Anleihen / AIF

„Die Wahlmöglichkeit für den Anleger wird stark eingeschränkt.“- Interview zu den Neuregelungen im Markt für Geschlossene Fonds und Genussscheine, Teil 2

Neue Regelungen werden den Markt für Geschlossene Fonds, Genussrechte und Genussscheine umkrempeln. Welche Folgen haben die Neuregelungen im Markt für Geschlossene Fonds und Genussscheine für Anbieter solcher Produkte, für Anlageberater und für Privatanleger? Antworten auf diese und weitere Fragen dazu geben die Rechtanwälte der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei GK-law.de in Göttingen.

Dr. Matthias Gündel und Björn Katzorke sind Rechtsanwälte und geschäftsführende Gesellschafter der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei. Ihre Schwerpunkte liegen in der Emissionsberatung, der umfassenden rechtlichen Beratung zur Konzeption von Fonds- und Beteiligungsmodellen sowie zu Fragen der Finanzdienstleistungsaufsicht. Christina Gündel ist als Rechtsanwältin und PR-Referentin seit vielen Jahren im kapitalmarktrechtlichen Umfeld tätig. Sie betreut im Rahmen des Dienstleistungsspektrums der Kanzlei vorrangig vertriebsrechtliche Mandate.

Gestern haben wir den ersten Teil des Gespräches veröffentlicht, zum Sie per Opens external link in new windowMausklick gelangen. Hier nun die Fortsetzung:

ECOreporter: Für alternative Investmentfonds soll es einen so genannten Typenzwang geben. Was bedeutet das für Genussrechte und stille Beteiligungen?

Björn Katzorke: Die Regeln des neuen KAGB sehen vor, dass geschlossene alternative Investmentfonds (AIFs) nur noch als Kommanditgesellschafts-( KG-)Modelle umgesetzt werden dürfen. Ein Rückgriff auf andere Beteiligungsformen ist für AIFs nicht mehr zulässig. Das bedeutet einen massiven Eingriff in die Vertragsfreiheit der Unternehmen. Denn im Gegensatz zu Genussrechten und stillen Beteiligungen, die im Wesentlichen frei ausgestaltet werden können, unterliegen KG-Beteiligungen strengeren gesellschaftsrechtlichen Regeln, die beachtet werden müssen. In der Konsequenz kommen also aufgrund des Typenzwangs für AIFs im Einzelfall Genussrechte und stille Beteiligungen als Beteiligungsform nicht mehr infrage.

ECOreporter: Welche Kosten kommen künftig jährlich auf Fondsinitiatoren zu?

Dr. Matthias Gündel: Es gibt noch keine Gebührenordnung. Die Kosten werden aber in etwa so hoch sein wie für Vermögensverwalter nach dem KWG (Kreditwesengesetz). Neben den einmaligen Kosten für die Erlaubniserlangung nach dem KAGB von ca. 25.000 Euro fallen voraussichtlich jährliche Ausgaben in Höhe von ca. 30.000 Euro an. Hierunter fallen laufende Kosten, wie für Meldewesen, rechtliche Betreuung, Umlagen und Beiträge für BaFin und EdW (Entschädigungseinrichtung der Wertpapierunternehmen) sowie die Jahresabschlussprüfung. Hinzu kommen die Kosten für die jährliche Bewertung der Vermögensgegenstände sowie die externe Verwahrstelle (Depotbank).

Bildhinweis: Dr. Matthias Gündel. / Quelle: Unternehmen

ECOreporter: Bisher sind etliche Angebote nicht prospektpflichtig – sie werden auch nicht von der BaFin geprüft. Da gibt es kleine Fonds, die nicht mehr als 20 Anleger haben und Angebote, bei denen man sich erst ab 200.000 Euro beteiligen kann. Wird es diese Ausnahmen von den Zulassungspflichten weiterhin geben?

Dr. Matthias Gündel: Insgesamt werden die Voraussetzungen für den Vertrieb an Privatanleger stark verschärft. Im Ergebnis wird die nicht prospektpflichtige Privatplatzierung von KG-Fonds damit abgeschafft. Das heißt, die Ausnahmen nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) sind dann nicht mehr relevant. Auch Verwalter, deren AIFs aufgrund der Bestimmungen des § 2 VermAnlG nicht der Prospektpflicht unterliegen, werden dem neuen Kapitalanlagegesetzbuch unterfallen und die danach geltende uneingeschränkte Prospektpflicht beachten müssen. Diese Anbieter würden dann auch der BaFin-Aufsicht unterstehen.

ECOreporter: Inwieweit betreffen die Änderungen Vermögensberater und Vermittler?

