Erneuerbare Energie

Experte warnt vor größerer Flüchtlingskrise durch Klimawandel

Der Klimawandel könnte eine Flüchtlingskrise auslösen, die weitaus dramatischer wird als die der Gegenwart. Davor warnt Physiker Niyazi Serdar Sariçiftçi von der Johann Keppler Universität Linz. Ihm zufolge könnten zur Mitte dieses Jahrhunderts Dürren und Hungersnöte 100 Millionen Menschen aus den südlichen Ländern dieser Welt dazu veranlassen, ihre Heimat zu verlassen.

Sariçiftçi erklärte in einem pressetext-Gespräch: "In den vergangenen eineinhalb Jahren hat sich deutlich gezeigt, dass schon eine Kriegsregion der Welt ausreichen kann, um die Kooperation auf europäischer Ebene zum Erliegen zu bringen. Wenn wir im Bereich der Energiewirtschaft weiterhin so verfahren wie bisher, droht uns aber schon 2050 eine weitaus größere klimabedingte Migration, die die aktuelle um ein Vielfaches übersteigen wird." In der Wissenschaft sei man sich dem Ernst der Lage schon länger bewusst, so Sariçiftçi. "In Politik und Gesellschaft mangelt es aber noch am nötigen Problembewusstsein", kritisiert der Experte.

Dass wir uns immer noch so verhalten, als wären wir von fossilen Energiequellen abhängig "wie ein Morphium-Junkie von seiner täglichen Dosis", liege an den wirtschaftlichen Interessen der fossilen Energiebranche. "Diese Unternehmen sind heute mächtiger als die Rüstungsindustrie. Aber auch sie begreifen mittlerweile, dass der Abbau von Öl, Kohle und Co nicht mehr rentabel ist und sich ein Umstieg auf erneuerbare Alternativen auch durchaus wirtschaftlich gesehen lohnt", betont Sariçiftçi.

Längerfristig sei ein Umstieg auf erneuerbare Energieträger jedenfalls nicht aufzuhalten, sagt der Wissenschaftler. "Die Revolution ist bereits im Gange. Wenn man sich die gegenwärtige Entwicklung in Ländern wie den USA, China oder auch in Europa ansieht, gibt das Grund zur Hoffnung. Weltweit steigt der Anteil an Solarenergie von Jahr zu Jahr um 20 bis 30 Prozent", schildert der Physiker. Und dieser große Zuwachs sei auch wichtig: "Je schneller wir die Abhängigkeit vom Öl aufgeben, desto eher können wir die klima- beziehungsweise umweltbedingte Migration noch abwenden."

Sariçiftçi, der unter anderem das Institut für Physikalische Chemie und das Institut für Organische Solarzellen an der JKU leitet, zählt weltweit zu den am meisten zitierten Wissenschaftlern in seinem Fachgebiet und wurde mit zahlreichen Ehrungen ausgezeichnet, darunter der Wittgenstein-Preis 2012 sowie mehrere Ehrendoktorate. 2008 wurde er zudem zum "Österreicher des Jahres" in der Kategorie Forschung gewählt.
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