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Anleihen / AIF, ECOanlagecheck
ECOanlagecheck: Anleihe der Windreich AG 2011/2016 – Offshore-Windenergie als Chance oder als Risiko?
Die Anleihe (Inhaber-Teilschuldverschreibung) hat ein Volumen von insgesamt bis zu 75 Millionen Euro. Die Platzierungskosten werden laut Prospekt bei Vollplatzierung ca. 5 Prozent des Emissionsvolumens betragen. Die Anleihe läuft bis zum 14. Juli 2016. Anleger können sich ab 1.000 Euro beteiligen, der Zinssatz ist festgeschrieben auf 6,5 Prozent pro Jahr. Die Anleihe muss in ein Wertpapierdepot eingebucht werden, für das Anleger bei ihrer Bank Depotgebühren bezahlen.
Unternehmensprofil Windreich AG
Die Windreich AG aus Baden-Württemberg entstand 2010 durch eine Umwandlung der sei 2000 tätigen FC Holding GmbH in eine Aktiengesellschaft. Der Gründer und Vorstandsvorsitzende, Dipl.-Wirt.-Ing. Willi Balz, hält sämtliche Aktien der Windreich AG. Das Unternehmen ist nicht börsennotiert. Die Windreich AG hat nach eigenen Angaben Darlehensforderungen in Höhe von 50 Millionen Euro gegen ihren Gründer und Alleinaktionär Willi Balz. Demgegenüber stehen Sicherheiten in Höhe von rund 170 Millionen Euro, die Balz der Windreich AG als Sicherheit für Bankkredite zur Verfügung stellt. Nach Presseinformationen wurden die Kredite auch zum Kauf historischer Rennwagen verwendet, die dann wiederum als Sicherheit der Windreich AG zur Verfügung gestellt wurden. Die Wertentwicklung dieser Fahrzeuge übertrifft nach Angaben der Windreich AG die Goldpreisentwicklung. Insgesamt besteht somit eine hohe Abhängigkeit der Windreich AG von Willi Balz.
Die Windreich AG hat nach eigenen Angaben in den letzten zwölf Jahren etwa 1.000 Windenergieanlagen an Land errichtet. Sie bzw. ihre Tochtergesellschaften entwickeln die Projekte, finanzieren und verkaufen sie, begleiten den Bau und übernehmen die technische und kaufmännische Betriebsführung von eigenen und fremden Windenergieanlagen.
Seit 2008 investiert die Windreich AG verstärkt in die Planung von Offshore-Projekten. Das erste genehmigte Offshore-Projekt, der Windpark Global Tech I, wurde erfolgreich verkauft. Anteile an dem Projekt halten die Stadtwerke München (24,9 Prozent), HEAG Südhessische Energie AG (24,9 Prozent), EGL Renewable Luxembourg AG (24,1 Prozent) und ein süddeutsches „Family Office“ (10,0 Prozent).
Der Windpark mit 80 Anlagen zu je fünf Megawatt (MW) und einer geplanten Gesamtinvestition von 1,7 Milliarden Euro soll bis 2013 fertig gestellt werden.
Vor einem Jahr war die Gesamtinvestition noch auf 1,3 Milliarden Euro geschätzt worden. Nach Angaben von Windreich kamen durch Optimierungen innerhalb der Anlagen höhere Kosten zustande, welche aber mittelfristig höhere Erträge liefern sollen. Im Juli 2011 wurden die Darlehensverträge für den Windpark von der europäischen Investitionsbank und einem Konsortium aus 20 Geschäftsbanken unterzeichnet.
Zudem hat die Projektgesellschaft bei der KfW-Bank einen Kreditantrag gestellt, um von dem Förderprogramm für die ersten zehn Offshore-Windparks zu profitieren und die Finanzierung schließen zu können. Der Antrag werde bei der KfW geprüft, mit einer Entscheidung rechne die Projektgesellschaft im Laufe des Sommers, hieß es. Momentan hält die Windreich AG 16,05 Prozent der Anteile an Global Tech I. Davon sollen Anteile bis zur Höhe von 10 Prozent verkauft werden.
Mit dem Projekt MEG I wird seit Mitte 2010 der zweite bereits genehmigte Offshore-Windpark der Windreich AG vermarktet. Vor rund einem Jahr erklärte ein Sprecher der Windreich AG gegenüber ECOreporter.de, dass sie für den Windpark MEG I auch mit ausländischen Investoren in Verhandlung seien. Derzeit hält aber laut Prospekt die Windreich AG zusammen mit einem Tochterunternehmen noch sämtliche Anteile an der Projektgesellschaft. Im vierten Quartal 2010 konnte die „bedingte“ Netzanschlusszusage erreicht werden. Die „unbedingte“ Netzanschlusszusage wurde für das zweite Quartal 2011 erwartet. Bis Ende 2013 soll der Windpark mit 80 Anlagen zu je fünf MW errichtet werden.
