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Ein Techniker soll schwarze Zahlen bringen - Kommentar zum Chefwechsel bei der Solarfabrik AG

Von Heinz Siebold

Sieben Jahre bei Siemens, zunächst als Entwicklungsingenieur, dann als Projektmanager, Marketing- und Produktmanager, drei Jahre lang verantwortlich für das gesamte Geschäft mit Hochfrequenzprodukten. Dann mit der Ausgründung der Siemens-Halbleiter-Sparte als Infineon AG zwei Jahre Leiter des dortigen Mobilfunkgeschäftes. Schließlich sieben Jahre Vorstandsvorsitzender einer Spezialfirma für Mobilfunkmodule nahe New York, die von wechselnden Risikokapitalgebern finanziert wurde, darunter anfänglich auch Siemens und Infenion. Und jetzt neuer Vorstandsvorsitzender der Freiburger Solarfabrik AG. Günter Weinbergers Karrierestufen weisen ihn als technisch spezialisierten Manager aus. Der 1957 in Kaiserslautern geborene Diplomingenieur ist Nachfolger von Christoph Paradeis, der seinerseits den Posten Anfang 2007 von Georg Salvamoser, dem Gründer und Großaktionär des Herstellers von Solarmodulen, nach dessen gesundheitlich bedingtem Ausscheiden übernommen hatte.


Man habe einen Vorstand „mit ausgeprägtem technischen Background“ gesucht, sagte Solarfabrik-Aufsichtsratschef Alfred T. Ritter. Und hat dem US-Rückkehrer gleich den Chefsessel angeboten, was den amtierenden Vorsitzenden prompt zum Rücktritt veranlasst hat. Man kann darüber streiten, ob das eine besonders fiese oder besonders kluge Methode ist, einen Vorstand loszuwerden. Aber dass Paradeis im buchstäblichen Sinne den Kredit verspielt hatte, ist unübersehbar. Paradeis agierte „glücklos“, sagt Aufsichtsrat und Schokoladenfabrikant Ritter. Der Vorstand hatte das Währungsrisiko falsch abgesichert, er spekulierte auf einen schwachen Euro, in Wirklichkeit schwächelte der Dollar und das kostet die  Solarfabrik 2007 ihren Gewinn und drückt noch 2008 auf das Ergebnis. Hinzu kommt ein missglücktes Geschäft in China, im schlimmsten Falle müssen fast sieben Millionen Euro abgeschrieben werden.

Wer ein solches Erbe antritt, hat zu tun. Und er wird sehr schnell die Skeptiker überzeugen müssen. Das wird nicht einfacher, wenn man nicht das Geringste mit der Solarenergie zu tun hat. Nicht einmal privat. Die „halbe Verwandtschaft“ zwischen Halbleitern und Solarzellen, auf die der neue Vorsitzende verweist, erstreckt sich im Wesentlichen auf das in beiden Platten vorhandene Silizium. Den Markt kennt Weinberger überhaupt nicht, aber er ist optimistisch, dass er künftig erst so richtig in Fahrt kommt. Man muss nicht im Kratzpullover erscheinen und die Solarindustrie ist in der Tat dabei, „eine Industrie wie jede andere“ zu werden, wie der in zweiter Ehe verheiratete Ingenieur und Vater von drei Kindern verkündet. Schon Salvamoser war (und ist) alles andere als ein asketischer Ökofreak. Aber auch kein Technokrat. Der neue Solarfabrik-Chef soll und muss betriebswirtschaftlich erfolgreich sein, was mittlerweile sogar die Nachbarn von der S.A.G. Solarstrom AG schaffen. Aber ganz so emotionslos geht das nicht, denn das Geschäft mit Erneuerbaren Energien ist immer noch mit einem Schuss an Überzeugungen und mit Aktionären und Kunden verbunden, die keine Rendite- und Zahlenfetischisten sein wollen. Weinberger wird bald merken, dass zum Manager einer Solarfabrik auch ein ökologisches Profil gehört. Das hat schon sein Vorgänger unterschätzt.
Heinz Siebold ist freier Journalist in Freiburg.


Solar-Fabrik AG: ISIN DE0006614712 / WKN 661471
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