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Unabhängige Analyse:Palmöl-Angebot der Agrofinanz GmbH im ECOanlagecheck

Ab 7.500 Euro können private Anleger Ölpalmen in Ecuador kaufen. Anbieterin und Verkäuferin ist die Agrofinanz GmbH aus Kleve in Nordrhein-Westfalen. Der ECOanlagecheck analysiert das Angebot.

Das Angebot


Jeder Käufer (Investor) eines Bestandes von Ölpalmen schließt mit dem Kaufvertrag gleichzeitig auch einen Miet- und Rückkaufvertrag mit der Agrofinanz GmbH ab. Es handelt sich somit um sogenannte Rückmietverkäufe (Sale-and-Lease-Back). Laut Vertrag zahlt Agrofinanz dem Käufer quartalsweise eine Miete (Leasingrate) von 168,75 Euro pro Bestand von 35 Ölpalmen. Der Kaufpreis für einen Bestand von 35 Ölpalmen beträgt 7.500 Euro, so dass die Mietzahlungen  – bezogen auf den Kaufpreis – 9 Prozent pro Jahr betragen. Der Mietvertrag läuft über zehn Jahre. Der Vertrag sieht vor, dass nach Mietvertragsende Agrofinanz die Ölpalmen zurückkauft. Der Rückkaufpreis soll dabei dem Kaufpreis entsprechen.

Der Käufer der Ölpalmen wird rechtlicher Eigentümer der Ölpalmen, aber nicht Eigentümer der Anbaufläche, auf der sich seine Ölpalmen befinden. Der Eigentümer der Anbauflächen wird in der von Agrofinanz veröffentlichten Informationsbroschüre (November 2012) nicht benannt.

Das Unternehmen


Die Agrofinanz GmbH wurde im Oktober 2011 gegründet. Ihr Unternehmenssitz ist Kleve (Nordrhein-Westfalen) an der deutsch-niederländischen Grenze. Laut Informationsbroschüre gehört die Agrofinanz GmbH zu der niederländischen Kronos Agri Holding, die landwirtschaftliche Aktivitäten in Ecuador betreibe. Geschäftsführer der Agrofinanz GmbH sind Anthony Berends (Zuidwolde/Niederlande) und Bram Holthausen (Arnhem/Niederlande). Beide haben laut Aussage in der Informationsbroschüre umfangreiche Erfahrungen im Bereich Land- und Forstwirtschaft in Lateinamerika. Beispielsweise soll Holthausen (am 12. Dezember 1983 geboren laut Unternehmensregister) laut Informationsbroschüre bereits 2001 – also im Alter von 17 oder 18 Jahren  – die Finanzkommunikation (Investor Relations) für ein nachhaltiges Waldunternehmen (6000 Hektar) in Mittelamerika erledigt haben.

Das Stammkapital der Agrofinanz GmbH beträgt 25.000 Euro. Aufgrund eines Jahresfehlbetrages von rund 20.100 Euro betrug das Eigenkapital zum Jahresende 2011 rund 4.900 Euro bei einer Bilanzsumme von rund 16.100 Euro. Grundsätzlich sind die Miet- und Rückkaufpreiszahlungen, welche die Agrofinanz GmbH an die Investoren zu leisten hat, von der Zahlungsfähigkeit der Agrofinanz GmbH abhängig. Bei einer Zahlungsunfähigkeit/Insolvenz von Agrofinanz besteht für die Investoren das Risiko, dass sie einen Großteil ihres eingesetzten Kapitals verlieren. Insbesondere kann sich als problematisch erweisen, dass die Investoren nicht Eigentümer der Flächen sind, auf denen sich ihre Ölpalmen befinden, so dass ein eigenverantwortlicher Verkauf ihrer Ölpalmen für die Investoren erschwert ist.

Für Agrofinanz hat das Rückmietverkauf-Angebot den Vorteil, dass ihr kurzfristig Liquidität zufließt und sie ein Rückkaufrecht nach zehn Jahren hat. Da die für die Investoren neu anzupflanzenden Ölpalmen laut Informationsbroschüre voraussichtlich in den Jahren 6 bis 22 die höchsten Ernteerträge aufweisen, ist das Angebot für Agrofinanz lukrativ. Der Nachteil des Rückmietverkauf-Angebotes für Agrofinanz ist, dass sie die Mietzahlungen an die Investoren auch schon in den ersten Jahren nach Anpflanzung leisten muss, in denen Ölpalmen noch keine Ernteerträge (erstes und zweites Jahr) bzw. geringere Ernteerträge erbringen. In der Informationsbroschüre wird nicht erwähnt, wie diese frühen Mietzahlungen von Agrofinanz finanziert werden sollen.

