Erneuerbare Energie

EEG-Reform verfassungswidrig?

Die Novelle zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), die von der Großen Koalition in Berlin verabredet wurde und bereits im August 2014 in Kraft treten soll, ist in Teilen verfassungswidrig. Das stellt ein Rechtsgutachten fest, das im Auftrag von Landwärme aus München erstellt wurde, einem Projektentwicklungs- und Handelsunternehmen im Bereich Biomethan. Aufmerken lässt vor allem der Name des Autors dieses Gutachten. Denn es handelt sich um Hans-Jürgen Papier, den ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts. Nach seiner Einschätzung fehlt im Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett im April beschlossen hat, „eine angemessene Übergangsregelung für Biomethananlagen im Sinne der verfassungsrechtlichen Anforderungen des Vertrauensschutzes“. Die erforderliche Planungs- und Investitionssicherheit sei für die Unternehmen nicht gegeben. Auch widerspreche die vorgesehene Begünstigung von Stromproduzenten im Unterschied zu Investoren von Biomethananlagen dem Gleichheitsgrundsatz.

Nach Ansicht von Papier muss es eine Ausgleichs- oder Übergangsregelung geben, um die Verfassungswidrigkeit der EEG-Novelle 2014 zu vermeiden: „Der Gesetzgeber kann entweder den Ersatz frustrierter Aufwendungen vorsehen oder eine Fortdauer der Geltung des EEG 2012 für Anlagen, deren Planung bereits vor dem 23.1.2014 ins Werk zu setzen begonnen wurde und die zu einem bestimmten, der durchschnittlichen Realisierungsdauer adäquaten Zeitpunkt fertig gestellt werden“, heißt es in seiner Analyse.

Die EEG-Novelle 2014 sieht unter anderem starke Einschnitte bei der Förderung von Strom aus Biomasse vor, die ebenfalls bereits ab dem August dieses Jahres gelten soll. Neben der generell sinkenden Vergütung, sollen die Einsatzstoffvergütungsklassen gestrichen werden, nach denen besonders Biomasse aus nachwachsenden Rohstoffen gefördert wird. Auch der Gasaufbereitungsbonus fällt laut dem Gesetzentwurf ersatzlos weg. Wer in Anlagen investiert hat, die sich noch in der Entwicklung befinden, dem drohen Verluste in Millionenhöhe.

Biomethan-Produzenten kalt erwischt

Allein bei der Landwärme sind acht Projekte von den drohenden Einschnitten betroffen. Nach ihren Angaben ist vor allem die Herstellung des Gasnetzanschlusses langwierig. Sie könne in einzelnen Fällen bis zu vier Jahre dauern. „Unser Planungshorizont ist technologiebedingt sehr langfristig“, sagt Zoltan Elek, Gründer und Geschäftsführer von Landwärme. „Noch im Dezember 2013 bekräftigten Vertreter des Umweltministeriums, dass die Förderung von Biomethan fortgesetzt wird. Die Kehrtwende durch das Wirtschaftsministerium, die im April dieses Jahres durch das Kabinett beschlossen wurden, war daher nicht vorhersehbar.“ Insgesamt befinden sich nach Angaben der Deutschen Energie-Agentur (dena) derzeit etwa 28 Biomethananlagen im Bau und 33 in der Planung. Davon sind schätzungsweise bis zu 50 Anlagen in einem fortgeschrittenen Stadium, bei dem auch Netzanschlussverträge abgeschlossen wurden.

Ausschüsse des Bundesrats schlagen eine Ergänzung der EEG-Novelle vor, die Vertrauensschutz für Biomethananlagen vorsieht, deren Umsetzung vor dem Januar 2014 begonnen wurde und die noch vor 2016 in Betrieb gehen. „Wir unterstützen diesen Vorschlag und fordern im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens die Abgeordneten auf, diese auch verfassungsrechtlich erforderlichen Nachbesserungen vorzunehmen“, sagt Zoltan Elek. In diesem Sinne kommt auch das Rechtsgutachten von Hans-Jürgen Papier zu dem Ergebnis, dass die von den Ausschüssen des Bundesrats vorgeschlagene Übergangsregelung den Verstoß gegen das Grundgesetz ausräumen würde.

Verbände laufen Sturm gegen Zusatzbelastung des Eigenverbrauchs

Nach wie in der Kritik steht die geplante Neuregelung durch die EEG-Reform, durch die In Zukunft Betreiber von Stromerzeugungsanlagen aus regenerativen Energien und von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in erheblichem Umfang finanziell mit der EEG-Umlage belastet werden (wir   berichteten  darüber). Ein breites Bündnis aus 14 Verbänden fordert, den direkten Eigenverbrauch von erneuerbarem und KWK-Strom nicht mit neuen Abgaben „künstlich zu verteuern“. Holger Krawinkel, Leiter des Geschäftsbereichs Verbraucherpolitik und Energieexperte des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv): „Eine Abgabe auf klimafreundlich erzeugten und direkt vor Ort verbrauchten Strom ist vollkommen widersinnig. Es kann nicht sein, dass Haushalte und Unternehmen dafür bestraft werden sollen, dass sie die Energiewende selbst in die Hand nehmen.“


Den Verbänden stößt vor allem auf, dass die Große Koalition große Teile der Industrie weitgehend von den Kosten der Energiewende befreit lassen will, selbst wenn sie klimaschädlichen Kohlestrom verbrauchen. Dies werde die Energiewende ausbremsen und keinesfalls preiswerter machen, so die Verbände. Sie appellieren an Bundestag und Bundesrat, die geplante Energiewende-Abgabe für Direktversorger schnell wieder aus dem Gesetzesentwurf zu streichen. Im Bundesrat hat sich bereits eine große Mehrheit der Umwelt-, Energie-, Wirtschafts- und Agrarminister dafür ausgesprochen, die Eigen- und Mieterversorgung mit einer deutlich geringeren EEG-Umlage zu belasten als von der Bundesregierung geplant. Die Länderkammer kann aber die EEG-Reform nicht verhindern, sondern nur verzögern, indem sie den Vermittlungsausschuss anruft. Im Bundestag steht angesichts der überwältigen Mehrheit von Schwarz-Rot außer Frage, dass er dem Gesetzentwurf zustimmt.

„Erneuerbarer Direktverbrauch ist für Mieter eine Möglichkeit, sich selbst vor Ort mit lokal produziertem Ökostrom zu versorgen. Die Pläne der Bundesregierung, sie jetzt mit einer neuen Abgabe zu belasten, müssen schnell vom Tisch. Auch Mieter sollen von inzwischen günstigem Strom aus erneuerbaren Energien und KWK profitieren können. Es wäre absurd, Mieter, die regelmäßig keine Möglichkeit haben, erneuerbaren Strom selbst zu erzeugen, nun auf diesem Weg von den Vorteilen der Energiewende abzuschneiden“, so Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB). „Schon bisher können Mieter im Vergleich zu Hauseigentümern am wenigsten von der Energiewende profitieren. Das darf nicht so bleiben.“
Aktuell, seriös und kostenlos: Der ECOreporter-Newsletter. Seit 1999.
Nach oben scrollen
ECOreporter Journalistenpreise
Anmelden
x