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Nachhaltige Aktien, Erneuerbare Energie, Meldungen
EU will weniger Biokraftstoff aus Nahrungsmitteln – Branche und Umweltschützer streiten
Aktuell liegt der Anteil des Biosprits am gesamten Kraftstoffverbrauch in Europa bei 4,5 Prozent. Bis 2020 soll der Gesamtanteil der Erneuerbaren Energien im Verkehrsbereich auf zehn Prozent steigen. Die Kommission schlägt nun vor, den Anteil der Biokraftstoff auf Nahrungsmittelbasis bis 2020 auf maximal 5 Prozent steigen zu lassen. Stattdessen sollen Marktanreize geschaffen werden, die der Produktion von „Non-Food-Biokraftstoff“ auf die Sprünge helfen, um mit deren Hilfe das Gesamtziel von zehn Prozent Erneuerbare Energien im Verkehrssektor bis 2020 zu erreichen. Die Begrenzung soll unter anderem dazu beitragen, dass der Nahrungs- und Futtermittelanbau weniger stark mit der Zucht von Energiepflanzen konkurriert.
Desweiteren sollen die Nachhaltigkeitskriterien, denen Biosprit zu genügen hat, ab 2017 deutlich verschärft werden. Dem Kommissionsvorschlag zufolge muss die Energiebilanz von Biokraftstoff dann nicht mehr wie bisher 35 Prozent unter der herkömmlicher Kraftstoffe liegen, sondern 50 Prozent. Hintergrund dieser Überlegung ist, dass durch die Umstellung der Landwirtschaft auf Kraftstoffproduktion indirekt mehr Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen.
„Die Folge dieses Vorschlags wäre, dass die deutsche Biokraftstoffindustrie ihre Produktion deutlich drosseln müsste – das führt zu Arbeitsplatzverlusten und mehr CO2-Ausstoß“, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Käme es so, wie Baumann prophezeiht, wären unter anderem Börsenunternehmen wie die Verbio Vereinigte BioEnergie AG aus Leipzig oder die Manheimer Biokraftstoffproduzentin Crop Energies AG betroffen.
Der Vorschlag der EU-Kommission veranschlage für die Produktion wird Biodiesel und Bioethanol einen CO2-Wert, der in der Realität nicht nachweisbar und zu hoch bemessen sei, so Baumann weiter: „Die deutschen Produzenten von Biodiesel und Bioethanol dürfen ihre Rohstoffe nach den bestehenden gesetzlichen Vorgaben bereits jetzt nicht von ehemaligen Regenwaldflächen beziehen.“ Große Teile ihrer Rohstoffe kämen von ehemaligen Stilllegungsflächen in der EU. „Um mögliche indirekte Effekte durch die Biokraftstoffproduktion zu vermeiden und den nachhaltigen Ausbau von Biomasse sicherzustellen, müsste es ein grundsätzliches Verbot auch für die Lebens- und Futtermittelindustrie geben, auf schützenswerten Flächen wie Regenwäldern Agrarrohstoffe anzubauen“, fordert der VDB-Geschäftsführer.
Bildnachweis: VDB-Geschäftsführer Elmar Baumann. / Quelle: Unternehmen
Die Kritik der Umweltschutzorganisation Greenpeace schlägt hingegen in eine andere Kerbe: „Dass das ursprüngliche Ziel, einen zehnprozentigen Biospritanteil im Treibstoff zu haben, vom Tisch ist, ist positiv. Es müssen aber die Umweltauswirkungen aus der Biosprit-Produktion in die Gesamtumweltbilanz mit eingerechnet werden. Denn es kann nicht sein, dass nach wie vor die Verwendung von Biosprit möglich ist, sogar wenn dieser eine schlechtere Umweltbilanz aufweist, als normales Benzin oder Diesel“, kommentierte Greenpeace-Energiesprecher Jurrien Westerhof den EU-Vorschlag. „Biotreibstoffe können eine Rolle spielen, wenn es darum geht, die Umweltbelastungen des Verkehrs zurückzudrängen, aber nur, wenn die Gesamtumweltbilanz passt. Deshalb wäre es wichtig, zuerst dafür zu sorgen, dass Autos sparsamer werden, was technisch schon längst möglich ist“, so Westerhof weiter.
VDB-Geschäftsführer Baumann entgegnet wiederum dem Standpunkt der Umweltschützer: „Wir können nicht hinnehmen, dass hier eine sachlich verfehlte, willkürliche Regelung eingeführt werden soll, weil Nichtregierungsorganisationen massiven politischen Druck auf die Kommission ausüben. Hier betreiben zum Beispiel Greenpeace und Oxfam sehenden Auges das Lobby-Geschäft der Ölmultis und verhindern den Ausbau der einzigen Alternative zu fossilen Kraftstoffen."
Biokraftstoffverbrauch in Deutschland gestiegen
Allein in Deutschland ist der Bioethanolverbrauch in den ersten sechs Monaten 2012 um 9,7 Prozent gestiegen. Das besagen die aktuellen Verbrauchsdaten des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Demnach wurden in dieser Zeit nahezu 626.000 Tonnen Bioethanol verbraucht. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es noch 570.000 Tonnen gewesen. Damit hatte Bioethanol bis Ende Juni 2012 im Benzinmarkt einen Anteil von 6,4 Prozent erreicht. Ebenfalls deutlich gestiegen ist der Anteil der Bioethanol-Kraftstoffe E5 und E10: Während in der ersten Jahreshälfte 2011 noch 477.641 Tonnen dieser Kraftstoffmischungen getankt wurden, waren es im Vergleichszeitraum 2012 schon 542.233 Tonnen. Ein Anstieg um 13,5 Prozent.
Deutschlands Biokraftstoffhersteller produzierten im ersten Halbjahr 2012 rund 295.000 Tonnen Bioethanol aus den nachwachsenden Rohstoffen, Futtergetreide und Industrierüben. Dies sind rund 51.000 Tonnen mehr als im Vorjahreszeitraum. Dabei war der Anteil des eingesetzten Futtergetreides rückläufig, und zwar um 2,2 Prozent. Nahezu verdoppelt hat sich allerdings der Anteil von Industrierüben zur Gewinnung von Futtermitteln (Zuckerrübenschnitzel) und Bioethanol aus dem Zuckeranteil gegenüber dem Vorjahreszeitraum: Er stieg um 89,2 Prozent.