Anleihen / AIF

Droht den Solar-Millennium-Anlegern 90 Prozent Verlust?

Hoffnungsschimmer im Insolvenzverfahren der Solar Millennium AG oder nur ein Trostpflaster? Die Anleihe-Gläubiger des Skandal-Unternehmens aus Erlangen sollen Geld bekommen. Nach Angaben des Insolvenzverwalters Holger Böhm von der Kanzlei Schultze & Braun sollen die Anleger „in Kürze eine erste Abschlagszahlung“ erhalten. Ob es weitere Zahlungen gibt und wie hoch diese ausfallen, hänge allerdings vom weiteren Verlauf des Verfahrens ab.

Die Insolvenz von Solar Millennium 2011 zählt zu den spektakulären Pleiten, die die Ökostrombranchen in den vergangenen Jahren zu verkraften hatte. Von der Pleite des Unternehmens, das im Kerngeschäft solarthermische Großkraftwerke plante und realisierte, sind 30.000 Anleger geschädigt worden. Etwas weniger als die Hälfte davon waren Aktionäre, die ohnehin im laufenden Insolvenzverfahren leer ausgehen. 16.000 Investoren, darunter zahlreiche Kleinanleger, investierten 227 Millionen Euro in fünf Anleihen des Unternehmens. Laut der Insolvenzverwaltung stehen in der Insolvenztabelle der Solar Millennium AG Forderungen in Höhe von 250 Millionen Euro.
Nun stellt Insolvenzverwalter Volker Böhm den Gläubigern insgesamt 25 Millionen Euro als „erste Abschlagszahlung“ in Aussicht. Bliebe es bei dieser einen Zahlung, hätten die Anleger 90 Prozent ihres Kapitaleinsatzes verloren, denn die Insolvenzquote läge bei zehn Prozent. Dabei soll es jedoch nicht bleiben. „Nach jetzigem Stand werden die Gläubiger weitere Quotenzahlungen erhalten“, sagt Böhm.
Anleihegläubiger müssen Geduld haben
Dennoch ist weiterhin viel Geduld das Gebot der Stunde für die Anleger. Zwar sei es gelungen, mit den Gläubigern der ebenfalls insolventen US-Sparte von Solar Millennium, Solar Trust Of America LLC, einen Vergleich zu schließen. Dieser Vergleich ermögliche es, weitere Erlöse zu Gunsten der Solar Millennium-Gläubiger zu erzielen. Allerdings sei „noch unklar“, wie viel Geld dieser Vergleich den Gläubigern zurückbringen kann. Hoffen können die Gläubiger außerdem auf Erlöse aus möglichen Schadenersatzzahlungen an Solar Millennium. Es laufen Böhm zufolge derzeit Gerichtsverfahren, die Solar Millennium Rückzahlungen und Schadenersatz einbringen könnten. Wie hoch die endgültige Insolvenzquote ausfallen könne, hänge auch vom Ausgang der verschiedenen laufenden Verfahren ab, so Böhm.

Dabei stellt der Insolvenzverwalter klar, dass es vor dem Ende des Verfahrens keine weiteren Abschlagzahlungen an die Gläubiger geben soll. Auch deshalb müssen die Anleger seiner Schätzung nach noch lang auf weitere Rückzahlungen warten. „Ich gehe davon aus, dass das Insolvenzverfahren noch einige Jahre dauern wird“, so Böhm.  „Die Solar Millennium AG hielt Beteiligungen an mehr als 60 Projektgesellschaften und Unternehmen weltweit, vor allem in Deutschland, den USA, Spanien und China, aber auch in Ländern wie Israel, Marokko, der Türkei und Ägypten. Eine Vielzahl der Beteiligungen stellte sich als nicht werthaltig heraus“, erklärt der Insolvenzverwalter. Derzeit werde unter anderem über den Verkauf der Beteiligungen in China verhandelt.

Insolvenzquote am Ende niedriger als bei Prokon oder Windwärts?
Die bisher erzielte Quote von 10 Prozent setzt sich laut der Insolvenzverwaltung unter anderem aus den erfolgreichen Verkauf einzelner Kraftwerksbeteiligungen zusammen, beispielsweise in Spanien.  „Die durchschnittliche Quote bei Insolvenzverfahren liegt bei 3 bis 5 Prozent“, so Böhm. Setzt man diese Messlatte an, wescheinen die Quotenschätzungen anderer laufender Insolvenzen – beispielsweise bei Prokon oder Windwärts  überdurchschnittlich hoch. Bei Prokon, wo heute über den Insolvenzplan abgestimmt wird, sollen es in jedem Fall über 50 Prozent werden, bei Windwärts lag die Schätzung des zuständigen Insolvenzverwalters bei um die 35 Prozent. Näheres zum Kampf um die Zukunft von Prokon lesen Sie  hier und  hier. Aktuelle Informationen zum Verfahren der Windwärts Energie GmbH bietet dieses  Interview.
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