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EEG-Reform weiter heiß umstritten - Verfassungklage angekündigt
Die Diskussion über die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ist noch nicht beendet, sie scheint sich sogar zu intensivieren. Gestern hatte Bundeskabinett den Gesetzentworf von Bundesenergieminister Sigmar Gabriel hierzu verabschiedet (wir berichteten). Bis zum Sommer sollen nun Bundestag und Bundesrat darüber entscheiden, damit die beschlossene Novellierung wie geplant im August in Kraft treten kann. Dazu wird es wohl auch kommen: Aufgrund der großen Mehrheit von Union und SPD im Bundestag und weil Gabriel in der vergangenen Woche mit den Bundesländern eine grundsätzliche Einigung über die wesentlichen Änderungen am EEG erzielt hat.
Aus diesem Grund wählen Verbraucherschützer und der Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar) einen anderen Weg, um noch Nachbesserungen zu erreichen. Sie wollen gegen EEG-Novelle vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Die Solarwirtschaft befürchtet große Nachteile dadurch, dass demnächst auf Betreiber von neuen Grünstromanlagen Zusatzkosten zukommen sollen, wenn sie den erzeugten Ökostrom auch selbst verbrauchen. Die Betreiber müssen laut dem neuen EEG 50 Prozent der EEG-Umlage zahlen. Diese Umlage wird über die Stromrechnung kassiert und dient dazu, Einnahmeeinbußen der Netzbetreiber auszugleichen, die ihnen entstehen, weil sie zur Abnahme von Grünstrom verpflichtet sind der per Gesetz nach den EEG-Tarifen vergütet werden muss. Der Eigenverbrauch wiederum fällt in erster Linie im Bereich der Photovoltaik an. Mit der Neuregelung würde es sich vermutlich nur noch sehr eingeschränkt lohnen, in neue Solaranlagen zu investieren, um so Kosten für die eigene Stromversorgung zu verringern. Dies aber war nach den starken Kürzungen der Solarstromtarife in den letzten Jahren zuletzt der wichtigste Nachfrageimpuls für die deutsche Solarbranche gewesen, wie etwa die Nord LB kürzlich in einer Analyse des deutschen Marktes für Erneuerbare Energien festgestellt hat. Der BSW Solar verweist auf die Ergebnisse eines Rechtsgutachtens der Berliner Kanzlei Geiser & von Oppen. Dieses Gutachten zeige erhebliche Anhaltspunkte dafür auf, dass die geplante Ökostrom-Abgabe auf Solarstrom zur Selbstversorgung gegen das Grundgesetz verstoße.
Vorrangiges Ziel des Energiewende-Gesetzes sei es, den Ausbau Erneuerbarer Energien voranzutreiben und die Kosten verursachergerecht auf die Lieferanten klima- und umweltgefährdenden Stroms zu verteilen, argumentiert die Kanzlei. Da solarer Eigenverbrauch dem Gesetzesziel diene und die Energiewende praktisch umsetze, könne die geplante EEG-Abgabe als „unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Artikel 2 Grundgesetz“ gewertet werden, so die Gutachter. Verfassungsrechtlich angreifbar sei die ab 1. August 2014 geplante anteilige finanzielle Belastung solarer Selbstversorger mit der EEG-Umlage auch wegen des möglichen Verstoßes gegen das Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Grundgesetz). Denn der Eigenverbrauch der stromintensiven und verarbeitenden Industrie soll nach den Plänen von Gabriel gleichzeitig weitgehend von der EEG-Umlage befreit werden, auch wenn sie diesen aus fossilen Stromquellen deckt.
Von der 50prozentigen EEG-Umlage für den Eigenverbrauch wären vor allem kleine und mittelständische Unternehmen aus Handel und Gewerbe betroffen, aber auch große Privathaushalte, die Solarstrom aus neuen Anlagen mit mehr als 10 kW für den Eigenbedarf nutzen. Vor allem an Letzterem stört sich Holger Krawinkel, Leiter des Geschäftsbereichs Verbraucherpolitik und Energieexperte des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv): „Eine Abgabe auf umweltfreundlichen Solarstrom ist Unsinn. Neue Photovoltaik-Anlagen verursachen keine nennenswerten Mehrkosten für die Verbraucher, entlasten aber erheblich die Umwelt. Die Eigenerzeugung ist ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende. Doch die aktuellen Pläne bremsen die Verbraucher aus, die zu einer umweltfreundlichen Stromerzeugung beitragen.“ Er kritisiert, dass weiterhin viele Unternehmen mit hohem Stromverbrauch von der EEG-Umlage befreit sein sollen. Das führe dazu, dass die übrigen Stromverbraucher dafür stärker zur Kasse gebeten werden. Krawinkel zeigt sich enttäuscht, dass die EEG-Reform auch nicht dazu führen wird, dass die Strompreise für Normalverbraucher nennenswert sinken.