Christina Gündel:Betroffen sind zunächst einmal alle diejenigen Vermögensberater und Vermittler, die im Bereich Portfolioverwaltung, Risikomanagement, administrative Tätigkeiten und Vertrieb tätig sind. Grundsätzlich muss man hier unterscheiden zwischen den Zulassungsanforderungen, also dem „ob“ der Berufsausübung und dem „wie“ der Berufsausübung nach der Gewerbeordnung (GewO), dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB). Hinsichtlich der Zulassungsanforderungen für Vermögensberater und Vermittler bleibt alles wie bisher – sie benötigen für ihre Tätigkeit entweder eine Erlaubnis nach § 32 KWG oder § 34f GewO. Künftig kann es allerdings Wettbewerb für den Vertrieb geben. Denn AIFMs sind nicht auf die Verwaltung von Vermögen beschränkt, sondern dürfen auch Dienstleistungen erbringen, die für die Platzierung von Anteilen erforderlich sind, wie z.B. Vermögensverwaltung, Anlageberatung und das Platzierungsgeschäft.

Bildhinweis: Christina Gündel. / Quelle: Unternehmen


Björn Katzorke: Deutliche Verschärfungen sieht der Diskussionsentwurf für Angebote und Vertrieb vor, insbesondere wegen der Prospektpflicht und Haftungsverschärfungen für fehlerhafte Verkaufsunterlagen. Dem Diskussionsentwurf nach gilt nun Folgendes: Die Bestimmungen des Wertpapierprospektgesetzes, wenn einschlägig, sollen neben dem KAGB gelten. Das neu geschaffene Vermögensanlagengesetz soll so geändert werden, dass es für Anteile an Investmentvermögen im Sinne des KAGB – also KGAnteile – gar nicht mehr einschlägig ist. Stattdessen sollen AIFs nur noch nach den Vorgaben des KAGB angeboten und vertrieben werden können, also reguliert, lizensiert und unter der Aufsicht der BaFin. Dabei erfasst der Vertriebsbegriff des KAGB jedes direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Anteilen an AIFs, das Werben für AIFs oder AIFMs.

Christina Gündel: Beim Vertrieb an Privatanleger sind laut KAGB Vertriebsvoraussetzungen und Veröffentlichungspflichten zu beachten: Dem Privatanleger müssen rechtzeitig vor Vertragsschluss die wesentlichen Anlegerinformationen zur Verfügung gestellt werden, also der Verkaufsprospekt und der letzte veröffentlichte Jahres- und Halbjahresbericht sowie der letzte Nettoinventarwert des Investmentvermögens oder der jüngste Marktpreis der Anteile. Der Anleger muss das kostenlos elektronisch oder auf Verlangen in Papierform bekommen. Zusätzlich muss die jeweilige Gesellschaft die wesentlichen Anlegerinformationen auf ihrer Internetseite veröffentlichen.

ECOreporter: Gibt es weitere Informationspflichten?


Dr. Matthias Gündel: Ja, etwa zum prozentualen Anteil der Vermögensgegenstände des AIF, die schwer zu liquidieren sind, zum Liquiditätsmanagement zum Risikoprofil des AIF und zum Risikomanagementsystem.

ECOreporter: Inwieweit wird sich die Werbung gegenüber Privatanlegern ändern?

Christina Gündel: Werbung muss als solche eindeutig erkennbar sowie redlich und eindeutig sein, und sie darf nicht irreführend sein. Es darf keine Widersprüche zu Informationen des Verkaufsprospekts oder wesentlichen Anlegerinformationen geben, und die Werbung darf die Bedeutung dieser Informationen nicht herabstufen. Werbetexte müssen einen Hinweis darauf enthalten, dass ein Verkaufsprospekt existiert und wo wesentliche Anlegerinfos verfügbar sind.

ECOreporter: Ein Thema sind immer die Kosten des Fonds.

Dr. Matthias Gündel: Dies gilt insbesondere für Ratenzahlungen. Wenn Anteile für mehrere Jahre eingezahlt werden, darf von der für das erste Jahr vereinbarten Zahlung höchstens ein Drittel für die Deckung von Kosten verwendet werden. Die restlichen Kosten müssen gleichmäßig auf spätere Zahlungen verteilt werden.

ECOreporter: Was ändert sich im Bereich der Haftung?

Christina Gündel: Für unrichtige Angaben in den Verkaufsunterlagen haften der AIFM und der Anbieter als Gesamtschuldner gegenüber dem Anteilskäufer. Das betrifft auch den Vermittler! Allerdings nur, wenn er Fehler oder Unvollständigkeiten des Verkaufsprospekts kennt. Gleiches gilt, wenn in den wesentlichen Anlegerinformationen Angaben enthalten sind, die irreführend, unrichtig oder nicht mit den einschlägigen Stellen des Verkaufsprospekts vereinbar sind. Als Folge sind dann die Anteile zu übernehmen und der gezahlte Betrag ist dem Anleger zu erstatten.

ECOreporter: Dienen die neuen Regelungen auch den Anlegern?

Dr. Matthias Gündel: Nein. Tatsächlich wird die Wahlmöglichkeit für den Anleger stark eingeschränkt. Durch die Produktregulierung wird praktisch seine Mündigkeit in Abrede gestellt, und bestimmte banklastige Produkte werden privilegiert.

ECOreporter.de: Wir danken Ihnen für das Gespräch.

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