Erneuerbare Energie, Fonds / ETF

Gegenwind für die Windkraft in Frankreich – Branche läuft Sturm gegen neues Gesetz

Der Windkraft in Frankreich droht eine Vollbremsung. Denn das Gesetz „Grenelle 2“, die Neuregelung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes, sieht unter anderem eine Mindestgrenze für die Größe geplanter Windparks vor. Es wurde bereits von der französischen Nationalversammlung verabschiedet. „Das ist eine Katastrophe“, sagt Sophie Edlich, für Frankreich zuständige Projektkoordinatorin des Wörrestadter Grünstrom-Projektierers juwi. Das Problem: „Grenelle 2“ schreibe in seiner derzeitigen Form vor, dass ein neuer Windpark nicht kleiner sein dürfe als fünf Anlagen. Damit stünden rund 80 Prozent aller geplanten Windkraftprojekte, rund 1900 Megawatt, auf der Kippe, weil sie diese Dimension nicht erreichten, erklärt Edlich das Dilemma.


Doch noch ist Grenelle 2 nicht in Kraft. Weil es von den zwei in Frankreich zuständigen Kammern in unterschiedlichen Fassungen verabschiedet worden sei, befasse sich ein Vermittlungsausschuss Mitte Juli mit den Entwürfen, erläutert Edlich. Laut der Expertin der juwi-Gruppe würde mit dem neuen Gesetz für die Genehmigungsphase von Windkraftprojekten die Anzahl der Hürden zunehmen. „Das Gesetz sieht vor, das Widerspruchsrecht gegen die Projekte um zwei weitere Monate nach Erteilung der Baugenehmigung  zu verlängern“, so Edlich. Dabei spielten etwa Umweltverträglichkeitskriterien wie Lärm und Schattenwurf eine Rolle. Ein drittes großes Problem, dass die Expertin in den aktuellen Grenelle-2-Versionen sieht, besteht in der Zuweisung von potenziellen Baugebieten für Windräder in den regionalen  Flächennutzungsplänen.  „Dort soll es fünf Kategorien für potenzielle Windkraftanlagen geben, von denen vier solche Bauvorhaben als kritisch bis unmöglich einstufen“, sagt sie.


Offen ließen die aktuellen Grenelle-Entwürfe unter anderem auch, wie mit Erweiterungen bestehender Windparks umzugehen ist und was für den Fall gelten soll, wenn ein Windpark auf der Fläche zweier Nachbargemeinden entstehen soll. „Müssen dann beide Teile mindestens 5 MW Nennleistung haben?“, so Edlich.  Auch für Übergangsregelungen im Hinblick auf laufende Projekte sei nicht gesorgt „Als Windkraftanlagenprojektierer kann man mit dem Gesetz in dieser Form nicht arbeiten“, konstatiert die juwi-Sprecherin.


„Wenn dieses Gesetz so kommt, läuft es konträr zu den ebenfalls gesetzlich verankerten Klimaschutzzielen“, sagt Alexander Koffka , Sprecher des Windkraftanlagenprojektierers ABO Wind. Frankreich ist ein Kernmarkt  für den in Wiesbaden ansässigen Konzern. Dort unterhält er drei Büros mit insgesamt 34 Mitarbeitern und plant nach eigenen Angaben aktuell unterschiedlich weit fortgeschrittene Projekte mit 700 MW Leistung.  Allein die Diskussion um das in Frankreich umstrittene Gesetz habe die ohnehin langsame Genehmigungspraxis  für Windkraftanlagen weiter  gebremst, berichtet  Koffka. Was planmäßig ein Jahr dauern solle, könne mittlerweile auch 16 bis 18 Monate dauern. „Man merkte die zunehmend abwartende Haltung der Behörden mit Blick auf Grenelle 2, so der ABO Wind-Sprecher.


„Ich glaube nicht, dass es so schlimm kommt wie es jetzt noch aussieht“, sagt der ABO-Wind-Sprecher  und verweist auf den Widerspruch zu den französischen Klimaschutzzielen. Selbst wenn ein für die Windenergie-Branche hartes Grenelle 2 aus dem Vermittlungsausschuss komme und beschlossen  werde, könne Branche noch das Gesetz anfechten. Das Warten auf eine endgültige Regelung und das politische wie wirtschaftliche Ringen um ein windenergiefreundlicheres Gesetz als aktuell geplant könne die Arbeit der Büros in Frankreich zwischenzeitlich bremsen, räumt Koffka ein.  Für einen solchen Fall werde das französische Team vorrübergehend in die Arbeit für andere Auslandsstandorte eingebunden. Eine solche Lösung sei für mehrere Monate denkbar.


Undenkbar hingegen sei beim aktuellen Stand der Dinge ein Ausstieg aus dem französischen Windmarkt, stellt Koffka klar. In Frankreich herrsche angesichts der Wartestellung keinerlei Beunruhigung  und ABO Wind denke nicht an einen Abschied aus Frankreich - im Gegenteil: „Mittelfristig wird der Markt weiter wachsen“, so Koffka. Wir halten weiter an unserem Ziel fest, bis 2016 250 Megawatt Nennleistung in Frankreich neu installiert zu haben.“


Eigentliches Ziel des neuen Gesetzes waren umfassende Reformen zugunsten der Energieeffizienz, des öffentlichen Nahverkehrs und des Erneuerbare-Energien-Sektors. Zunehmend in die Kritik geraten war das Gesetz, nachdem die als  Teil einer „grünen Revolution“ von Staatspräsident Nikolas Sarkozy angekündigte Kohlendioxid-Steuer im März unter den Tisch fiel. Anfang  Mai war es zur landesweit ersten Demonstration für die Windenergie-Branche in Paris gekommen zu der Nichtregierungsorganisationen wie L‘ Amis de la Terre, Reseau Action Climate und der französische World Wildlife Fund (WWF) aufgerufen hatten. Sicher ist, dass die Situation für alle am französischen Markt aktiven Windenergie-Unternehmen auch nach der für den 17. Juli angekündigten Entscheidung des Vermittlungsausschusses spannend bleibt.
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