„Große Teile der Industrie werden weiterhin von der Energiewende-Finanzierung befreit. Wer mit Solarstrom die Umwelt entlastet, wird dagegen zur Kasse gebeten. Mit der Verfassungsklage wollen wir die Verursachergerechtigkeit bei der Finanzierung der Energiewende wieder herstellen. Die solare Eigenstromerzeugung leistet einen wichtigen Beitrag zur dezentralen Umsetzung der Energiewende auf der Basis einer breiten Bürgerbeteiligung. Wer dieses Element durch widersinnige Abgaben behindert gefährdet die Energiewende. Wir dürfen nicht zulassen, dass Klimaschutz und Bürgerengagement bestraft werden“, ergänzt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar.
Gabriels EEG-Reform lässt viele Fragen offen
Doch nicht nur aus der Grünstrombranche gibt es anhaltend Widerstand. Sehr grundsätzlich und sehr kritisch äußert sich auch Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena) aus Berlin. Mit der vom Kabinett beschlossenen Reform des EEG habe dieses den weiteren Ausbau der regenerativen Stromerzeugung in Deutschland beschlossen, „ohne dass die damit zusammenhängenden Fragen und grundsätzlichen Probleme gelöst werden. Es ist erstaunlich, wie wenig die Realität bei der Umsetzung der Energiewende wahrgenommen wird“, so der Experte.
Kohler weiter: „Mit der Umsetzung der Energiewende sind die CO2-Emissionen angestiegen und nicht gesunken, wie es eigentlich geplant war. Auch die Versorgungssicherheit hat sich nicht erhöht, sondern abgenommen.
Die Strompreise sind gestiegen und werden systembedingt weiter steigen. Die notwendige Netzinfrastruktur wurde bisher nicht realisiert, was zu einer volkswirtschaftlich unsinnigen Situation führt: Der Ausbau der Windenergie im Norden wird weiter forciert. Der Strom kann aufgrund der fehlenden Netze nicht in den Süden transportiert werden, weshalb die Windenergieanlagen oft abgeregelt, aber dennoch bezahlt werden müssen. Gleichzeitig werden im Süden häufig alte Kraftwerke als sogenannte Redispatchanlagen betrieben und bezahlt, um kurzfristig auftretende Engpässe zu vermeiden oder zu beseitigen und um den Stromhandel abwickeln zu können.“
Bildhinweis: Die deutsche Energieversorgung basiert noch immer vor allem auf der klimaschädlichen Verfeuerung von fossilen Brennstoffen. / Quelle: Fotolia
Der dena-Chef beklagt, dass Grünstrom-Erzeugung und -Nachfrage weit auseinander klaffen. „Das kommt den Verbrauchern teuer zu stehen und hat mit einer effizienten Umsetzung der Energiewende nichts zu tun“. Kohler verlangt daher „in einem nächsten Schritt das verpflichtende Ausschreibungsmodell mit der Direktvermarktung für alle Erneuerbare-Energien-Anlagen schnellstmöglich einzuführen. Damit würde auch eine bessere Synchronisation zwischen dem Ausbau der Erneuerbaren und dem damit einhergehenden Netzausbau erprobt und gewährleistet“.
Bürgerenergie auf dem Abstellgleis?