Die Agrofinanz GmbH ist ein operativ tätiges Unternehmen, das dementsprechend vielfältigen unternehmerischen Risiken ausgesetzt ist. Die Käufer der Ölpalmen haben keinen Einfluss auf die geschäftlichen Aktivitäten der Agrofinanz GmbH, tragen aber  – über den abgeschlossenen Miet- und Rückkaufvertrag –  die unternehmerischen Risiken der Agrofinanz GmbH mit. Da die Informationsbroschüre keine aussagekräftigen Informationen (Finanzplan, Lagebericht) zur Agrofinanz GmbH beinhaltet, können die Risiken und Unternehmensaussichten der Agrofinanz GmbH nicht fundiert beurteilt werden. Grundsätzlich ist es nicht ausgeschlossen, dass die Agrofinanz GmbH ihr Geschäftsmodell ändert oder beispielsweise aufgrund eventuell hoher Ausgaben zahlungsunfähig werden kann. Daher müssten Investoren Agrofinanz einen Vertrauensvorschuss gewähren. Beispielsweise sind die Investoren davon abhängig, dass das von Agrofinanz in der Informationsbroschüre genannte, selbst auferlegte Ziel der „Aufrechterhaltung der finanziellen Disziplin“ erreicht wird.

Insgesamt führt das Rückmietverkauf- und Rückkaufvertragsmodell aus Sicht der Investoren dazu, dass das in der Informationsbroschüre als „Direktinvestment in Ölpalmen“ betitelte Angebot auch  den Charakter einer allgemeinen Unternehmensfinanzierung (vergleichbar einer Anleihe oder eines Genussrechtes) für die Agrofinanz GmbH aufweist.

Die Investitionen

Die Ölpalmen sollen in Ecuador angepflanzt werden. In der Informationsbroschüre wird das wirtschaftliche und politische Investitionsklima in Ecuador durchweg positiv beschrieben. Im Korruptionsindex von Transparency International belegt Ecuador aber nur den 118. Platz (von 174 Staaten). Auch im „Index of Economic Freedom 2013“ ist Ecuador mit Rang 159 (von 177 Staaten weltweit) und Rang 26 (von 29 Staaten in der Region Mittel- und Südamerika) weit abgeschlagen. Bemängelt werden von den Verfassern (Heritage Foundation und Wall Street Journal) unter anderem massive Probleme bei Schutz von Eigentumsrechten. So sei Enteignung ein Problem in Ecuador.

Nachhaltigkeit

Der Anbau von Ölpalmen steht unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit teilweise massiv in der Kritik. Laut der Aussagen in der Informationsbroschüre sollen bei Agrofinanz die Prinzipien und Kriterien des Runden Tisches für nachhaltiges Palmöl (Roundtable on Sustainable Palm Oil; RSPO) als Grundlage für ihr Nachhaltigkeitskonzept dienen. Das RSPO wird aber aufgrund nicht strenger Zertifizierungskriterien von Umweltorganisationen kritisiert. Laut Informationsbroschüre vermeidet Agrofinanz die Abholzung von natürlichem Regenwald. Eine fundierte Nachhaltigkeits-Bewertung der konkreten Anbauflächen in Ecuador ist auf Grundlage der Informationsbroschüre nicht möglich.

Fazit

Aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung des Angebotes sind Anleger von der Zahlungsfähigkeit der Agrofinanz GmbH abhängig. Fundierte Finanzinformationen zum jungen Unternehmen Agrofinanz sind in der Broschüre der Anbieterin aber nicht enthalten, so dass die Geschäftsaussichten des Unternehmens unklar bleiben. Die Risiken des Angebotes sind für Anleger kaum kalkulierbar. Eine ökologische oder soziale Nachhaltgkeit des Angebots ist seitens der Anbieter nicht nachgewiesen.
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