Einfach E-Mail-Adresse eintragen und auf "Abschicken" klicken - willkommen!
Gehört Prokon bald einem Atomkonzern?
Die Investoren des insolventen Windkraftprojektierers Prokon stehen vor spannenden Wochen. Nach Schätzungen der Insolvenzverwaltung haben etwa 75.000 Anleger über Genussrechte 1,4 Milliarden Euro in das Unternehmen gesteckt. Wie viel sie davon zurück erhalten können, hängt entscheidend davon ab, wie es mit dem Unternehmen weitergeht. Wie nun bekannt wurde, hat sich der Energieriese EnBW im Bieterwettbewerb durchgesetzt: Für einen „mittleren dreistelligen Millionenbetrag“ will er Prokon übernehmen - in bar. Doch es ist weiter offen, ob das Windkraftunternehmen verkauft wird. Es bestehen weiterhin gute Chancen, dass Prokon doch als Genossenschaft in Bürgerhand fortgeführt wird. Letzteres strebt unter anderem der Anlegerverein „Freunde von Prokon“ an. Schon bald muss sich zeigen, welches dieser beiden Lager die Mehrheit der Gläubiger überzeugt.
Der Stuttgarter Atomkonzern EnBW ist der letzte verbliebene Großinvestor, der für den Kauf des Kerngeschäfts von Prokon in Frage kommt. Der Gläubigerausschuss des Windkraftprojektierers aus Itzehoe wählte die Stuttgarter als bevorzugten Investor aus. Das gaben sowohl der Insolvenzverwalter als auch die EnBW jetzt unabhängig voneinander bekannt.
Capital Stage AG im Bieterverfahren ausgestochen
EnBW schlug mit seinem Angebot zum Kauf von 100 Prozent der Prokon Regenerative Energien GmbH zuletzt die Capital Stage AG aus dem Rennen. Der bislang vorranging auf Solarparks konzentrierte Ökostromanlagenbetreiber aus Hamburg vermeldete inzwischen den Rückzug aus dem Bieterverfahren. „Wir hätten uns gefreut, Prokon in unser Geschäftsmodell zu integrieren – aber nicht zu jedem Preis“, erklärte Capital-Stage-Finanzvorstand Christoph Husmann. Das Angebot von Capital Stage sah den Kauf von 95 Prozent aller Prokon-Anteile vor. Die restlichen fünf Prozent sollte ein nicht benannter weiterer Investor erwerben (ECOreporter.de berichtete). Die Entscheidung des Gläubigerausschusses gegen das Capital-Stage-Angebot sei bedauerlich, so Felix Goedhardt, Vorstandsvorsitzender von Capital Stage. Allerdings prüfe das Unternehmen nun andere Optionen. Es gehe um Wind- und Solarparks mit 200 MW Gesamtkapazität im In- und Ausland, so Goedhardt.
Der Energieriese EnBW ist also Willens, für die Übernahme mehr Geld in die Hand zu nehmen als die im direkten Vergleich deutlich kleinere Capital Stage AG. Klar ist: Der Kauf aus der Insolvenz heraus würde vollständig aus Eigenmitteln von EnBW finanziert, wie die Konzernführung betont. Ob es tatsächlich wie kolportiert rund 500 Millionen Euro sein sollen, wollte die EnBW-Führung auf einer heute einberufenen Pressekonferenz nicht bestätigen. Das Angebot sieht eine „substanzielle Einmalzahlung“ an alle Gläubiger vor. Es werde in Kürze notariell beglaubigt und lasse keinerlei Spielräume für Nachverhandlungen, stellten die Verantwortlichen klar.
Was würde das EnBW-Angebot für die Anleger bedeuten?
