ECOanlagecheck

ECOanlagecheck: Genussrechte BulgarSol mit sieben Prozent Zinsen – sollen deutsche Anleger in bulgarische Solaranlagen investieren?



Die Laufzeit der Genussrechte endet spätestens Ende 2035. Nach fünf Jahren kann jederzeit sowohl die Emittentin als auch der Anleger kündigen. Die Genussrechte sollen mit sieben Prozent pro Jahr fest verzinst werden, wenn die Emittentin dazu wirtschaftlich in der Lage ist. Durch das Agio von fünf Prozent kann die Rendite für den Anleger effektiv unter dem Zins von sieben Prozent pro Jahr liegen. Beispielsweise beträgt die Rendite bei sechs Jahren Laufzeit und einer Kündigung durch den Anleger durchschnittlich 5,98 Prozent nach der internen Zinsfußmethode. Bei einer möglichen Kündigung nach fünf Jahren durch die Emittentin erhält der Anleger laut Prospekt eine Vorfälligkeitsentschädigung.

Die Ansprüche der Genussrechteinhaber auf Verzinsung und Rückzahlung ihres Kapitals sind gegenüber allen Forderungen anderer Gläubiger nachrangig. Laut Prospekt ist die Emittentin berechtigt, weiteres Kapital aufzunehmen, das gegenüber den Genussrechten gleichrangig oder vorrangig ist. Nach Aussage der Anbieterin gibt es „keine weiteren Gläubiger außer den Anlegern.“ Die Genussrechte gewähren keine Teilnahme-, Mitwirkungs- und Stimmrechte oder Gewinnbeteiligungsrechte in Bezug auf die Emittentin der Genussrechte. Aufgrund der fehlenden Gesellschafterrechte ist es zweifelhaft, dass die Anbieterin die Genussrechte in der Pressemitteilung als einen Solarfonds bewirbt. Die Anbieterin bestätigte schriftlich, dass „es sich bei der Emittentin BulgarSol GmbH & Co. KG nicht um einen geschlossenen Immobilienfonds handelt, sondern um eine Genussrechtsfinanzierung.“

Verflechtungen und Nebenkosten

Die Anbieterin der Genussrechte, die Infinite Energy Deutschland GmbH, ist auch die Komplementärin der Emittentin der Genussrechte, der BulgarSol GmbH & Co. KG. Sowohl die Anbieterin als auch die Emittentin sind hundertprozentige Tochtergesellschaften der Infinite Energy Holding AG aus Düren, die ihrerseits mittelbar alle Kommanditanteile an der bulgarischen Projektgesellschaft des Solarparks halten soll. Die Emittentin vergibt das Genussrechtskapital als Darlehen an eine Zweckgesellschaft, an der die Muttergesellschaft über eine weitere Tochtergesellschaft beteiligt ist. Die Zweckgesellschaft soll im Dezember 2010 dann die Anteile an der bulgarischen Projektgesellschaft vom Verkäufer des Solarparks übernehmen.

Die Gesamthöhe der Provisionen für die Einwerbung des Anlegerkapitals gibt die Anbieterin im Prospekt mit 1,5 Millionen Euro an, wenn Genussrechte in Höhe der geplanten 15 Millionen Euro verkauft werden. Dazu kommen sonstige Kosten von voraussichtlich 0,2 Millionen Euro. Laut Prospekt könnten die Nebenkosten über die prognostizierten 1,7 Millionen Euro steigen und sich insbesondere die kalkulierten Auszahlungen vermindern, wenn zusätzliche Vertriebs- und Marketingmaßnahmen notwendig werden sollten. Die Anbieterin wies gegenüber ECOreporter.de allerdings darauf hin, dass die Vertriebskosten der Emittentin auf 1,5 Millionen Euro begrenzt seien. Mögliche weitere Kosten übernähmen die Anbieterin bzw. deren Muttergesellschaft.

Es besteht für die Genussrechte keine Platzierungsgarantie: Wenn zu wenig Kapital eingeworben wird, kann laut Prospekt die Rückzahlung des platzierten Kapitals an den Anleger unmöglich werden. Laut Prospekt kann die Emittentin bereits ab einem Mittelzufluss in Höhe von cirka fünf Millionen Euro den Erwerb eines Teils des Solarparks finanzieren.