In Ausschreibung von Grünstromprojekten will die Bundesregierung laut Gabriel in 2017 einsteigen. Doch dies ist ebenfalls sehr umstritten, weil dann nur noch Marktteilnehmer Erneuerbare-Energie-Anlagen errichten dürfen, die per Ausschreibung den Zuschlag erhalten. Dies könnte das endgültige Aus kleinere private Investoren und für die Bürgerenergie bedeuten, warnt Lars Holstenkamp von der Leuphana Universität: „Die volkswirtschaftliche Logik und sämtliche Erfahrungen aus der Praxis anderer Länder zeigen: Ausschreibungen begünstigen die größten Anbieter. Mit einer Ausschreibung entstehen Transaktionskosten und Risiken, die größere Unternehmen leichter abfangen können. Bürgerenergie-Akteure hingegen können weder die Risiken streuen, sie durch eigenes großes Kapital absichern oder die höheren Transaktionskosten zwischenfinanzieren. Bürgerenergie wird daher kaum eine Chance haben, sich im Ausschreibungsverfahren gegen größere Konkurrenten durchzusetzen.“
Hubert Weiger, BUND-Vorsitzender. Sagt dazu: "Wir haben in Deutschland über eine Million Menschen, die privat viele Milliarden Euro in die erneuerbaren Energien investiert haben. Diese vielen kleinen privaten Investoren sind es, die uns schneller von riskanten Atom- und klimaschädlichen Kohlemeilern wegbringen. Energie in Bürgerhand garantiert eine von allen akzeptierte und sozial verträgliche Gestaltung der Energiewende. Der EEG-Reform-Vorschlag der Bundesregierung schafft zusätzliche Risiken für diesen wichtigen Motor der Energiewende."
Die Energiewende steht noch immer am Anfang
Ohnehin muss die die Bundesregierung mehr für Energiewende tun. Das stellt die unabhängige Expertenkommission zum Monitoring-Prozess "Energie der Zukunft" in einem aktuellen Gutachten fest. In ihrer Stellungnahme zum Monitoring-Bericht der Bundesregierung für das Berichtsjahr 2012 zieht sie eine gemischte Bilanz der Energiewende. Positov fällt sie für die Versorgung mit erneuerbaren Energien aus. Hier sei Deutschland auf dem „Zielpfad“. Es werde voraussichtlich auch keine Versorgungsengpässe geben, trotz der Angekündigungen vieler Kraftwerksbetreiber, einzelne ihrer Anlagen dauerhaft vom Netz zu nehmen. Allenfalls könne es mit dem geplanten Abschalten der noch verbleibenden Kernkraftwerke südlich der Mainlinie zu lokalen Kapazitätsengpässen kommen. Die Expertenkommission tritt der Behauptung entgegen, dass der starke Ausbau der regenerativen Stromerzeugung zu einem starken Preisanstieg geführt habe. Tatsächlich seien die „Letztverbraucherausgaben für Elektrizität im Jahr 2012 nicht stärker als das nominale Bruttoinlandsprodukt gestiegen und blieben auf einen nahezu unveränderten Anteil von 2,5 Prozent begrenzt“. Die Expertenkommission gelangt daher zur Einschätzung, dass die bisherige Kostenbelastung durch die Energiewende für die deutsche Volkswirtschaft „insgesamt noch nicht so dramatisch ist, wie in der Öffentlichkeit oft dargestellt“. Die im Jahr 2012 stark gestiegenen Gesamtausgaben für Erdgas und für Kraftstoffe seien „vor allem auf die internationale Preisentwicklung zurückzuführen und nicht der Energiewende zuzurechnen“.
Die Expertenkommission kommt aber zu dem Ergebnis, dass die Reduktion der Treibhausgasemissionen sowie die Fortschritte bei der Energieeffizienz „noch unbefriedigend“ sind. Nach Überzeugung der Expertenkommission ist die Energiewende durch zwei Oberziele bestimmt: die Senkung der Treibhausgasemissionen um mindestens 80 Prozent bis zum Jahr 2050 und den Ausstieg aus der Kernenergienutzung bis Ende 2022. Doch die deutschen Treibhausgasemissionen seien in den vergangenen zwei Jahren wieder gestiegen, man drohe das Zwischenziel einer Minderung von 40 Prozent bis 2020 zu verfehlen. Die Bundesregierung gehe mittlerweile selbst nur von einer Senkung der Treibhausgasemissionen von lediglich 35 Prozent aus. Es seien zusätzliche energie- und klimapolitische Maßnahmen erforderlich. „Neben Anstrengungen zur Emissionsminderung in den Sektoren außerhalb des Emissionshandels ist zur Erreichung des deutschen Klimaschutzziels insbesondere auch eine aktive Beteiligung an einer strukturellen Reform des europäischen Emissionshandels wünschenswert“, stellen die Experten dazu fest.