Für die Genussrechtsinhaber würde der Verkauf an EnBW den Abschied aus dem Unternehmen bedeuten. Eine weitere Beteiligung in Form einer Anleihe sieht das EnBW-Angebot nicht vor. „Wir haben uns bewusst dagegen entschieden“, sagte EnBW-Finanzvorstand Thomas Kusterer. „Was bisher ein Genussrecht, das heißt ‚Fremdkapital‘ war, verwandelt sich im Genossenschaftsmodell in eine echte unternehmerische Beteiligung mit allen dafür typischen Risiken“, so der Finanzvorstand. Dass ihre Offerte solche Risiken nicht berge, sehe EnBW als Vorteil ihres Angebots.
Damit wären die Genussrechteinhaber nach der Übernahme nicht mehr an Prokon und möglichen zukünftigen Gewinnen des Windkraftunternehmens beteiligt. Sie würden dann aber mindestens zwei Barabfindungen für ihr Investment bekommen. EnBW will nur das Windkraftprojektgeschäft und den Eigenbetrieb von Windrädern, also das Kerngeschäft von Prokon übernehmen. Die Verwertung der übrigen Geschäftsfelder soll separat im Abschluss ablaufen. Für die Ölmühle von Prokon und die Entwicklungssparte des Windrads P-3000 hatte der Insolvenzverwalter Holger Penzlin bereits im März 2015 Käufer gefunden (mehr lesen Sie hier). Penzlin war bislang öffentlich davon ausgegangen, dass die Genussrechtsinhaber zwischen 30 und 70 Prozent ihres investierten Kapitals zurückerhalten. Jetzt erklärte er, 50 bis 60 Prozent seien möglich.
Was hat EnBW mit Prokon vor?
2014 sind einige mittelständische Windkraftprojektierer von großen Energieunternehmen geschluckt worden. Die MVV Energie AG aus Mannheim übernahm beispielsweise die Windwärts Energie GmbH und die Mehrheit an der juwi AG (mehr lesen Sie hier). EnBW hat vor knapp zweieinhalb Jahren einen Strategieschwenk und eine Investitionsoffensive in Richtung Ökoenergie ausgerufen. Windkraft soll dabei ein zentraler Baustein sein. „Die dezentralen Energien sind nicht aufzuhalten. Dort spielt morgen die Musik“, erklärte Dr. Frank Mastiaux, Vorstandschef von EnBW heute. EnBW habe da „eine ganz klare Meinung“, beteuerte er. In den kommenden fünf Jahren wolle sein Unternehmen 3,5 Milliarden Euro in Erneuerbare-Energien investieren und den Anteil dieser Sparte am Gesamtergebnis von 13 Prozent in 2013 auf 33 Prozent steigern. „Prokon zu erwerben könnte es uns ermöglichen, diese Ziele schneller zu erreichen und vielleicht darüber hinausgehen“, so Mastiaux.
Bislang verfügt EnBW nach eigenen Angaben über rund 250 MW laufende Windparks zu Lande und zu Wasser - also Offshore. Dieser Strom wird komplett direkt vermarktet. Mit den laufenden Onshore-Windparks von Prokon in Deutschland, Polen und Finnland wären es 870 MW, so Vorstandschef Mastiaux. Hinzu kämen noch Bauvorhaben mit mehr als 5.000 MW Kapazität. Der Strom solle weiterhin direkt vermarktet werden, betonten die EnBW-Verantwortlichen. Inwiefern dabei Prokon als Marke erhalten bliebe, sei offen. Klar wiederum sei, dass 300 Arbeitsplätze und die mittelständischen Strukturen bei Prokon erhalten bleiben sollen, so der Vorstandsvorsitzende weiter. Prokon sei schon jetzt „im Kern gesund“ und auch an der Qualität der laufenden und geplanten Projekte von Prokon gebe es keinerlei Zweifel, ergänzte Dirk Güsewell, der die Erneuerbare-Energiensparte von EnBW leitet. Obwohl sich die Prokon-Anleger zunächst komplett aus dem Unternehmen verabschieden sollen, hält sich EnBW offen, künftig Windkraftbeteiligungen für Privatanleger auf den Markt zu bringen. Das bestätigte Güsewell. Wie viel Geld EnBW noch über den geplanten Kauf bei Prokon investieren würde, ließen die Verantwortlichen offen. Ebenso, was EnBW für den Fall plant, dass die Übernahme scheitert.
