Anleihen / AIF

Fünf Prozent Zinsen für Bürgerbeteiligung am Netzausbau

Die Bundesregierung will Anlegern Beteiligungen am Netzausbau ermöglichen. Das soll helfen, diesen zu beschleunigen und eine breitere Akzeptanz für die Energiewende zu schaffen. Laut einer aktuellen Erklärung haben sich Bundesumweltminister Peter Altmaier und Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler mit den Übertragungsnetzbetreibern auf Eckpunkte für Investitionen von Bürgerinnen und Bürgern in Übertragungsnetze verständigt.

Demnach können sich vom Netzausbau Bürger finanziell am Leitungsbau auf der gesamten Übertragungsnetzebene beteiligen und sollen sie für ihre Einlagen bis zu fünf Prozent Zinsen erhalten. Die Bürgerbeteiligung soll bis zu 15 Prozent der Investitionssumme für den Leitungsausbau umfassen. Die Mindesteinlage liegt den Angaben zufolge bei etwa 1.000 Euro. Anwohnerinnen und Anwohner in unmittelbarer Nähe neuer Leitungen, sollen bei der Zeichnung bevorzugt werden. Der Gesamtumfang der notwendigen Netzinvestitionen bis zum Jahr 2023 wird auf rund 20 Milliarden Euro geschätzt.

Bürgerinnen und Bürger können sich heute bereits finanziell an der Westküstenleitung in Schleswig-Holstein beteiligen und erhalten für ihre Einlagen bis zu fünf Prozent Zinsen. Die vier Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW sollen in den kommenden Monaten entsprechende Beteiligungsmodelle entwickeln und geeignete Ausbauprojekte benennen. Dabei werden Erfahrungen mit dem Bürgerbeteiligungsmodell der TenneT in Schleswig-Holstein einfließen. 

Bundesumweltminister Peter Altmaier sagte zu dem Modell des Bundes: „Transparenz und Beteiligung sind die Schlüssel für den zügigen Ausbau unserer Stromnetze. Wir brauchen die Bürgerdividende, damit sich die Bürgerinnen und Bürger direkt an der Energiewende beteiligen können. Gleichzeitig erreichen wir, dass die Gewinne und Lasten der Energiewende künftig gerechter verteilt werden. Mit der Beteiligung am Netzausbau können erstmals auch diejenigen von der Energiewende profitieren, die bisher keine Möglichkeit dazu hatten. Das schafft Akzeptanz und die notwendige Beschleunigung bei der Modernisierung der Netze.“

Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler ergänzte: „Der Umbau unserer Energieversorgung ist ein Großprojekt, bei dem alle mithelfen müssen. Die Energiewende wird nur dann ein Erfolg, wenn es uns gelingt, die Kosten zu begrenzen und die Menschen auf dem Weg mitzunehmen. Die Bürgerdividende kann dazu einerseits einen Beitrag leisten, andererseits den notwendigen Leitungsausbau beschleunigen. Wir wollen vor allem den Menschen in den betroffenen Regionen die Möglichkeit geben, sich an Netzausbau-Projekten finanziell zu beteiligen und hiervon zu profitieren. Gemeinsam mit den Übertragungsnetzbetreibern haben wir heute die Grundlage dafür geschaffen.“

Das gemeinsame Eckpunktepapier zur Bürgerdividende ist auf den Internetseiten des Bundesumweltministeriums (www.bmu.de) und des Bundeswirtschaftsministeriums (www.bmwi.de) abrufbar.

Allerdings sind die Netzausbaupläne keineswegs unumstritten. Der aktuelle Netzentwicklungsplan (NEP) der Bundesnetzagentur sieht vor, dass bis 2030 neue Stromtrassen mit 135.000 Kilometern Länge durch das gesamte Bundesgebiet verlegt werden müssen. Unter anderem, um den Windstrom von Hochsee-Windrädern von Nord nach Süd zu transportieren. Zusätzlich dazu müssten 25.000 Kilometer der bestehenden Stromnetze umgerüstet werden. Die dazu notwendigen Investitionen beziffert die Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) mit 27,5 Milliarden Euro.

Kritiker halten die Pläne für völlig überdimensioniert. Würde man stärker auf eine dezentrale Versorgung mit regenerativer Energie setzen und dies in der Nähe der Regionen, wo besonders viel Strom verbraucht wird, könne der Netzausbau weitaus geringer ausfallen. Das haben etwa Forscher vom Fraunhofer Institut für Windenergie und Systemtechnik festgestellt (wir berichteten). Anderen Kritikern zufolge würden von den aktuellen Plänen vor allem die großen Energieversorger profitieren, die auf die zentrale Energieproduktion in fossilen Kraftwerken oder mit Windfarmen auf See (offshore) setzen (per Mausklick gelangen Sie zu einem Bericht von ECOreporter.de über Reaktionen von Umweltschützern und Grünstrom-Branchenverbänden auf den NEP der Bundesnetzagentur).

Bei den Plänen Bundesregierung zur Energiewende spielt die Offshore-Windkraft eine Schlüsselrolle. Sie will bis zum Jahr 2020 den Ausbau der installierten Offshore-Leistung auf zehn Gigawatt (GW) steigern, doch ist man mit installierten Kapazität von nicht einmal einem GW bislang weit von diesem Ziel entfernt. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) wäre es zudem möglich und letztlich wohl auch deutlich billiger, ganz auf die Windkraft an Land zu setzen (mit einem weiteren Mausklick gelangen Sie zu unserem Bericht über die UBA-Studie).
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