Zur Kommission gehören der Vorsitzende Andreas Löschel vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsförderung (ZEW), Georg Erdmann von der TU Berlin, Frithjof Staiß vom Zentrum für Sonnerenergie- und Wasserstroff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und Hans-Joachim Ziesing von der AG Energiebilanzen. Sie schlagen vor, sich bei der Emissionsminderung vor allem „auf eine kräftige Reduktion des Energiebedarfs für Wärme zu konzentrieren, bei gleichzeitig fortgesetztem Ausbau der regenerativen Energien“. Darüber hinaus müssten „Effizienzmaßnahmen im Gebäudebereich, aber auch im Verkehr höchste Priorität erhalten“.
Aus diesem Grund wählen Verbraucherschützer und der Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar) einen anderen Weg, um noch Nachbesserungen zu erreichen. Sie wollen gegen EEG-Novelle vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Die Solarwirtschaft befürchtet große Nachteile dadurch, dass demnächst auf Betreiber von neuen Grünstromanlagen Zusatzkosten zukommen sollen, wenn sie den erzeugten Ökostrom auch selbst verbrauchen. Die Betreiber müssen laut dem neuen EEG 50 Prozent der EEG-Umlage zahlen. Diese Umlage wird über die Stromrechnung kassiert und dient dazu, Einnahmeeinbußen der Netzbetreiber auszugleichen, die ihnen entstehen, weil sie zur Abnahme von Grünstrom verpflichtet sind der per Gesetz nach den EEG-Tarifen vergütet werden muss. Der Eigenverbrauch wiederum fällt in erster Linie im Bereich der Photovoltaik an. Mit der Neuregelung würde es sich vermutlich nur noch sehr eingeschränkt lohnen, in neue Solaranlagen zu investieren, um so Kosten für die eigene Stromversorgung zu verringern. Dies aber war nach den starken Kürzungen der Solarstromtarife in den letzten Jahren zuletzt der wichtigste Nachfrageimpuls für die deutsche Solarbranche gewesen, wie etwa die Nord LB kürzlich in einer Analyse des deutschen Marktes für Erneuerbare Energien festgestellt hat. Der BSW Solar verweist auf die Ergebnisse eines Rechtsgutachtens der Berliner Kanzlei Geiser & von Oppen. Dieses Gutachten zeige erhebliche Anhaltspunkte dafür auf, dass die geplante Ökostrom-Abgabe auf Solarstrom zur Selbstversorgung gegen das Grundgesetz verstoße.
Vorrangiges Ziel des Energiewende-Gesetzes sei es, den Ausbau Erneuerbarer Energien voranzutreiben und die Kosten verursachergerecht auf die Lieferanten klima- und umweltgefährdenden Stroms zu verteilen, argumentiert die Kanzlei. Da solarer Eigenverbrauch dem Gesetzesziel diene und die Energiewende praktisch umsetze, könne die geplante EEG-Abgabe als „unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Artikel 2 Grundgesetz“ gewertet werden, so die Gutachter. Verfassungsrechtlich angreifbar sei die ab 1. August 2014 geplante anteilige finanzielle Belastung solarer Selbstversorger mit der EEG-Umlage auch wegen des möglichen Verstoßes gegen das Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Grundgesetz). Denn der Eigenverbrauch der stromintensiven und verarbeitenden Industrie soll nach den Plänen von Gabriel gleichzeitig weitgehend von der EEG-Umlage befreit werden, auch wenn sie diesen aus fossilen Stromquellen deckt.
Von der 50prozentigen EEG-Umlage für den Eigenverbrauch wären vor allem kleine und mittelständische Unternehmen aus Handel und Gewerbe betroffen, aber auch große Privathaushalte, die Solarstrom aus neuen Anlagen mit mehr als 10 kW für den Eigenbedarf nutzen. Vor allem an Letzterem stört sich Holger Krawinkel, Leiter des Geschäftsbereichs Verbraucherpolitik und Energieexperte des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv): „Eine Abgabe auf umweltfreundlichen Solarstrom ist Unsinn. Neue Photovoltaik-Anlagen verursachen keine nennenswerten Mehrkosten für die Verbraucher, entlasten aber erheblich die Umwelt. Die Eigenerzeugung ist ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende. Doch die aktuellen Pläne bremsen die Verbraucher aus, die zu einer umweltfreundlichen Stromerzeugung beitragen.“ Er kritisiert, dass weiterhin viele Unternehmen mit hohem Stromverbrauch von der EEG-Umlage befreit sein sollen. Das führe dazu, dass die übrigen Stromverbraucher dafür stärker zur Kasse gebeten werden. Krawinkel zeigt sich enttäuscht, dass die EEG-Reform auch nicht dazu führen wird, dass die Strompreise für Normalverbraucher nennenswert sinken.