Was wollen die Verfechter von „Prokon 2.0“?
Ob EnBW zum Zug kommt, ist noch völlig offen. Denn für einen großen Teil der Genussrechtsanleger spielt die Aussicht auf eine schnelle Teilrückzahlung offenbar eine eher untergeordnete Rolle. Der Verein „Freunde von Prokon“ strebt seit langem die Überführung von Prokon in eine Genossenschaft. Der Verein, der nach eigenen Angaben 10.000 Mitglieder zählt, spielt eine gewichtige Rolle im Gläubigerausschuss. Die Freunde von Prokon sehen mehr als die Hälfte der 75.000 Anleger und auch weite Teile der Prokon-Belegschaft auf ihrer Seite. Sie plädieren dafür, dass bisher investierte Kapital im Unternehmen zu belassen und Prokon als unabhängiges Energieunternehmen in Bürgerhand fortzuführen. Dafür sollen die Genussrechte zunächst in Anleihen umgewandelt werden, damit Anleger, die nicht mitziehen wollen, aussteigen können. Die Anleihe soll Penzlin zufolge 15 Jahre lang laufen und mit 3,5 Prozent verzinst sein. Das heißt, diejenigen Anleger, die die Genossenschaft mittragen, binden sich für 15 Jahre. Entscheidet sich die Mehrheit für diese Variante, würden alle Lieferanten und Genussrechteinhaber mit Forderungen bis zu 1.000 Euro laut Insolvenzverwalter Holger Penzlin zunächst ebenfalls eine Barzahlung erhalten. Diejenigen Anleger die ihre Anleihen verkaufen, anstatt bei „Prokon 2.0“ dabei zu bleiben, müssten sich Penzlin zufolge allerdings gedulden, bis sie Geld bekommen. Das hänge mit der Realisierung der Darlehen im Zusammenhang mit den rumänischen Wäldern und dem Pelletwerk in Torgau zusammen. Der Gründer und ehemalige Chef von Prokon hatte erhebliche Summen in den Waldkauf in Rumänien gesteckt und dem Pelletwerk in Torgau einen zweistelligen Millionenkredit gewährt. Damit Prokon als Genossenschaft fortgeführt werden kann, müssten laut Penzlin rund 30.000 Anleger Genossenschaftler werden, auf die Barabfindung verzichten und ihr Kapital dem Unternehmen so als Eigenkapital zur Verfügung stellen.
Wie stehen die Chancen EnBW versus Prokon 2.0? – Entscheidung im Juli
Prokon war einst als Alternative gegen die großen der Energiebranche angetreten und hatte stets betont, komplett ohne Bankenfinanzierung zu agieren. Dass dieses Unternehmen nach seiner spektakulären Insolvenz Anfang 2014 in einem Atomkonzern aufgehen könnte, dürfte einigen der Prokon-Anleger schwer vermittelbar sein. Das gilt auch, weil die Freunde von Prokon im Internet und bei zahlreichen Veranstaltungen in ganz Deutschland für das Genossenschaftsmodell trommeln. Dennoch sieht sich die EnBW nicht chancenlos: „Die Belegschaft und die Anleger sind im Gläubigerausschuss vertreten. Der Ausschuss hat unser Angebot goutiert“, so EnBW-Finanzvorstand Thomas Kusterer. Das gelte auch für die Anlegerschutzorganisationen DSW und SdK. Man darf gespannt sein, in welche Richtung das Pendel am Ende ausschlägt. Die Freunde von Prokon sind bereits im Internet und auf zahlreichen Veranstaltungen aktiv, um Überzeugungsarbeit für ihre Ziele zu leisten. Genauso will es EnBW in den kommenden Wochen tun: mit bundesweiten Veranstaltungen und einer neuen Internetseite. Das bestätigte Dirk Güsewell von EnBW. Wer in diesem „Kampf um die Köpfe“ mehr Gläubiger überzeugen kann, wird das Rennen machen. Die Entscheidung soll Anfang Juli 2015 bei einer Gläubigerversammlung in der Messe Hamburg fallen. Zuvor bekommen alle Gläubiger detaillierte Unterlagen zu beiden Varianten. Diese sollen Anfang Juni in den Briefkästen liegen, so der Insolvenzverwalter Holger Penzlin.