Solarprojekt Devnja

Der Solarpark, der durch die Genussrechte finanziert werden soll, liegt in Devnja nahe Varna im Nordosten von Bulgarien. Die Nennleistung des Parks soll insgesamt 4,8 Megawattpeak (MWp) betragen. Generalunternehmer des Solarparks ist das bulgarische Unternehmen Solarpro, das auch amorphe Silizium-Dünnschichtmodule herstellt. Bis zum Frühjahr 2011 soll der Solarpark errichtet sein. Die Anbieterin erklärt: „Der Solarpark Devnja ist in Teilen bereits angeschlossen.“ Er soll zu 35 Prozent mit polykristallinen Modulen und zu 65 Prozent mit amorphen Silizium-Dünnschichtmodulen bestückt werden. Der oder die Hersteller der Module werden im Prospekt nicht benannt. Auf Nachfrage von ECOreporter.de antwortete die Anbieterin: „Die amorphen Dünnschichtmodule kommen vom Hersteller Solarpro aus Bulgarien. Für die polykristallinen Module verhandeln wir mit Yingli.“ Laut Prospekt wurde mit Solarpro vereinbart, dass sämtliche Module nach zwei bulgarischen Staatsstandards für Solarmodule zertifiziert werden sollen. Die Anbieterin sandte ECOreporter.de dazu drei Schriftstücke, zwei davon auf bulgarisch. Das dritte Dokument ist ein TÜV-Zertifikat von einer Gesellschaft einer 2003 in Italien gegründeten Unternehmensgruppe. Im Prospekt werden keine Ertragsgutachten für den Solarpark erwähnt. Die Anbieterin erläutert dazu: „Wir haben eine Prognose der Produktionsdaten des Solarparks Devnya im ersten Jahr nach Inbetriebnahme erstellt. Für Rückfragen zum Ertrag des Solarparks steht unser Steuerberater zur Verfügung.“

Die Emittentin der Genussrechte vergibt mittelbar über eine Zweckgesellschaft ein Darlehen an die bulgarische Projektgesellschaft des Solarparks. Zur Absicherung der Darlehensforderungen sollen unter anderem die Solarmodule, die Gesellschaftsanteile an der Projektgesellschaft, das Grundstück und die Sicherungsabtretung der Einspeisevergütung an die Emittentin der Genussrechte abgetreten werden. Die Finanzierung des Solarparks soll vollständig durch das Genussrechtskapital erfolgen und Bankdarlehen nicht aufgenommen werden, so dass folgerichtig auch keine Sicherheiten an Banken abgetreten werden müssten. Die fehlende Bankenbeteiligung führt zwar nach Aussage des Anbieterin zu einer „maximalen Sicherheit“ für den Anleger. Der „Verzicht“ der Anbieterin auf eine Bankenbeteiligung bedeutet für den Anleger aber auch, dass keine Bank aufgrund einer langfristigen Darlehensvergabe den Solarpark und das Konzept vorab auf Risiken hin geprüft hat. Außerdem ist es gängige Praxis deutscher Banken, Darlehen nur an Solarparks mit Modulen bestimmter Hersteller zu vergeben. Bei einem weitestgehend unbekannten Modulhersteller, einer ungewissen Wertbeständigkeit der angebotenen Sicherheiten und dementsprechend höherem Risiko „verzichten“ Banken teilweise auch von sich aus auf eine langfristige Darlehensvergabe.

Investitionsstandort und Solarmarkt Bulgarien

Nach einer Studie der Deutsch-Bulgarischen Industrie- und Handelskammer wird Solarstrom in Bulgarien derzeit in Euro umgerechnet mit 0,37 Euro pro Kilowattstunde (kWh) vergütet. Die Höhe der Vergütung wird jährlich Ende März neu festgelegt. Die Einspeisevergütung beträgt laut der Studie 80 Prozent des durchschnittlichen Verkaufspreises der Endlieferanten für das vorangegangene Kalenderjahr (2009/2010: 0,036 Euro/kWh) zuzüglich eines Zuschlages. Der Zuschlag liegt bei 0,335 Euro/kWh (2009/2010) und beträgt somit ungefähr 90 Prozent des gesamten Einspeisetarifes. Dieser Zuschlag kann von der bulgarischen Regulierungsbehörde jährlich um bis zu fünf Prozent gesenkt werden, auch für bereits bestehende Anlagen. Laut der Verfasser der Studie erhöhe der fehlende Bestandschutz das Risiko für Solarinvestitionen in Bulgarien.
Die Anbieterin erklärt: „Es läuft in Bulgarien momentan ein Parlamentsverfahren. Im Dezember soll ein Gesetz verabschiedet werden, das nachträgliche Absenkungen des Einspeisetarifes unmöglich macht und für 25 Jahre festgeschrieben ist.“