„Große Teile der Industrie werden weiterhin von der Energiewende-Finanzierung befreit. Wer mit Solarstrom die Umwelt entlastet, wird dagegen zur Kasse gebeten. Mit der Verfassungsklage wollen wir die Verursachergerechtigkeit bei der Finanzierung der Energiewende wieder herstellen. Die solare Eigenstromerzeugung leistet einen wichtigen Beitrag zur dezentralen Umsetzung der Energiewende auf der Basis einer breiten Bürgerbeteiligung. Wer dieses Element durch widersinnige Abgaben behindert gefährdet die Energiewende. Wir dürfen nicht zulassen, dass Klimaschutz und Bürgerengagement bestraft werden“, ergänzt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar.
Gabriels EEG-Reform lässt viele Fragen offen
Doch nicht nur aus der Grünstrombranche gibt es anhaltend Widerstand. Sehr grundsätzlich und sehr kritisch äußert sich auch Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena) aus Berlin. Mit der vom Kabinett beschlossenen Reform des EEG habe dieses den weiteren Ausbau der regenerativen Stromerzeugung in Deutschland beschlossen, „ohne dass die damit zusammenhängenden Fragen und grundsätzlichen Probleme gelöst werden. Es ist erstaunlich, wie wenig die Realität bei der Umsetzung der Energiewende wahrgenommen wird“, so der Experte.
Kohler weiter: „Mit der Umsetzung der Energiewende sind die CO2-Emissionen angestiegen und nicht gesunken, wie es eigentlich geplant war. Auch die Versorgungssicherheit hat sich nicht erhöht, sondern abgenommen.

Bildhinweis: Die deutsche Energieversorgung basiert noch immer vor allem auf der klimaschädlichen Verfeuerung von fossilen Brennstoffen. / Quelle: Fotolia
Der dena-Chef beklagt, dass Grünstrom-Erzeugung und -Nachfrage weit auseinander klaffen. „Das kommt den Verbrauchern teuer zu stehen und hat mit einer effizienten Umsetzung der Energiewende nichts zu tun“. Kohler verlangt daher „in einem nächsten Schritt das verpflichtende Ausschreibungsmodell mit der Direktvermarktung für alle Erneuerbare-Energien-Anlagen schnellstmöglich einzuführen. Damit würde auch eine bessere Synchronisation zwischen dem Ausbau der Erneuerbaren und dem damit einhergehenden Netzausbau erprobt und gewährleistet“.
Bürgerenergie auf dem Abstellgleis?
In Ausschreibung von Grünstromprojekten will die Bundesregierung laut Gabriel in 2017 einsteigen. Doch dies ist ebenfalls sehr umstritten, weil dann nur noch Marktteilnehmer Erneuerbare-Energie-Anlagen errichten dürfen, die per Ausschreibung den Zuschlag erhalten. Dies könnte das endgültige Aus kleinere private Investoren und für die Bürgerenergie bedeuten, warnt Lars Holstenkamp von der Leuphana Universität: „Die volkswirtschaftliche Logik und sämtliche Erfahrungen aus der Praxis anderer Länder zeigen: Ausschreibungen begünstigen die größten Anbieter. Mit einer Ausschreibung entstehen Transaktionskosten und Risiken, die größere Unternehmen leichter abfangen können. Bürgerenergie-Akteure hingegen können weder die Risiken streuen, sie durch eigenes großes Kapital absichern oder die höheren Transaktionskosten zwischenfinanzieren. Bürgerenergie wird daher kaum eine Chance haben, sich im Ausschreibungsverfahren gegen größere Konkurrenten durchzusetzen.“
Hubert Weiger, BUND-Vorsitzender. Sagt dazu: "Wir haben in Deutschland über eine Million Menschen, die privat viele Milliarden Euro in die erneuerbaren Energien investiert haben. Diese vielen kleinen privaten Investoren sind es, die uns schneller von riskanten Atom- und klimaschädlichen Kohlemeilern wegbringen. Energie in Bürgerhand garantiert eine von allen akzeptierte und sozial verträgliche Gestaltung der Energiewende. Der EEG-Reform-Vorschlag der Bundesregierung schafft zusätzliche Risiken für diesen wichtigen Motor der Energiewende."