Der Stuttgarter Atomkonzern EnBW ist der letzte verbliebene Großinvestor, der für den Kauf des Kerngeschäfts von Prokon in Frage kommt. Der Gläubigerausschuss des Windkraftprojektierers aus Itzehoe wählte die Stuttgarter als bevorzugten Investor aus. Das gaben sowohl der Insolvenzverwalter als auch die EnBW jetzt unabhängig voneinander bekannt.
Capital Stage AG im Bieterverfahren ausgestochen
EnBW schlug mit seinem Angebot zum Kauf von 100 Prozent der Prokon Regenerative Energien GmbH zuletzt die Capital Stage AG aus dem Rennen. Der bislang vorranging auf Solarparks konzentrierte Ökostromanlagenbetreiber aus Hamburg vermeldete inzwischen den Rückzug aus dem Bieterverfahren. „Wir hätten uns gefreut, Prokon in unser Geschäftsmodell zu integrieren – aber nicht zu jedem Preis“, erklärte Capital-Stage-Finanzvorstand Christoph Husmann. Das Angebot von Capital Stage sah den Kauf von 95 Prozent aller Prokon-Anteile vor. Die restlichen fünf Prozent sollte ein nicht benannter weiterer Investor erwerben (ECOreporter.de berichtete). Die Entscheidung des Gläubigerausschusses gegen das Capital-Stage-Angebot sei bedauerlich, so Felix Goedhardt, Vorstandsvorsitzender von Capital Stage. Allerdings prüfe das Unternehmen nun andere Optionen. Es gehe um Wind- und Solarparks mit 200 MW Gesamtkapazität im In- und Ausland, so Goedhardt.
Der Energieriese EnBW ist also Willens, für die Übernahme mehr Geld in die Hand zu nehmen als die im direkten Vergleich deutlich kleinere Capital Stage AG. Klar ist: Der Kauf aus der Insolvenz heraus würde vollständig aus Eigenmitteln von EnBW finanziert, wie die Konzernführung betont. Ob es tatsächlich wie kolportiert rund 500 Millionen Euro sein sollen, wollte die EnBW-Führung auf einer heute einberufenen Pressekonferenz nicht bestätigen. Das Angebot sieht eine „substanzielle Einmalzahlung“ an alle Gläubiger vor. Es werde in Kürze notariell beglaubigt und lasse keinerlei Spielräume für Nachverhandlungen, stellten die Verantwortlichen klar.
Was würde das EnBW-Angebot für die Anleger bedeuten?
Für die Genussrechtsinhaber würde der Verkauf an EnBW den Abschied aus dem Unternehmen bedeuten. Eine weitere Beteiligung in Form einer Anleihe sieht das EnBW-Angebot nicht vor. „Wir haben uns bewusst dagegen entschieden“, sagte EnBW-Finanzvorstand Thomas Kusterer. „Was bisher ein Genussrecht, das heißt ‚Fremdkapital‘ war, verwandelt sich im Genossenschaftsmodell in eine echte unternehmerische Beteiligung mit allen dafür typischen Risiken“, so der Finanzvorstand. Dass ihre Offerte solche Risiken nicht berge, sehe EnBW als Vorteil ihres Angebots.