Die Anbieterin gibt den jährlich zu erwartenden Gesamterlös auf Basis der derzeitigen Vergütung von 0,37 Euro je kWh an. Im Prospekt gibt es nur eine vierjährige Planrechnung auf Ebene der Emittentin und keine Prognoserechnung auf Ebene der Solarparkgesellschaft. Dementsprechend fehlen auch Angaben zu laufenden Betriebskosten, Liquiditätsentwicklungen und zur Ertragsabnahme durch eine Degeneration der Module.

Ende 2009 waren in Bulgarien Solaranlagen mit einer Kapazität von insgesamt nur 5,7 MW installiert. Das entspricht ungefähr der Nennleistung einer einzigen, mittelgroßen Freiflächenanlage in Deutschland. In diesem sehr kleinen bulgarischen Solarmarkt ist Solarpro nach Prospektangaben eines der führenden Unternehmen. Die Anbieterin ergänzt: „Solarpro ist aber beispielsweise auch in Rumänien und Moldawien vertreten.“

Die Stromnetze in Bulgarien sind veraltet und nicht leistungsfähig. Nach Angaben der Verfasser der Studie werden seitens der Netzbetreiber deutlich mehr Netzanschlussverträge mit den Entwicklern von Solarprojekten abgeschlossen als das Stromnetz aufnehmen kann. Dies gelte besonders für Regionen wie den Nordosten Bulgariens, wo beispielsweise auch der Solarpark Devnja liegt.

Derzeit seien laut der Studie in ganz Bulgarien Solarprojekte mit einer Leistung von insgesamt rund 50 MW nicht an das Stromnetz angeschlossen, obwohl sie einwandfrei genehmigt und bereits komplett errichtet seien. Gerade im Verhältnis zu den genannten 5,7 MW installierter Kapazität muss das Problem als sehr gravierend angesehen werden. In der Studie wird in diesem Zusammenhang die Frage aufgeworfen: „Warum Netzanschlussverträge ohne die Absicht diese einzuhalten abgeschlossen worden sind?“

Korruption sei in der Regierung, der Verwaltung und im Justizsystem von Bulgarien weit verbreitet, stellt der Index of Economic Freedom des Jahres 2010 fest, der von der Heritage Foundation gemeinsam mit dem Wall Street Journal erstellt wurde. Insgesamt nimmt Bulgarien danach in der Gesamtrangliste den letzten (schlechtesten) Platz ein, wenn nur die Staaten der Europäischen Union betrachtet werden. In den Bereichen Freiheit von Korruption sowie Investitionssicherheit und Eigentumsrechte weist Bulgarien ein besonders schlechtes Ergebnis auf und liegt hier deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt. Es ist daher insgesamt zweifelhaft, ob die Rechtssicherheit für ausländische Investitionen in Bulgarien im ausreichenden Maße gegeben ist. Solarinvestitionen sind aufgrund der Abhängigkeit von staatlichen Vergütungen und Regulierungen überdurchschnittlich von einer mangelhaften Investitionssicherheit betroffen.

Fazit:

Wenn eine Bank ein Solarprojekt langfristig mitfinanziert, sichert das auch den privaten Anleger, weil Banken durchdachte, erprobte Prüfverfahren für ihre Kredite haben. Deutsche Banken finanzieren beispielsweise regelmäßig nur „bankable“ Solarmodule, also solche, die bestimmte Qualitätsmerkmale einhalten. Der „Verzicht“ dieses Solarinvestments auf eine teilweise Bankfinanzierung erweist sich daher als Risikofaktor dieses Genussrechts. Riskant ist auch das Investment in Bulgarien. Zudem ist die Konstruktion mit etlichen beteiligten Gesellschaften unübersichtlich. Die Genussrechte weisen daher für den Anleger vielfältige und teils erhebliche Risiken auf. Sicherheitsorientierte Anleger sollten also von diesem Genussrecht Abstand nehmen.

Bildhinweis: Bulgarischer Soalrpark. / Quelle: juwi Gruppe
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