Offshore-Windenergiemarkt
Das Potential der Offshore-Windenergie in der Nordsee ist aufgrund der hohen Windgeschwindigkeiten groß. Wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen und die Finanzierungen gesichert sind, kann die Offshore-Windenergie zukünftig einen großen Teil des gesamten deutschen Strombedarfs erzeugen. Weil die Bundesregierung 2010 beschloss, die Atomkraftwerke länger laufen zu lassen, hatten sich die Aussichten für die Offshore-Windenergie eingetrübt. Nun sieht es für die Offshore-Windkraft freundlicher aus: Der Mitte 2011 beschlossene Ausstieg aus der Atomenergie ging einher mit einem politischen Bekenntnis zum Ausbau der Offshore-Windenergie.
Bildnachweis: Der Offshore Windpark alpha ventus.
Der erste Offshore-Windpark Deutschlands, alpha ventus, wurde 2009 in Betrieb genommen. Die Realisierung weiterer Parks verzögert sich, auch weil die Finanzierung der Vorhaben aufgrund der Zurückhaltung der Banken seit der Finanzkrise schwieriger geworden ist. Um die Entwicklung der Windenergie auf See zu forcieren, wurde im Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) 2009 die Anfangsvergütung (zwölf Jahre) für Offshore-Windstrom deutlich auf 15 Cent pro Kilowattstunde (kWh) inkl. Sprinterbonus erhöht. Mit der EEG-Novelle 2012 wird ein optionales so genanntes „Stauchungsmodell“ eingeführt, das eine Anfangsvergütung von 19 Cent pro kWh über acht Jahre vorsieht.
Zudem beschloss die Bundesregierung, Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und den Bau von Windparks in der Nordsee durch die KfW fördern zu lassen. Die ersten zehn großen Offshore-Windparks sollen verbilligte Kredite in Höhe von zusammen fünf Milliarden Euro erhalten. Von diesen KfW-Krediten wird voraussichtlich auch die Windreich AG profitieren, zumindest beim Windpark Global Tech I. Darüber hinaus hat Global Tech 1 laut Prospekt bereits 2009 eine Förderung von 58,55 Millionen Euro von der EU erhalten.
Ein generelles Problem für die Erneuerbaren Energien ist der unzureichende Ausbau der Stromleitungsnetze in Deutschland. Derzeit werden Konzepte erarbeitet, um den Netzausbau zu beschleunigen und den Transport des Nordseestromes auf und durch das Festland bis in die europäischen Nachbarländer zu ermöglichen.
Ökologische Wirkung
Offshore-Windparks können Atom- und Kohlekraftwerke ersetzen. Alleine der geplanten Windpark Global Tech 1 verfügt über ein Leistung von 400 Megawatt. Er wird nach Angaben von Windgutachten 1,4 bis 1,7 Milliarden kWh im Jahr produzieren können. Mit der produzierten Strommenge können bei einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 3.500 kWh mehr als 400.000 Haushalte jährlich versorgt werden. Mehr als eine Million Tonnen Kohlendioxid können so pro Jahr eingespart werden.
Durch das Einrammen der Windpark-Fundamente in den Meeresboden entstehen Erschütterungen, die negative Auswirkungen auf Meeresbewohner wie Wale haben. Derzeit sind Technologien in der Entwicklung, die diese Belastungen reduzieren. Auch die Störungen des Vogelzugs durch die Windräder können z. B. durch Signaltechniken gemindert werden. Im Gegensatz zu Offshore-Ölplattformen sind die Meeres-Umweltauswirkungen von Offshore-Windparks beherrschbar und können als überschaubar und akzeptabel bezeichnet werden.
Im europäischen Ausland, vor allem vor den Küsten von Dänemark und Großbritannien, sind schon einige Offshore-Windparks in Betrieb. Sie sind aber kleiner und befinden sich vor allem in niedrigerem Wasser. Zudem liegen sie näher an der Küste als die geplanten Windparks in der deutschen Nordsee. Die Pionieranlagen der Windreich AG in der Nordsee bergen höhere Risiken als Anlagen am Land, weil umfassende jahrelange Erfahrungswerte noch nicht vorliegen und Bau, Betrieb und Wartung der Offshore-Windparks komplexer und kostenintensiver sind. Als Projektentwickler und Generalunternehmer trägt die Windreich-Gruppe einen großen Teil der Risiken.
Die Windreich AG hat sieben hundertprozentige Tochterunternehmen und hält zahlreiche weitere Beteiligungen. Darunter fallen Offshore-Projektgesellschaften, aber auch strategische Beteiligungen, z.B. am Windenergieanlagen-Hersteller Fuhrländer. Die wirtschaftliche Entwicklung der Tochterunternehmen und der Beteiligungen beeinflussen das Ergebnis der Windreich AG und damit auch deren Möglichkeit, die Anleihe zurückzuzahlen und die Zinsen an die Anleger zu zahlen.