Damit wären die Genussrechteinhaber nach der Übernahme nicht mehr an Prokon und möglichen zukünftigen Gewinnen des Windkraftunternehmens beteiligt. Sie würden dann aber mindestens zwei Barabfindungen für ihr Investment bekommen. EnBW will nur das Windkraftprojektgeschäft und den Eigenbetrieb von Windrädern, also das Kerngeschäft von Prokon übernehmen. Die Verwertung der übrigen Geschäftsfelder soll separat im Abschluss ablaufen. Für die Ölmühle von Prokon und die Entwicklungssparte des Windrads P-3000 hatte der Insolvenzverwalter Holger Penzlin bereits im März 2015 Käufer gefunden (mehr lesen Sie hier). Penzlin war bislang öffentlich davon ausgegangen, dass die Genussrechtsinhaber zwischen 30 und 70 Prozent ihres investierten Kapitals zurückerhalten. Jetzt erklärte er, 50 bis 60 Prozent seien möglich.
Was hat EnBW mit Prokon vor?
2014 sind einige mittelständische Windkraftprojektierer von großen Energieunternehmen geschluckt worden. Die MVV Energie AG aus Mannheim übernahm beispielsweise die Windwärts Energie GmbH und die Mehrheit an der juwi AG (mehr lesen Sie hier). EnBW hat vor knapp zweieinhalb Jahren einen Strategieschwenk und eine Investitionsoffensive in Richtung Ökoenergie ausgerufen. Windkraft soll dabei ein zentraler Baustein sein. „Die dezentralen Energien sind nicht aufzuhalten. Dort spielt morgen die Musik“, erklärte Dr. Frank Mastiaux, Vorstandschef von EnBW heute. EnBW habe da „eine ganz klare Meinung“, beteuerte er. In den kommenden fünf Jahren wolle sein Unternehmen 3,5 Milliarden Euro in Erneuerbare-Energien investieren und den Anteil dieser Sparte am Gesamtergebnis von 13 Prozent in 2013 auf 33 Prozent steigern. „Prokon zu erwerben könnte es uns ermöglichen, diese Ziele schneller zu erreichen und vielleicht darüber hinausgehen“, so Mastiaux.
Bislang verfügt EnBW nach eigenen Angaben über rund 250 MW laufende Windparks zu Lande und zu Wasser - also Offshore. Dieser Strom wird komplett direkt vermarktet. Mit den laufenden Onshore-Windparks von Prokon in Deutschland, Polen und Finnland wären es 870 MW, so Vorstandschef Mastiaux. Hinzu kämen noch Bauvorhaben mit mehr als 5.000 MW Kapazität. Der Strom solle weiterhin direkt vermarktet werden, betonten die EnBW-Verantwortlichen. Inwiefern dabei Prokon als Marke erhalten bliebe, sei offen. Klar wiederum sei, dass 300 Arbeitsplätze und die mittelständischen Strukturen bei Prokon erhalten bleiben sollen, so der Vorstandsvorsitzende weiter. Prokon sei schon jetzt „im Kern gesund“ und auch an der Qualität der laufenden und geplanten Projekte von Prokon gebe es keinerlei Zweifel, ergänzte Dirk Güsewell, der die Erneuerbare-Energiensparte von EnBW leitet. Obwohl sich die Prokon-Anleger zunächst komplett aus dem Unternehmen verabschieden sollen, hält sich EnBW offen, künftig Windkraftbeteiligungen für Privatanleger auf den Markt zu bringen. Das bestätigte Güsewell. Wie viel Geld EnBW noch über den geplanten Kauf bei Prokon investieren würde, ließen die Verantwortlichen offen. Ebenso, was EnBW für den Fall plant, dass die Übernahme scheitert.
Was wollen die Verfechter von „Prokon 2.0“?