Die Energiewende steht noch immer am Anfang
Ohnehin muss die die Bundesregierung mehr für Energiewende tun. Das stellt die unabhängige Expertenkommission zum Monitoring-Prozess "Energie der Zukunft" in einem aktuellen Gutachten fest. In ihrer Stellungnahme zum Monitoring-Bericht der Bundesregierung für das Berichtsjahr 2012 zieht sie eine gemischte Bilanz der Energiewende. Positov fällt sie für die Versorgung mit erneuerbaren Energien aus. Hier sei Deutschland auf dem „Zielpfad“. Es werde voraussichtlich auch keine Versorgungsengpässe geben, trotz der Angekündigungen vieler Kraftwerksbetreiber, einzelne ihrer Anlagen dauerhaft vom Netz zu nehmen. Allenfalls könne es mit dem geplanten Abschalten der noch verbleibenden Kernkraftwerke südlich der Mainlinie zu lokalen Kapazitätsengpässen kommen. Die Expertenkommission tritt der Behauptung entgegen, dass der starke Ausbau der regenerativen Stromerzeugung zu einem starken Preisanstieg geführt habe. Tatsächlich seien die „Letztverbraucherausgaben für Elektrizität im Jahr 2012 nicht stärker als das nominale Bruttoinlandsprodukt gestiegen und blieben auf einen nahezu unveränderten Anteil von 2,5 Prozent begrenzt“. Die Expertenkommission gelangt daher zur Einschätzung, dass die bisherige Kostenbelastung durch die Energiewende für die deutsche Volkswirtschaft „insgesamt noch nicht so dramatisch ist, wie in der Öffentlichkeit oft dargestellt“. Die im Jahr 2012 stark gestiegenen Gesamtausgaben für Erdgas und für Kraftstoffe seien „vor allem auf die internationale Preisentwicklung zurückzuführen und nicht der Energiewende zuzurechnen“.
Die Expertenkommission kommt aber zu dem Ergebnis, dass die Reduktion der Treibhausgasemissionen sowie die Fortschritte bei der Energieeffizienz „noch unbefriedigend“ sind. Nach Überzeugung der Expertenkommission ist die Energiewende durch zwei Oberziele bestimmt: die Senkung der Treibhausgasemissionen um mindestens 80 Prozent bis zum Jahr 2050 und den Ausstieg aus der Kernenergienutzung bis Ende 2022. Doch die deutschen Treibhausgasemissionen seien in den vergangenen zwei Jahren wieder gestiegen, man drohe das Zwischenziel einer Minderung von 40 Prozent bis 2020 zu verfehlen. Die Bundesregierung gehe mittlerweile selbst nur von einer Senkung der Treibhausgasemissionen von lediglich 35 Prozent aus. Es seien zusätzliche energie- und klimapolitische Maßnahmen erforderlich. „Neben Anstrengungen zur Emissionsminderung in den Sektoren außerhalb des Emissionshandels ist zur Erreichung des deutschen Klimaschutzziels insbesondere auch eine aktive Beteiligung an einer strukturellen Reform des europäischen Emissionshandels wünschenswert“, stellen die Experten dazu fest.
Zur Kommission gehören der Vorsitzende Andreas Löschel vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsförderung (ZEW), Georg Erdmann von der TU Berlin, Frithjof Staiß vom Zentrum für Sonnerenergie- und Wasserstroff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und Hans-Joachim Ziesing von der AG Energiebilanzen. Sie schlagen vor, sich bei der Emissionsminderung vor allem „auf eine kräftige Reduktion des Energiebedarfs für Wärme zu konzentrieren, bei gleichzeitig fortgesetztem Ausbau der regenerativen Energien“. Darüber hinaus müssten „Effizienzmaßnahmen im Gebäudebereich, aber auch im Verkehr höchste Priorität erhalten“.