Die Bilanz des Geschäftsjahres 2010 der Windreich AG weist Verbindlichkeiten von rund 265 Millionen Euro aus. Rund 150 Millionen Euro davon haben eine Restlaufzeit von weniger als einem Jahr. Darlehen der Sarasin Bank in Höhe von rund 70 Millionen Euro hatten eine Laufzeit bis Ende Juni 2011 und wurden vorerst nur bis Ende Dezember 2011 verlängert.
2010 hat die Windreich AG drei Anleihen herausgegeben und insgesamt bis Ende Februar 2011 rund 74 Millionen Euro bei Anlegern platziert. Diese Anleihen haben ebenfalls eine Laufzeit von fünf Jahren und stehen somit zur Rückzahlung an, bevor die Zeichner der hier vorliegenden Anleihe 2011/2016 ihr eingesetztes Kapital plangemäß zurückerhalten sollen.
Von der Planung bis zum erfolgreichen Abschluss von Offshore-Projekten dauert es in der Regel mehrere Jahre. Durch langwierige Genehmigungsverfahren, schwierige Verhandlungen mit Banken, technische Probleme beim Bau der Windparks und zeitintensive Kaufverhandlungen kann es zudem zu Verzögerungen kommen. Das hat zur Folge, dass Kosten und Erlöse bei der Windreich AG zeitlich deutlich auseinanderfallen können. Dadurch könnten wirtschaftliche Probleme bei der Windreich AG entstehen.
Risikomindernd dürfte sich auswirken, dass die Politik auf die Offshore-Windkraft setzt. Der Atomausstieg erfordert neue Energiequellen – und die Bundesregierung setzt hier den Schwerpunkt bei der Offshore-Windenergie.
Fazit:
Finanziell
Die Windreich AG wurde im Mai 2011 von der Creditreform Rating AG mit einem Bonitätssiegel und einem Investment Grade BBB+ versehen. Die Emittentin der Anleihe investiert ihr Kapital überwiegend in die Projektierung und den Bau von Offshore-Windparks. Aufgrund der geringen Erfahrungswerte und der hohen Investitionskosten im Bereich von Offshore-Windparks ergeben sich überdurchschnittliche Risiken. Andererseits ist der Ausbau der Windenergie auf See politisch gewollt und Investoren werden mit günstigen KfW-Krediten, EU-Förderungen und hohen EEG-Vergütungen unterstützt, wovon auch die Windreich AG zumindest bei ihrem Windpark Global Tech I profitieren könnte. Mit Global Tech I hat Windreich bereits ein durchfinanziertes Offshore-Projekt vorzuweisen und ist damit im Markt gut positioniert. Fraglich bleibt vorerst, ob auch nachfolgenden Offshore-Windparkprojekte, die nicht mehr von den Förderprogrammen profitieren, umgesetzt, finanziert und rentabel betrieben werden können. Eine Einschätzung ist erst möglich, wenn in zwei oder drei Jahren fundierte Erfahrungenswerte zu den Bau- und Betriebskosten bzw. Stromerträgen der ersten Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee vorliegen werden.
Nachhaltigkeit
Die Offshore-Windenergie hat derzeit das größte Entwicklungspotential unter den Erneuerbaren Energien. Sie ermöglicht eine nachhaltige (wenn auch nicht dezentrale) Art der Stromerzeugung, so lange die Grenzen des Naturschutzes eingehalten werden.
ECOreporter.de-Empfehlung
Die Windreich AG ist sehr gut mit Projektrechten für Windparks in der deutschen Nordsee ausgestattet, und Sie hat ordentliche Bewertungen für Ihre Bonität erhalten. Allerdings ist es von der Planung bis zur Fertigstellung von Offshore-Windparks ein langer und hindernisreicher Weg – selbst für finanzstärkere Unternehmen als die Windreich AG.
Diese Anleihe ist daher nur für Anleger zu empfehlen, denen bewusst ist, dass es sich hier nicht um eine Direktinvestition in bestehende Windparks mit gesicherter Einspeisevergütung handelt, sondern um eine Finanzierung für ein Unternehmen. Anleger müssen zudem bereit sein, die beträchtlichen Risiken des Geschäftsfeldes
Offshore-Wind zu tragen.
Basisdaten
Emittentin: Windreich AG, Wolfschlugen
Anlageform: Unternehmensanleihe (Inhaber-Teilschuldverschreibung)
Anlagevolumen: 75 Millionen Euro
Mindestzeichnungssumme: 1.000 Euro
Laufzeit: 5 Jahre
Zinsen: 6,5 Prozent pro Jahr
BaFin-Gestattung: Ja
Handelbarkeit: Listing am Bond-Segment im Freiverkehr der Börse Stuttgart
ISIN: DE000A1H3V38