Ob EnBW zum Zug kommt, ist noch völlig offen. Denn für einen großen Teil der Genussrechtsanleger spielt die Aussicht auf eine schnelle Teilrückzahlung offenbar eine eher untergeordnete Rolle. Der Verein „Freunde von Prokon“ strebt seit langem die Überführung von Prokon in eine Genossenschaft. Der Verein, der nach eigenen Angaben 10.000 Mitglieder zählt, spielt eine gewichtige Rolle im Gläubigerausschuss. Die Freunde von Prokon sehen mehr als die Hälfte der 75.000 Anleger und auch weite Teile der Prokon-Belegschaft auf ihrer Seite. Sie plädieren dafür, dass bisher investierte Kapital im Unternehmen zu belassen und Prokon als unabhängiges Energieunternehmen in Bürgerhand fortzuführen. Dafür sollen die Genussrechte zunächst in Anleihen umgewandelt werden, damit Anleger, die nicht mitziehen wollen, aussteigen können. Die Anleihe soll Penzlin zufolge 15 Jahre lang laufen und mit 3,5 Prozent verzinst sein. Das heißt, diejenigen Anleger, die die Genossenschaft mittragen, binden sich für 15 Jahre. Entscheidet sich die Mehrheit für diese Variante, würden alle Lieferanten und Genussrechteinhaber mit Forderungen bis zu 1.000 Euro laut Insolvenzverwalter Holger Penzlin zunächst ebenfalls eine Barzahlung erhalten. Diejenigen Anleger die ihre Anleihen verkaufen, anstatt bei „Prokon 2.0“ dabei zu bleiben, müssten sich Penzlin zufolge allerdings gedulden, bis sie Geld bekommen. Das hänge mit der Realisierung der Darlehen im Zusammenhang mit den rumänischen Wäldern und dem Pelletwerk in Torgau zusammen. Der Gründer und ehemalige Chef von Prokon hatte erhebliche Summen in den Waldkauf in Rumänien gesteckt und dem Pelletwerk in Torgau einen zweistelligen Millionenkredit gewährt. Damit Prokon als Genossenschaft fortgeführt werden kann, müssten laut Penzlin rund 30.000 Anleger Genossenschaftler werden, auf die Barabfindung verzichten und ihr Kapital dem Unternehmen so als Eigenkapital zur Verfügung stellen.
Wie stehen die Chancen EnBW versus Prokon 2.0? – Entscheidung im Juli
Prokon war einst als Alternative gegen die großen der Energiebranche angetreten und hatte stets betont, komplett ohne Bankenfinanzierung zu agieren. Dass dieses Unternehmen nach seiner spektakulären Insolvenz Anfang 2014 in einem Atomkonzern aufgehen könnte, dürfte einigen der Prokon-Anleger schwer vermittelbar sein. Das gilt auch, weil die Freunde von Prokon im Internet und bei zahlreichen Veranstaltungen in ganz Deutschland für das Genossenschaftsmodell trommeln. Dennoch sieht sich die EnBW nicht chancenlos: „Die Belegschaft und die Anleger sind im Gläubigerausschuss vertreten. Der Ausschuss hat unser Angebot goutiert“, so EnBW-Finanzvorstand Thomas Kusterer. Das gelte auch für die Anlegerschutzorganisationen DSW und SdK. Man darf gespannt sein, in welche Richtung das Pendel am Ende ausschlägt. Die Freunde von Prokon sind bereits im Internet und auf zahlreichen Veranstaltungen aktiv, um Überzeugungsarbeit für ihre Ziele zu leisten. Genauso will es EnBW in den kommenden Wochen tun: mit bundesweiten Veranstaltungen und einer neuen Internetseite. Das bestätigte Dirk Güsewell von EnBW. Wer in diesem „Kampf um die Köpfe“ mehr Gläubiger überzeugen kann, wird das Rennen machen. Die Entscheidung soll Anfang Juli 2015 bei einer Gläubigerversammlung in der Messe Hamburg fallen. Zuvor bekommen alle Gläubiger detaillierte Unterlagen zu beiden Varianten. Diese sollen Anfang Juni in den Briefkästen liegen, so der Insolvenzverwalter Holger Penzlin.