch, die Branchenleader herauszufinden. Deshalb suchen wir die 10 bis 20 Prozent besten Unternehmen einer Branche und Weltregion. Damit muss der Fondsmanager dann sein Portfolio erstellen. Der Fondsmanager kann jederzeit Vorschläge für Titel machen und wir können dann bei Bedarf die zeitliche Reihenfolgen der Prüfungen verändern. Inhaltlich kann der Fondsmanager aber nicht bestimmen, welche Titel in nachhaltige Anlageuniversum kommen.
ECOreporter.de: Was bewirken schon allein Ihre Anfragen bei einem Unternehmen?
Hauser: Im Normalfall ist es für ein Unternehmen effizienter, einen umfassenden Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen und den jährlich zu aktualisieren als einzelnen Anfragen zu beantworten. Deshalb hat allein schon der Anstieg der Anfragen dazu geführt, dass mehr und mehr Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht publizieren.
ECOreporter.de: Inwiefern können schon die Befragungen bei Unternehmen dort Entwicklungen zu mehr Nachhaltigkeit anstoßen? Inwiefern wird dies angestrebt, inwiefern kontrolliert?
Hauser: Die Befragungen lösen allein durch die Menge bei den Unternehmen eine Entwicklung aus. Wenn verschiedene Researchinstitute den Finger auf das gleiche Problem halten, wird das Management dazu bewogen, dass Problem zu analysieren und Stellung zu nehmen.
ECOreporter.de: Können Sie Beispiel dafür nennen, dass Nachhaltigkeitsratings bei Unternehmen Veränderungen gestoßen haben?
Hauser: Konkret können wir kein Beispiel nennen. Wir sind der Meinung, dass Veränderungen sowieso nur im Verbund mit anderen Research-Instituten ausgelöst werden und wir kaum je alleinverantwortlich waren.
ECOreporter.de: Wie einflussreich muss dafür der Gesprächspartner in dem Unternehmen sein, dass solche Befragungen Entwicklungen zu mehr Nachhaltigkeit anstoßen?
Hauser: Es ist von Bedeutung, ob man Kontakt zum CEO oder CFO hat oder „nur“ zum Nachhaltigkeitsbeauftragten. Der Nachhaltigkeitsbeauftragte kann zwar auch den CEO informieren, aber der direkte Draht zum CEO löst mehr aus. Bei sehr großen Unternehmen ist dies aus verständlichen Gründen schwieriger zu erreichen.
ECOreporter.de: Inwiefern haben Nachhaltigkeitsratings eine prägende Wirkung für das Nachhaltige Investment, stecken Sie den Rahmen ab, in dem Anbieter Nachhaltigkeitsfonds gestalten?
Hauser: Nachhaltigkeitsratings sind die Grundvoraussetzung für nachhaltige Investments. Sie definieren, welche Unternehmen einen definierten Nachhaltigkeitsanspruch erfüllen und welche nicht. Ohne Nachhaltigkeitsratings ist meiner Ansicht ein Nachhaltigkeitsfonds nicht glaubwürdig.
ECOreporter.de: Wenn man die größten Positionen herkömmlicher Investmentfonds mit denen von Nachhaltigkeitsfonds vergleicht, die Nachhaltigkeitsratings einsetzen, ist die Schnittmenge der Titel sehr groß. Inwiefern sind Nachhaltigkeitsratings nur eine Dienstleistung, die herkömmlichen Portfolios ein „grünes“ Siegel verleiht?
Hauser: Dies ist per se kein Widerspruch. Gut geführte Unternehmen können eben auch im Nachhaltigkeitsbereich hohe Standards erfüllen. Dies ist aber nicht immer der Fall. Wichtig ist es aber auch, dass die Auswahl auf einem glaubwürdigen Nachhaltigkeitsresearch basiert und der Fonds allenfalls zukunftträchtige Entwicklungen im Nachhaltigkeitsbereich berücksichtigt (wie z.B. Innovatoren aus dem Bereich erneuerbare Energien).
ECOreporter.de: Warum sind Nachhaltigkeits-Ratings unverzichtbar? Was wird dadurch konkret verhindert, was konkret ermöglicht?
Hauser: Nachhaltigkeitsratings sind ein unverzichtbarer Bestandteil von nachhaltigen Investments. Wenn es sie nicht gäbe, würde dem Anleger etwas Falsches versprochen. Nachhaltigkeitsratings ermöglichen im Normalfall eine vertiefte Analyse der Aktivitäten eines Unternehmens, im Gegensatz zu einer oberflächlichen Zuteilung zu einem Trend (wie z.B. Clean Tech o.ä.). Zudem werden die Chancen und Risiken eines Unternehmens vertieft betrachtet und ermöglichen eine objektivere Einschätzung derselben.
ECOreporter.de: Herr Hauser, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Per Mausklicks gelangen Sie zu weiteren Interviews mit Spezialisten für Nachhaltigkeitsreserach von Invera Investment Ethics Research & Advisory AG, imug Investment Research und INrate.
Bildhinweis: Robert Hauser / Quelle: ZKB